Nazi-Jagd:
Unkontrollierte Vergeltungsaktionen
für Nazi-Verbrechen und Nazi-Terror
- Massenvergewaltigungen und Massaker
Unkontrollierte Vergeltungsaktionen für Nazi-Verbrechen, die sich nicht gegen definierte und konkrete NS-Täter richten, wie Massenvergewaltigungen von deutschen Frauen durch alliierte Soldaten in der unmittelbaren Nachkriegszeit, wie Vertreibungen Deutschstämmiger, Massakern an Zivilbevölkerung, etc.
Zuletzt AKTUALISIERT am 01.10.2023 !
Seiteninhalt:
- NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach
1.1 Gerichtlich verfügte Beauftragung der forensischen Sachverständigen aus Kitzingen durch das Amtsgericht Mosbach bezüglich der gerichtlichen und außergerichtlichen Anti-Nazi-Aktivitäten des Antragstellers - Online-Artikel und Bücher zu Massakern an Deutschen als Vergeltungsaktionen für Nazi-Verbrechen und Nazi-Terror, u.a. Ermordung von deutschen Kriegsgefangenen
- YouTube-Videos zu Massakern an Deutschen als Vergeltungsaktionen für Nazi-Verbrechen und Nazi-Terror
- Online-Artikel und Bücher zu Massenvergewaltigungen von deutschen Frauen als Vergeltungsaktionen für Nazi-Verbrechen und Nazi-Terror
- YouTube-Videos zu Massenvergewaltigungen von deutschen Frauen als Vergeltungsaktionen für Nazi-Verbrechen und Nazi-Terror
- YouTube-Videos zu Massenvergewaltigungen von deutschen Frauen als Vergeltungsaktionen für Nazi-Verbrechen und Nazi-Terror
1. NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach
1.1 Gerichtlich verfügte Beauftragung der forensischen Sachverständigen aus Kitzingen durch das Amtsgericht Mosbach bezüglich der gerichtlichen und außergerichtlichen Anti-Nazi-Aktivitäten des Antragstellers
Das Familiengericht-Amtsgericht Mosbach, Hauptstraße 110, 74281 Mosbach, beauftragt die forensische Sachverständige aus Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21, die Anti-Nazi-Aktivitäten des KVs und Antragstellers in einer ergänzenden Stellungnahme gutachterlich einzuschätzen und zu bewerten.
Dazu zählen laut Anweisungen dieser amtsgerichtlichen Verfügungen SOWOHL die seit Sommer 2022 vom Antragsteller beim Amtsgericht Mosbach initiierten NS- und Rechtsextremismus-Verfahren ALS AUCH seine außergerichtlichen und gerichtlichen Aufklärungs- und Aufarbeitungsbemühungen zu Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischen Verbrechen aus dem Zeitraum um 2008, d.h. konkret von 2004 bis 2011, im Rahmen seiner sogenannten "Nazi-Jäger"-Aktivitäten im sachverhaltsbezogenen Kontext zur Problematik des Nationalsozialismus vor und nach 1945 und dessen Aufarbeitung bis heute. Siehe dazu auch Kapitel 6 auf dieser Seite.
Das Amtsgericht Mosbach BEAUFTRAGT EXPLIZIT in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 die forensische Sachverständige aus Kitzingen, eine GUTACHTERLICHE STELLUNGNAHME ZU AKTIVITÄTEN VON SOGENANNTEN NAZI-JÄGERN, auch in der IN DER NS-VERGANGENHEITSBEWÄLTIGUNG NACH 1945 bis heute, am Beispiel des Antragstellers von NS-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach mit seinen jahrelangen Bemühungen um die außergerichtliche und gerichtliche Aufarbeitung von Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischen Verbrechen an das deutsche BRD-Amtsgericht Mosbach im Jahr 2022 zu erstellen.
Das Amtsgericht Mosbach BEAUFTRAGT EXPLIZIT in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 die forensische Sachverständige aus Kitzingen, eine GUTACHTERLICHE STELLUNGNAHME ZU AKTIVITÄTEN VON SOGENANNTEN NAZI-JÄGERN, wie Massakern an Deutschen und Massenvergewaltigungen von deutschen Frauen als Vergeltungsaktionen für Nazi-Verbrechen und Nazi-Terror, auch in der IN DER NS-VERGANGENHEITSBEWÄLTIGUNG NACH 1945 bis heute, am Beispiel des Antragstellers von NS-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach in 2022 mit seinen jahrelangen Bemühungen um die außergerichtliche und gerichtliche Aufarbeitung von Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischen Verbrechen an das deutsche BRD-Amtsgericht Mosbach im Jahr 2022 zu erstellen.
Übersicht über verschiedene Facetten und Aspekte der Nazi-Jagd, Nazi-Beleidigungen und Nazi-Vergleiche vor 1945, in der unmittelbaren Nachkriegszeit bis heute. Dazu zählen auch Vergeltungsaktionen für Nazi-Verbrechen und Nazi-Terror :
- Nazi-Jagd >>>
- Nazi-Jäger und ihre Aktivitäten >>>
- Nazi-Beleidigungen und Vergleiche : International und innerstaatlich >>>
- Nazi-Beleidigungen und Vergleiche in der Nazi-Jäger-Anwendung >>>
- Nazi-Jagd: Anschläge und Attentate auf Nazis >>>
- Nazi-Jagd: Unkontrollierte Vergeltungsaktionen >>>
- Nazi-Jagd: Alliierten-Bombardierungen deutscher Städte >>>
- NS-Verfahren und Prozesse >>>
2. Massaker an Deutschen als Vergeltungsaktionen für Nazi-Verbrechen und Nazi-Terror, u.a. Ermordung von deutschen Kriegsgefangenen
Im Juni 1944
Massenerschießung von Wehrmachtssoldaten: In Frankreich beginnt die Suche nach Massengrab
Ruinen des französischen Dorfes Oradour-sur-Glane, dessen Einwohnerinnen und Einwohner Opfer eines Kriegsverbrechens wurden, das zum Symbol der Nazi-Barbarei in Frankreich wurde.
Im Jahr 1944 wurden im Süden Frankreichs 47 Wehrmachtssoldaten in einem Waldgebiet erschossen. Um die Tat hüllte sich lange Schweigen, bis der letzte überlebende Zeuge kürzlich darüber berichtete. Nun soll das mutmaßliche Massengrab lokalisiert werden.
27.06.2023, 09:17 Uhr
Meymac. In Südfrankreich beginnt an diesem Dienstag die Suche nach 47 erschossenen Wehrmachtssoldaten. Ein ehemaliger französischer Widerstandskämpfer hatte das Schweigen über die Massenerschießung der Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg gebrochen und die Nachforschungen damit ins Rollen gebracht. Wie der Sender France 3 berichtete, soll zunächst bis Freitag mit einem Bodenradar das mutmaßliche Massengrab lokalisiert werden. Sollten die Deutschen an der vermuteten Stelle gefunden werden, werde der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge die Exhumierung und Beisetzung auf einem deutschen Soldatenfriedhof veranlassen, hatte das französische Verteidigungsministerium angekündigt.
FRANCE, ORADOUR-sur-GLANE-JUNE 26: Oradour-sur-Glane, site of one of the most brutal massacres of World War II by a unit of the SS Division "Der Fuehrer" (Der FÃ_hrer)on June 10, 1944. Since the massacre, the ruins of the village are obtained as a memorial untouched for posterity. Burned out car in a car garage and the ruins of the village on Ju...
„Es war unerträglich heiß und roch nach Blut“
Der 98-jährige Edmond Réveil gehörte in jungen Jahren der Widerstandsbewegung gegen die Nazi-Besatzer in Frankreich an. Erst jetzt enthüllte er ein Geheimnis: die Erschießung deutscher Soldaten im Juni 1944. Jetzt mit Plus-Abo lesen >>>
Die Deutschen waren im Juni 1944 erschossen worden - nach einem Massaker der Waffen-SS an der Bevölkerung in Tulle sowie der Auslöschung des Dorfes Oradour-sur-Glane, einem Kriegsverbrechen, das zum Symbol der Nazi-Barbarei in Frankreich wurde. Dass die Deutschen und eine der Kollaboration beschuldigte Französin in einem Waldgebiet erschossen wurden, war grundsätzlich bekannt. Zu den Umständen hatten alle Beteiligten aber zeitlebens geschwiegen. Der letzte überlebende Zeuge brach nun kürzlich im Alter von 98 Jahren sein Schweigen.
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Ruinen in Oradour-sur-Glane: Zu der Erschießung der Deutschen kam es im Juni 1944 nach einem Massaker der Waffen-SS an der Bevölkerung in Tulle sowie der Auslöschung des Dorfes Oradour-sur-Glane, einem Kriegsverbrechen, das zum Symbol der Nazi-Barbarei in Frankreich wurde.
Demnach sollen die Erschossenen in zwei Massengräbern ruhen. Eines mit elf Leichen soll bereits 1967 unter größtem Stillschweigen lokalisiert worden sein. Die übrigen Toten sollen rund 100 Meter davon entfernt unter der Erde verscharrt sein.
RND/dpa
https://www.rnd.de/
47 DEUTSCHE IN FRANKREICH GETÖTET: SUCHE NACH DEN OPFERN BEGINNT
Meymac - Deutsche Spezialisten suchen vom heutigen Dienstag an nach einem Massengrab mit den Überresten von 47 erschossenen Deutschen in Südwestfrankreich.
27.06.2023
Unter anderem entlang dieser Straße bei Meymac in Südwestfrankreich wird ab dem heutigen Dienstag nach den toten Deutschen gesucht.
Unter anderem entlang dieser Straße bei Meymac in Südwestfrankreich wird ab dem heutigen Dienstag nach den toten Deutschen gesucht. © AFP/Pascal Lachenaud
Auslöser der Suche in der Nähe des Ortes Meymac ist der Bericht des 98 Jahre alten ehemaligen Widerstandskämpfers Edmond Réveil, der am Lebensabend sein Gewissen erleichtern wollte.
Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge stellt für die Suche ein Georadar zur Verfügung, mit dem zunächst der Boden untersucht werden soll.
Die Auswertung der Daten soll etwa vier Wochen dauern. Erst danach soll entschieden werden, wann und wo gegraben werde. Falls menschliche Überreste gefunden werden, werden sie an ein Labor in Marseille geschickt.
Die Identität der Deutschen ist bislang nicht bekannt.
https://www.tag24.de/
Suche nach 47 erschossenen deutschen Kriegsgefangenen beginnt in Frankreich
27.06.2023, 04:04
Deutsche Spezialisten suchen von Dienstag an nach einem Massengrab mit den Überresten von 47 erschossenen Deutschen in Südwestfrankreich. Auslöser der Suche in der Nähe des Ortes Meymac ist der Bericht des 98 Jahre alten ehemaligen Widerstandskämpfers Edmond Réveil, der am Lebensabend sein Gewissen erleichtern wollte. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge stellt für die Suche ein Georadar zur Verfügung, mit dem zunächst der Boden untersucht werden soll.
Die Auswertung der Daten soll etwa vier Wochen dauern. Erst danach soll entschieden werden, wann und wo gegraben werde. Falls menschliche Überreste gefunden werden, werden sie an ein Labor in Marseille geschickt. Die Identität der Deutschen ist bislang nicht bekannt.
AFP
https://www.stern.de/
KRIEGSVERBRECHEN : Kein Gedenken, nirgends?
VON MICHAEL MARTENS, WIEN-AKTUALISIERT AM 28.05.2023-21:23
Das Massaker von Bleiburg in Kärnten war das größte Kriegsverbrechen in Europa nach dem 8. Mai 1945. Die Opfer waren vor allem Kroaten. Doch der Umgang damit spaltet die kroatische Gesellschaft bis heute.
Bleiburg liegt im Süden des österreichischen Bundeslandes Kärnten und gehört mit weniger als 5000 Einwohnern wahrlich nicht zu den Orten, von denen man gehört haben muss. Dennoch ist der Name Bleiburg zumindest in Kroatien so geläufig, als sei die Kleinstadt nahe der Grenze zu Slowenien eine Millionenmetropole. Nach Wien ist Bleiburg vermutlich sogar der österreichische Ort, dessen Namen kroatische Medien am häufigsten nennen – zumindest jedes Jahr im Mai. Dann jährt sich nämlich seit mehr als sieben Dekaden das größte Verbrechen der europäischen Nachkriegsgeschichte.
Oft heißt es, der Völkermord von Srebrenica, bei dem Truppen unter Befehl des serbischen Kriegsverbrechers Ratko Mladić im Juli 1995 mehr als 7000 bosnische Muslime töteten, sei das größte Massaker in Europa nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gewesen. Das trifft zu – allerdings nur dann, wenn man das Kriegsende in Europa nicht auf den Tag der deutschen Kapitulation am 8. Mai 1945 datiert. Denn der systematische Massenmord, dessen Geschichte am 15. Mai 1945 in Bleiburg begann und der sich über mehrere Wochen hinzog, übertrifft in seinen Ausmaßen das Geschehen von Srebrenica deutlich...
https://www.faz.net/
Zweiter Weltkrieg
Früherer Widerstandskämpfer bricht sein Schweigen: Frankreich will nach erschossenen Wehrmachtssoldaten suchen
Ruinen in Oradour-sur-Glane: Zu der Erschießung der Deutschen kam es im Juni 1944 nach einem Massaker der Waffen-SS an der Bevölkerung in Tulle sowie der Auslöschung des Dorfes Oradour-sur-Glane, einem Kriegsverbrechen, das zum Symbol der Nazi-Barbarei in Frankreich wurde.
Ein ehemaliger französischer Widerstandskämpfer hat sein Schweigen über eine Massenerschießung deutscher Kriegsgefangener im Zweiten Weltkrieg gebrochen. Nun will Frankreich nach den 47 getöteten Wehrmachtssoldaten suchen.
18.05.2023, 09:29 Uhr
Meymac. Frankreich hat die Suche nach 47 erschossenen Wehrmachtssoldaten angeordnet, nachdem ein ehemaliger französischer Widerstandskämpfer das Schweigen über die Massenerschießung der Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg brach. Gemeinsam mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge soll im Juni im südfranzösischen Meymac nach den Überresten der Soldaten gesucht werden, teilte das Verteidigungsministerium in Paris am Mittwoch mit. Sollten die Deutschen an der vermuteten Stelle gefunden werden, werde der Volksbund die Exhumierung und Beisetzung auf einem deutschen Soldatenfriedhof veranlassen.
Letzter überlebender Augenzeuge brach sein Schweigen
Zu der Erschießung der Deutschen kam es im Juni 1944 nach einem Massaker der Waffen-SS an der Bevölkerung in Tulle sowie der Auslöschung des Dorfes Oradour-sur-Glane, einem Kriegsverbrechen, das zum Symbol der Nazi-Barbarei in Frankreich wurde. Dass die Deutschen und eine der Kollaboration beschuldigte Französin in einem Waldgebiet erschossen wurden, war nur grundsätzlich bekannt. Zu den näheren Umständen hatten alle Beteiligten aber den Rest ihres Lebens geschwiegen. Als letzter überlebender Augenzeuge brach nun der heute 98 Jahre alte Edmond Réveil sein Schweigen.
Man habe nicht gewusst, was man mit den gefangenen genommenen Deutschen habe tun sollen, sagte Réveil, wie die Zeitung „Le Parisien“ berichtete. Das Problem sei ihre Bewachung und Ernährung gewesen. In Meymac habe man die Gruppe in einen Stall getrieben. Dann sei der Befehl zum Erschießen gekommen. Ein Widerstandskämpfer aus dem Elsass habe die Gefangenen einzeln auf Deutsch über ihr Schicksal informiert, er sei dabei selber in Tränen ausgebrochen. Jeder Widerstandskämpfer hätte sich zum Erschießen eines Gefangenen melden können, er selber habe das nicht getan, sagte Réveil.
„An diesem Tag war es furchtbar heiß“, sagte der alte Mann. Man habe die Gefangenen ihr eigenes Grab schaufeln lassen. „Ich erinnere mich, dass es nach Blut roch. Wir haben nie wieder darüber gesprochen. Es ist nicht lustig, wissen Sie, jemanden zu erschießen“, sagte der ehemalige Widerstandskämpfer.
RND/dpa
https://www.rnd.de/
Kroatien gedachte der Opfer von Bleiburg
von
APA
Freitag
15. Mai 2020
15:58 Uhr
Kroatien hat am Freitag der Anhänger der faschistischen Ustascha, die nach dem Zweiten Weltkrieg Massentötungen zum Opfer gefallen waren, gedacht. Anlässlich des 75. Jahrestages des "Massakers von Bleiburg" legten Staatspräsident Zoran Milanovic und Regierungschef Andrej Plenkovic am Freitag Kränze an Massengräbern in Slowenien und Kroatien nieder, im Parlament gab es eine Schweigeminute.
In Kroatien werden die Ereignisse rund um 15. Mai 1945 auch als "Tragödie von Bleiburg" und "Kreuzweg" bezeichnet. Das bezieht sich auf den Schicksal von rund 40.000 geflüchtetem Soldaten, die aufseiten Deutschlands gekämpft hatten. Sie wurden in Bleiburg mit ihren Familienangehörigen von der britischen Besatzungsmacht den kommunistischen Einheiten Titos ausgeliefert. Tausende verloren in der Folge gewaltsam ihr Leben.
Präsident Milanovic legte am Freitag den Kranz in der slowenische Gedenkstätte in Tezno bei Maribor beim "Denkmal für Getötete nach dem 9. Mai 1945" nieder. Dort hatten jugoslawische Partisanen schätzungsweise 15.000 bis 20.000 kroatische Kriegsgefangene und Zivilisten getötet und in Massengräbern verscharrt.
Premier Plenkovic legte einen Kranz zusammen mit der Regierungsdelegation an Ort eines weiteren Massengrabs im nordkroatischen Macelj nieder. "Wir können eine wirklich tolerante Gesellschaft aufbauen, indem wir alle Verbrechen aller totalitären Regime vorbehaltlos verurteilen, jedes unschuldige Opfer respektieren und die Kultur der Erinnerung und des gegenseitigen Respekts fördern", sagte Plenkovic laut Nachrichtenagentur Hina. In Macelj in dem slowenisch-kroatischen Grenzgebiet sind nach Einschätzungen in den umliegenden Wäldern den Wäldern 12.000 bis 13.000 Menschen von dem kommunistischen Regime getötet worden.
Im Parlament, das die Schirmherrschaft über das alljährige umstrittene Gedenktreffen in Bleiburg hat, wurden unterdessen aller Opfer gedacht, die vom kommunistischen Regime ohne Gerichtsprozesse in Bleiburg und bei Todesmärschen zurück nach Jugoslawien getötet wurden, berichtete Hina.
Heuer fällt die Gedenkveranstaltung in Kärnten wegen der Corona-Pandemie aus. Stattdessen werden am Samstag in Bleiburg sowie in Zagreb auf dem Mirogoj-Friedhof vor dem Denkmal für die Bleiburger Opfer lediglich Kranzniederlegungen mit Gebet stattfinden. In Sarajevo ist ein Gottesdienst geplant, der bereits im Voraus für Kontroversen sorgte.
Der dortige Erzbischof und Kardinal Vinko Puljic verteidigte die Messe. Er werde am Samstag in seiner Predigt die Botschaft aussenden, dass "jedes Übel, jedes Verbrechen ein Verbrechen ist, unabhängig davon, wer es begangen hat", sagte er laut Kathpress im kroatischen Radio HKR. Der serbisch-orthodoxe Metropolit von Dabar-Bosna, Hrizostom (Jevic), kritisierte Puljic. "Sie haben mit dieser Entscheidung für uns die Tür der Kathedrale für immer geschlossen", sagte er. Der Präsident der jüdischen Gemeinde in Sarajevo, Jakob Finci, schrieb in einem Offenem Brief, der Gottesdienst "erinnert an die Henker unserer Mütter, Väter, Großväter,Landsleute und aller anderen unschuldigen Menschen, die vom faschistischen 'Unabhängigen Staat Kroatien' getötet wurden
Der Jüdische Weltkongress (WJC) hat die kroatischen Behörden in des aufgerufen, aufzuhören, sich mit Gedenkveranstaltungen an der Verherrlichung des Ustascha-Regimes zu beteiligen. Der WJC kritisierte außerdem, dass der 15. Mai vom Parlament als "Gedenktag an die Opfer des Kampfes für die Freiheit und Unabhängigkeit Kroatiens" festgelegt wurde.
https://www.sn.at/
Massaker von Bleiburg
„Massaker von Bleiburg“ (kroatisch Pokolj u Bleiburgu), auch „Tragödie von Bleiburg“ (kroatisch Bleiburška tragedija), ist eine Sammelbezeichnung für eine Reihe von jugoslawischen Nachkriegsverbrechen, die ab Mitte Mai 1945 in oder um den österreichischen Ort Bleiburg in Kärnten ihren Anfang nahmen.
Angehörige der kroatischen Streitkräfte und Zivilisten auf dem Bleiburger Feld (nördlich des Bahndammes gegenüber dem damaligen Gasthaus Hrust).
Dabei wurden vor allem Militärangehörige und Funktionäre des Unabhängigen Staates Kroatien, aber auch Angehörige der Slowenischen Heimwehr sowie Tschetniks aus Serbien und Montenegro, Opfer von Misshandlungen, Folterungen, Massentötungen, Zwangsrepatriierungen und Todesmärschen[1] (kroatisch smrtni put; auch križni put = „Kreuzweg“). Mit dem Rückmarsch bzw. -transport aus dem von alliierten (britischen) Truppen besetzten Österreich in jugoslawische Kriegsgefangenenlager nahm für diese ehemals mit dem nationalsozialistischen Deutschen Reich und faschistischen Italien Verbündeten eine Kette von summarischen Hinrichtungen ihren Anfang, die in Jugoslawien fortgesetzt wurde. Unter der großen Zahl von Opfern waren auch tausende Angehörige der deutschen Wehrmacht, der SS sowie Zivilpersonen (auch sogenannte „Volksdeutsche“). Nach realistischen Berechnungen sind die Todesopfer, die ursächlich auf die Vorgänge in Bleiburg zurückzuführen sind, auf 45.000 Kroaten, 4.000 Bosniaken, 8.000 bis 10.000 Slowenen sowie 2.000 Montenegriner und Serben zu beziffern.[2]
Die von der Jugoslawischen Volksarmee und dem KNOJ im Zeitraum vom 12. April bis zum 8. bzw. 25. Mai 1945 an zahlreichen Orten im Raum Klagenfurt entlang der Grenze bis Dravograd und Maribor bis südlich nach Celje[3] geführten Operationen gegen ihre antikommunistischen Gegner wurden in der Erinnerungskultur des ehemaligen Jugoslawien als „Endkesselschlachten“, „Abschließende militärische Operationen zur Befreiung Jugoslawiens“[4] oder „Das große Finale in Kärnten“[5] bezeichnet. Die Ereignisse von Bleiburg sind daher eng verbunden mit der sogenannten „Tragödie von Viktring“ (slowenisch Vetrinjska tragedija), bei der überwiegend Angehörige der Slowenischen Heimwehr aus einem Flüchtlingslager heraus der Jugoslawischen Volksarmee übergeben wurden und jugoslawischen Nachkriegsverbrechen zum Opfer fielen.
Orte, an denen im Mai und Juni 1945 Massentötungen stattfanden
Die sogenannten „Opfer von Bleiburg“ (kroatisch Bleiburške žrtve) stehen in der kroatischen Erinnerungskultur generell für die kommunistischen Verbrechen an den Besiegten[6] und stellen auch einen kroatischen Geschichts- und Nationalmythos dar[7]. Die 1987 errichtete Kroatische Gedenkstätte auf dem Loibacher Feld ist ein wichtiger kroatischer Erinnerungsort in Bleiburg.[8] Die dortige alljährliche Gedenkfeier ist auch zum Sammelplatz für ultranationalistisch-faschistische Kräfte geworden.[9]
https://de.wikipedia.org/
Zweiter Weltkrieg
98-jähriger Franzose bricht Schweigen über mutmaßliches Kriegsverbrechen 1944
Mit 19 Jahren bekam Edmond Réveil 1944 als Teil einer Partisanengruppe den Befehl, auf deutsche Kriegsgefangene zu schießen. Mittlerweile ist er der letzte Augenzeuge der Tat und spricht mit französischen Medien erstmals darüber.
17.05.2023, 10.31 Uhr
Schild an einem Wald in der Nähe des Ortes Meymac: Die Behörden wollen hier nach dem Massengrab suchen Foto: Pascal Lachenaud / AFP
Fast acht Jahrzehnte hat er geschwiegen, hat gewartet, bis er der letzte Augenzeuge war. Nun hat der 98 Jahre alte Franzose Edmond Réveil von einem mutmaßlichen Kriegsverbrechen berichtet, von dem bislang kaum jemand etwas wusste. Es ereignete sich wenige Tage nach zwei Massakern der Wehrmacht im Juni 1944 in Tulle und Oradour-sur-Glane.
Allerdings waren in diesem Fall französische Widerstandskämpfer die mutmaßlichen Täter. Sie sollen 47 Wehrmachtssoldaten und eine der Kollaboration verdächtigte Französin am 12. Juni 1944 in einem Waldgebiet nahe dem Dorf Meymac im Limousin erschossen haben.
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Der damals 19 Jahre alte Réveil gehörte einer Widerstandsgruppe an, die bei einem Angriff auf deutsche Soldaten in Tulle zahlreiche Gefangene gemacht hatte. Sie zogen sich mit ihnen in ein schlecht zugängliches Waldgebiet zurück. »Wir wussten nicht, was wir mit ihnen machen sollten«, erinnert sich Réveil in einem am Montagabend veröffentlichten Interview mit der Zeitung »La Montagne« .
»Man war auf so viele Gefangene nicht vorbereitet«
»Wir haben den Befehl bekommen, sie zu erschießen«, berichtet er. Jeder von ihnen habe einen der Deutschen töten sollen. Da niemand die Frau erschießen wollte, sei einer ausgelost worden. »Wir haben sie alle gezwungen, ihr eigenes Grab auszuheben. Dann haben wir Kalk hineingeschüttet. Es roch nach Blut«, berichtet er. »Und dann haben wir nie wieder darüber gesprochen.«
Der Angriff der Partisanen in Tulle folgte auf eine massive Vergeltungsaktion durch die SS, bei der 99 Zivilisten öffentlich erhängt wurden, an Balkonen und Laternenpfählen. Einen Tag später verübte die Waffen-SS ein weiteres Massaker an dem ohne besonderen Grund ausgewählten Ort Oradour-sur-Glane, der rund hundert Kilometer entfernt liegt. Dort wurden 643 Dorfbewohner auf grausame Weise getötet.
Zu diesem Zeitpunkt waren die Partisanen aus Tulle mit ihren Gefangenen auf der Flucht ins Hinterland. Von den Massakern hatten sie vermutlich gehört. Aber es habe auch logistische Gründe für die Exekution der Deutschen gegeben, sagt der belgische Historiker Bruno Kartheuser. »Man war auf so viele Gefangene nicht vorbereitet«, sagt Kartheuser, der als einer der wenigen Historiker zur Erschießung der deutschen Soldaten in der Nähe von Meymac recherchiert hat.
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»Die Résistance wusste oft nicht, was sie mit Gefangenen machen sollte«, sagt auch der Potsdamer Historiker Peter Lieb. »Das ist definitiv ein Kriegsverbrechen.« Nach seinen Forschungen wurden im Spätsommer 1944 insgesamt 350 deutsche Soldaten durch französische Widerstandskämpfer erschossen, etwa in Vieugy und Les Rousses im Westen des Landes.
Der Fall von Meymac, den seine Recherchen nicht umfassten, sei aber ungewöhnlich, weil die Zahl hoch sei und die Alliierten erst wenige Tage zuvor in der Normandie gelandet seien. Dass die Zeitzeugen aber das Ereignis verschwiegen haben, wundert die Historiker nicht. »Man wollte im wahrsten Sinne Gras drüber wachsen lassen«, sagt Lieb.
»Es war falsch, Kriegsgefangene zu töten«, sagt der 98-Jährige
Réveil zeigt sich heute schuldbewusst. »Es war falsch, Kriegsgefangene zu töten«, sagt der 98-Jährige. Er wolle aber davon erzählen, damit die Nachfahren der Getöteten davon erfahren.
»Frankreich ist verpflichtet, die sterblichen Überreste zu überführen«, sagte Xavier Kompa, Leiter der örtlichen Veteranen-Behörde. Die französischen Behörden wollen in den kommenden Wochen das Massengrab suchen und die Überreste der Kriegstoten bergen. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, der sich um Kriegstote kümmert, soll dafür demnächst ein Bodenradar nach Frankreich schicken.
Bereits 1967 hatte es eine Ausgrabung gegeben, bei der die Überreste von elf Getöteten gefunden worden waren. Doch damals war die Zeit der Aufarbeitung offenbar noch nicht reif. »In unserem Archiv findet sich keine Spur davon«, sagt der Bürgermeister von Meymac, Philippe Brugère.
czl/AFP
https://www.spiegel.de/
Meymac
Am 12. Juni 1944 wurden in einem Waldstück bei Meymac 47 Soldaten der Wehrmacht und eine französische Kollaborateurin, die fünf Tage zuvor in Tulle gefangen genommen worden waren, von Angehörigen der französischen Résistance erschossen und in nicht gekennzeichneten Massengräbern verscharrt. Die Ereignisse wurden erst 80 Jahre später durch Angaben des letzten überlebenden Augenzeugen, eines Résistance-Kämpfers, genauer bekannt.[9]
https://de.wikipedia.org/wiki/Meymac#Geschichte
Forscherinnen über Soldaten in Kriegsgefangenschaft
»Wegen der eklatanten Unterversorgung kam es zu Fällen von Kannibalismus«
Lagerhäftlinge leiden oft jahrzehntelang, oft lebt das Trauma in den Familien fort. Hier erklären Elke Gryglewski und Barbara Stelzl-Marx, was Betroffene umtreibt – und warum die Justiz in vielen Fällen versagt hat.
Ein Interview von Felix Bohr und Eva-Maria Schnurr
28.06.2022, 00.15 Uhr • aus SPIEGEL Geschichte 3/2022
Deutsche Soldaten ergeben sich Rotarmisten (Ostpreußen, 1945) Foto: akg images
SPIEGEL: Frau Gryglewski, Frau Stelzl-Marx, wie viele der Deutschen oder Österreicher hatten einen Vater, Großvater, Urgroßvater, der selbst Kriegsgefangenschaft erlebt hat?
Gryglewski: Die große Mehrheit. Als ich 1992 angefangen habe, in der Gedenkstättenpädagogik zu arbeiten, haben wir in regelmäßigen Abständen Schulklassen befragt, wer ehemalige Wehrmachtsoldaten in seiner Familie hatte. Das waren nahezu alle. Entsprechend verbreitet müssen auch die Erfahrungen von Kriegsgefangenschaft in den Familien sein.
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Stelzl-Marx: Ich bin immer wieder überrascht, wie viele Menschen einen Großvater oder Urgroßvater haben, der in der Sowjetunion in Kriegsgefangenschaft war. Unser Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung in Graz erreichen seit der Gründung 1993 bis heute Anfragen von Nachfahren. Kriegsgefangenschaft ist ein Thema, das auch die junge Generation interessiert und bewegt, über alle Jahrzehnte hinweg....
https://www.spiegel.de/
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23.05.2022, 18.00 Uhr • aus SPIEGEL Geschichte 3/2022
https://www.spiegel.de/
Das Verbrechen, das General Patton vertuschen wollte
Am Neujahrstag 1945 ermordeten amerikanische Soldaten nahe Bastogne zwischen 70 und 80 deutsche Kriegsgefangene, auch Sanitäter. Ihr Befehl habe gelautet, „keine Gefangenen zu machen“. US-General Patton verhinderte eine Ermittlung.
Veröffentlicht am 15.11.2021 |
Von Sven Felix Kellerhoff
Leitender Redakteur Geschichte
Kriegsverbrechen gehören zum Krieg. Es gibt fast keine militärische Auseinandersetzung, in der es nicht zu Gewalt außerhalb der eigentlichen Kämpfe und gegen Wehrlose kommt. In der Regel gibt es zwei Ursachen: Entweder Offiziere ordnen kriegsrechtlich unzulässige Erschießungen an, um Vergeltung zu üben, oder einfache Soldaten reagieren sich ab. Oft sind beide Motive untrennbar verwoben.
So ist es auch beim Massaker von Chenogne am 1. Januar 1945. Um das Dorf gut sieben Kilometer westlich von Bastogne, das ohnehin schon in Trümmern lag, hatte es während der deutschen Ardennenoffensive heftige Kämpfe gegeben. Von den 32 Häusern des Ortes war nur eines nicht total zerstört.
Die 11. US-Panzerdivision, eine Einheit ohne Kampferfahrung, die erst am 16. Dezember 1944 in Frankreich eingetroffen war, kämpfte gegen die Führer-Begleit-Brigade (trotz des Namens keine Einheit der Waffen-SS, sondern der Wehrmacht) und die deutsche 3. Panzergrenadierdivision – zwei kampfstarke Verbände, die versuchten, den Versorgungsweg ins ansonsten eingekesselte Bastogne hinein wieder zu unterbrechen.
Vom 29. Dezember bis zum Mittag des 1. Januar dauerten die extrem harten Gefechte. Sie versetzten den Neulingen der amerikanischen Division einen „Schock“, wie der britische Militärhistoriker Antony Beevor schreibt.
Doch der Schock rechtfertigte nicht, was dann geschah. Überliefert hat es einerseits der Augenzeuge John Fague, der zur B-Kompanie des 21. Motorisierten Infanterie-Bataillons der Division gehörte. Außerdem gibt es einige Erinnerungen von Dorfbewohnern, die ebenfalls zusahen oder zumindest die Folgen zu Gesicht bekamen, unter ihnen der ehrenamtliche Bürgermeister von Chenogne.
Nach einer Erholungspause wurde Fagues Kompanie am Neujahrsnachmittag aus der vordersten Linie zurückbefohlen. Der GI berichtete, dass seine Kameraden darauf die deutschen Kriegsgefangenen, die sie in Gewahrsam hatten, in zwei Gruppen auf den Äckern beiderseits der Straße Aufstellungen nehmen ließen, über die sie sich zurückziehen sollten. Jede Gruppe bestand aus 25 bis 30 Soldaten, „german boys“, wie der Augenzeuge schrieb.
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Mehrere Mitglieder seiner Einheit bauten Maschinengewehre auf und mähten die wehrlosen Männer nieder; die Leichen ließen sie liegen. John Fague sah zu und fühlte sich bei dem, was er gesehen hatte, mies. Doch seine wesentliche Sorge im Moment des Geschehens war, dass die Toten von deutschen Einheiten gefunden werden würden – und dann gefangenen Amerikanern ein ähnliches Schicksal drohen könnte.
Es war nicht das einzige Verbrechen, das in Chenogne an diesem Montag geschah. Den heftigsten Widerstand hatten Soldaten der 3. Panzergrenadierdivision aus einem zerschossenen Bauernhof heraus geleistet, der einer Familie Burnotte gehörte. In seinem Keller befand sich in provisorisches Feldlazarett mit deutschen Verwundeten und einigen Zivilisten.
Es war nicht das einzige Verbrechen, das in Chenogne an diesem Montag geschah. Den heftigsten Widerstand hatten Soldaten der 3. Panzergrenadierdivision aus einem zerschossenen Bauernhof heraus geleistet, der einer Familie Burnotte gehörte. In seinem Keller befand sich in provisorisches Feldlazarett mit deutschen Verwundeten und einigen Zivilisten.
Die Notiz war wohl nicht ganz zutreffend, denn es handelte sich vermutlich um Sanitäter und Verwundete sowie Kriegsgefangene. Doch die Tatsache der Erschießung und der Vertuschung durch einen hohen General war in jedem Fall skandalös.
Hinzu kam später eine zweifelhafte Abänderung. Das Patton-Tagebuch liegt nämlich zusätzlich in einer abgetippten Version vor, die sich allerdings an einigen Stellen vom Original unterscheidet. Die wissenschaftliche Ausgabe des Tagebuchs, erschienen 1974, basiert auf der abgetippten Version und daher heißt es an dieser Stelle: „Unglücklicherweise kam es zu einigen Erschießungen von Gefangenen.“ Dazu sagte der Weltkriegs-Experte Peter Lieb WELT: „Der renommierte US-Militärhistoriker Martin Blumenson scheint sich nicht für das Original des Tagebuchs interessiert zu haben und so wurden aus den Sanitätern ,normale’ Soldaten. Vielleicht war Blumenson der Mord an Sanitätern zu ungeheuerlich."
Zumindest vorläufig gelang die Vertuschung – es gab keine Ermittlungen gegen die Täter, die laut dem Augenzeugen John Fague zur B-Kompanie des 21. Motorisierten Infanterie-Bataillons gehörten. Eine solche Kompanie hatte im Zweiten Weltkrieg gewöhnlich eine Stärke von 120 bis 150 Mann; wie viele davon am 1. Januar 1945 noch einsatzfähig und vor Ort waren, ist nicht zu schätzen.
Die 50 bis 60 beiderseits der Straße niedergemähten Deutschen wurden mutmaßlich einige Tage später provisorisch bestattet und irgendwann in den 50er-Jahren bei der Errichtung des südlichen der beiden deutschen Soldatenfriedhöfe in den Ardennen in Recogne-Bastogne endgültig umgebettet.
Über die Toten am Bauernhof der Familie Burnotte berichtete der Bürgermeister, er habe bei seiner Rückkehr in das völlig zerschossene Dorf zwei Tage später die 21 toten Deutschen „in einer Linie“ liegend vorgefunden. Waren sie also eventuell auch gezielt hingerichtet worden und nicht (was freilich ebenso ein Kriegsverbrechen gewesen wäre) einzeln beim Herauskommen aus der Hausruine?
Da es keinerlei Zeugenbefragungen und keine systematischen Untersuchungen nach diesem Massaker gab, lässt sich nicht mehr feststellen, was genau geschehen ist und um welche Toten es sich gehandelt hat. Die 3. Panzergrenadierdivision hatte bei den Kämpfen um den Jahreswechsel 1944/1945 Hunderte Soldaten verloren. 70 bis 80 davon fielen einem Massaker zum Opfer.
Bleibt die Frage nach dem Motiv. John Fagues Schilderung legt einerseits nahe, dass einzelne Soldaten die Initiative ergriffen, die wehrlosen Deutschen zu ermorden.
Andererseits berichtet er ausdrücklich, freilich ohne konkrete Namen zu nennen: „Unser Befehl lautete, keine Gefangenen zu machen.“ Mit anderen Worten: Gegner, die sich ergaben, sollten erschossen werden. Eine solche Weisung war natürlich ein verbrecherischer Befehl.
Zwei Wochen vor dem Massaker von Chenogne hatte es ein ähnliches Kriegsverbrechen in Malmedy gegeben: Soldaten der „Kampfgruppe Peiper“ der Waffen-SS töteten an einer Kreuzung bei Baugnez südlich von Malmedy 84 gefangene US-Soldaten, teilweise mit Genickschüssen.
Da weitere 43 amerikanische Gefangene im Chaos dieses Massenmordes hatten entkommen können, verbreiteten sich rasch Gerüchte über dieses Verbrechen bei den US-Truppen. Möglicherweise trug das zu den kriegsrechtlich absolut unzulässigen Befehlen bei, keine Gefangenen zu machen. Andererseits meinte John Fague, erst nach dem Massaker von Chenogne von Malmedy gehört zu haben.
Bei General Patton war das jedoch nachweislich anders: Er wusste unmittelbar nach Malmedy vom dortigen Geschehen. Das dürfte der Hintergrund seiner Hoffnung gewesen sein, Chenogne vertuschen zu können. Jedenfalls finden sich in offiziellen Militärakten darüber offenbar keine Spuren.
Beevor schrieb, Angehörige der schlecht ausgebildeten und von den Gefechten übel mitgenommenen 11. US-Panzerdivision hätten in Chenogne „ihren Furor“ an etwa 60 Gefangenen ausgelassen. Dieser Vergeltungsakt unterschied sich von den kaltblütigen Hinrichtungen der Waffen-SS bei Malmedy-Baugnez, aber er wirft dennoch ein schlechtes Licht auf die Offiziere dieser Einheit.
Man kann dieser Meinung sein, muss es aber nicht. Zumindest gibt es auch gute Argumente, Chenogne und Malmedy als ziemlich ähnliche Kriegsverbrechen zu bewerten. Völlig zurecht sagt Peter Lieb: „Das Thema alliierte Kriegsverbrechen an der Westfront 1944/45 harrt nach wie vor einer systematischen historischen Aufarbeitung.“ Natürlich ändert das Massaker von Chenogne an der weitaus höheren Zahl an absolut unzulässigen Gewalttaten deutscher Truppen nicht das Geringste. Aber es vervollständigt das Bild.
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Dieser Artikel wurde erstmals im Januar 2020 veröffentlicht.
https://www.welt.de/
Erschießung von SS-Männern bei der Befreiung des KZ Dachau
Die Erschießung von SS-Männern bei der Befreiung des KZ Dachau ereignete sich, als das Konzentrationslager Dachau am 29. April 1945 von US-Truppen befreit wurde und amerikanische Soldaten dabei mehrere bereits gefangengenommene Angehörige der SS-Wachmannschaft töteten.
Die Erschießungen bei der Befreiung des KZ Dachau wurden und werden in rechtsextremen Kreisen propagandistisch aufgenommen und unter dem Begriff „Dachau-Massaker“ verbreitet. Hierbei wird der Eindruck erweckt, es hätte sich um eine systematische Exekution sämtlicher deutscher Kriegsgefangenen gehandelt. Diese Auffassung stützt sich hauptsächlich auf ein Buch von Howard A. Buechner, in dem die systematische Hinrichtung von 560 Personen des SS-Wachpersonals behauptet wird. Belege dafür werden jedoch nicht genannt. Die Auswertung neu zugänglicher Quellen hingegen zeigen, dass es sich vielmehr um vereinzelte und spontane Taten handelte, hervorgerufen durch das Entsetzen über die grauenhaften Zustände im Lager und den Anblick des Todeszuges aus Buchenwald mit Tausenden von Leichen. Völkerrechtswidrig erschossen wurden vermutlich etwa 50 Angehörige des SS-Wachpersonals. Etwa 160 SS-Männer wurden von den Amerikanern gefangen genommen.
https://de.wikipedia.org/
Verbrechen an Deutschen – Tschechen arbeiten Vergangenheit auf
Do 16.09.2010 | 22:00 | Kontraste
Die Entdeckung eines Massengrabes in Tschechien sorgte nicht nur dort für Schlagzeilen. Rund 15 Sudetendeutsche wurden nach bisherigen Erkenntnissen am 19. Mai 1945 in dem Dorf Dobrinin erschlagen oder erschossen. 65 Jahre nach Kriegsende beginnt nun in Tschechien eine Debatte über die dunklen Seiten der eigenen Geschichte.
Was geschah 1945 wirklich, als Millionen Deutsche die Tschechoslowakei verlassen mussten? Erst jetzt, 65 Jahre nach Kriegsende, beginnen sich die Tschechen mit dieser Frage zu beschäftigen. Und voller Entsetzen realisieren einige, dass sie damals nicht nur Opfer von Deutschen waren, sondern einige auch Täter waren. Das dokumentieren die jetzt entdeckten Massengräber mit den Leichen ermordeter Deutscher. Diese Verbrechen zu untersuchen - dafür hat sich jetzt der tschechische Außenminister gegenüber KONTRASTE ausgesprochen. Eine Neubewertung der Nachkriegsgeschichte. Tom Fugmann und Benedict Maria Mülder.
Heinrich Polzer erinnert sich: 65 Jahre ist es her, dass er seinen Vater Johann zum letzten Mal gesehen hat. An einem Tag im Mai 1945 nach dem Ende des Krieges wurde der Vater - zusammen mit anderen Deutschen - von tschechischen Revolutionsgarden abgeführt und in diesem Dorf interniert.
Heinrich Polzer
„Dort waren die Männer in einem alten Spritzenhaus eingesperrt und zwar unter ganz engen Verhältnissen, die standen alle. Und ich weiß noch, ich wurde dann - ich war ja fünf Jahre - durchgereicht zu meinem Vater, weil, es war kein Platz zum Laufen und da habe ich ihn das letzte Mal gesehen und gedrückt.“
Im heutigen Dobronin steht noch das Spritzenhaus, in dem Johann Polzer und 14 deutsche Zivilisten damals eingesperrt und misshandelt wurden. In der Nacht des 19. Mai 1945 wurden die 15 Männer von betrunkenen Revolutionsgardisten auf eine Wiese außerhalb des Ortes getrieben, dort ermordet und verscharrt. Ein Racheakt für die Demütigungen und das Leid der Tschechen während der deutschen Besatzung.
Vladislav Brtnicky lebte schon damals im Ort. Sein Cousin war bei der Mordaktion dabei.
Vladislav Brtnicky, Zeitzeuge
„Die Mörder haben bei meinem Cousin geklingelt. Er hat mit seinem Traktor die Deutschen aufs Feld gefahren. Da haben sie noch gelebt, aber konnten nicht mehr laufen. Er sei nicht am Mord beteiligt gewesen, so hat es mir mein Cousin erzählt. Ich habe ihm immer vorgeworfen: ,Damit hast Du Dich mitschuldig gemacht‘.“
Diese Skizze zeigt den mutmaßlichen Ort des Massengrabs von Dobrenz. Josef Niebler hat sie aus der Erinnerung angefertigt. Denn auch sein Onkel wurde im Mai 1945 umgebracht. Der damals Elf-Jährige bemerkte eine frische Aufschüttung auf einer Wiese. Bis August 1945 blieb die Familie noch in Dobrenz - ohne jeden Schutz.
Josef Niebler
„Drei Monate kann man sagen, waren wir ja regelrechtes Freiwild. Man konnte mit den Deutschen machen, was man wollte. Das bewirkte ja auch dieses Benes-Dekret. Und die Leute wurden ja regelrecht aufgehetzt.“
65 Jahre wurden Verbrechen wie der Mord von Dobrenz nicht verfolgt. Denn es galten die nach dem Staatspräsidenten Benes benannten Dekrete. Gerechte Vergeltung, heißt es, ist auch dann nicht widerrechtlich:
Zitat
„…wenn sie sonst nach den geltenden Vorschriften strafbar gewesen wäre.“
Das bedeutet, auch Verbrechen, die nach Kriegsende an deutschen Zivilisten begangen wurden, hat man bisher nicht untersucht und schon gar nicht bestraft.
Doch vor einigen Wochen haben tschechische Polizisten und Gerichtsmediziner die Leichen von mehreren Männern aus dem Massengrab geborgen - an genau dem Ort, der auf Josef Nieblers Skizze verzeichnet ist. Es sind die Opfer der grausamen Mordaktion vom Mai 1945 in Dobrenz.
Damit wird in Tschechien erstmals gegen einen der noch lebenden Tatverdächtigen ermittelt - eine Sensation. Michael Laska von der Kriminalpolizei Jihlava leitet die Untersuchungen in diesem Mordfall.
Michael Laska, Kriminalpolizei Jihlava
„Es ist sehr unwahrscheinlich, dass das Amnestiegesetz hier greift. Denn man muss sich anschauen, dass die Opfer überwiegend Bauern waren. Ein Polizist war dabei, ein Lehrer. Das heißt, hier kann man nicht davon ausgehen, dass die Tschechen im Rahmen ihres nationalen Befreiungskampfes diese Tat verübt haben. Denn diese Opfer hatten nichts mit der Armee zu tun.“
Dass jetzt ermittelt wird, ist in Tschechien nicht unumstritten. Außenminister Schwarzenberg unterstützt die Aufarbeitung.
Karel Schwarzenberg, Außenminister Tschechien
„Ich finde, es ist viel zu spät, aber immerhin. Ich finde, alle Verbrechen, die in diesem unglückseligen 20. Jahrhundert begangen wurden, sollen untersucht werden. Richtig.“
Erst vor kurzem öffentlich gewordene Amateuraufnahmen unterstützen die Forderung nach Aufarbeitung. Prag 1945. Auch hier werden Dutzende deutsche Zivilisten zu Opfern. Nach Schuld oder Unschuld wurde nicht gefragt. Erst werden sie erschossen, dann von einem LKW überrollt, noch Lebende und Tote gleichermaßen. Sie und tausende andere mussten stellvertretend für die mörderische Vernichtungspolitik von Deutschen büßen.
Tschechen waren nicht nur Opfer: einige wurden nach dem Ende des Krieges auch zu Tätern.
Karel Schwarzenberg, Außenminister Tschechien
„Wenn wir uns also nicht mehr gegenseitig die Verbrechen vorwerfen, die die andere Seite begangen hat, sondern offen zugestehen, dass wir alle was… Väter, Großväter an solchen Verbrechen beteiligt waren. Dann schafft es eine klarere Stellung und verändert die Atmosphäre.“
Hier im tschechischen Jihlava wohnt der letzte lebende mutmaßliche Tatbeteiligte: Robert Kautzinger, heute 82 Jahre alt. Vor der Kamera will er sich nicht äußern.
Vladislav Brtnicky, Zeitzeuge
„Wenn Kautzinger betrunken war, hat er in der Kneipe mehrfach verkündet, dass er den Landwirt, bei dem er gearbeitet hat, eigenhändig umgebracht hat. Das habe ich von unterschiedlichen Leuten gehört. Er hat ausgeholt und ihm mit der eigenen Schaufel den Kopf abgehauen.“
Im bayrischen Mertingen erhofft sich Josef Niebler von den tschechischen Ermittlungen Gewissheit über das Schicksal seines Onkels. Er will Aufklärung, nicht Rache:
Josef Niebler
„Für mich bedeutet das einfach nicht einen Hass auf die Tschechen oder sonstige, ja, eh, aufgewühlte Gefühle. Mir geht es eigentlich darum, dass diese Leute eine letzte Ruhestelle finden und die ganze Sache dann abgeschlossen wird.“
Inzwischen erinnert ein Kreuz am Ort des Massakers an die Schreckensnacht, die damaligen Opfer und an das jahrzehntelange Verschweigen in Tschechien. Jan Litavsky, ein Unternehmer aus Dobronin, hat es aufgestellt - als Zeichen der Pietät und des Andenkens.
Jan Litavsky, Unternehmer
„Schon seit meiner Kindheit wurde immer hinter vorgehaltener Hand davon gesprochen, dass hier etwas passiert sein soll. Und es war ein Tabu, her zu kommen. Wir bekamen gesagt: ‚Geht da mal nicht hin‘. Man hatte also immer eine Ahnung.“
65 Jahre nach dem Kriegsende wird die Aufklärung der Morde von Dobrenz nicht mehr von den Benes-Dekreten behindert.
Karl Schwarzenberg, Außenminister Tschechien
„Ich meine, das ist jetzt im Laufen. Ob es eine Niederschlagung einmal im Parlament haben wird, ist eine andere Sache. Aber gar kein Zweifel ist sozusagen die Fragestellung offen. Und es haben sich verschiedene tschechische Stimmen auch gemeldet, die eine gesunde Distanz zu dem zeigen.“
Denn das Massaker wird jetzt als ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit gewertet, das nicht verjährt. An vielen Orten in Tschechien gibt es Massengräber wie in Dobronin. Die Aufarbeitung hat gerade erst begonnen.
Kurz vor unserer Sendung ließ das tschechische Außenministerium erklären, Außenminister Schwarzenberg habe in unserem Interview nicht gesagt, die Aufhebung der Benes-Dekrete sei offen. Das zeigt, wie hochsensibel und brisant das Thema ist.
Stand vom 16.09.2010
https://www.rbb-online.de/
Massaker von Aussig
Das Massaker von Aussig (auch Aussig-Massaker genannt) war ein gegen die deutsche Zivilbevölkerung gerichteter Pogrom am 31. Juli 1945 in Ústí nad Labem (Aussig) in der Tschechoslowakei.
https://de.wikipedia.org/wiki/Massaker_von_Aussig
Wie kam es zum Massaker an Deutschen in Aussig?
Auch nach Kriegsende wurde getötet und gestorben. Eines der schlimmsten Vertreibungsverbrechen ereignete sich in Usti nad Labem. Zahlreiche Sudetendeutsche kamen in der Elbestadt ums Leben.
Veröffentlicht am 31.07.2015 |
Von Johann Althaus
Das Gemetzel begann um halb vier Uhr nachmittags. Ziemlich genau um 15.30 Uhr am 31. Juli 1945 explodierte in einem Lager im Stadtteil Schönpriesen der böhmischen Elbstadt Aussig Beutemunition der Wehrmacht, die hier gesammelt worden war. Die verheerende Detonation löste ein Massaker aus: Ein erregter tschechischer Mob machte in den Straßen der Stadt Jagd auf deutschsprachige Bewohner der bikulturellen Stadt.
Mit bloßen Fäusten, Dachlatten und Werkzeugen wurden sie durch die Straßen der Innenstadt getrieben, viele hin zur elegant geschwungenen Elbbrücke. Dutzende, wenn nicht Hunderte Menschen wurden in den Fluss gestürzt und ertranken. Laut Augenzeugenberichten wurde sogar eine junge Frau mit ihrem Säugling und dem Kinderwagen über das Geländer geworfen.
In den folgenden 72 Stunden wurden alle Deutschen, die noch in Aussig lebten, brutal vertrieben. Die stets tschechisch geprägte Stadt, in der aber auch Deutsche lebten, war 1938 nach dem Münchner Abkommen dem Dritten Reich angegliedert worden – und kam nach dem Krieg wie das ganze Sudetenland zurück zur wiederhergestellten Tschechoslowakei.
„Ethnische Entflechtung“ war das Ziel der Vertreibungen im Sommer 1945. In Mitteleuropa wurden teilweise die Grenzen von 1919/20 erneuert, teilweise ehemals deutsche Gebiete anderen Staaten zugeschlagen – und überall dort sollten nach Möglichkeit ethnische Deutsche verdrängt, faktisch: vertrieben werden.
Der Historiker Otfried Pustejovsky, der selbst als Zwölfjähriger die Vertreibung erlebte, beschäftigt sich seit langer Zeit mit den Ereignissen vom 31. Juli 1945. Beteiligt daran waren seinen Forschungen zufolge erst kurz zuvor nach Aussig verlegte tschechoslowakische Soldaten sowie auswärtige Zivilisten. „Es war keine Aktion der Aussiger Bevölkerung“, meint Pustejovsky. Er glaubt nicht an einen Zufall und vermutet hinter der Explosion der Beutemunition eine Provokation der Geheimabteilung „Z“ des Prager Innenministeriums.
„Personen sehr zweifelhaften Aussehens“ wären die treibende Kraft gewesen, erinnerte sich ein Augenzeuge: „Ich bekam den Eindruck, dass irgendwo eine Strafanstalt entleert worden sei.“ Einigermaßen gesichert ist durch Pustejovskys Studien wohl, dass der im Prager Innenministerium tätige Offizier Bedřich Pokorný zu den Organisatoren zählte.
Da es nie eine juristische Untersuchung in der Tschechoslowakei gab, im Gegenteil Verbrechen während der Vertreibung der Deutschen pauschal als „nicht widerrechtlich“ amnestiert wurden, dürften sich die Hintergründe wohl nicht mehr weiter erhellen lassen. Denkbar, aber nicht gerichtsfest zu beweisen ist, dass die Ausschreitungen vor den Augen der Weltöffentlichkeit zeigen sollten, dass ein friedliches Zusammenleben zwischen Deutschen und Tschechen nach den deutschen Verbrechen während des Krieges unmöglich sei, die Vertreibung also „alternativlos“.
Völlig unklar bleibt die Zahl der Opfer; fest steht allein: Es gab mindestens 42 deutsche Tote. Historiker wie Pustejovsky halten nach dem Studium von Vermisstenmeldungen, Krankenhausakten und Krematoriumslisten 100 bis 220 Opfer für realistisch. In älteren Publikationen von Vertriebenenverbänden ist dagegen schon mal von bis zu 4000 Toten die Rede. Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Landsmannschaft, will sich auf diese Debatte nicht einlassen: „Für mich ist klar: Jedes Opfer ist ein Opfer zu viel.“
Umstritten bleibt das Massaker vor allem in Tschechien selbst. Kürzlich erst hatte Vizeregierungschef Pavel Belobradek als erster tschechischer Minister überhaupt das Sudetendeutsche Haus in München besucht. Der Christdemokrat legte einen Blumenstrauß nieder. „Ich habe die Opfer der Gewalt in erster Linie als Christ geehrt“, sagte er.
Daheim in Prag sorgte das für Wirbel. Ministerpräsident Bohuslav Sobotka stellte klar, dass Belobradek in München nicht die Regierung vertreten habe. Zwar gehörten Versöhnungsgesten zum „sich vereinigenden Europa des 21. Jahrhunderts“. Sobotka mahnte aber, wer an die Vertreibungsexzesse erinnere, müsse auch die „Ursachen“ im Blick behalten – die „rücksichtlose nationalsozialistische Verfolgung und Unfreiheit“ unter deutscher Besatzung von 1939 bis 1945.
Schier entsetzt zeigten sich die orthodoxen Kommunisten: Belobradek habe diejenigen geehrt, die Hitler begeistert zugejubelt hätten, kritisierte Parteichef Vojtech Filip. Viele Zeitungskommentare sahen den Schritt des Vizeministerpräsidenten hingegen positiv. Das Nachrichtenportal „Aktualne.cz“ schrieb: „Es ist unglaublich, dass etwas so Menschliches wie Blumen zum Gedenken an die Opfer immer noch den Hauch eines Tabus hat.“
In Aussig werden am 70. Jahrestag Kränze auf der stählernen Benesch-Brücke niedergelegt. Seit 2005 erinnert dort eine schlichte Gedenktafel „an die Opfer der Gewalt vom 31. Juli 1945“. Dass es sich um Deutsche handelt, wird nicht ausdrücklich erwähnt.
https://www.welt.de/
Das Massaker von Postelberg: wie Tschechien seine Vergangenheit aufarbeitet
Stand: 29. November 2017, 11:14 Uhr
In Tschechien ist am 28. November 2017 der Roman "Die Hussiten bei Postelberg" von Jan Vávra erschienen. Darin geht es um ein Massaker an 700 Deutschen im Jahr 1945 - eines der schwierigsten Kapitel der tschechischen Nachkriegsgeschichte.
Zwei Männer enthüllen eine Gedenktafel mit deutscher und tschechischer Aufschrift
Erster Schritt zur Aufarbeitung: Die Einweihung einer Gedenktafel an die Opfer von Postelberg (Postoloprty) in Jahr 2010.
Der 6. Juni 1945 war ein Sonntag, knapp einen Monat nach dem Kriegsende. Auf dem Kasernenhof des tschechischen Städtchens Postelberg (heute Postoloprty) waren hunderte deutsche Männer im Alter von 13 bis 60 Jahren tagelang zusammengepfercht worden.
Hinrichtung von Jugendlichen
Auf dem gepflasterten Hof mussten sie bei Tag stehen oder auf dem Boden sitzen und in der ersten Nacht liegen. Erhob sich am Morgen einer von ihnen ohne Erlaubnis, wurde er erschossen. Unter den Gefangenen waren fünf erschöpfte Jugendliche, die angeblich Äpfel von einem Baum gestohlen haben sollen, um ihren Hunger zu stillen.
Erst werden sie ausgepeitscht, dann strecken Gewehrsalven vier von ihnen nieder. Ein Junge überlebt, fällt auf die Knie und fleht um Gnade - vergeblich. Er wird durch einen Schuss ins Genick getötet. Das alles geschieht vor den Augen der Menge, die mit vorgehaltener Waffe in Schach gehalten wird.
Massaker mit mehr als 700 Toten
Es folgen weitere Morde in Postelberg und im benachbarten Saaz (heute Žatec): Innerhalb weniger Tage werden dort im Frühsommer 1945 etwa 2000 Sudetendeutsche umgebracht. In den bislang gefundenen Massengräbern fand man die Überreste von 763 Menschen - erschossen oder erschlagen ohne Gerichtsurteil.
Es ist das schlimmste einer ganzen Reihe von Nachkriegsmassakern, die in der Zeit der "wilden Vertreibung" kurz nach Kriegsende im Frühjahr 1945 an den Sudetendeutschen verübt wurden. Tschechische Revolutionsgarden, Soldaten und Polizisten nahmen Rache für die Demütigungen durch die deutsche Besetzung.
Staatlich gebilligte Vergeltung
Nach Schuld oder Unschuld wurde nicht gefragt. Die wahllosen Erschießungen von Widerstandskämpfern und unbeteiligten Zivilisten durch die Waffen-SS noch kurz vor Kriegsende steigerten den Hass auf alles Deutsche ins Unermessliche. Die Gewalt gegen die Deutschen war staatlich legitimiert: Schon 1943 hatte Staatspräsident Edvard Benes die Tschechen in einer Rundfunkrede zur Vergeltung aufgerufen:
Den Deutschen wird mitleidlos und vervielfacht all das heimgezahlt werden, was sie in unseren Ländern seit 1938 begangen haben. Die ganze Nation wird sich an diesem Kampf beteiligen, es wird keinen Tschechoslowaken geben, der sich dieser Aufgabe entzieht und kein Patriot wird es versäumen, gerechte Rache für die Leiden der Nation nehmen.
Und es trifft nicht nur Männer. In dieser Zeit kommt es zu massenhaften Vergewaltigungen an sudetendeutschen Frauen und Mädchen.
Jahrzehntelanges Totschweigen
Bis zur politischen Wende 1989 blieben diese Verbrechen ungesühnt. Es gab zwar 1947 eine Untersuchung der Vorgänge von Postelberg durch das tschechische Parlament, doch ein "Straffreistellungsgesetz", verabschiedet am 8. Mai 1946, schloss die straffrechtliche Verfolgung der Verbrechen aus, die zur Zeit der Vetreibung verübt worden waren.
Den Nachkriegsbewohnern von Postelberg und Saaz kam das gerade recht. Denn in den Häusern der getöteten und vertriebenen ehemaligen Bewohner lebten sie fortan selbst. Außerdem gab es etliche, die zunächst bereitwillig mit den deutschen Besatzern kollaboriert und sich danach ganz besonders als Rächer hervorgetan hatten. Verschweigen wurde so zur ersten Bürgerpflicht.
Morddrohungen für Zeitungsartikel
Wie emotional das Nachkriegskapitel im Tschechien auch Jahrzehnte später noch gesehen wurde, bewiesen die Reaktionen auf erste Veröffentlichungen über die Massaker im Jahr 1995. David Hertl hatte in der Postelberger Lokalzeitung "Svobodny Hlas" (Freie Stimme) einen Artikel über die grausamen Hinrichtungen veröffentlicht. Daraufhin bekam er Drohbriefe und Morddrohungen.
Gedenkttafel mit tschechischer und deutscher Auffschrift Allen unschuldigen Opfern der Postelberger Ereignisse vom Mai und Juni 1945
Nach langen Diskussionen wurde die tschechisch-deutsche Gedenktafel am 3. Juni 2010 in Postoloprty eingeweiht.
Bildrechte: IMAGO
Erst 2007, als die Staatsanwaltschaft im bayrischen Hof wegen der Ermordung der fünf Jungen ihre tschechischen Kollegen um Amtshilfe bat, liefen ernsthafte Ermittlungen an. Doch als Überlebende, Angehörige und versöhnungswillige Tschechen allen Opfern des Nachkriegsmassakers ein Denkmal setzen wollte, stießen sie auf den Widerstand der ortsansässigen Bevölkerung.
Zunehmende Aufarbeitung im vergangenen Jahrzehnt
"Für viele war die ganze Geschichte über Jahrzehnte tabu.", so der Historiker Michael Pehr. Im Jahr 2009 stimmte der Stadtrat von Postoloprty der Errichtung eines Gedenksteins zu, mit der tschechischen und deutschen Inschrift "Allen unschuldigen Opfern der Ereignisse in Postelberg im Mai und Juni 1945".
Am 6. Mai 2010 erschütterte dann der Film "Töten auf Tschechisch" des Prager Regisseurs David Vondráček, ausgestrahlt zur besten Sendezeit im tschechischen Fernsehen, die Nation. Zu sehen waren Amateuraufnahmen aus der Zeit der Vertreibungen.
Darauf zu sehen: Dutzende deutsche Zivilisten stehen am Straßenrand und werden erschossen. Denjenigen, die nicht gleich tot in den Graben fallen, fährt ein LKW über Köpfe und Leiber. Der Film widerlegte den nationalen Opfermythos und bewies: Die Tschechen wurden in der Nachkriegszeit auch zu Tätern.
https://www.mdr.de/
Blutiger Sommer 1945: Nachkriegsgewalt in den böhmischen Ländern
Seit November 2021 vergriffen und jetzt wieder lieferbar in 4. Auflage: In diesem Buch findet der Leser Informationen über die Gewaltakte, die zwischen Mai und August 1945 auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik an Deutschen verübt wurden. Es geht um Ereignisse, die mit der „wilden Vertreibung“ der Deutschen in Böhmen und Mähren verbunden sind. Thematisiert werden auch Vorgänge, bei denen sowohl Soldaten der Roten Armee als auch anderer auf dem Territorium der ehemaligen Tschechoslowakei operierenden Armeen zu den Tätern gehörten. Alle Ereignisse sind in Form von topographischen Stichworten dargestellt und werden vom Autor nicht bewertet oder kommentiert. Hier wird lediglich beschrieben, was an dem angegeben Ort passiert ist. Bei der Lektüre wird klar, dass die vom nationalsozialistischen Deutschen Reich in Gang gesetzte Gewaltmaschinerie am 8. Mai 1945 nicht endete, sondern sich weiter fortsetzte - wenn auch mit anderen Akteuren in der Täter- beziehungsweise Opferrolle. Der Text in diesem Buch wird durch umfangreiches Bildmaterial bereichert.
Gesetzlose Zeit
"Manche mordeten aus Langeweile": Historiker über Gräueltaten der Tschechen nach 1945
Donnerstag, 25.11.2021, 11:35
Die Vertreibung der Sudetendeutschen wurde in Tschechien lange verharmlost. Der Prager Historiker Jiří Padevět berichtet im Interview mit G/GESCHICHTE von Massakern an Deutschen - und einem neuen Blick auf die eigene Geschichte.
Herr Padevět, zwei Ihrer Bücher sind gerade ins Deutsche übersetzt worden. Im ersten widmen Sie sich den Gräueltaten der Nazis in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges, im zweiten dann den Gräueltaten der Tschechen an den verbliebenen Deutschen nach dem Kriegsende...
Jiří Padevět: ...und eigentlich sollte das alles ein einziges Buch werden. Ich wollte ganz am Anfang einen Reiseführer schreiben, der von 1938 bis 1953 führt, vom "Anschluss des Sudetenlands" bis zu den kommunistischen Schauprozessen. Aber es war einfach zu viel Material, also habe ich es auf mehrere Bücher verteilt. Und wissen Sie, was das Interessante daran ist?
Padevět: Wer beide Bücher liest, stellt fest, dass Gewalt keine nationalen Merkmale verträgt – dass es nur eine Gewalt gibt. Böse Menschen begehen Gewalttaten, gute Menschen versuchen, sich dem entgegenzustellen. Das ist völlig unabhängig von der Nationalität.
Sie schreiben in Ihrem Buch: "Die Menschen lebten in einer Phase, in der Gewalt immer noch die Norm war." Wie kann man sich den damaligen Alltag vorstellen?
Padevět: Die Menschen mussten unter ganz anderen Bedingungen handeln als wir sie heute kennen. Es war eine Phase, in der kein Recht galt, sondern Gewalt und Waffen herrschten. Die Leute handelten nicht nach dem Gesetz oder geleitet von ihrem Mitgefühl, sondern einfach nach ihrem Instinkt. Das galt ganz besonders im tschechoslowakischen Grenzgebiet, wo Deutsche und Tschechen auf engem Raum zusammenlebten.
Sie müssen sich vor Augen halten, dass damals alles zusammengebrochen war: Züge fuhren nicht, Straßen waren kaputtgebombt, Medikamente gab es nicht, das Essen reichte nicht. Die Situation war verheerend. Übrigens hatte das, was kurz vor dem Ende der Naziherrschaft passierte, und das, was danach in der wiederauflebenden tschechoslowakischen Republik geschah, viele Gemeinsamkeiten.
Nämlich?
Padevět: Für mich ist die traurige Erkenntnis: Wenn der Staat keine Macht ausübt, können viele Leute dieser Gelegenheit nicht widerstehen und begehen Verbrechen. In dieser Zeit gab es so viele dieser Verbrechen, dass sie ganz normal wurden. Für jeden Einzelnen war diese unübersichtliche Zeit hochgefährlich.
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Padevět: Es überlebte derjenige, der Glück hatte. Punkt. Es war eine Zeit, in der menschliches Leben keinen Wert hatte. Jemand konnte erschossen werden, weil einem anderen seine Armbanduhr gefiel. Oder seine Frau. Manche mordeten auch einfach aus Langeweile.
Wie bitte?
Padevět: Es gibt da diesen Fall aus der Stadt Roudnice, der fotografisch sehr gut dokumentiert ist. Auf dem Hauptplatz dort sind im Mai 1945 ein paar vermutlich deutsche Jugendliche aus dem Ort aufgehängt worden, die Bäume stehen heute noch. Die Leichen sind mit SS-Aufschriften und vulgären Parolen übersät. Und auf diesen Fotos sieht man ganz normale Familien mit kleinen Kindern, wie sie über den Platz spazieren gehen und sich das in Ruhe anschauen.
War das Maß an Gewalt je nach Region unterschiedlich?
Padevět: Im tschechischen Binnenland war die Situation deutlich besser als in den gemischten Gebieten, wo neben Tschechen oder Slowaken auch noch Deutsche, Ungarn oder Kroaten lebten. Ein Großteil der blutigen Massaker an Deutschen wie etwa in Postoloprty oder Lanškroun wurde von Militäreinheiten begangen, die zu dieser Zeit schon unter das militärische Oberkommando fielen.
Das heißt, es sind keine Akte von lokaler Gewalt, die durch ein paar Männer verübt worden wären, die sich abends in der Kneipe besaufen und dann die Flinten holen. Nein, es sind militärische Operationen, zu denen jemand den Befehl gegeben haben muss. In dieser Zeit geschah das mündlich oder telefonisch. Lassen Sie uns doch für einen Moment einmal genauer auf die Akteure der Gewalt in dieser Nachkriegszeit schauen.
Es war wirklich ausgesprochen unübersichtlich: Es gab die tschechoslowakische Armee, die Rote Armee, es gab einzelne militärische Einheiten und ungeordnete bewaffnete Trupps, die vor allem geraubt und geplündert haben.
10. Mai 1945: Nymburk (Neuenburg an der Elbe): Nach der Kapitulation erschossen: ein Este, Mitglied der 20. Division der Waffen-SS. Bilder aus Padevět Buch Blutiger Sommer 1945
GGeschichte10. Mai 1945: Nymburk (Neuenburg an der Elbe): Nach der Kapitulation erschossen: ein Este, Mitglied der 20. Division der Waffen-SS. Bilder aus Padevěts Buch "Blutiger Sommer 1945"
5. Juni 1945: Olešnice (Gießhübel) Revolutionsgardisten oder Soldaten der Tschechoslowakischen Armee nehmen Pfarrer Anton Rührich (mit Schild) fest.
Sie ermorden ihn am 16. Juni in Peklo.
GGeschichte5. Juni 1945: Olešnice (Gießhübel) Revolutionsgardisten oder Soldaten der Tschechoslowakischen Armee nehmen Pfarrer Anton Rührich (mit Schild) fest. Sie ermorden ihn am 16. Juni in Peklo.
Jetzt haben Sie die früheren Kollaborateure vergessen.
Padevět: Das sind die, die wir in Tschechien als "Partisanen der letzten Minute" bezeichnen. Sie arbeiteten mit den Nazis zusammen und wurden meistens erst am Nachmittag des 8. Mai 1945 zu Widerstandskämpfern. Sie versuchten, ihre Kollaborations-Vergangenheit auszubügeln und sich mit einem Mythos als Helden zu umgeben – oft mit besonders brutalen Gewalttaten.
Wie ging es mit diesen Leuten nach der gesetzlosen Zeit am Kriegsende weiter?
Padevět: Interessant ist, dass viele dieser "Partisanen der letzten Minute" dann in die kommunistische Partei eingetreten sind. Das war damals ohnehin immer wieder zu beobachten: Viele Verbrecher aus dieser Zeit standen 1946 und 1947 vor Gericht und wurden in einigen wenigen Fällen sogar tatsächlich zu hohen Strafen verurteilt. Darunter war Karol Pazúr, der mit seiner Militäreinheit in einer einzigen Nacht 230 Karpatendeutsche ermordet hatte, darunter Babys, Kinder und Alte.
Die meisten dieser verurteilten Verbrecher hat nach 1948 das kommunistische Regime begnadigt. Das ist übrigens eine weitere Erkenntnis, die ich aus der Recherche gewonnen habe: Sadisten und Gestörte kommen totalitären Regimen sehr gelegen, sie setzen sie als Untersuchungsbeamte verschiedener politischer Polizeieinheiten ein.
Manche der Gewalttäter von 1945 wurden später Vertrauensleute der Staatssicherheit. In Tschechien ist zuerst Ihr Buch über die Gewalt der Nationalsozialisten am Ende des Krieges erschienen, im Jahr danach erst dasjenige über die Gewalt an den Deutschen. Haben Sie diese Reihenfolge absichtlich gewählt? Ich hatte kein politisches Motiv dafür, wenn Sie das meinen. Es ist aber schon so, dass viele von denen, die mich für das erste Buch gelobt haben, dann nach dem Erscheinen des zweiten Buches sehr ruhig wurden (lacht).
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"Prag 1939-1945 unter deutscher Besatzung: Orte, Ereignisse, Menschen" von Jiri Padevět
Padevět: Ich unterteile die Menschen wirklich sehr ungern in Deutsche, Tschechen, Russen oder sonst etwas. Ich versuche, sie danach zu unterscheiden, ob sie sich gut verhalten. Und wenn jemand über mich denkt, ich sei ein Revanchist oder ein Anhänger der sudetendeutschen Landsmannschaft, soll er das ruhig denken, das ist sein Problem.
In Tschechien haben Politiker mit Polemiken gegen die Deutschen und die Sudetendeutschen noch vor Kurzem Wahlen gewinnen können …
Padevět: … aber das wird immer weniger. Die Meinung, dass die Deutschen die Vertreibung verdient hätten – auf Tschechisch sagen wir übrigens nicht Vertreibung, sondern "odsun", Abschiebung –, dass sie sich alle 1938 Hitler an den Hals geworfen hätten, die ist immer weniger zu hören. Es gibt Extremisten von Links und Rechts, die das immer behaupten werden, aber diese Gruppe wird zunehmend schwächer. Stattdessen wird versucht, die Ereignisse zu erklären und mit ihnen umzugehen.
Es gab Fälle von Deutschen, die am Ende des Kriegs die Teilnehmer der Todesmärsche aus den KZs mit Lebensmitteln unterstützten, es gab deutsche Widerstandskämpfer. Und genauso kam es vor, dass sich Tschechen 1945 gegen andere Tschechen gestellt und die Vertreibung verurteilt haben.
Worauf stützen Sie sich bei Ihrer Recherche? Die Fälle von Gewalt sind ja vermutlich nicht gut dokumentiert.
Padevět: Moment, das stimmt nicht immer! Es gibt Massaker, die 1946 und 1947 untersucht wurden; dazu gibt es dann jede Menge Archivdokumente. Aber die Arbeit bleibt immer ein Zusammensetzen von einzelnen Mosaiksteinchen; viele der Ereignisse sind heute nur noch aus mündlicher Überlieferung bekannt. Ich hatte mal eine Lesung im Nordosten von Tschechien, da kam nach der Veranstaltung ein älterer Mann zu mir und sagte: "Wissen Sie, dass hier immer noch Deutsche vergraben sind?" Er hat mich dann an eine Stelle geführt und gesagt, dass dort ein Massengrab sei – aber der Besitzer des Grundstücks erlaube keine Exhumierung und niemand sonst wolle etwas davon wissen.
Es fällt auf, dass Sie in Ihrem Buch bei manchen Ereignissen die Namen von Tätern und Opfern nennen, bei anderen nicht – etwa bei dem Vorfall in einer Prager Schule.
Padevět: Sie meinen die Deutsche, die mit ihrer Tochter aus dem Fenster in den Tod gesprungen ist, bevor Soldaten der Roten Armee sie vergewaltigen konnten? Das Problem ist, dass es bei diesem Fall – und sehr vielen ähnlichen Fällen – keine Namen gibt. Wir müssen damit leben, dass wir die Namen mancher Opfer nie herausfinden werden. Generell habe ich immer die Namen von Tätern und Opfern veröffentlicht, wenn sie überliefert sind.
Sie sind bei der Recherche "knietief im Blut gewatet", wie Sie einmal geschrieben haben. Gibt es trotzdem einen Vorfall, der Ihnen besonders nahe gegangen ist? Ja, und das ist die Geschichte vom "Leutnant Smrčina". Viele Männer haben sich damals militärische Dienstgrade angeeignet, ohne sie jemals erworben zu haben. Und dieser selbst ernannte Leutnant hat im Ort Marianské Radčice mit ein paar Männern zusammen ein kleines privates Konzentrationslager eingerichtet, das nur für deutsche Frauen bestimmt war.
Wenn man die Protokolle in der Hand hält, in denen verzeichnet ist, was er mit diesen Frauen angestellt hat, dann schafft man es fast nicht, sie bis zum Ende durchzulesen. Das war selbst für damalige Verhältnisse so schlimm, dass eine andere Abteilung der sogenannten Revolutionsgarden ihm Einhalt geboten hat.
Wie ging dieser Fall weiter?
Padevět: Wie so oft in dieser Zeit: Der selbst ernannte Leutnant wurde erst verurteilt. Aber später haben ihn die Kommunisten entlassen und zum Agenten ihres Militärgeheimdienstes gemacht.
Das G/GESCHICHTE-Interview führte der mehrfach preisgekrönte Journalist Kilian Kirchgeßner in Prag. Er berichtet aus Tschechien und der Slowakei unter anderem für Deutschlandfunk und WDR.
Das Original zu diesem Beitrag ""Manche mordeten aus Langeweile": Historiker über Gräueltaten der Tschechen nach 1945" stammt von G/Geschichte.
https://www.focus.de/
Prag 1939-1945 unter deutscher Besatzung: Orte | Ereignisse | Menschen
Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen 1939 wurde Prag Hauptstadt des neu errichteten Protektorates Böhmen und Mähren. Auf der Prager Burg nahm der Reichsprotektor seinen Dienstsitz. In der Folge war die Stadt zentraler Ereignisort der nationalsozialistischen Besatzung wie auch des tschechischen Widerstandes (Heydrich-Attentat). Das detaillierte und reich bebilderte Nachschlagewerk von Jirí Padevet zur Moldaustadt während der deutschen Besatzung bis Mai 1945 wurde 2014 mit dem tschechischen Literaturpreis »Magnesia Litera« ausgezeichnet und liegt nun in der deutschen Übersetzung vor. Es ist topographisch, der Aufbau richtet sich nach den heutigen Stadtteilen Prags, und in den jeweiligen Orten chronologisch gegliedert. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Unterdrückung jedweden Ungehorsams durch die Besatzungsmacht, der Verfolgung der jüdischen Bürger und dem widerständigen Verhalten der tschechischen Bevölkerung. Es entfaltet sich ein Mosaik, das die unmittelbaren Auswirkungen der Besetzung erfahrbar macht, insbesondere den hohen Blutzoll, den Tschechen und Juden in dieser Zeit bezahlt haben. Padevets Buch schließt viele Lücken in der Forschung zum Protektorat und bietet Grundlagen für historische wie aktuelle gesellschaftliche Debatten, es eignet sich ebenso als Reiseführer für Geschichtsinteressierte.
Exzesse gegen Sudetendeutsche:
Als das Pendel der Gewalt zurückschlug
10. Februar 2011, 11:36 Uhr
Bislang galt in Tschechien die Gewalt gegen Sudetendeutsche nach Kriegsende als Tabuthema. Das ändert sich. Ein Beispiel ist das Massaker im Elementenwald im Juni 1945.
Klaus Brill
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An jenem Tag, es war der 7. Juni 1945, wurden auf einem Acker am Elementenwald bei Podersam (Podbořany) im Saazer Land in Nordböhmen 68 Männer umgebracht, Sudetendeutsche. Und an diesem Mittwoch, mehr als 65 Jahre danach, wird sich die tschechische Bevölkerung mit diesem Vorgang beschäftigen. In einer Serie von Sendungen präsentiert der Tschechische Rundfunk das Thema vor einem großen Publikum. Es ist ein weiterer Mosaikstein der seit Monaten immer intensiver werdenden Auseinandersetzung mit der Vertreibung der drei Millionen Sudetendeutschen, die 1945 auf die Untaten des kollabierten Nazi-Systems folgte.
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Im Nachbardorf Groß-Otschehau rief man danach Männer und Halbwüchsige herbei, um die Toten in zwei Massengräbern zu beerdigen. Eduard Fickert war unter diesen unfreiwilligen Helfern, und seinem schriftlichen Bericht zufolge hat damals Karel Srp als Anführer der Gardisten gerufen, die toten Männer hätten ausreißen wollen, "und wenn ihr euch drückt oder nicht arbeiten wollt, ergeht es euch genauso". Es wurden zwei Gräber geschaufelt, dann zog man den Toten die Kleider aus, schichtete die Leichen aufeinander in die Grube und bedeckte sie mit Erde.
Zu den Helfern gehörte auch der 16-jährige Junge, er ist heute der einzige noch lebende Zeuge. "Man hat gedacht, wenn das Loch fertig ist, dann kriegen wir eine Kugel in den Kopf und fallen in das Loch hinein", sagte der Alte im Gespräch mit Reportern der Süddeutschen Zeitung und des Tschechischen Rundfunks. Was er damals nicht ahnte und erst später erfuhr: unter den Männern aus Podersam, Groß-Otschehau, Kriegern (Kryry) und anderen Dörfern der Umgebung, die da verscharrt wurden, war sein eigener Vater.
Die Zahl der Opfer steht nicht exakt fest. Sudetendeutsche sprechen von 68 Personen, eine 69. ist angeblich entkommen. Teilweise ist auch von 84 Toten die Rede, und ein Geheimbericht der tschechoslowakischen Staatssicherheitsbehörden aus dem Jahre 1947, der sich heute im Staatsarchiv befindet, spricht von 70 Personen. Sie seien zumeist SS-Angehörige gewesen und von sowjetischen Soldaten erschossen worden. Unter den späteren tschechischen Bewohnern der Umgebung erzählte man sich nach Angaben eines Heimatforschers, die Gefangenen, die allesamt Nazi-Funktionäre gewesen seien, hätten nach Pilsen ins Gefängnis gebracht werden sollen, am Elementenwald aber fliehen wollen und seien erschossen worden.
Tatsächlich waren Nazi-Funktionäre unter den Opfern. Eine zufällig gewählte Stichprobe ergab jetzt bei Überprüfung durch das Bundesarchiv in Berlin, dass höchstwahrscheinlich sieben von neun ausgewählten Personen Mitglieder der NSDAP waren, unter ihnen der Bürgermeister und der Ortsgruppenleiter von Groß-Otschehau. Ein achter gehörte nach anderen Quellen der SS an, offenbar waren noch weitere SS- und SA-Mitglieder unter den 68 Toten. Indes war im Sudetenland der Organisationsgrad der NSDAP bekanntlich der höchste im ganzen Reich. Dies rührte daher, dass in der überhitzten Atmosphäre des Nationalitätenkampfs bis Herbst 1938 etwa 1,3 Millionen Sudetendeutsche, teils unter Druck, der Sudetendeutschen Partei des Turnlehrers Konrad Henlein beitraten und später in Massen in die NSDAP übernommen wurden.
https://www.sueddeutsche.de/politik/sudentendeutsche-vertreibungen-1.1048164
Exzesse gegen Sudetendeutsche:
Massaker ist bis heute strafrechtlich nicht aufgeklärt
10. Februar 2011, 11:36 UhrLesezeit: 5 min
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Nach dem Anschluss 1938 kehrten sich die Machtverhältnisse um. Viele Tschechen ergriffen die Flucht, ebenso viele sudetendeutsche Juden, die dann auch verfolgt wurden. Die Podersamer NSDAP-Kreisleitung meldete, wie der aus Kriegern stammende Harald Richter in einer Ortsgeschichte schreibt, schon Anfang 1940 an die Gauleitung: "Juden sind so viel wie nicht mehr vorhanden." Ziel sei es auch, den Kreis "möglichst bald von allen tschechischen Elementen frei zu machen". Ehe 1945 das NS-Regime zusammenbrach, sollen in der Region ferner 230 ausländische Zwangsarbeiter, die unterwegs zum KZ Theresienstadt waren, von NS-Schergen erschossen worden sein.
Nach Kriegsende schlug das Pendel wieder in die Gegenrichtung aus, es folgten Gewaltakte gegen Sudetendeutsche und "wilde Vertreibungen". Das Massaker am Elementenwald soll nach der Schilderung sudetendeutscher Zeitzeugen seinen Ausgang am 7. Juni 1945 im Hotel Sonne in Podersam genommen haben, wo Tschechen beim Trinken zusammensaßen. Einer, aus Kladno kommend, habe gegenüber dem anwesenden Leiter des örtlichen Gefängnisses erklärt, er habe drei Jahre zuvor beim Massaker der Deutschen in Lidice (340 Tote) einen Neffen verloren, "gib mir hundert Deutsche dafür". Darauf der: "Achtundsechzig habe ich, die kannst du haben." Sie wurden zum Elementenwald gebracht.
Der Vorgang ist bis heute strafrechtlich nicht aufgeklärt, da solche Taten in den Dekreten des 1945 ins Amt gekommenen Präsidenten Edvard Beneš straffrei gestellt wurden. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft im fränkischen Hof wurden 1998 ergebnislos eingestellt. Unermüdlich hat indes der aus Podersam stammende, heute 83-jährige Josef Hasenöhrl aus Frankfurt/Main über Jahrzehnte hin mit erheblichem Aufwand versucht, Licht in die Sache zu bringen. Nach langwierigen Antragsverfahren erhielt er die Genehmigung, auf dem Feld am Elementenwald mit einem Bagger Sondierungsgrabungen vornehmen zu lassen, und tat dies im Oktober 2003. "Außer Spesen nichts gewesen", stellt er enttäuscht fest. Die sterblichen Überreste konnten nicht gefunden werden, womöglich wurden sie in den fünfziger Jahren weggebracht. Immerhin hat Hasenöhrl nach eigenen Worten von einem Tschechen gegen die Zahlung von Geld erfahren, dass dieser damals als 18-Jähriger bei dem Massaker dabei gewesen sei und dass es ihm heute leid tue.
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https://www.sueddeutsche.de/politik/sudentendeutsche-vertreibungen-1.1048164-2
Film zeigt tschechische Verbrechen an Deutschen
Veröffentlicht am 29.05.2010
Von Hans-Jörg Schmidt
Vertreibung von Deutschen aus der Tschechoslowakei
Eine Prager Fernsehdokumentation zeigt Verbrechen der Tschechen an den Deutschen 1945 – und spaltet damit die eigene Nation.
Ein Prager Außenbezirk, am 10. Mai 1945: Dutzende deutscher Zivilisten werden an einen Feldrand getrieben, müssen Aufstellung nehmen und werden von hinten erschossen. Denjenigen, die nicht gleich tot in den Graben fallen, fährt ein Lastauto über die Köpfe und Leiber.
Zu sehen sind diese schrecklichen Bilder in einem Dokumentarfilm, den das öffentlich-rechtliche Prager Fernsehen dieser Tage zur Hauptsendezeit ausstrahlte. Mehrere Szenen führen der tschechischen Öffentlichkeit erstmals vor, wie brutal mit den deutschen Zivilisten in den Maitagen des Jahres 1945 verfahren wurde. Betroffene, die die Torturen und Demütigungen überlebt hatten, berichten teilweise unter Tränen und mit stockender Stimme über das, was man ihnen und ihren Familienagehörigen damals angetan hat.
Die meiste Zeit in dem einstündigen Dokumentarfilm nimmt der Fall Postelberg ein. Auf dem Kasernengelände des nordböhmischen Städtchens waren kurz nach Kriegsende fast 800 Deutsche zusammengetrieben und umgebracht worden. Die Todgeweihten mussten ihr eigenes Grab schaufeln, darunter auch fünf minderjährige Burschen, die bloß deshalb erschossen wurden, weil sie ihren Hunger mit ein paar gestohlenen Äpfeln zu stillen versucht hatten.
Die Hauptverantwortlichen für das „größte Massaker zwischen dem Ende des Zweiten Weltkrieges und Srebrenica“, wie es in dem Film heißt, wurden nie bestraft. Zum einen, weil ein Straffreistellungsgesetz des Prager Parlaments vom Mai 1946 alle Verbrechen an Deutschen amnestierte. Später, nach 1948, in der kommunistischen Tschechoslowakei, wurde das Massaker von Postelberg gänzlich totgeschwiegen.
Mittlerweile kennt man die Namen der beiden Haupttäter, die für den Tod der Jungen verantwortlich waren. Sie wurden fast 65 Jahre später in aufwendigen polizeilichen Untersuchungen entdeckt. Der ermittelnde Beamte, selbst nach dem Krieg geboren, zeigte sich über das Geschehen erschüttert, sprach von einem „Genozid“, den er von tschechischer Seite nie für möglich gehalten habe.
Der Film des Regisseurs David Vondracek mit dem Titel „Abschlachten auf Tschechisch“ konterkariert das aktuelle tschechische Gedenken an den Prager Aufstand, der Anfang Mai 1945 losbrach und sich gegen marodierende SS-Angehörige, aber auch gegen Tausende deutscher Zivilisten richtete.
Auf einer Gedenkkundgebung vor dem Prager Hörfunkgebäude, wo es seinerzeit die heftigsten Straßenkämpfe gab, sprach unlängst Staatspräsident Vaclav Klaus. Dabei erwähnte er auch, wie er selbst als damals Vierjähriger dabei geholfen habe, Steine für den Bau einer Barrikade zu schleppen. Später, bei einer Gedenkfeier für die Befreiung Pilsens durch amerikanische Truppen, warnte Klaus vor einem „Umschreiben der Geschichte“ – allerdings, ohne den Fernsehfilm dabei explizit zu erwähnen.
Die Dokumentation hatte schon vor ihrer Ausstrahlung für heftige Kontroversen gesorgt. In einer Fernseh-Umfrage zeigten sich siebenundachtzig Prozent nicht überrascht, dass auch Tschechen derartige Massaker verübt hatten. Dreizehn Prozent hielten das für unmöglich. Aufschlussreich auch Hunderte Debattenbeiträge auf verschiedenen Internetportalen. Dort rechtfertigte die überwiegende Zahl der Schreiber das Vorgehen:
Die Deutschen hätten es nicht besser verdient, hätten ihr Schicksal selbst provoziert. Ein in dem Film interviewter ehemaliger Angehöriger der „Roten Garden“ sagte, man habe damals nur „revolutionäre Gerechtigkeit“ walten lassen.
Die konservative Tageszeitung „Lidove noviny“ kommentierte, nur diejenigen könnten den Film als „Verrat“ bezeichnen, die bis heute die Tschechen als „universale Opfer“ sähen und die Deutschen als „universale Täter“. Problematisch sei, dass die Beneš-Dekrete, die die Vertreibung der Sudetendeutschen einleiteten, und das Amnestiegesetz, das die brutalen Ausschreitungen im Nachhinein absegnete, in Tschechien bis heute verteidigt würden.
Die linke Tageszeitung „Pravo“ nannte die gezeigten Dokumente „nur die Spitze des Eisberges“. Deutsche seien damals „überall in Böhmen und Mähren umgebracht“ worden, getreu der Aufforderung des damaligen Staatspräsidenten Edvard Beneš, die Deutschen „zu liquidieren“.
Der Film bringe im tschechischen Bewusstsein endlich ein „Eitergeschwür“ zum platzen, was heilende Wirkung haben könne. Das Blatt erinnerte daran, dass die polnischen Bischöfe noch in der Zeit des tiefsten Totalitarismus ihre deutschen Glaubensbrüder um Vergebung gebeten und ihnen selbst vergeben hatten. „Erst wenn wir etwas Ähnliches vermögen, wird der Zweite Weltkrieg für uns definitiv enden.“
https://www.welt.de/
14.03.2013 - Töten auf Tschechisch - Die andere Seite der Vertreibung Folge 1 - Teil 1
Vertreibung.
Rund drei Millionen Sudetendeutsche wurden nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges aus ihrer Heimat vertrieben. Hass und Rachegefühle entluden sich. 20.000 bis 30.000 von ihnen, meist Alte, Kinder und Frauen, wurden zum Teil bestialisch ermordet. Manche Historiker sprechen sogar von über 200.000. Der Kopp Verlag gibt erstmals in Deutschland die vollständige und ungekürzte Fassung des umstrittenen und viel diskutierten Filmes heraus.
https://www.youtube.com/watch?v=d5BnPVszDQA
05.12.2010 - Deutsche Nachkriegsopfer in Tschechien
DW Deutsch
Linda Vierecke erforscht in Tschechien das Schicksal von deutschen Nachkriegsopfern.
Dass Tschechen nach dem Krieg Sudetendeutsche ermordet haben, ist seit langem bekannt. Dass dies kein Thema der politischen Diskussion werden sollte, war lange Zeit Konsens zwischen Tschechien und Deutschland. Nun hat ein tschechischer Journalist ein Massengrab in einem tschechischen Dorf entdeckt und als Menschenrechtsverletzung angezeigt.
https://www.youtube.com/watch?v=IP7YHxur19k
DAS MASSAKER AN DEN SS-WACHEN VON DACHAU
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Am 29. April 1945 erreichten die ersten amerikanischen Soldaten das Konzentrationslager Dachau nordwestlich von München. Was sie sahen, überstieg ihre Vorstellungskraft.
Quelle: picture alliance / Usis-Dite/Lee
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GIs im Krematorium von Dachau, das von den Nationalsozialisten ab März 1933 zum Musterlager ausgebaut worden war.
Quelle: picture alliance / Heritage-Imag
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In einem Zug entdeckten die Soldaten die Leichen von etwa 2300 Häftlingen, die die SS unter unmenschlichen Bedingungen aus Buchenwald evakuiert hatte.
Quelle: picture alliance / ASSOCIATED PR
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Daraufhin wurden etwa 16 SS-Männer, die sich bereits ergeben hatten, in diesem Kohlenhof an die Wand gestellt und mit einem Maschinengewehr erschossen.
Quelle: US Signal Corps / NARA / USHMM
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Am Turm B des Häftlingslagers gab es einen Schusswechsel zwischen SS-Männern und GIs. Danach wurden mindestens fünf, wahrscheinlich aber neun SS-Angehörige exekutiert.
Quelle: US Signal Corps / NARA / USHMM
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Die US-Soldaten übernahmen die SS-Kaserne in Dachau, um den Häftlingen möglichst schnell Hilfe zu leisten. Das Foto zeigt den am Eingang zum SS-Bereich.
Quelle: picture alliance / ASSOCIATED PR
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Die Befreier wurden von wenigen tausend Überlebenden begrüßt. Insgesamt verloren in Dachau bis zu 40.000 Menschen ihr Leben.
Quelle: picture alliance / AP
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Am 30. April wehte die amerikanische Flagge über Dachau.
Quelle: picture alliance / Usis-Dite/Lee
https://www.welt.de/
3. YouTube-Videos zu Massakern an Deutschen als Vergeltungsaktionen für Nazi-Verbrechen und Nazi-Terror
13.08.2011 - Fritz Busse: Das "Massaker von Nemmersdorf"
zeitzeugen-portal
Fritz Busse, damals Panzerfahrer, war erschüttert über das Massaker, das die Rotarmisten in Nemmersdorf angerichtet hatten.
https://www.youtube.com/watch?v=a5WRpxYTXJY
30.07.2021 - Dachau Massacre | The INFAMOUS WAR CRIME carried out by the US in World War II
Military History
Did you know that the United States tried to cover up an atrocious war crime known as the Dachau Massacre during World War II? In this episode of Military History we’ll tell you all about it!
https://www.youtube.com/watch?v=GeBRWvNPXpA
4. Massenvergewaltigungen von deutschen Frauen als Vergeltungsaktionen für Nazi-Verbrechen und Nazi-Terror
Sexuelle Gewalt im Zweiten Weltkrieg
Sexuelle Gewalt im Zweiten Weltkrieg umfasste Zwangsprostitution in nationalsozialistischen Lagerbordellen, in Armeebordellen der deutschen Wehrmacht und der Armee Japans (→ Trostfrauen und Kriegsverbrechen der japanischen Streitkräfte im Zweiten Weltkrieg) sowie Massenvergewaltigungen, die Soldaten der Achsenmächte und der Alliierten im Zweiten Weltkrieg jeweils an Frauen gegnerischer Staaten begingen.
Diese Verbrechen wurden in den 1990er Jahren zu einem besonderen Forschungsthema der Geschichtswissenschaft.[1]
https://de.wikipedia.org/wiki/Sexuelle_Gewalt_im_Zweiten_Weltkrieg
Als die Soldaten kamen: Die Vergewaltigung deutscher Frauen am Ende des Zweiten Weltkriegs
Die Soldaten, die am Ende des Zweiten Weltkriegs Deutschland von der nationalsozialistischen Herrschaft befreiten, brachten für viele Frauen neues Leid. Entgegen der weit verbreiteten Vorstellung wurden dabei nicht nur »die Russen« zu Tätern, sondern auch Amerikaner, Franzosen und Briten. Auf Basis neuer Quellen und anhand vieler Lebensgeschichten beschreibt Miriam Gebhardt erstmals historisch fundiert das Ausmaß der sexuellen Gewalt bei Kriegsende und in der Besatzungszeit.
VERBRECHEN DER ALLIIERTEN
Geboren als Schande – Mein Vater der Besatzer
von Henrike Sandner
Stand: 26. September 2023, 05:00 Uhr
1945 endet der 2. Weltkrieg in Europa. Die Alliierten befreien Deutschland, aber sie vergehen sich auch an vielen Frauen. Die Opfer und ihre aus den Vergewaltigungen entstandenen Kinder sind bis heute traumatisiert.
Eine Frau geht in einer Straßße in Dresden an Häusern vorbei, von denen nach Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg nur noch Ruinen geblieben sind.
Auf dieser Seite:
Ist der Vater ein amerikanischer Soldat?
Vergewaltigungen gehören nach Kriegsende zum Alltag
"Befreier" können keine "Täter" sein
Auch West-Alliierte sind Täter
Vergewaltigungskinder als Ausdruck der Schande
Schweigen, Verdrängen, Vergessen?
Das Trauma bleibt ein Leben lang
1945: Deutschland liegt in Trümmern. Millionen Menschen haben alles verloren. Diese Zeit zwischen Chaos und Hoffnung ist besonders für die Frauen gefährlich. Vagen Schätzungen zufolge werden 1945 bis 1946 über 900.000 Frauen zu Opfern von Vergewaltigungen durch die, die als "Befreier" gekommen sind. Vergewaltigt von Soldaten der US-Armee, von Franzosen, Briten und sowjetischen Rotarmisten. Eine lange tabuisierte, unrühmliche Seite der alliierten Soldaten, über die bis heute kaum gesprochen wird.
Eine Frau mit geschwollenem Auge auf einer Straße.
ARD MEDIATHEK
Sehen Sie hier "1945 – Frauen als Kriegsbeute"
Ist der Vater ein amerikanischer Soldat?
Konrad Jahr ist eines von ca. 30.000 Kindern, die in den Nachkriegsmonaten durch eine Vergewaltigung gezeugt wurden. Ein ungewolltes Kind. Er wächst auf in einer Pflegefamilie in Altenburg in Thüringen. Die Pflegemutter ist mit dem Temperament des Jungen überfordert, der Pflegevater ist streng. Geliebt wird er nicht.
Konrad Jahr, Kinderfoto
Konrad Jahr wächst in einer Pflegefamilie auf.
Bildrechte: Konrad Jahr
Als Sechsjähriger erfährt Konrad von seiner Pflegeschwester, dass sich seine leibliche Mutter im Mai 1945, als die US-Armee Thüringen besetzt, angeblich mit einem Amerikaner eingelassen haben soll. Sie habe ihn deshalb in eine Pflegefamilie gegeben. Konrad Jahr prahlt nun überall damit, dass sein Vater Amerikaner sei. Er idealisiert ihn, rettet sich in die Fantasie, den Vater irgendwann einmal zu finden. Ihn zu finden wird für Konrad Jahr zu einer Art Lebensaufgabe.
Der Vater war für mich der Rettungsanker. Ich hatte ein Geheimnis, das nur mir gehörte und woraus ich heraus Kraft schöpfen konnte. Es war wirklich so, dass das wie so eine Vision war: Ihr könnt mich mal, also ich bin Ami und eines Tages gehe ich sowieso weg und gehe nach Amerika zu meinem Vater.
Konrad Jahr
Was der Mutter von Konrad Jahr tatsächlich widerfahren ist, bleibt lange unausgesprochen. Denn die Frauen wollen die Schmach einer Vergewaltigung durch einen alliierten Soldaten lieber verschweigen oder verdrängen. Wenn sie schwanger werden, ist das oft schlimmer als die Vergewaltigung selbst. Und wenn sie die Kinder zur Welt bringen, erinnern sie ein Leben lang an die Demütigung. Es sind Kinder einer Schande. Konrad Jahr muss 40 Jahre alt werden, bis er die Wahrheit erfährt.
Panzer fahren durch die zerstörte Stadt Magdeburg
ZWEITER WELTKRIEG
1945: Kriegsende in Mitteldeutschland
Vergewaltigungen gehören nach Kriegsende zum Alltag
Vergewaltigungen sind Alltag in den letzten Wochen vor dem Ende des 2. Weltkrieges und lange danach. Es geht um Rache, um die Schwächung des Gegners, aber auch um das nachhaltige Zerstören von Familienstrukturen über Generationen hinweg.
Vor allem der Roten Armee eilt der Ruf voraus besonders grausam zu sein. Die Nazi-Propaganda streut gezielt Geschichten vom Einmarsch der Sowjetsoldaten in den Ostgebieten, die von schrecklichen Racheakten berichten. Die Bevölkerung soll zum erbitterten Widerstand motiviert werden. In Berlin ist die Angst der Frauen vor der vorrückenden Sowjetarmee am Ende so groß, dass im April 1945 die Selbstmordzahlen mit 3.881 Suiziden einen traurigen Höhepunkt erreichen. Mit fast 100.000 Vergewaltigungen durch Soldaten der Roten Armee allein in Berlin werden die schrecklichen Befürchtungen dann zur bitteren Wahrheit. Viele Frauen werden mehrfach Opfer, manche mehr als ein Dutzend Mal.
Die Gewalt kommt nicht aus dem Nichts – schon während des Krieges gehören Vergewaltigungen und andere Arten sexueller Grausamkeiten auch zum Vorgehen der Wehrmacht. Doch nur selten werden die Verbrechen bekannt, und auch die Geschichtswissenschaft interessiert sich für die ohnehin dünne Datenlage erst Ende der 1990er Jahre.
"No Time For Love" ("Keine Zeit fuer Liebe") steht 1946 auf einer Lore auf Schienen, mit der Berliner Trümmerfrauen Schutt abtransportieren.
"No Time For Love" ("Keine Zeit fü Liebe") steht 1946 auf einer Lore, mit der Berliner Trümmerfrauen Schutt abtransportieren.
Bildrechte: dpa
"Befreier" können keine "Täter" sein
Doch im Osten wie im Westen Deutschlands werden die Soldaten der alliierten Armeen schnell als "Befreier" gefeiert. In der 1949 neu gegründeten DDR wird die Sowjetunion bald zum "großen Bruder". In der im gleichen Jahr neu gegründeten Bundesrepublik Deutschlands schließt man sich auch wirtschaftlich dem Westen an und verbündet sich mit den USA. Über Jahrzehnte hinweg hält sich vor allem im Westen Deutschlands das Narrativ vom gewalttätigen Rotarmisten. Es lässt sich im Kalten Krieg für politische Zwecke nutzen. Die alten Feindbilder werden wiederbelebt. Aber es geht auch darum, von der Tatsache abzulenken, dass auch die West-Alliierten nicht frei sind von Schuld. Auch in Dörfern in der Pfalz, in Bayern oder in Westfalen wurden Frauen vergewaltigt – von US-Soldaten oder Soldaten der französischen Armee.
Auch West-Alliierte sind Täter
Besonders die Übergriffe der US-Soldaten erreichen mit geschätzten fast 200.000 Vergewaltigungsfällen eine Zahl, bei der man nicht mehr von Einzelfällen sprechen kann. Geahndet werden die Gewalttaten nur selten. In den ersten Wochen nach Kriegsende gibt es keine funktionierenden Ämter oder Strukturen, um die Missbrauchsfälle zur Anzeige zu bringen. Allein die Einmarschberichte der Pfarreien in Bayern belegen etwa, dass auch die westlichen Alliierten vermehrt sexuelle Übergriffe verübt haben. In der historischen Forschung beginnt man erst in den 1980er-Jahren sich mit den Gewalttaten der West-Alliierten zu beschäftigen.
Natürlich ist es schwer, gerade auf deutscher Seite, mit den ganzen Verbrechen, die im deutschen Namen passiert sind, im Zweiten Weltkrieg dann auf die Alliierten zu deuten, weil dort sehr schnell der Vorwurf kommen kann - Relativierung, deutscher Schuld, Aufrechnung deutscher Schuld.
Dr. Peter Lieb, Militärhistoriker
Vergewaltigungskinder als Ausdruck der Schande
Konrad Jahr begegnet seiner leiblichen Mutter nur drei Mal in seinem Leben. Beim ersten Mal ist er zwölf Jahre alt und eine für ihn fremde Frau erklärt dem irritierten Jungen unter Tränen, sie sei seine Mutter. Es sei etwas "Furchtbares" passiert, etwas was man einem Kind nicht erklären könne. Konrad Jahr trifft sie erst wieder mit 22 Jahren kurz nach seiner Entlassung aus einer DDR-Haftanstalt.
Er hat Parolen an die Wände der SED-Kreisleitung in seinem Heimatort geschmiert – gegen Walter Ulbricht und gegen die Russen. In den fast drei Jahren Haft liest er die Bibel, will Theologie studieren und ist entschlossen seinen Vater zu finden. Doch als er seine Mutter nach dem Namen des Vaters fragen will, kommt er gar nicht dazu. Der Ehemann seiner Mutter schmeißt ihn wieder hinaus. Die Familie gibt Konrad Jahr, dem ungewollten Sohn, die Schuld am Leid der Mutter.
Konrad Jahr als Jugendlicher
Als junger Mann versucht Konrad Jahr seinen Vater zu finden.
Bildrechte: Konrad Jahr
Schweigen, Verdrängen, Vergessen?
Viele Frauen, die nach Kriegsende von einem alliierten Soldaten vergewaltigt wurden, werden später ihre Kinder in einer Pflegefamilie aufwachsen lassen, nicht zuletzt auch, weil es die aus dem Krieg zurückkehrenden Männer von ihnen verlangen. Es ist die Generation der Männer, die den verlorenen Krieg als Schmach empfindet. Die Kinder der vergewaltigten Frauen konfrontieren sie mit der eigenen Schuld. Konrad Jahr wird per Brief aus der Familie seiner Mutter ausgeschlossen. Das Leid der Mutter wird ihm zur Last gelegt, weil er immer wieder versucht den Kontakt aufzunehmen. Die wenigsten Frauen reden über ihre Erlebnisse, weder als sie passiert sind, noch danach. Sie erfahren keine Hilfe.
Schwestern mit den Kindern eines Kinderheims in Frankfurt an der Oder,
Schwestern mit den Kindern eines Kinderheims in Frankfurt an der Oder im Jahr 1948
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Es gab keine intakte Infrastruktur, die sich darum hätte kümmern können. Es hat keinerlei Handhabe gegeben, von der deutschen Polizei oder von den deutschen Gerichten dagegen vorzugehen.
Prof. Miriam Gebhardt, Historikerin
Konrad Jahr arbeitet in den 80er-Jahren als Pfarrer in Jena. Seine Haltung gilt als nicht staatskonform, er provoziert zu oft und wird deshalb 1986 aus der DDR ausgewiesen. Kurz vor seiner Abreise in die Bundesrepublik versucht er noch einmal den Namen seines Vaters zu erfahren.
Konrad Jahr als Pfarrer
Pfarrer Konrad Jahr mit Gemeindemitgliedern
Bildrechte: Konrad Jahr
Mit nunmehr 40 Jahren erzählt ihm seine Mutter zum ersten Mal, was wirklich passiert ist an jenem kalten Apriltag 1945: Sie war auf einem Schwarzmarkt in Elsterwerda in der sowjetischen Besatzungszone. Bei einer Razzia wird sie von sowjetischen Soldaten aufgegriffen und auf ein Feld vor der Stadt gefahren. Dort vergewaltigen sie mehrere Soldaten und lassen sie dann schwer verletzt liegen. Einer der Soldaten muss der Vater von Konrad Jahr sein. Eine zutiefst traumatische Erfahrung, die es ihr unmöglich gemacht hat, das Kind bei sich zu behalten.
Konrad Jahr
Erst mit 40 Jahren erfährt Konrad Jahr die Wahrheit über seine Herkunft. Er braucht lange Zeit, um seinen Frieden damit zu machen.
Bildrechte: Jürgen Rehberg
Innerhalb von 20 Minuten war ich 'russifiziert'. Damit war der jahrelange Traum, ich sei Amerikaner, geplatzt. Ich war 40 Jahre auf der Suche nach meiner Identität. Verrückt ist ja, dass diese Vergewaltigung dazu geführt hat, dass ich überhaupt lebe.
Konrad Jahr
Das Trauma bleibt ein Leben lang
Konrad Jahr hat nach dieser Wahrheit lange gebraucht, um seinen Frieden zu finden, mit sich, seiner Mutter und auch dem unbekannten Vater. Dass ein so gewaltsamer Akt ihm das Leben geschenkt hat, scheint fast unbegreiflich. Seine unstete Lebensgeschichte zeigt, wie weit die Ereignisse im Frühjahr und Sommer 1945 seinen Weg beeinflusst haben und bis in unsere heutige Zeit nachwirken. Es zeigt aber auch, wie wichtig es ist, diese "dunkle Seite" der alliierten Soldaten zu thematisieren. Denn auch in der Gegenwart werden Frauen in Kriegen Opfer von sexualisierter Gewalt.
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Das Erste | ARD History: 1945 - Frauen als Kriegsbeute | 25. September 2023 | 23:35 Uhr
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ARD History: 1945 - Frauen als Kriegsbeute
Vergewaltigungen durch westliche Alliierte wurden lange tabuisiert
Es waren nicht nur sowjetische Soldaten, sondern auch westliche Alliierte, die bei der Niederlage Nazideutschlands deutsche Frauen vergewaltigten. Zurückblieben nicht nur die traumatisierten Frauen selbst, sondern auch deren Kinder, die zumeist mit ihrer tabuisierten Herkunft lebten.
23.09.2023, 10:00 Uhr
Lesedauer: 1 Min
Leonie Biallas ist 14 Jahre alt, als sie die sexuellen Gewaltaten durch Soldaten der sowjetischen Armee erleben muss.
MDR / Leonie Biallas
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Anna-Rosa Adam wird mit zehn Jahren in ein Internat nach Frankreich geschickt. Sie gilt als "Kind des französischen Staates".
MDR / Anna-Rosa Adam
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Anna Rosa Adam erinnert sich im Film an ihre Kindheit in Frankreich.
MDR / Jürgen Rehberg
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Konrad Jahr erfuhr erst im Alter von 40 Jahren von den dramatischen Hintergründen seiner Zeugung.
MDR / Jürgen Rehberg
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Die Historikerin Miriam Gebhardt schrieb 2019 das Buch "Wir Kinder der Gewalt - wie Frauen und Familien bis heute unter den Folgen der Massenvergewaltigungen bei Kriegsende leiden".
MDR / Jürgen Rehberg
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Die Meldebögen des Kinderkrankenhauses Auguste Victoria in Berlin sind ein wichtiger Beweis für die massenhaften sexuellen Gewalttaten in Berlin kurz nach Kriegsende.
MDR / Jürgen Rehberg
Nicht nur sowjetische Soldaten vergewaltigten nach Hitlers Niederlage deutsche Frauen in der Heimat. Es waren auch die Angehörigen der westlichen Alliierten, die sich das zuschulden kommen ließen. Der "ARD History"-Beitrag "1945 - Frauen als Kriegsbeute" zeigt: Nicht nur die an allen möglichen Orten - vom Keller oder freiem Feld bis zum Tanzlokal oder eigens eingerichteten Zimmern - Vergewaltigten litten danach unter einem Trauma. Auch die Kinder mussten mit ihrer zumeist tabuisierten Herkunft leben, Hilfe bekamen sie erst später von Psychologen oder von christlichen Einrichtungen. Die Dunkelziffer der Gewalt war hoch, die Historikerin Miriam Gebhardt geht von etwa 900.000 Vergewaltigungen aus. Sie schrieb 2019 das Buch "Wir Kinder der Gewalt - wie Frauen und Familien bis heute unter den Folgen der Massenvergewaltigungen bei Kriegsende leiden".
Im Film von Henrike Sandner (MDR / RB) kommen nun nicht nur Historikerinnen wie Gebhardt zu Wort, sondern auch die Kinder und Enkel der sexuell missbrauchten Frauen. Aufgearbeitet wird dabei ein lange tabuisiertes Kapitel der deutschen Kriegs- und Nachkriegsgeschichte. Viele der Frauen wurden damals als selbstverantwortlich betrachtet und nicht als Opfer anerkannt, wenn die Täter aus den Armeen der Westalliierten kamen.
ARD History: 1945 - Frauen als Kriegsbeute - Mo. 25.09. - ARD: 23.35 Uhr
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ARD History: 1945 – Frauen als Kriegsbeute
Anna Rosa Adam erinnert sich an ihre Kindheit in Frankreich.Anna Rosa Adam erinnert sich an ihre Kindheit in Frankreich. | Bild: MDR / Jürgen Rehberg
Die deutsche Wehrmacht wütet sechs Jahre lang grausam in Europa, bis im Frühjahr 1945 der Zweite Weltkrieg auf europäischem Boden vorbei und das Nazi-Regime besiegt ist. Doch ein Kapitel, das nun folgt, bleibt bis heute weitestgehend vergessen: Mindestens 860.000 Frauen und Mädchen werden in Deutschland von Soldaten der Alliierten sexuell missbraucht. Viele schweigen aus Scham und Angst vor der Schande ihr ganzes Leben lang, besonders, wenn die Täter aus den Armeen der Westalliierten kommen.
Bis heute tabuisiertes Thema
"1945 – Frauen als Kriegsbeute" ist eine filmische Annäherung an dieses bis heute tabuisierte Thema. Die Doku lässt Betroffene zu Wort kommen, spricht mit der Kinder- und Enkelgeneration sowie mit Historiker/-innen und zeigt, wie tief diese dunkle Erfahrung der deutschen Nachkriegsgeschichte bis in unsere heutige Zeit nachwirkt.
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Vergewaltigungen durch westliche Alliierte wurden lange tabuisiert
ARD History: 1945 - Frauen als Kriegsbeute - Mo. 25.09. - ARD: 23.35 Uhr
Leonie Biallas ist 14 Jahre alt, als sie die sexuellen Gewaltaten durch Soldaten der sowjetischen Armee erleben muss.
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Anna-Rosa Adam wird mit zehn Jahren in ein Internat nach Frankreich geschickt. Sie gilt als "Kind des französischen Staates".
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Anna Rosa Adam erinnert sich im Film an ihre Kindheit in Frankreich.
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Konrad Jahr erfuhr erst im Alter von 40 Jahren von den dramatischen Hintergründen seiner Zeugung.
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Die Historikerin Miriam Gebhardt schrieb 2019 das Buch "Wir Kinder der Gewalt - wie Frauen und Familien bis heute unter den Folgen der Massenvergewaltigungen bei Kriegsende leiden".
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Die Meldebögen des Kinderkrankenhauses Auguste Victoria in Berlin sind ein wichtiger Beweis für die massenhaften sexuellen Gewalttaten in Berlin kurz nach Kriegsende.
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23.09.2023 von SWYRL/Hans Czerny
Es waren nicht nur sowjetische Soldaten, sondern auch westliche Alliierte, die bei der Niederlage Nazideutschlands deutsche Frauen vergewaltigten. Zurückblieben nicht nur die traumatisierten Frauen selbst, sondern auch deren Kinder, die zumeist mit ihrer tabuisierten Herkunft lebten.
Nicht nur sowjetische Soldaten vergewaltigten nach Hitlers Niederlage deutsche Frauen in der Heimat. Es waren auch die Angehörigen der westlichen Alliierten, die sich das zuschulden kommen ließen. Der "ARD History"-Beitrag "1945 - Frauen als Kriegsbeute" zeigt: Nicht nur die an allen möglichen Orten - vom Keller oder freiem Feld bis zum Tanzlokal oder eigens eingerichteten Zimmern - Vergewaltigten litten danach unter einem Trauma. Auch die Kinder mussten mit ihrer zumeist tabuisierten Herkunft leben, Hilfe bekamen sie erst später von Psychologen oder von christlichen Einrichtungen. Die Dunkelziffer der Gewalt war hoch, die Historikerin Miriam Gebhardt geht von etwa 900.000 Vergewaltigungen aus. Sie schrieb 2019 das Buch "Wir Kinder der Gewalt - wie Frauen und Familien bis heute unter den Folgen der Massenvergewaltigungen bei Kriegsende leiden".
Im Film von Henrike Sandner (MDR / RB) kommen nun nicht nur Historikerinnen wie Gebhardt zu Wort, sondern auch die Kinder und Enkel der sexuell missbrauchten Frauen. Aufgearbeitet wird dabei ein lange tabuisiertes Kapitel der deutschen Kriegs- und Nachkriegsgeschichte. Viele der Frauen wurden damals als selbstverantwortlich betrachtet und nicht als Opfer anerkannt, wenn die Täter aus den Armeen der Westalliierten kamen.
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Es geschah nach Kriegsende überall
Trauma Massenvergewaltigung: Wie alliierte Soldaten deutsche Frauen missbrauchten
Samstag, 28.02.2015, 15:44
Sie kamen nicht nur als Befreier: Viele alliierte Soldaten vergewaltigten und missbrauchten deutsche Frauen nach Kriegsende und in der Besatzungszeit. Ein neues Buch räumt nun mit Vorurteilen auf. Denn zu den Gräueltaten kam es nicht nur im Osten - auch westliche Soldaten wurden zu Tätern.
Neue Analyse über Vergewaltigungen an deutschen Frauen nach Kriegsende
Auch westliche Soldaten wurden zu Tätern
Mindestens 860.000 Frauen und Mädchen wurden vergewaltigt
Lange gab es keine finanzielle Unterstützung für die Opfer
„Mindestens 860.000 Frauen und Mädchen, aber auch Männer und Jungen, wurden zum Kriegsende und in der Nachkriegszeit von alliierten Soldaten und Besatzungsangehörigen vergewaltigt. Es geschah überall.“ Mit diesen Worten beginnt Miriam Gebhardt ihre tiefgreifende Analyse der Ereignisse, die um 1945 stattfinden, und deren Schatten bis heute reichen.
Nach den Niederlagen der Wehrmacht im Osten und im Westen stieg die Angst der Deutschen vor allem in den Ostgebieten vor der Vergeltung durch sowjetische Truppen. Einen großen Teil dazu trug die Propaganda der NS-Führung bei, die nicht müde wurde, vor den „animalischen“ Soldaten aus der Sowjetunion zu warnen. Und tatsächlich: Vielfach kam es zu Vergewaltigungen, zu Missbrauch und zu Morden.
Zeuge Otto H., kurz nach Kriegsende
„Meine Nichte wurde von vierzehn russischen Offizieren im Nebenzimmer vergewaltigt. Meine Frau wurde von einem Russen in die Scheune geschleppt und ebenfalls vergewaltigt. Nachdem wurde sie in einen Pferdestall gesperrt und am nächsten Morgen fünf Uhr mit vorgehaltener Pistole nochmals vergewaltigt. Als die Kolonne weg war, fanden wir meine Frau unter einem Strohhaufen, wohin sie in ihrer Angst geflüchtet war.“
Ein Buch aus der Opferperspektive
Die Historikerin Gebhardt beschreibt diese Vorgänge in ihrem neuen Buch „Als die Soldaten kamen“. „Für dieses Buch habe ich eineinhalb Jahre recherchiert“, erklärt sie im Interview mit FOCUS Online. „Mein persönliches Anliegen war, die Opferperspektive einzunehmen.“ Eine reine Aneinanderreihung von Vergewaltigungsgeschichten wie in anderen Büchern wollte sie vermeiden. „Ich wollte die Fälle rekonstruieren, aber so behutsam wie möglich.“
In ihrem Buch geht Gebhardt auf die Folgen für die Opfer ein und räumt mit vielen Vorurteilen auf. Zum einen hat sie ganz andere Zahlen: Viele Historiker sprachen von Millionen Vergewaltigungen allein im Osten, Gebhardt nach eigenen Berechnungen von 860.000. Zum anderen macht sie neue Tätergruppen aus.
Eine Tafel Schokolade für eine deutsche Frau
Denn die schrecklichen Taten spielten sich nicht nur in den Gebieten ab, in denen Rotarmisten vielfach ihr Unwesen trieben. Auch in der britischen, der französischen und der amerikanischen Besatzungszone kam es zu Massenvergewaltigungen, manchmal über mehrere Tage hinweg.
Dass hier ein anderes Maß als bei den Sowjet-Soldaten angelegt wurde, liegt daran, dass die Zeitgenossen, aber auch die Historiker später unterstellten, dass die Frauen vielfach von der Verbindung profitierten.
Wie eine damalige Parole zusammenfasst: „Die Amerikaner brauchten sechs Jahre, um die deutschen Soldaten niederzukämpfen, um eine deutsche Frau zu haben, brauchte es einen Tag und eine Tafel Schokolade.“
Der westliche Soldat ist nicht der animalische Sowjet-Rächer
Die Soldaten aus dem Westen hatten, was so dringend benötigt wurde: Lebensmittel, Zigaretten, Nylon. Der Eindruck entstand, dass hier keine Vergewaltigung, sondern vielmehr eine Art Prostitution stattfand – was meist nicht der Realität entsprach. Schnell wurde dafür ein anklagender Begriff der Scham gefunden: Fraternisierung lautete der Vorwurf, der die Stellung der Betroffenen in der Gesellschaft nachhaltig untergrub.
„Generell fällt auf, dass es wenige Selbstzeugnisse von Frauen gibt, die mit westlichen Soldaten zu tun hatten“, sagt Gebhardt. Das lag zum einen daran, dass die Nazi-Propaganda für westliche Soldaten nicht das Bild des animalischen Rächers wie bei Sowjet-Soldaten vorbereitet hatte. Zum anderen gab es auf Behördenseite eine hohe Loyalität zum Befreier und eine geringe Bereitschaft, diese anzuklagen. Gebhardts Erkenntnisse zog sie aus Anträgen und Berichten von Pfarrern.
„Veronika Dankeschön“
Im Urteil der Zeit wurden die Frauen, die Opfer waren, sogar selbst für ihr Leiden verantwortlich gemacht. Sie wurden „Veronika Dankeschön“ genannt. Und der Umgang mit ihnen war brutal.
Viele der angeblich verwahrlosten Frauen wurden in Anstalten eingewiesen. Nicht nur Frauen wurden bestraft, die sich mit einem Mann einließen - oder dazu gezwungen wurden. Es reichte schon eine vermeintlich aufreizende Kleidung oder ein nächtlicher Spaziergang. Nach der ersten Gewalterfahrung während der Vergewaltigung, wurde den Frauen in der Nachkriegszeit „durch ständiges Misstrauen (…) erneut Gewalt angetan“ urteilt Gebhardt.
Dorf bei Magdeburg, 8. Mai 1945
"Der Offizier hat angefangen zu reden, dann kam ein deutscher Mann aus dem Nachbarort und hat durch den Dolmetscher sagen lassen, dass ein russischer Soldat seine zwölfjährige Tochter vergewaltigt hat. Der Mann hat auf einen Soldaten gezeigt. Da habe ich zum ersten und hoffentlich letzten Mal gesehen, wie ein Mensch zu Tode geschlagen wurde."
Dieses Schicksal berührte besonders
Ein Schicksal hat Gebhardt in ihrer Recherche besonders berührt, sagt sie im Interview: „Es ist die Geschichte des jungen Mädchens, das bei Flucht und Vertreibung vergewaltigt wurde, dann ihre Familie verliert und sich einer Straßenbande anschließt.“
Und weiter: „Schließlich kommt sie zurück, gerät aber in die Fänge der Fürsorge. Eines ist klar: Erziehungsheime waren kein Paradies. Niemand hat sich um das Mädchen gekümmert.“ Für viele Opfer gab es kein Happy End. Diese Geschichte zeige das gesamte Ausmaß des Dramas um die Frauen, die ihrem Schicksal nicht entgehen konnten.
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Als die Soldaten kamenDie Frauen mussten minutiös die eigene Vergewaltigung schildern
Wie für das Mädchen ging für viele Opfer die Leidensgeschichte nach Kriegsende weiter. Sie litten unter den physischen (Geschlechtskrankheiten) und psychischen (Vergewaltigungs-Trauma) Folgen, waren zudem gesellschaftlich verfemt.
Ärzte und Juristen „entscheiden über Abtreibungsversuche und Entschädigungsansprüche“, zumeist gegen die Frauen. Während die Frauen um ihre Glaubwürdigkeit kämpften, führte die Nachkriegs-Gesellschaft einen Kampf gegen die vermeintliche Sittenlosigkeit, urteilt Gebhardt. Auf Kosten der Frauen.
Das schlimme Leben der „Besatzungskinder“
Die Nachkriegsgesellschaft war kaum bereit zu differenzieren zwischen freiwilligen und erzwungenen sexuellen Kontakten. Zwischen Frauen, die sich aus Not prostituieren und Frauen, die Opfer einer Vergewaltigung geworden waren, beschreibt Gebhardt die Situation.
Kinder von Soldaten, sogenannte „Besatzungskinder“, waren schlechter gestellt als unehelicher Nachwuchs aus rein deutschen Beziehungen. Sie hatten kein Recht auf Waisen- oder Kriegsversehrtenrente. Ihre Väter waren zumeist unbekannt.
Ausgleich aus Bundesmitteln – aber nicht für alle
Die Besatzungsmächte lehnten es ab, für die Folgen von Vergewaltigungen aufzukommen. Oder, wie im Falle Frankreichs, eine Versorgung war nur möglich, wenn die Mütter alle Rechte an ihren Kindern abgaben. Diese wurden dann aber nicht – wie versprochen – zu ihrem leiblichen Vater gebracht, sondern zur Adoption freigegeben.
Nach langen, für die Betroffenen traumatischen Jahren, wurde erst 1956 eine Regelung für die finanzielle Versorgung zumindest der Kinder gefunden. Sie sollten einen Ausgleich aus Bundesmitteln bekommen. Ein Schmerzensgeld für die Vergewaltigten war nicht vorgesehen. Die Frauen gingen leer aus.
Zeugin E. H., kurz nach Kriegsende
"Er winkte nur einmal mit dem Finger nach meiner Schwester. Als diese nicht gleich aufstand, trat er dicht vor sie hin und hielt seine Maschinenpistole gegen ihr Kinn. Alle schrien laut auf, nur meine Schwester saß stumm da und vermochte sich nicht zu rühren. Da krachte auch schon der Schuss. Ihr Kopf fiel auf die Seite, und das Blut rann in Strömen. Sie war sofort tot, ohne nur einen Laut von sich zu geben."
Die Frauen mussten minutiös die eigene Vergewaltigung schildern
Wie kamen die Frauen aber an diese Versorgung für ihre Kinder? Sie mussten glaubhaft und minutiös die eigene Vergewaltigung schildern, stets dem Urteil des zweifelnden Beamten ausgesetzt. Bei der Sichtung der Vernehmungs-Akten stieß Gebhardt auf regelrechte „Freinächte“, vor allem in Süddeutschland, bei denen sich „Soldaten bis zu 48 Stunden lang beim deutschen Feind in jeder Hinsicht bedienen“.
Doch diese Schilderungen reichten den Beamten nicht. Sie bewerteten den Lebensstil, die Sorgfalt bei der Haushaltsführung oder die Kinderpflege. Und im Zweifel urteilten sie gegen die Bedürfnisse der Frauen.
Endlich Anerkennung und Sympathie
Dass es noch immer ein großes Bedürfnis von Betroffenen und deren Nachkommen gibt, darüber zu sprechen, dass sie die Hoffnung haben, dass man ihnen endlich zuhört, spürt Gebhardt schon jetzt.
Kurz vor der Publizierung des Buchs am 2. März kommen Betroffene auf die Historikerin zu: „Jetzt melden sich Frauen, die sich erleichtert fühlen“, sagt Gebhardt. „Dass die Gesellschaft endlich dafür bereit ist, Anerkennung und Sympathie für sie aufzubringen.“
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Wir Kinder der Gewalt: Wie Frauen und Familien bis heute unter den Folgen der Massenvergewaltigungen bei Kriegsende leiden
Nicht nur sowjetische Armeeangehörige wurden am Ende des Zweiten Weltkriegs zu Vergewaltigern, alle vier Besatzungsarmeen verübten massenhaft Verbrechen an deutschen Frauen. Die Opfer dieser sexuellen Kriegsgewalt rangen oft ein Leben lang mit seelischen Problemen, Kinder, die aus den Vergewaltigungen hervorgingen, wurden quasi mit einer Erbschuld geboren, Familien litten vielfältig – und zum Teil bis heute – unter der belastenden Vergangenheit. Anhand bewegender Fallgeschichten zeigt Miriam Gebhardt, welch tiefe Spuren die massive Gewalterfahrung in den Jahren von 1945 bis 1955 in der deutschen Gesellschaft hinterlassen hat. Oft bestimmte das Kriegsende ein Familienschicksal, das bis in die heute erwachsene Enkelgeneration nicht überwunden ist.
ZDF-Doku: US-Soldaten vergewaltigten in Bayern tausende Frauen
Erstellt: 05.05.2015
Aktualisiert: 05.05.2015, 22:39 Uhr
Von: Franz Rohleder
Die Verbrechen der Befreier
"Die Verbrechen der Befreier: Amerikas dunkle Geheimnisse im Zweiten Weltkrieg" lief am Dienstagabend im ZDF. © ZDF
München - Eine Doku im ZDF über US-Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg zeigt: GIs erschossen deutsche Gefangene und vergewaltigten tausende Frauen. Übergriffe gab es auch in Bayern.
Keine Frage: Für die meisten Deutschen im Westen und Süden des Reiches, die in irgendeiner Form unter den Gräueln des Nazi-Regimes litten, kamen die amerikanischen Soldaten bei ihrem Vormarsch ins Nazi-Reich als Befreier. Dieses Bild vom heldenhaften GI vermitteln in der Regel auch Hollywood-Filme über den Zweiten Weltkrieg. Freilich mit Ausnahmen. So werden etwa in "Der Soldat James Ryan" willkürliche Erschießungen von deutschen Soldaten durch US-Militärs gezeigt. Doch das Bild einer uneingeschränkt heldenhaften US-Armee bekommt schwere Kratzer. 70 Jahre nach Kriegsende thematisiert erstmals eine deutsche TV-Dokumentation die Kriegsverbrechen der amerikanischen Besatzer. "Die Verbrechen der Befreier: Amerikas dunkle Geheimnisse im Zweiten Weltkrieg" (lief am Dienstag ab 20.15 Uhr). Den Film von Annette Harlfinger und Michael Renz kann man auch im Webauftritt des ZDF sehen.
Die Doku bringt erschreckende Fakten ans Tageslicht: Der Vormarsch der US-Armee gegen Hitlers Tyrannei war begleitet von Gräueltaten der GIs. Schätzungen der deutschen Opferzahlen gehen weit auseinander und sorgen für Streit unter den Experten, auch weil sie ein Tabubruch sind und in der Bundesrepublik jahrzehntelang als potenzielle Belastung für das Verhältnis zu den westlichen Bündnispartnern galten. Allein in Bayern, das im April 1945 von US-Truppen befreit wurde, gehen Historiker von mehreren tausend Sexualdelikten durch amerikanische Soldaten aus. An manchen Landungsstränden in der Normandie überlebte nur jeder zweite deutsche Kriegsgefangene.
Diese Kriegsverbrechen der US-Soldaten gegen Deutsche dokumentiert "Die Verbrechen der Befreier" im ZDF:
Die Historikerin Prof. Miriam Gebhardt (aktuelles Buch: "Als die Soldaten kamen. Die Vergewaltigung deutscher Frauen am Ende des Zweiten Weltkriegs") schätzt: US-Soldaten vergewaltigten 190.000 deutsche Frauen. Die weitaus meisten Vergewaltigungen im besetzten Reich, nämlich 430.000, gehen aber auf das Konto sowjetischer Soldaten.
Die Reportage "Die Verbrechen der Befreier" im ZDF zeigt auch beklemmende Einzelschicksale. Vergewaltigungsopfer Babette G. aus München berichtet, dass sie von einem GI beim Einmarsch der US-Truppen auf offener Straße überfallen wurde. "Da hat mich einer vergewaltigt. Er hat mich in ein altes Gasthaus reingezerrt. Was habe ich machen können? Der ist mit der Pistole da gewesen. Wehe, wenn ich mich gerührt oder geschrien hätte. Das war unter Tags. Die haben einfach ein Madl irgendwo reingezerrt. Und fertig. Aus!"
Eine Frau namens Gertrude H. aus Ingolstadt wurde Opfer einer Vergewaltigung durch einen US-Soldaten. Sie erinnert sich: "Uns hat ja keiner psychologisch betreut. Man hat selber damit fertig werden müssen. Und die Amerikaner? Wenn es heißt: Das waren unsere Befreier. Aber um was für einen Preis?"
Durch die Buchführung der örtlichen Pfarreien gibt es verlässliche Zahlen zu Vergewaltigungen in Bayern. Jede Kirchengemeinde war angehalten, einen sogenannten "Einmarschbericht" zu schreiben, in dem die Pfarrer die Geschehnisse festhielten. Tausende Fälle sind so dokumentiert. Eine genaue Zahl für den Freistaat nennt die ZDF-Doku "Die Verbrechen der Befreier" aber nicht.
Der renommierte bayerische Militärhistoriker Dr. Peter Lieb (lehrt in Großbritannien) betont, dass es Übergriffe auf deutsche Soldaten seit dem D-Day (Landung der US-Truppen in der Normandie) am 6. Juni 1944 gab: "Mit den ersten Kämpfen beginnen auch gleich die ersten Kriegsverbrechen." Lieb weiter: "Wir wissen von allen fünf amerikanischen Angriffsdivisionen des D-Days, dass es dort in einzelnen Einheiten Befehle gab, keine Gefangenen zu nehmen."
An manchen Landungsstränden in der Normandie überlebte nur jeder zweite deutsche Kriegsgefangene.
Wie viele deutsche Soldaten Opfer amerikanischer Übergriffe wurden, kann die Wissenschaft nur schätzen. Der deutsche Militärhistoriker Prof. Sönke Neitzel betont: "Es sind sicherlich hunderte Fälle. Aber wir können keine wirklich belastbare Zahl nennen. Das ist faktisch unmöglich. Aber wir können den Rahmen beschreiben. Und der geht eben von einer sehr guten Behandlung von Gefangenen bis hin zum kaltblütigen Mord an Gefangenen."
Der US-General George S. Patton (später Militärgouverneur von Bayern) ermunterte in einer Rede vor Offizieren zum Töten von Gefangenen. Die ZDF-Doku zitiert aus dieser Rede: "Wenn wir auf den Feind treffen, werden wir ihn töten. Wenn Ihr Eure Männer gegen den Feind führt und er sich dann ergeben will: Oh nein! Der Bastard soll sterben. Ihr werdet ihn töten. Stecht ihn zwischen die dritte und vierte Rippe. Sagt Euren Leuten das. Wir brauchen diesen Killerinstinkt. Wir werden uns den Ruf von Killern erarbeiten. Und Killer sind unsterblich."
Nur ein Bruchteil der Straftaten, die GIs in Deutschland begingen, wurde von US-Gerichten geahndet. Die ZDF-Doku zeigt erschütternde Zahlen: 3,5 Millionen US-Soldaten waren im Zweiten Weltkrieg in Europa im Einsatz. Allerdings gab es lediglich zwei Kriegsgerichtsverfahren der US-Militärjustiz gegen GIs. Verurteilt wurde kein einziger.
Auch den Bombenkrieg der Amerikaner und Briten thematisiert die Doku. Historiker Prof. Sönke Neitzel meint: Wäre die deutsche Luftwaffe nicht gezwungen worden, sich auf einen "Hightech-Krieg" mit den ökonomisch stark überlegenen USA einzulassen, hätte die Nazi-Rüstungsindustrie sicher viel mehr Panzer und Geschütze bauen können. Was den Krieg am Boden aber verlängert hätte. Die ZDF-Doku spitzt diese These noch zu: "So gesehen verkürzen die Bombenangriffe den Krieg. Und retten - so absurd das klingen mag - Menschenleben. An den Fronten, in den Städten und in den Konzentrationslagern."
ZDF-Doku "Die Verbrechen der Befreier" will Nazi-Verbrechen nicht verharmlosen
Trotz der umfassenden Erkenntnisse über US-Kriegsverbrechen gegen Deutsche bemühen sich die Autoren, die Gräuel der Nazi-Kriegsmaschinerie nicht zu verharmlosen. Sie weisen darauf hin, dass Millionen sowjetischer Soldaten in deutscher Kriegsgefangenschaft umkamen. Und: Deutschen Soldaten im Ostfeldzug wurde Straffreiheit bei Mord, Vergewaltigung und Plünderung zugesichert. "Ein Freibrief für alle deutschen Soldaten."
Auch stellen die Macher der ZDF-Doku "Die Verbrechen der Befreier" das Schicksal der jeweiligen Kriegsgefangenen gegenüber. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: 22.000 deutsche Soldaten starben in US-Kriegsgefangenschaft. 363.000 Deutsche kamen in sowjetischer Kriegsgefangenschaft um. Und 2,5 Millionen Sowjets kamen in deutscher Kriegsgefangenschaft ums Leben.
Für die Autoren steht somit im Hinblick auf den Zweiten Weltkrieg fest: "Verglichen mit der ungeheuren Dimension der deutschen Verbrechen sind die Übergriffe amerikanischer Soldaten kaum mehr als eine Randnotiz."
Nach ZDF-Doku "Die Verbrechen der Befreier" zu US-Kriegsverbrechen: Das sagt die Forschung
Die von sowjetischen Soldaten an normalen Deutschen begangenen Morde, Vergewaltigungen und Plünderungen sind seit Jahren gut erforscht. Dass sich auch die amerikanischen Soldaten in großem Ausmaß an deutschen Zivilisten vergingen, blieb lange ein Randthema der Forschung. So ist es bezeichnend, dass der britische Historiker und Journalist Giles MacDonogh erst im Jahr 2007 ein aufsehenerregendes Buch über Kriegsverbrechen in allen vier Besatzungszonen herausbrachte: "After the Reich: The Brutal History of the Allied Occupation" (Deutsch: "Nach dem Reich: Die brutale Geschichte der alliierten Besatzung") Ebenso bezeichnend ist es, dass es noch immer keine deutsche Ausgabe dieses Buches gibt. Das Fazit des britischen Geschichtsforschers: Raub, Mord und Vergewaltigung gab es in allen Besatzungszonen. Allerdings in sehr unterschiedlichem Ausmaß. Die meisten Morde und Vergewaltigungen in den westalliierten Zonen gehen auf das Konto der Franzosen. Kein Wunder: Viele Soldaten erlebten (wie auch die Rotarmisten) die Verbrechen der Wehrmacht im eigenen Land. Auch die Amerikaner gingen bei ihrem Vormarsch zuweilen brutal vor. Der Hass auf die Deutschen war von der Propaganda im eigenen Land geschürt worden. Hinzu kamen die schockierenden Bilder, mit denen die GIs in den befreiten Konzentrationslagern konfrontiert wurden. Diese dienten als Rechtfertigung für Übergriffe gegen die Besiegten.
Historiker Prof. Sönke Neitzel wünscht sich in der ZDF-Doku "Die Verbrechen der Befreier" vor allem eine bessere Aufarbeitung der sexuellen Übergriffe im Zweiten Weltkrieg: "Wir haben viele Sachen aufgearbeitet. Den Holocaust und Kriegsverbrechen aller Art. Aber die sexuelle Gewalt ist - warum auch immer - kaum behandelt worden. Die Forschungen, die wir jetzt haben, zeigen, dass in allen Armeen des Zweiten Weltkriegs die sexuelle Gewalt und Vergewaltigungen eine viel größere Rolle spielten, als wir dachten. Auch in der Wehrmacht."
fro
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Frau, komm!: Die Massenvergewaltigungen deutscher Frauen und Mädchen 1944/45
Zu den schlimmsten Verbrechen im Zweiten Weltkrieg gehören die Massenvergewaltigungen deutscher Frauen und Mädchen durch sowjetische Soldaten 1944/45. Viele dieser Frauen und Mädchen wurden nicht ein Mal, sondern viele Male sexuell mißbraucht. Weder Kinder noch Greisinnen blieben verschont. Verläßlichen Schätzungen zufolge wurden rund zwei Millionen Frauen und Mädchen Opfer jener Vergewaltigungen. Das ungeheure Ausmaß dieser Verbrechen und der durch sie verursachten menschlichen Leiden hat jahrzehntelang keine angemessene öffentliche Aufmerksamkeit erfahren. Erst in neuerer Zeit werden diese Ereignisse häufiger erwähnt, allerdings fast immer nur als Teil einer Schilderung von Flucht, Vertreibung und Zwangsarbeit. Demgegenüber befasst sich das vorliegende Buch ausschließlich mit den Vergewaltigungen und hier unter anderem mit den Fragen, wie und warum es zu diesen Exzessen gekommen ist, warum Widerstand zwecklos war und was mit den Kindern geschah, die Opfer oder „nur“ Zeuge der sexuellen Gewalttaten waren. Erlebnisberichte von Opfern und Tätern sind eine wesentliche, weil authentische Grundlage dieser Darstellung.
Vergewaltigung, Trophäenjagd – Verbrechen der GIs
Während die Kriegsverbrechen der Roten Armee 1945 gut dokumentiert wurden, sind die brutalen Übergriffe amerikanischer Soldaten kaum bekannt.
Eine ZDF-Reportage lüftet dunkle Geheimnisse.
Veröffentlicht am 05.05.2015 | Lesedauer: 5 Minuten
Von Sven Felix Kellerhoff
Leitender Redakteur Geschichte
Die Handschuhe des Fallschirmjägers waren blutig rot. Das fiel einem Kameraden auf, und er fragte nach. Da griff der Mann in seine Hosentasche und holte Ohren heraus, aufgereiht auf einer Schnur. Konsterniert erinnerte sich der Soldat: „Er war die ganze Nacht ‚Ohren jagen’ und befestigte sie an einem alten Schnürsenkel.“
Was man eigentlich nur aus Western kennt, allerdings dort mit Skalps und nicht mit Ohren, wiederholte sich im Frühsommer 1944 in der Normandie: US-Soldaten verstümmelten die Leichen toter deutscher Gegner, um menschliche Trophäen mitzunehmen. Wenigstens ein gewisser Anteil der GIs tat das – die allermeisten allerdings gaben sich mit Devotionalien wie Koppelschlössern, Dolchen oder Orden zufrieden. Dennoch: Niemand weiß, wie viele Soldaten allein deshalb sterben mussten.
In der Woche, in der in Europa des 70. Jahrestags des Kriegsendes gedacht wird, zeigt das ZDF auf dem prominenten Primetime-Sendeplatz am Dienstagabend eine Dokumentation über „die Verbrechen der Befreier“. Und dabei geht es nicht um die Untaten, die sowjetische Soldaten bei ihrem Vormarsch gen Westen begingen: Unzählige Vergewaltigungen, Plünderungen und Massaker an Kriegsgefangenen durch Rotarmisten sind dokumentiert. Den Filmemachern Annette Harlfinger und Michael Renz geht es um anderes: Sie suchen nach „Amerikas dunklen Geheimnissen im Zweiten Weltkrieg“.
Denn auch wenn natürlich nicht alle Soldaten Mörder sind, wie echte oder vermeintliche Pazifisten gern behaupten, so macht doch der Krieg aus einem kleinen Teil von ihnen Killer. Das Erlebnis ungezügelter Gewalt sorgt dafür, dass eine mehr oder minder große Anzahl von Kombattanten nicht mehr nur im Kampf tötet, sondern auch danach. Gut dokumentiert sind derlei Übergriffe in der Regel nicht; Harlflinger und Renz begeben sich daher auf eine Gratwanderung.
Weniger, weil bislang völlig unbekannt wäre, dass eben auch amerikanische Soldaten (wie französische und – in offenbar geringerem Maße – britische) im Zweiten Weltkrieg Kriegsverbrechen begingen. In der spezialisierten Fachliteratur ist derlei seit den 1980er-Jahren wiederholt festgestellt worden; in den vergangenen Jahren floss diese Erkenntnis auch in Titel für ein breites Publikum ein wie etwa „Unternehmen Overlord“ des Militärhistorikers Peter Lieb.
Das gelingt den beiden ZDF-Autoren, mit nur kleinen, vernachlässigbaren Einschränkungen. Sie sagen klar, wo die Unterschiede zwischen den unbestreitbaren Exzesstaten einzelner amerikanischer Soldaten und den auf Weisung von oben begangenen, durch Exzesse oft noch verstärkten Gräueln von Wehrmachts- und SS-Einheiten bestanden. In „Verbrechen der Befreier“ gelingt es tatsächlich, das eine darzustellen, ohne das andere zu verharmlosen. Das ist lobenswert, denn was theoretisch einfach scheint, erweist sich in der Praxis oft als kaum zu bewältigen.
Jenseits des 1944 geltenden Kriegsvölkerrechts war natürlich bereits der verschiedentlich dokumentierte Befehl an amerikanische und kanadische Soldaten, keine Gefangenen zu machen, wenn sie dem eigenen Vormarsch hinderlich waren. Denn eigentlich genießt ein Soldat, der sich ergeben hat, den gleichen Schutz wie jeder Zivilist. Praxis des Krieges schon seit Menschengedenken ist allerdings, dass lieber einmal mehr als einmal zu wenig geschossen wird.
Deutlich schwieriger ist die Frage, ob die Luftangriffe auf deutsche Städte Kriegsverbrechen waren. Sönke Neitzel, noch Professor in London, künftig Inhaber des einzigen speziell militärhistorischen Lehrstuhls in Deutschland an der Universität Potsdam und neben Peter Lieb einer der Experten im ZDF-Film, urteilt differenziert. Denn es gab im Zweiten Weltkrieg eben noch keinen gültigen kriegsvölkerrechtlichen Grundsatz, der Attacken auf das Hinterland und auf zivile Ziele des Gegners untersagte.
Beim ersten Zuhören möglicherweise atemberaubend, aber bei ruhigem Durchdenken als zutreffend erweist sich die Feststellung, dass sogar die Luftangriffe auf Städte letztlich Menschenleben geschützt haben: Wäre die Luftwaffe nicht gezwungen worden, sich auf einen „Hightech-Krieg“ (Neitzel) mit den ökonomisch unendlich weit überlegenen USA einzulassen, hätte die Rüstungsindustrie sicher viel mehr Panzer und Geschütze bauen können. Die Bombardements verkürzten so gesehen den Krieg – aber war der Preis angemessen?
Ohne jede Frage: Racheaktionen gegen Gegner und natürlich jede Form sexueller Gewalt gegen Frauen waren Verbrechen. Entscheidend und bedrückend ist dabei die Einsicht, dass es keineswegs seelisch deformierte Männer waren, die diese Untaten begingen. Natürlich gab es pathologische Fälle, doch sie machten wohl unter der Gesamtzahl der Kriegsverbrecher eine Minderheit aus. Die überwiegende Mehrheit dagegen, und das ist viel beunruhigender, waren Täter, die in einem normalen Leben wohl nie auf die Idee gekommen wären, ihren Mitmenschen derartige Gewalt anzutun.
Untersucht worden ist das seinerzeit praktisch nicht. Die US-Militärgerichtsbarkeit untersuchte zwar einzelne Exzesse, von denen sie erfuhr, doch in aller Regel wurden die Verfahren niedergeschlagen. Der Grund war einfach: Niemand belastet sich freiwillig selbst.
Hinzu kommen Korpsgeist und eine verständliche Scheu, Kameraden anzuschwärzen. Das galt sogar bei so eindeutigen Gesetzesverletzungen wie Vergewaltigungen. In den offiziellen US-Militärakten sind nur einige Hundert Fälle dokumentiert, aber natürlich waren es in Wirklichkeit viel mehr.
Kürzlich hat die Historikerin Miriam Gebhardt die These aufgestellt, US-Soldaten hätten sich 1944/45 an mindestens 190.000 deutschen Frauen vergangen. Doch eine belastbare Grundlage für diese Spekulation gibt es nicht – es könnten ebenso gut halb oder doppelt so viele gewesen sein. Man weiß es einfach nicht und wird es niemals feststellen können. Harlfinger und Renz legen zu Recht einen Schwerpunkt auf dieses Thema, und sie urteilen angemessen vorsichtig.
Tatsächlich sind Vergewaltigungen bislang weitgehend ein Tabu gewesen, zumindest in Bezug auf westliche Täter. Es ist lobenswert, dass der ZDF-Film darüber auch die breite Öffentlichkeit informiert. Denn Aufklärung ist immer besser als Verschweigen – das gilt ebenso für die „Jagd nach Ohren“ wie für Vergewaltigungen.
„Die Verbrechen der Befreier – Amerikas dunkle Geheimnisse im Zweiten Weltkrieg“, 20.15 Uhr, 5. Mai, ZDF
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Nicht nur sowjetische Armeeangehörige wurden am Ende des Zweiten Weltkriegs zu Vergewaltigern, alle vier Besatzungsarmeen verübten massenhaft Verbrechen an deutschen Frauen. Die Opfer dieser sexuellen Kriegsgewalt rangen oft ein Leben lang mit seelischen Problemen, Kinder, die aus den Vergewaltigungen hervorgingen, wurden quasi mit einer Erbschuld geboren, Familien litten vielfältig – und zum Teil bis heute – unter der belastenden Vergangenheit. Anhand bewegender Fallgeschichten zeigt Miriam Gebhardt, welch tiefe Spuren die massive Gewalterfahrung in den Jahren von 1945 bis 1955 in der deutschen Gesellschaft hinterlassen hat. Oft bestimmte das Kriegsende ein Familienschicksal, das bis in die heute erwachsene Enkelgeneration nicht überwunden ist.
Vergewaltigung im Zweiten Weltkrieg
: Schweigen und schmerzhafte Fragen
In allen Besatzungszonen wurden Frauen von alliierten Soldaten vergewaltigt. Hilfe für die Betroffenen gab es so gut wie nirgends – auch nicht, wenn sie schwanger waren.
Von Silke Satjukow und Rainer Gries
22. März 2015, 19:36 Uhr
"Ich bin schwächlich, außerdem war mein Rad sehr beladen, sodass ich hilflos allein den Russen ausgeliefert war und mich nicht wehren konnte, als sie mich herunterrissen. Ich fiel auf die Straße, und sie zerrten mich in den Chausseegraben. Der Soldat, der mein Rad ergriffen hatte, fuhr zunächst weg. Die beiden anderen vergewaltigten mich, dann kam der erste noch mal zurück, ich wurde auch von ihm vergewaltigt. Während das geschah, fuhren mehrere Autos vorbei, aber niemand nahm sich meiner an, obwohl ich weinte und laut schrie. Vielleicht konnten sie aus dem fahrenden Auto auch nicht erkennen, was im Graben vor sich ging. Als es vorbei war, lief ich nach Hause. Vor einem Haus traf ich eine Frau, der ich erzählte, was mir passiert war. Auf ihrem Hof konnte ich mich noch etwas reinigen, bevor ich zu meiner Schwiegermutter weiterging, die im selben Haus wohnt wie ich. Ihr habe ich aber nur erzählt, dass mir das Rad weggenommen worden war. Von der Vergewaltigung habe ich ihr nichts gesagt. Das war mir so fatal."
Mit diesen Worten schilderte die Magdeburgerin Klara M. im Juli 1945 dem örtlichen Gesundheitsamt, was ihr angetan worden war. Acht Wochen zuvor hatten Soldaten der Roten Armee sie sexuell missbraucht. Ihren ersten Impuls, der Familie das Unsagbare zu verschweigen, hielt sie nicht durch, denn bald stellte sie fest, dass sie schwanger war. Ein "Russenkind" auf die Welt zu bringen kam für sie nicht infrage. Also stellte sie einen Antrag auf Abtreibung: Nun galt es, ihrem Umfeld und den Behörden alles offenzulegen.
Seit es Kriege gibt, nehmen sich Soldaten die Frauen des Gegners als Beute. Im Zweiten Weltkrieg aber erreichte die sexuelle Gewalt ungekannte Dimensionen. Ob es die deutschen Soldaten in Polen und der Sowjetunion waren, die japanischen in China oder die alliierten im besetzten Deutschland 1945: Es kam zu millionenfachen Übergriffen, zu spontanen, aber auch zu systematisch verübten "Notzuchtverbrechen".
Vor allem in den Köpfen und Herzen der Rotarmisten schien zu Kriegsende der Imperativ der Inbesitznahme zu dominieren – von Land und Leuten, von Hab und Gut, von Männern und Frauen. Eine gnadenlose Kriegspropaganda lieferte dabei die Legitimation für Massenvergewaltigungen. So hieß es bereits in einem sowjetischen Flugblatt aus dem Jahr 1942: "Tötet! Tötet! Es gibt nichts, was an den Deutschen unschuldig ist, die Lebenden nicht und die Ungeborenen nicht! Folgt der Weisung des Genossen Stalin und zerstampft für immer das faschistische Tier in seiner Höhle. Brecht mit Gewalt den Rassenhochmut der germanischen Frauen! Nehmt sie als rechtmäßige Beute!"
Über das genaue Ausmaß dieser Gewalt können wir heute nur spekulieren, denn wie Klara M. es zunächst auch tat, verheimlichten viele der betroffenen Mädchen und Frauen das Geschehen so lange wie möglich: weil sie sich schämten, weil sie sich schuldig fühlten – und weil sie traumatisiert waren. Das Schweigen sollte das Verbrechen ungeschehen machen und es ebenso verdrängen wie den Gedanken an eine mögliche Schwangerschaft. Die Opfer erstatteten weder Anzeige bei der Polizei noch bei den Alliierten, allenfalls vertrauten sie sich einem Geistlichen oder ihrem Hausarzt an. Die Verbrechen und ihre Folgen blieben so fast immer ohne unmittelbare schriftliche Spuren.
Dieser Text stammt aus dem ZEIT Geschichte Magazin 1/15, das am Kiosk erhältlich ist.
Schätzungen zufolge wurden allein in Berlin zwischen Frühsommer und Herbst 1945 mindestens 110.000 Mädchen und Frauen vergewaltigt. Das entspricht etwa sieben Prozent der weiblichen Bevölkerung. Fundierte Berechnungen kommen für die gesamte sowjetische Besatzungszone, die ehemaligen deutschen Ostgebiete sowie für Vorfälle während Flucht und Vertreibung auf insgesamt mindestens 1,9 Millionen Leidtragende.
Die Mehrzahl der Gewalttaten wurde in den Monaten April, Mai und Juni 1945 verübt, wobei sich die Art der Verbrechen und die Motive je nach Zeit, Ort und Umständen unterschieden: Die Berichte aus Ostpreußen weichen deutlich von den Schilderungen aus Berlin ab. Anfangs schlugen die Rotarmisten offenbar wahllos zu: In ihrer Rage machten sie weder vor Mädchen noch vor Wöchnerinnen oder Greisinnen halt. Hier ging es um die brutale und kollektive Demütigung des Feindes.
Als die Rote Armee schließlich Berlin besetzte, war aus der schieren Zerstörungs- und Bestrafungswut ein Wille zur Inbesitznahme geworden. Nun trachteten die Täter danach, ihre Rechte als Sieger in einem vermeintlichen Niemandsland mit aller Macht einzufordern. Von ihren Erinnerungen an die physische und psychische Gewalt, die sie damals erlitten, wurden die Betroffenen oft ihr Leben lang heimgesucht.
Der Richter sagte ihr, sie hätte sich stärker wehren müssen
"Oft wird der Keller mit der Stube vertauscht,
schlafend die einen, manch einer lauscht.
Ob nicht der Farbigen schleichenden Schritte
dem Haus sich nähern, in unsere Mitte.
Edelwild witternd. O welch ein Schrecken,
wenn sie es stöbern aus ihren Verstecken.
Schande, viel Schande bei Tag und bei Nacht,
haben sie über das Städtlein gebracht."
In ihren Versen schildert Emilie Leber aus St. Georgen im Schwarzwald die kollektive Furcht vor sexuellen Übergriffen der französischen Besatzer. Denn nicht nur im Hoheitsbereich der Roten Armee waren Vergewaltigungen an der Tagesordnung. Im Südwesten Deutschlands brannten sich vor allem die Gewaltexzesse von Freudenstadt in das kollektive Gedächtnis ein, wo unmittelbar nach dem Einmarsch Einzeltäter wie Gruppen Tag und Nacht gegen Zivilistinnen wüteten. Doch wie beim Vormarsch der Roten Armee änderte sich die Situation auch hier binnen einiger Wochen: Nach dieser Phase blinden Wütens gingen die Täter geplanter und koordinierter vor. Sie achteten nun darauf, dass ihre Vergehen im Verborgenen blieben, und lauerten ihren Opfern meist im Schutz der Dunkelheit auf. Nachweise für solche gezielten Übergriffe lassen sich in fast allen Landstrichen des heutigen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz finden. Einen Eindruck vom Ausmaß der Vergewaltigungen vermitteln die Annalen der Pfarrämter, die über die Vorkommnisse oft ausführlicher Buch führten als die staatlichen und kommunalen Behörden. Die Zeitgenossen machten damals allerdings vornehmlich die "schwarzen Horden de Gaulles", also Soldaten nordafrikanischer Herkunft, für die Ausschreitungen verantwortlich. Die dunkelhäutigen Männer wurden als unzivilisierte und ungezügelte Wilde diffamiert, die in die idyllischen Ortschaften der Deutschen eindrängen, unersättlich und unerbittlich im Verlangen nach körperlicher Befriedigung.
Inwieweit diesen Bezichtigungen auch tatsächliche Erfahrungen zugrunde lagen oder ob sie ausschließlich hergebrachte kolonialistische und rassistische Stereotype wiedergaben, lässt sich nur schwer einschätzen. Ein Indiz dafür, dass die meisten der Täter allerdings weiß waren, ergibt sich aus einer Besonderheit in der französischen Zone: Die infolge von Vergewaltigungen geborenen Kinder wurden dort akribisch registriert, untersucht und nach einem strengen Ausleseverfahren in Frankreich und Nordafrika zur Adoption freigegeben. Die Babys aus diesen Akten sind überwiegend weiß; nur bei einem geringen Prozentsatz kommen Kolonialsoldaten als Vater infrage. Auch über das gesamte Ausmaß der französischen Übergriffe liegen keine verlässlichen Daten vor. Sicher ist: Es handelte sich um weit mehr als nur Einzelfälle. So registrierte die Polizei beispielsweise allein im Großraum Stuttgart, der bis Juli französisch und erst danach amerikanisch besetzt war, im April 1945 fast 1.200 Vergewaltigungen.
Was waren die Gründe für die Gewaltexzesse? Russen und Franzosen hatten unter jahrelanger Okkupation ihrer Heimat durch die Deutschen gelitten und lebten zum Kriegsende nicht nur einen militärischen und moralischen Sieg aus, sondern ließen auch ihrer Wut und Verzweiflung über die Willkürherrschaft freien Lauf, der ihr Land, ihre Angehörigen und sie selbst unterworfen gewesen waren. Mengen von Alkohol sowie die anstehende Demobilisierung und nicht zuletzt die Aussicht auf relative Straffreiheit beförderten die Ausschreitungen – obwohl Offiziere der Roten Armee von 1942 an Disziplinarvergehen eigenverantwortlich ahnden durften und es sogar vorkam, dass sie Vergewaltiger vor versammelter Mannschaft standrechtlich erschossen.
Die Amerikaner wiederum brachten ganz andere Kriegserfahrungen mit. Und doch vergingen auch sie sich an deutschen Zivilistinnen. Die Militärdienststellen registrierten für das erste Nachkriegsjahr insgesamt 1.500 Anzeigen von Vergewaltigungen, wobei auch hier das Gros der Delikte während der Kampfhandlungen in der Endphase des Krieges begangen wurde: 613 Amerikaner kamen wegen Vergewaltigungen vor ein Tribunal, etwa jeder fünfte von ihnen wurde verurteilt, 44 Todesurteile wegen besonders schwerer Vergehen sind bekannt – wobei auch diese Zahlen nur eine Tendenz abbilden können. Denn das wachsende Problem sexueller Gewaltnahmen wurde von der Generalität nach Kräften geheim gehalten.
Zudem war der Begriff "Vergewaltigung" im US-Militär-Strafgesetz sehr eng gefasst: Die Gerichte erkannten nur Fälle an, in denen das Opfer nachweislich starke physische Gegenwehr geleistet hatte. So musste sich etwa Else M. aus Mannheim Ende Mai 1945 von einem Richter belehren lassen, dass es sich bei dem von ihr geschilderten Vorgang keineswegs um eine Straftat gehandelt habe, da sie sich stärker hätte wehren müssen. Sie gestand, dass sie dies angesichts der vorgehaltenen Pistole aus Angst unterlassen habe, und widerrief schließlich die Beschuldigung: "Jetzt, wo man mir die Definition von 'Vergewaltigung' erklärt hat, muss ich einsehen, dass ich nicht vergewaltigt worden bin. Ich habe mich während des Gewaltaktes nicht verteidigt." In allen Besatzungszonen kehrten die Alliierten die Verbrechen ihrer Truppen solchermaßen unter den Tisch und erklärten stattdessen die Opfer selbst für verantwortlich.
Insgesamt belegen zeitgenössische Umfragen, dass gerade die jungen amerikanischen GIs im Feindesland darauf aus waren, sexuelle Erfahrungen zu machen – von blankem Hass gegen deutsche Frauen aber waren sie dabei wohl eher nicht getrieben. Die brutalen Gewaltnahmen durch US-Soldaten beschränken sich denn auch auf die ersten Wochen der Besatzung. Später ist in der amerikanischen Zone ein anderes Phänomen sehr viel verbreiteter: die "Fraternisierung" zwischen Soldaten und einheimischen Frauen. Oft genug mögen dabei materielle Gründe den Ausschlag gegeben haben, nicht selten aber handelte es sich auch um einvernehmliche erotische Abenteuer, und in einigen Fällen gingen aus den von vielen Landsleuten misstrauisch beäugten Liebschaften zwischen deutschen "Fräuleins" und amerikanischen GIs sogar feste Beziehungen hervor.
Eine Ausnahme in jeder Hinsicht stellte die britische Zone dar. Hier gab es weder besonders viele freiwillige Beziehungen zwischen deutschen Frauen und Besatzungssoldaten noch Vergewaltigungen in großer Zahl. Zwar lässt sich auch hier annehmen, dass die wenigen Meldungen nicht die tatsächlichen Ausmaße dokumentieren, denn wie in den anderen Besatzungszonen waren die Gründe vielzählig, eine Vergewaltigung nicht anzuzeigen. Die Überlieferungen aber legen nahe, dass die "Tommys" sich tatsächlich vergleichsweise wenige Verfehlungen zuschulden kommen ließen.
In den übrigen Zonen wurden die Folgen der massenhaft verübten sexuellen Gewalt spätestens im Sommer 1945 offensichtlich: Mehr und mehr Schwangere drängten in die Behandlungszimmer der Ärzte, in die Sprechstunden der Bürgermeister und Gesundheitsämter sowie in die Beichtstühle der Pfarrer. Sie forderten den Abort – und hofften auf juristische und moralische Absolution. Doch indem sie sich notgedrungen und daher oft erst spät offenbarten, setzten sie ein kompliziertes Verfahren der Investigation in Gang. Es gibt Aufschluss darüber, in welchem juristischen Vakuum man sich nach Kriegsende befand.
Die "Besatzungskinder" mussten aus der deutschen Gesellschaft entfernt werden
Zwar hatte der Reichsinnenminister und Reichsführer SS Heinrich Himmler noch im März 1945 angesichts der vorrückenden gegnerischen Truppen eine Verordnung erlassen, wonach eine Schwangerschaft aus "gewaltsam erzwungenem Geschlechtsverkehr mit Rotarmisten" abzubrechen war. Doch im Mai hatten die Siegermächte alle Rechtsnormen der Nationalsozialisten außer Kraft gesetzt. Für den Umgang mit Sexualstraftaten gab es daher keine verbindlichen Vorgaben mehr. In den Köpfen vieler Ärzte und Hebammen allerdings wirkte noch immer das "rassehygienische" Denken der NS-Jahre fort. Mancher Abort erfolgte daher auch nach der Kapitulation noch aus dem Geist der nationalsozialistischen Vernichtungsideologie. In anderen Fällen herrschte schlicht Ratlosigkeit: Durfte man sich auf eine "Ethik" berufen, die es erlaubte, sich der "Kinder der Feinde" auf diesem radikalen Weg zu entledigen – oder musste man die unerwünschte "fremde Brut" nicht trotz allem aufziehen? Welche Wege durfte man beschreiten, um das eigene "Rechtsgefühl" mit den restriktiven Bestimmungen des Abtreibungs-Paragrafen 218 in Einklang zu bringen?
Während die Täter und ihre Tat in den Verfahren schemenhaft blieben, widmeten sich die Gutachter in den Kliniken und Ämtern aus diesem Dilemma heraus mit großem Engagement der Prüfung der Opfer. Freilich nicht, um ihnen in ihrer Not emotional beizustehen oder gar therapeutisch zu helfen. Der Lebenswandel der Betroffenen sollte vielmehr als Gradmesser für ihre Glaubwürdigkeit dienen und damit das Fundament bilden für die Entscheidung, ob eine Abtreibung zu befürworten sei oder nicht. Frauen wie die Magdeburgerin Klara M. mussten sich in solchen Untersuchungen peinliche Fragen stellen lassen. Sie mussten das Verbrechen überzeugend schildern können. Auf dem Prüfstand stand nichts Geringeres als ihre persönliche Dignität.
Auch die deutschen Stellen wälzten damit in allen Besatzungszonen die Verantwortung auf die Hilfe suchenden Frauen ab. In einem Brief an die britischen Besatzungsbehörden schildert ein Braunschweiger Amtsarzt Ende Juli die Abläufe:
Nachdem ich nun drei Wochen Gelegenheit gehabt habe, fast täglich mehrere Anträge über Schwangerschaftsunterbrechung zu bearbeiten, bin ich zu der Überzeugung gekommen, daß hier eine Regelung dringend notwendig ist. Ich habe alle Anträge gewissenhaft bearbeitet, habe immer mit den Frauen persönlich gesprochen, habe, wenn möglich, Zeugen gehört und Erhebungen bei Polizei und Fürsorgeverbänden angestellt und glaube daher: [...] Die Frauen, die Anträge auf Schwangerschaftsunterbrechung wegen Vergewaltigung stellen, lassen sich [...] in zwei Gruppen einteilen: Die erste Gruppe umfaßt junge Mädchen, die angeben, von Soldaten der amerikanischen und englischen Besatzungsarmee vergewaltigt zu sein. Diese Angaben sind meist sehr wenig glaubhaft. Die meisten dieser fast durchweg unverheirateten Mädchen können [...] nicht damit rechnen, daß ihrem Antrag stattgegeben wird, weil eine Vergewaltigung unwahrscheinlich ist. Die zweite Gruppe umfaßt [...] fast ausnahmslos verheiratete Frauen, die meist mehrere Kinder haben. Dem größten Teil dieser Gruppe kann man [...] die Angabe der Vergewaltigung glauben. Es ergibt sich nun die Notwendigkeit, diese Schwangerschaften zu unterbrechen.
Klara M. wurde der Abort verwehrt. Als Begründung führten die Gutachter an, dass sie den Vorfall zunächst geheim gehalten hatte und niemand ihren Bericht zu bestätigen vermochte. Die Augenzeugen, die am Tatort vorbeigefahren waren, ohne Hilfe zu leisten, ließen sich nicht mehr auffinden: Nach dem Autokennzeichen befragt, musste die junge Frau eingestehen, dass sie aufgrund der Umstände nicht darauf geachtet hatte. Ob Klara M. versucht hat, das ungewollte Kind eigenmächtig abzutreiben, oder ob sie eine "Engelmacherin" aufgesucht hat, die ihr für Geld oder Lebensmittel behilflich war, lässt sich den Quellen nicht entnehmen. Am wahrscheinlichsten scheint, dass sie die Herausforderung angenommen und ein "Besatzungskind" ausgetragen hat – so wie Hunderttausende andere Frauen ebenfalls.
Zu Weihnachten 1945 erblickten die ersten dieser Kinder das Licht der Welt. Weder Fürsorger noch Beamte und Politiker hatten zu diesem Zeitpunkt eine Ahnung, was mit ihnen geschehen sollte.
Weiterlesen Alliierte Gewalt Infobox
WEITERLESEN
Silke Satjukow/Rainer Gries: 'Bankerte!' Besatzungskinder in Deutschland nach 1945, Campus, Frankfurt a. M. 2015
Barbara Stelzl-Marx/Silke Satjukow (Hrsg.): Besatzungskinder. Die Nachkommen alliierter Soldaten in Österreich und Deutschland, Böhlau, Köln/Wien, erscheint im Frühjahr 2015
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Freudenstadt
"Totenstille lag über der Stadt"
Regina Schwenk 16.04.2015 - 10:15 Uhr
Einmarsch der Franzosen in Freudenstadt jährt sich zum 70. Mal. Zeitzeugen erinnern sich.
Freudenstadt/Hallwangen - "Hier habe ich meine Freuden-Stadt vor mir", sagt Gerhard Wirth. Der langjährige Calwer Dekan im Ruhestand steht auf dem Balkon seines Hallwanger Hauses und blickt auf die Silhouette von Freudenstadt. In der Ferne zeichnet sich die Stadtkirche mit ihren beiden charakteristischen Türmen ab. "Da habe ich gestanden, als die ersten Geschosse eingeschlagen sind", erinnert sich Wirth. Mit dem heute 85-Jährigen geht es 70 Jahre in der Zeit zurück. Zurück in die Tage des 16. und 17. April 1945, als Freudenstadt in Flammen aufging.
Es ist früher Montagnachmittag, als Freudenstadt endgültig vom Krieg eingeholt wird. In den Wochen zuvor waren die Kampfhandlungen näher gerückt. Karlsruhe war gefallen, Pforzheim war bei einem Luftangriff der Alliierten faktisch völlig zerstört worden. Auch die alterwürdige Stadt Herzog Friedrichs sah sich in dieser Zeit wiederholt Bombenangriffen ausgesetzt. Und dennoch: "Dass es so zugeht, davon war jeder überrascht. Schließlich war Freudenstadt Lazarettstadt." Als Lazarettsperrbezirk hätte die Kurstadt gemäß der Genfer Konvention nicht angegriffen werden dürfen. Doch als solcher wurde die Stadt offiziell nie ausgewiesen. Das Naziregime versagte der Stadt diesen Schutzstatus, forderte stattdessen eine Verteidigung bis zur letzten Patrone. Eine folgenschwere Entscheidung.
Bei Gerhard Wirth haben sich die Ereignisse jener Tage tief ins Gedächtnis eingebrannt. "Eine Totenstille lag über der Stadt. Sie war unheimlich. Diese Stille war anders als sonst." Es ist die Stille vor dem Sturm. Der 15-jährige Gerhard Wirth steht zwischen Dekanat und Kirche, als die erste Brandgranate ins Kirchendach einschlägt. Mit einigen Freunden hatte er eigentlich den Kirchturm besteigen wollen. Jetzt geht es Schlag auf Schlag.
Im 30-Sekunden-Takt prasseln die Geschosse auf Stadt und Bevölkerung nieder. Sie bringen Tod, Leid und Zerstörung. Der junge Gerhard Wirth steht dabei, als sich Dekan Theodor Gerhardt über seine von einem Granatsplitter tödlich verwundete Frau beugt. Sieht in der halbstündigen Feuerpause am Abend verzweifelte Menschen durch die Straßen rennen. Beobachtet die vergeblichen Versuche, die Brände unter Kontrolle zu bringen. Blickt nur wenige Stunden, nachdem Freudenstadt unter Beschuss genommen wurde, auf die rauchenden Trümmer der Stadtkirche. Und schließlich, gegen 2 Uhr in der Nacht des 17. April auf sein brennendes Elternhaus. Im Hinterhof der Stall mit Wirths geliebten Hasen. "Ihre Haare standen vor Angst nach oben. Ich konnte sie freilich nicht mehr retten. Der Anblick ist mir geblieben."
Peinlich berührt ihn der "vor Angst schlotternde" Parteifunktionär, der wie Gerhard Wirths Familie im Keller der Gaststätte Burg in der Loßburger Straße Schutz sucht. In den frühen Morgenstunden steht auch das Gasthaus in Flammen. Die Familie schlägt sich zum Bunker im Steinbruch durch. Der Weg führt durch eine brennende Stadt, im Ohr die Schreie hunderter Schutzsuchender, vorbei an den Toten der Nacht. "Eine junge Frau war darunter." Ein Bild, das Wirth geblieben ist.
Auch Claire Fassbender-Luz erlebt die chaotischen Zustände der ersten Tage der französischen Besatzung hautnah mit. Hilflos muss Fassbender-Luz mitansehen, wie das familieneigene "Luz Posthotel" ein Raub der Flammen wird. "Das ganze Haus brannte. Der ganze Marktplatz brannte." Fassbender-Luz flieht mit Töchterchen Genia in Richtung Ringhof. "Der Brandrauch erstickte mir Atem und Sehkraft", erinnert sich die heute 98-Jährige.
Nein, sagt Gerhard Wirth, die Franzosen waren nicht nur Befreier. "Sie waren auch Eroberer", meint er mit Blick auf die Massenvergewaltigungen. Etwa 600 Freudenstädterinnen sind laut Renate Lutz-Lebsanft, damals Ärztin am Krankenhaus, Opfer sex ueller Gewalt geworden. "Man darf Unrecht nicht mit Unrecht aufwiegen", sagt Wirth energisch. Nichtsdestotrotz ist es für Wirth auch eine Erleichterung, dass der "Spuk" des dritten Reichs endete.
Fünf Jahre nach dem Einmarsch der Franzosen in seiner Heimatstadt hat Gerhard Wirth, nun ein junger Theologiestudent auf dem Weg ins Elsass, ein prägendes Erlebnis: In Straßburg nimmt ihn ein jüdischer Weinhändler mit. "Als er erfuhr, dass ich Deutscher bin, wurde er ganz still. Dann zeigte er mir die Zeichen der Tortur aus den Konzentrationslagern – an seinen Händen und Füßen. Er erzählte mir, dass er der einzige Überlebende seiner Familie ist. Da bin ich ganz still geworden." Damals habe er sich geschämt, Deutscher zu sein, sagt Wirth. "Er muss das gespürt haben. Darum lud er mich am Ende der Fahrt in ein vornehmes elsässisches Restaurant ein." Am Ende einer opulenten Mahlzeit verabschiedete sich der Weinhändler mit den Worten: "Wir wollen nicht vergessen, nein, aber wir wollen anfangen, miteinander zu leben, junger Freund, miteinander im Frieden leben zu lernen."
Weitere Informationen:
Mit Hannelore Schölldorf und Heinz Schmid ist Gerhard Wirth einer von drei Zeitzeugen, die vom SWR zu den Geschehnissen in Freudenstadt befragt wurden. Der Beitrag wird in der heutigen "Landesschau" zwischen 18.45 und 19.30 Uhr gesendet.
Seite 2: Ein Geistlicher stand den Frauen zur Seite
Freudenstadt - Es war am frühen Nachmittag des 16. April 1945, als französische Truppen Freudenstadt unter Beschuss nahmen. Und die Stadt in ein Flammenmeer verwandelten: 649 Gebäude, darunter die Stadtkirche, brannten nieder. 64 Freudenstädter verloren ihr Leben.
Der Freudenstädter Elmar Haug recherchierte die Ereignisse im Archiv der Taborkirche: Die Bevölkerung flüchtete in die umliegenden Wälder und Bunker . Die Pfarrhausbewohner der katholischen Taborgemeinde flüchteten in den Keller. "Im Laufe der Nacht kamen aus den brennenden Häusern immer mehr Obdachlose, um gleichfalls im Pfarrhaus Schutz zu suchen", schreibt Dekan Eugen King in der Pfarrchronik. Am nächsten Vormittag wurde die noch brennende Stadt, hauptsächlich von Kolonialtruppen der 1. marokkanischen Division, besetzt.
Für zahlreiche Freudenstädterinnen der Beginn einer Leidenszeit. Vom Inhalt eines von der Wehrmacht requirierten, etwa 200 000 Liter fassenden Weindepots in der Freudenstädter Nordstadt enthemmt, begann ein mehrere Tage andauerndes Plündern und Vergewaltigen. Diesem "Sodom und Gomorrha" fielen nach offizieller Lesart des Kreiskrankenhauses 600 Frauen und Mädchen zum Opfer. Es wären wohl noch mehr gewesen, wenn nicht Eugen King, seit 1926 Priester der Gemeinde, Hilfe geleistet hätte.
Zunächst suchte ein französischer Feldgeistlicher den deutschen Amtsbruder King auf. "Bald darauf kamen auch Soldaten, die jedoch, als sie den Pfarrer erkannten", so Kings Chronikbericht, "im Großen und Ganzen sich anständig benahmen, während in den meisten anderen Wohnungen das Plündern und leider auch das Vergewaltigen der Frauen und Mädchen kein Ende nahm". King versuchte, bei den Besatzungsbehörden zu intervenieren. Zunächst hatten seine Bemühungen wenig Erfolg. King schritt zur Tat: "Eine sehr große Zahl von Frauen und Mädchen suchte und fand Schutz im Pfarrhaus und in der Kirche, die zu diesem Zweck bei Nacht zur Verfügung gestellt wurde. Sämtliche Räume der Unterkirche und des Turms wurden als Obdachlosenheim eingerichtet, wo Leute, hauptsächlich Frauen und Kinder, sechs bis sieben Wochen hindurch von Schwestern betreut und verpflegt wurden."
King, der sich bislang hauptsächlich durch Kirchenneubauten und -renovierungen hervorgetan hatte, wurde zum Seelsorger und Helfer. Er nahm die Nöte der Bevölkerung auf, besuchte die politischen Häftlinge und setzte sich bei der französischen Militärverwaltung für die Freilassung von Zivilgefangenen ein. Heute erinnert die nach ihm benannte Straße vor der Taborkirche an die Verdienste des Geistlichen.
Info: Gottesdienst
70 Jahre nach der Zerstörung Freudenstadts wird den Ereignissen in einem ökumenischen Gottesdienst gedacht. Der steht unter dem Motto "Sich erinnern!" und findet am heutigen Donnerstag ab 20 Uhr in der Stadtkirche Freudenstadt statt. An dem Gedenkgottesdienst nimmt auch ein Vertreter aus der französischen Partnerstadt Courbevoie teil.
https://www.schwarzwaelder-bote.de/
Vor 75 Jahren
Soldaten als Vergewaltiger: Mit Kriegsende begann auch bei deutschen Frauen das Zittern
In der Bundesrepublik breiteten die Menschen meist den Mantel des Schweigens darüber: Zahlreiche Frauen wurden am Ende des Zweiten Weltkrieges von den alliierten Soldaten vergewaltigt. Nachdem die Franzosen Anfang April 1945 Karlsruhe besetzten, gellten oft die Schreie der Opfer durch die Nacht.
Die Sirenen sind verstummt, die Fliegerangriffe beendet. Doch nach dem Einmarsch der französischen Truppen in Karlsruhe und der Region lauschen die Menschen nachts ängstlich anderen Geräuschen: dem Hall von Schritten – und den Schreien der Frauen.
Mit dem Ende des Krieges bricht für die weibliche Bevölkerung in der Region eine neue Zeit des Zitterns an. Viele Mädchen und Frauen werden vergewaltigt. Die Dunkelziffer dieser Sexualverbrechen ist hoch - und auch die Dunkelziffer der Abtreibungen, die verzweifelte Opfer danach vornehmen ließen.
Eine junge Frau aus dem Stadtteil Weiherfeld hat überliefert, was sich im April 1945 dort abspielte: „In direkter Nachbarschaft war eine junge Frau allein in ihrem Hause, deren Mann kurz vor Kriegsende noch gefallen war. Die französischen Soldaten drangen in alle Häuser ein und vergewaltigten alle Frauen, die sie antrafen. Die junge Frau wollte sich noch zu ihren Nachbarn retten, was die Franzosen bemerkten. Sie drohten, dieses Haus anzuzünden, wenn die Frau nicht sofort zurück in ihr eigenes Haus käme“, so zitiert der frühere BNN-Ressortleiter Josef Werner in seinem Buch „Karlsruhe 1945. Unter Hakenkreuz, Trikolore und Sternenbanner“ die Zeitzeugin. „Um die Nachbarn nicht dem auszusetzen, folgte sie der Aufforderung. Die Franzosen standen vor der Haustüre Schlange, und als alles vorbei war, wollte die junge Frau sich umbringen.“
Franzosen fallen mit vorgehaltener Waffe über Mädchen her
Ein anderer Karlsruher beschreibt in seinem Tagebuch, wie die Ladenbesitzerin von gegenüber bei ihm Sturm klingelt. Sie selbst konnte fliehen, doch ihre „Ladenmädels“ sind in der Gewalt von Soldaten: „Nun mußten wir zusehen, was sich – bei offenen Läden! – gegenüber ereignete. Unter Drohung mit der Waffe und mit Schlägen wurden die Mädels gezwungen, den vier oder sechs Soldaten zu Willen zu sein.“
Mehr zum Thema:
All die Wut über millionenfache Verbrechen der Nationalsozialisten und all die „üblichen“ Machtdemonstrationen von Kriegssiegern – sie treffen nun die Mädchen und Frauen.
Opfer im Kindes- und Seniorenalter
Eltern versuchen verzweifelt, ihre Töchter zu verstecken. Weder Kinder noch Großmütter sind sicher: Eine Elfjährige und eine 76-Jährige sollen unter den Opfern sein. Täter sind anfangs häufig marokkanische Soldaten. Die 1. Französische Armee von General Jean de Lattre de Tassigny steht wegen der massenhaften Vergewaltigungen in der Kritik. Badische Kirchenvertreter beschweren sich bei den Siegern.
Die meisten Offiziere lassen ihre Soldaten anfangs wüten. Dann wiederum schreiten sie in Einzelfällen rigoros ein, exekutieren Vergewaltiger in Uniform ohne Militärgerichtsverfahren. Aus Bühlertal etwa ist die Erschießung zweier Marokkaner überliefert.
Hohe Dunkelziffer: 900.000 Sexualverbrechen?
Nicht wenige Vergewaltigungsopfer müssen feststellen, dass sie von ihren Peinigern schwanger sind. Aus der Landesfrauenklinik in Karlsruhe sind aus jener Zeit 278 Abtreibungen nach Vergewaltigungen aktenkundig. Die Dunkelziffer ist jedoch hoch. Oft dürften sich Frauen in ihrer Not auch an verschwiegene Ärzte ihres Vertrauens gewandt haben - oder in die Hände von Kurpfuschern gefallen sein.
Die Erzdiözese Freiburg schätzt die Zahl der Vergewaltigungen durch alliierte Soldaten einmal auf 30.000 bis 40.000 in der Region. Deutschlandweit geht die Historikerin Miriam Gebhardt heute von knapp 900.000 Vergewaltigungen durch die Soldaten aus, andere schätzten sie auf nahezu zwei Millionen.
Abtreibungen oft geduldet - besonders bei dunkelhäutigen Tätern
Unklar ist in jener Übergangszeit die Rechtslage für Schwangerschaftsabbrüche. Oft werden sie geduldet, selbst von der Kirche, aber Ärzte werden auch angezeigt. Ende 1945 dürfen sich die Frauen dann auf einen „übergesetzlichen Notstand“ berufen.
Die Rassenideologie der Nationalsozialisten wirkt nach: Frauen, die von dunkelhäutigen Soldaten vergewaltigt wurden, ermöglicht man den Abbruch schneller. Vergewaltigungskinder, die ausgetragen werden, gelten als „Kinder der Schande“ – oft ein lebenslanges Trauma.
Vergewaltigungen auch durch US-Soldaten
Auch als amerikanische Truppen den Raum Karlsruhe übernehmen, kommt es noch zu Vergewaltigungen. Doch im kollektiven Gedächtnis der Westdeutschen verblassen die Taten der nun befreundeten Alliierten – das Leid der Frauen wird im Wirtschaftswunderland zum Tabu, die freiwilligen „Ami-Liebchen“ rücken in den Fokus. Und die Opfer? Sie bleiben in allen Besatzungszonen meist alleine mit ihrem Schmerz.
https://bnn.de/
5. YouTube-Videos zu Massenvergewaltigungen von deutschen Frauen als Vergeltungsaktionen für Nazi-Verbrechen und Nazi-Terror
02.07.2013 - Helga Erasmi: Tabuthema Vergewaltigung
zeitzeugen-portal
Auf der Flucht von Stettin nach Lübeck wurde Helga Erasmis Mutter mehrfach von Soldaten der Roten Armee vergewaltigt. Heute erinnert sich die Tochter nur schemenhaft an jenen Tag, als sich die Mutter den Rotarmisten anbot, um ihr Kind zu schützen. Erst kurz vor ihrem Tod sprach die Mutter mit ihr über diese schrecklichen Erlebnisse.
https://www.youtube.com/watch?v=Jf3bGJDLyj8
30.04.2009 - Raped by Red Army soldiers, they talk for the first time (France 24)
Ostpreußischer Rundfunk
Raped by Red Army soldiers, they talk for the first time
Friday 10 April 2009
The women were in their 20s when they were raped by Red Army soldiers invading Germany at the end of World War II. Sixty years later, close to two million women are talking about their ordeal for the very first time.
Reportages
"The Americans retreated from the East German town of Halle and the Russians marched in. When that happened my female friends all fled, but I couldnt run because my leg was injured. So the Russians attacked me. And they raped me."
It was the end of July 1945, when 19-year-old Ruth Schumacher was raped by four Russian soldiers.
This was a fate shared by an estimated two million women in Germany who, at the end of the Second World War, suddenly found themselves confronted with the Soviet army. For decades many of these women didnt talk about what happened in the post-war years, faced with the crimes of the Nazis, nobody dared focus on German suffering.
"In West Germany the topic was taboo because the Germans were seen as guilty for the war," says Sibylle Dreher, a member of the Association of German Expellees. "And in Soviet-occupied East Germany, people werent allowed to talk about the abuse committed by the Soviet soldiers."
Over the years, women have gradually started talking about their trauma. But its only now that the first scientific study is being carried out, here at the university of Greifswald, in North East Germany. Psychiatrist Phillip Kuwert is gathering first-hand accounts from women who were raped by Soviet soldiers.
"What happened then is now being brought to light. I think it is only now, 60 years after the end of World War II, that it is possible to deal with this topic in a more nuanced way. We are really seeing a development of the German collective memory," he says. "One aim is to develop a new sort of therapy, suitable for elderly women who were raped in 1945. The events may have happened a long time ago: but the trauma can still be very much felt today."
The traumatic memories of recently-widowed Ruth Schumacher, who was not able to have children because of the rapes, are typical. "The fear always remains in your body, and you never get rid of it. The pain lessens over time, but the fear is always there."
To enable women to talk about their suffering is a big step forward. Especially since rape is still used as a weapon of war today. Last June, the UN officially categorized sexual violence as a crime against humanity.
https://www.youtube.com/watch?v=ulRIHwPg4gw
Westfalenpost: Friedliches Ende?
Vertriebenen-Gedenkort beschlossen
19.03.2008 – 19:35
Hagen (ots)
Von Winfried Dolderer
Man kann geteilter Meinung darüber sein, ob Berlin unbedingt noch ein
weiteres Museum zur Erinnerung an die Gewaltgeschichte des 20.
Jahrhunderts braucht, diesmal für die Vertriebenen. Unstrittig sollte
sein, dass es nichts mit Relativierung von NS-Verbrechen oder der
deutschen Urheberschaft am Zweiten Weltkrieg zu tun hat, wenn es in
Berlin einen Gedenkort auch für deutsche Opfer der Folgen dieses
Krieges gibt. Den Relativierungsvorwurf haben vor allem, aber leider
nicht nur, polnische Nationalisten den Initiatoren des Projekts
beharrlich entgegengehalten, erkennbar wider besseres Wissen.
Man darf also die Bundesregierung gerne dazu beglückwünschen, dass
es ihr wohl gelungen ist, die Debatte zu einem friedlichen Ende zu
führen. Sie sollte dann aber auch keine Bedenken haben, den Bund der
Vertriebenen an dem Projekt zu beteiligen. Schließlich, wer in diesem
Verein heute noch einen europäischen Störenfried sehen wollte, täte
dies ebenfalls wider besseres Wissen.
Pressekontakt:
Westfalenpost
Redaktion
Telefon: 02331/9174160
https://www.presseportal.de/pm/58966/1157930
07.02.2019 - Deutsches Leid: Flucht & Vertreibung | Geschichte
MrWissen2go Geschichte
Ende 1944 erreichte die Rote Armee das ehemalige Staatsgebiet des Deutschen Reichs - die Soldaten der Sowjetunion marschierten auf ihrem Weg nach Westen in Ostpreußen ein. Anfang 1945 folgte dann eine Großoffensive der Roten Armee. Die Deutschen Truppen konnten der Roten Armee nichts mehr entgegensetzen, die Front brach zusammen. Infolge dessen brach in den Ostgebieten des Deutschen Reichs Chaos aus. Die Angst auf Rache der Sowjetunion für die vielen Millionen Kriegstoten, brachte hunderttausende Deutsche dazu, in Richtung Westen zu flüchten. Mitten im Winter, viele nur mit den Sachen, die sie am Leib trugen. Viele sterben auf dem Weg, durch Hunger, Kälte und Erschöpfung.
Nach der Kapitulation des Deutschen Reichs im Mai 1945 beschließen die alliierten
Siegermächte auf der Potsdamer Konferenz im August 1945 eine Neuordnung
Osteuropas. Noch einmal werden Millionen Deutsche aus ihrer Heimat in
Pommern, Schlesien und Ostpreußen vertrieben. Am Ende stranden über 12
Millionen Geflüchtete und Vertriebene im besetzten und zerstörten
Deutschland. Willkommen sind die Flüchtlinge hier meist nicht, trotzdem müssen die heimat- und mittellosen Flüchtlinge
sich nun unter schlechtesten Bedingungen eine neue Existenz aufbauen. Viele scheitern und viele von ihnen überwinden den Verlust ihre Heimat niemals.
Alles, was ihr über die Flucht und Vertreibung wissen müsst, erklärt euch Mirko in diesem Video.
https://www.youtube.com/watch?v=TSJpI_UK0PE
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