HISTORISCHES :
Nazi-Judenverfolgung vor 1945
Zuletzt AKTUALISIERT am 22.12.2024 !
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- NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach
1.1 Gerichtlich verfügte Beauftragung der forensischen Sachverständigen aus Kitzingen durch das Amtsgericht Mosbach bezüglich der gerichtlichen und außergerichtlichen Anti-Nazi-Aktivitäten des Antragstellers - Online-Artikel zur Nazi-Judenverfolgung vor 1945, auch in Mosbach, Baden und Württemberg
2.1 Rolle der Reichsbahn und der "Sonderzüge in den Tod"
1. NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach
Amtsgericht Mosbach | NS- und Rechtsextremismus-Verfahren bei der Mosbacher Justiz: |
Nach Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg mit Beschluss vom 15.12.2022 - 6 S 1420/22 - unterliegt der Nationalsozialismus nicht der grundrechtlich geschützten Weltanschauungsfreiheit gemäß Art. 4 Abs. 1 GG.
Erfahrungen der juristischen Aufarbeitung von Judenfeindlichkeit vor und nach 1945 bei den Mosbacher Justizbehörden
Die nationalsozialistische Judenverfolgung in Mosbach-Baden vor 1945 mit diskriminierender Benachteiligung; Berufsverboten; Enteignungen und Beraubungen jüdischen Vermögens; Schändung des jüdischen Friedhofs; Verhaftung der Familie des Mosbacher Rabbiners; Zerstörung der Synagoge; Massen-Deportationen der badischen Juden in das Nazi-KZ Gurs nach Frankreich sowie die Schändung des KZ-Buchenwald mit dem Erinnerungsort der nach Auschwitz deportierten jüdischen Kinder mit Eingabe vom 06.08.2022, die antisemitische Volksverhetzung mit Eingabe vom 10.04.2023 werden bereits beim Amtsgericht Mosbach in den vom AS entsprechend initiierten und anhängigen Verfahren unter 6F 9/22, 6F 202/21, 6F 2/22 und 6F 2/23 thematisiert, u.a. mit diesbezüglichen Strafanzeigen gemäß § StPO 158.
Sowohl das Justizministerium Baden-Württemberg u.a. am 20.12.2022 unter JUMRIX-E-1402-41/878/28 als auch der Landtag Baden-Württemberg am 10.03.2023 zu PETITION 17/1464 benennen EXPLIZIT die vom AS gemäß § 158 StPO seit 03.06.2022 initiierten NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach-Baden.
Das Amtsgericht Mosbach bestätigt sowohl mit der Verfügung vom 17.08.2022 unter 6F 9/22 als auch mit der Mitteilung vom 20.03.2023 unter 6F 2/23, die vom AS gemäß § 158 StPO initiierten NS- und Rechtsextremismus-Verfahren sowie zu angezeigten antisemitischen Straftaten, auch zu konkreten Tatbeteiligungen an NS-Massenmordverbrechen in der Mosbacher Region, beim Amtsgericht Mosbach-Baden in SONDERBÄNDEN anzulegen.
Das Amtsgericht Mosbach hat jedoch seit dem 03.06.2022 eine gemäß § 158 StPO ordnungsgemäße Eingangsbestätigung mit den Benennungen der Konkreten Eingabedaten, der Konkreten Sachverhaltsbenennungen mit einer kurzen Zusammenfassung der Angaben zu Tatzeit, Tatort und angezeigter Tat, insbesondere zu beantragten NS- und Rechtsextremismus-Strafverfahren, bisher ausdrücklich und EXPLIZIT versagt und NICHT ausgestellt.
Auch für die beim Amtsgericht Mosbach beantragten Wiederaufnahmeverfahren, amtsseitigen Verfügungen und gerichtlichen Prüfungen in NS- und Rechtsextremismus-Angelegenheiten verweigert das Amtsgericht Mosbach ordnungsgemäße Eingangs- und Weiterbearbeitungsbestätigungen mit konkreten Sachverhaltsbenennungen.
Siehe dazu auch Umgang des Amtsgerichts Mosbach mit NS- und Rechtsextremismusverfahren >>>
1.1 Gerichtlich verfügte Beauftragung der forensischen Sachverständigen aus Kitzingen durch das Amtsgericht Mosbach bezüglich der gerichtlichen und außergerichtlichen Anti-Nazi-Aktivitäten des Antragstellers
In der Verfügung des Amtsgerichts Mosbach unter 6F 9/22 vom 17.08.2022, teilt das Amtsgericht Mosbach die Rechtsauffassung mit, dass es nicht Aufgabe des Gerichts sei, die NS-Vergangenheit aufzuarbeiten, was SOWOHL entgegen der Rechtsaufassung des baden-württembergischen Justizministeriums unter JUMRIX-E-1402-41/878/4 vom 20.06.2022, dass heute und noch künftig NS-Verbrechen von der Justiz verfolgt würden, ALS AUCH entgegen der Rechtsauffassung u.a. des Urteils vom 28.06.2022 beim Landgericht Neuruppin mit der Verurteilung eines 101-jährigen KZ-Wachmannes wegen Beihilfe zum Mord in mehr als 3.500 Fällen steht.
Das Familiengericht-Amtsgericht Mosbach, Hauptstraße 110, 74281 Mosbach, beauftragt die forensische Sachverständige aus Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21, die Anti-Nazi-Aktivitäten des Antragstellers von NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach in einer ergänzenden Stellungnahme gutachterlich einzuschätzen und zu bewerten.
Dazu zählen laut Anweisungen dieser amtsgerichtlichen Verfügungen SOWOHL die seit Sommer 2022 vom Antragsteller beim Amtsgericht Mosbach initiierten NS- und Rechtsextremismus-Verfahren ALS AUCH seine außergerichtlichen und gerichtlichen Aufklärungs- und Aufarbeitungsbemühungen zu Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischen Verbrechen aus dem Zeitraum um 2008, d.h. konkret von 2004 bis 2011, im Rahmen seiner sogenannten "Nazi-Jäger"-Aktivitäten im sachverhaltsbezogenen Kontext zur Problematik des Nationalsozialismus vor und nach 1945 und dessen Aufarbeitung bis heute. Siehe dazu auch Kapitel *** auf dieser Seite.
Das Amtsgericht Mosbach BEAUFTRAGT EXPLIZIT in seiner Verfügung vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 am Beispiel des Antragstellers von NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach die forensische Sachverständige aus Kitzingen, eine GUTACHTERLICHE STELLUNGNAHME zur Nazi-Judenverfolgung vor 1945, deren NS-Vergangenheitsbewältigung bis heute sowie zum nationalsozialistisch rechtextremistisch-orientierten Anti-Semitismus nach 1945 bis heute, auch in 2022, an das deutsche BRD-Amtsgericht Mosbach im Jahr 2022 zu erstellen.
Das Amtsgericht Mosbach BEAUFTRAGT EXPLIZIT in seiner Verfügung vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 am Beispiel des Antragstellers von NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach die forensische Sachverständige aus Kitzingen, eine GUTACHTERLICHE STELLUNGNAHME zur Nazi-Judenverfolgung vor 1945 in Mosbach und deren NS-Vergangenheitsbewältigung bis heute, auch bezüglich der Schändung des jüdischen Friedhofs in Mosbach; der Nazi-Zerstörung der Synagoge in Mosbach; der Verhaftung der Familie des Mosbacher Rabbiners; der Deportationen von Juden von und über Mosbach, etc. an das deutsche BRD-Amtsgericht Mosbach im Jahr 2022 zu erstellen.
Expertise der Forensischen Sachverständigen MA Antje C. Wieck aus Kitzingen zur Aufarbeitung von NS-Verbrechen und NS-Unrecht in der NS-Vergangenheitsbewältigung
Die HIER fallverantwortliche Richterin beim Amtsgericht Mosbach Marina Hess verfügt HIER unter 6F 9/22 und 6F 202/21 am 17.08.2022 EXPLIZIT, dass die gerichtlich beauftragte familienpsychologische Forensische Sachverständige für Familienrecht MA Antje C. Wieck, Praxis für KINDER- UND JUGENDLICHENPSYCHOTHERAPIE, Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, eine INHALTLICHE Sachverständigen-Auseinandersetzung mit der Dokumentations-Website "nationalsozialismus-in-mosbach.de" des Kindsvaters, Beschwerdeführers und Nazi-Jägers Bernd Michael Uhl durchführen solle (Siehe im Folgenden!), die diese Sachverständige Gutachterin HIER ABER AKTENKUNDIG NACHWEISBAR im anhängigen Verfahrenskomplex während ihren zwei gerichtlich bestellten Sachverständigengutachten von 2022 bis 2024 DANN ÜBERHAUPT NICHT durchführt.
UND DIES HIER EXPLIZIT AUCH NICHT bzgl. der DARIN KONKRET thematisierten nationalsozialistischen Verbrechen bis 1945 und deren juristischen, politischen und zivilgesellschaftlichen Aufarbeitungen in der NS-Vergangenheitsbewältigung seit 1945, insbesondere HIER auch in der lokalen-regionalen Fall- und Verfahrenszuständigkeit für Mosbach und für den Neckar-Odenwaldkreis.
Die HIER fallverantwortliche Richterin beim Amtsgericht Mosbach Marina Hess verfügt HIER unter 6F 9/22 und 6F 202/21 am 17.08.2022 EXPLIZIT bei der von ihr selbst gerichtlich beauftragten familienpsychologischen Forensischen Sachverständigen für Familienrecht MA Antje C. Wieck, Praxis für KINDER- UND JUGENDLICHENPSYCHOTHERAPIE, Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen eine Sachverständigen-Begutachtung bezüglich "der Notwendigkeit einer psychiatrischen Begutachtung" des Kindsvaters, Beschwerdeführers und Nazi-Jägers Bernd Michael Uhl "zur Beurteilung seiner Erziehungsfähigkeit" (Siehe im Folgenden!). UND DIES NACHDEM UNMITTELBAR ZUVOR das erste gerichtlich beauftragte familienpsychologische Gutachten vom 07.04.2022 unter 6F 202/21 und 6F 9/22 sich für den perspektivischen Verbleib des damals anderthalb Jahre alten Kindes beim Kindsvater ausspricht. HIERBEI unterstellt die fallverantwortliche Mosbacher Amts-Familienrichterin Marina Hess im familienrechtlichen Zivilprozess dem Kindsvater, Beschwerdeführer und Bernd Michael Uhl eine mögliche angebliche psychische Erkrankung und eine damit einhergehende eingeschränkte Erziehungsfähigkeit auf Grund seiner konkreten Nazi-Jäger-Eingaben zu den seinerseits beim Amtsgericht Mosbach beantragten juristischen Aufarbeitungen von konkreten Tatbeteiligungen an NS-Verbrechen und NS-Unrecht 1933-1945 und deren mangelhaften juristischen Aufarbeitungen seitens der deutschen Nachkriegsjustiz seit 1945. UND DIES HIER insbesondere auch in der lokalen-regionalen Fall- und Verfahrenszuständigkeit bei NS-Verbrechen und NS-Unrecht in Mosbach und im Neckar-Odenwaldkreis sowie bezüglich dem Versagen der Mosbacher Nachkriegsjustiz seit 1945 bei deren juristischen Aufarbeitungen.
SIEHE DAZU AUCH:
- Rechtsanwaltlicher und gerichtlicher Umgang mit Sachverständigen-Gutachten in Fallbegleitungen - Verfahrensführungen - Verfahrensbearbeitungen- Verfahrensbegleitungen durch RECHTSANWALT Simon Sommer >>>
- Verfahrensinhaltliche und prozessuale Benachteiligungen des Mandanten von Rechtsanwalt Simon Sommer beim Amtsgericht Mosbach unter 6F 211/21, 6F 202/21, 6F 9/22, 6F 2/23, 6F 2/22, etc. sowie unter amtsseitigen KV-BS-Sonderbänden zu Nationalsozialismus, Rechtsextremismus, Rassismus >>>
2. Online-Artikel zur Nazi-Judenverfolgung vor 1945, auch in Mosbach, Baden und Württemberg
Am 22. Oktober 1940 wurden über 5.000 badische Juden mitsamt den elsässischen ins unbesetzte Frankreich ausgewiesen, wo viele den Strapazen des Lagerlebens erlagen, die Mehrzahl später doch noch von der Vernichtungsmaschinerie der SS erfasst wurde.
Quelle:
https://www.leo-bw.de/themen/landesgeschichte/
Nationalsozialismus: Eberbachs dunkelste Zeit
Altstadtrat Schmitt beschreibt den Nationalsozialismus
19.07.2021 UPDATE: 20.07.2021 06:00 Uhr
Eberbach. (rho) Die Nationalsozialisten fühlten sich in Eberbach wohl und stark. Es gab nur kraftlosen Widerstand in der Bevölkerung: von den Sozialdemokraten, von den Kommunisten. Die Brutalität der NS-Schergen gegen Andersdenkende stand hier der Rücksichtslosigkeit allüberall im Reich in nichts nach, genauso die gnadenlose Judenverfolgung. Bald nach der Machtübernahme 1933 geschah der erste ...
https://www.rnz.de/
Siehe dazu auch:
- Gerichtliche Verfahren beim Amtsgericht Mosbach >>>
- Aufhebung der Haftbefehle gegen die Familie des Mosbacher Rabbiners im Wiederaufnahmeverfahren >>>
- Strafanzeigen gegen Unbekannt wegen Beteiligung an der Schändung des jüdischen Friedhofes in Mosbach und zur Überprüfung einer weiteren möglichen Beteiligung an der Zerstörung der Synagoge in Mosbach sowie an der weiteren NS-Judenverfolgung und am Holocaust >>>
- Strafanzeige Angehörige des Mosbacher SS-Zuges zur Überprüfung einer weiteren Beteiligung an der NS-Judenverfolgung und am Holocaust nach der Zerstörung der Synagoge in Mosbach >>>
Siehe auch
Auschwitz – Täter, Gehilfen, Opfer und was aus ihnen wurde: Ein Personenlexikon (Die Zeit des Nationalsozialismus.)
Ein einzigartiges Nachschlagewerk zum Personal des Vernichtungslagers Auschwitz. Dieses Personenlexikon ist das letzte Werk von Ernst Klee, dem großartigen Journalisten und Historiker, der unermüdlich die Biographien von NS-Tätern recherchierte und dokumentierte. Erstmals sind hier sämtliche Täter, Gehilfen und zu Hilfsdiensten gezwungenen Häftlinge eines nationalsozialistischen Konzentrationslagers dargestellt – des Lagers, das zur Chiffre für den Holocaust wurde: Auschwitz. In den knapp 4.000 Biographien wird auch der Verbleib der Betreffenden nach 1945 dokumentiert, soweit er sich recherchieren ließ. In zahlreichen Einträgen sind Aussagen von Zeitzeugen zu den dargestellten Personen und ihren Taten zitiert – Aussagen, die das Ausmaß der in Auschwitz begangenen Verbrechen glasklar vor Augen führen. Ernst Klees letztes Buch ist unverzichtbar für jeden, der sich mit der Geschichte des Nationalsozialismus auseinandersetzen möchte. Das Vermächtnis eines außergewöhnlichen Forschers und Autors.
„IM ZUSAMMENHANG MIT DEN ABWEHRMASSNAHMEN GEGEN DIE GREUEL-PROPAGANDA SIND UNBEDINGT AUCH DAUERNDE MASSREGELN ERFORDERLICH“: DIE FORDERUNG ALFRED HANEMANNS NACH ENTLASSUNG JÜDISCHER BEAMTER IN BADEN
12. Juli 2018, von Viktor Fichtenau
Alfred Hanemann (GLA 231 Nr. 2937 (909))
In seinem Beitrag zur badischen Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) konnte der Autor skizzenhaft aufzeigen, dass die badischen Deutschnationalen im Gegensatz zu den Parteikollegen auf Reichsebene aufgrund ihrer Schwäche und der daraus resultierenden oppositionellen Stellung im Land nicht zu einer regierungsfähigen Partei avancieren konnten, sondern sich vor allem ab 1929 ins Schlepptau der Nationalsozialisten nehmen ließen und auf der Oppositionsbank politische Brunnenvergiftung betrieben. Damit machten sie sich mitverantwortlich für die Auflösung der ersten deutschen Demokratie. Am Beispiel des deutschnationalen Reichstagsabgeordneten Alfred Hanemann und seiner Ende März 1933 erfolgten Forderung nach Entlassung jüdischer Beamter in Baden lässt sich neben der radikalen Oppositionshaltung gegenüber dem „Weimarer System“ auch seine ideologische Verzahnung mit den Nationalsozialisten illustrieren.
Der am 6. August 1872 in Rastatt geborene Hanemann war ab 1921 Direktor des Landgerichts Mannheim. Von 1921 bis 1924 war er Abgeordneter für die DNVP im badischen Landtag, von 1924 bis 1933 vertrat er sie im Reichstag. 1924 forderte er im Landtag gemeinsam mit seinen Fraktionskollegen die Aufhebung des NSDAP-Parteiverbots, das im Zuge des Hitler-Ludendorff-Putsches reichsweit ausgesprochen worden war, was bereits auf die radikale Oppositionshaltung der badischen Deutschnationalen hindeutet. Hanemann führte in seiner Begründung aus, „daß im Interesse der allgemeinen ausgleichenden Gerechtigkeit noch vor den Wahlen auch derjenigen Partei, die durch das Verbot betroffen worden ist, die gleiche Freiheit gegönnt werden muß, wie sie alle anderen politischen Parteien […] haben! […] [D]as Gebot der Freiheit verlangt nun einmal, daß man jetzt aufhört, mit diesen einseitigen Verboten von Parteien, die der momentanen noch regierenden Partei […] zuwider sind.“ Die badischen Deutschnationalen verteidigten den gescheiterten Hitler-Ludendorff-Putsch, weil „[d]ie Verfassungen […] nicht dazu da [sind], daß sie in Ewigkeit mumifiziert werden […], sondern sie werden bekämpft mit den Mitteln, zu denen sie herausfordern.“ Für die Deutschnationalen wie Hanemann war die Novemberrevolution 1918/19 eine „große Verbrecherin, die Sittlichkeit, Staatsordnung und Wirtschaft zertrümmerte“ (zit. nach: Kißener 1997, Richter der »alten Schule«, S. 208), und jedwede Sympathie mit der Republik ging ihnen ebenso ab. In der Strafrechtspolitik vertrat Hanemann eine dezidiert antiliberale Position, was sich insbesondere in seinen Forderungen nach schärferen Strafmaßnahmen bei „gemeinschaftsschädigenden“ Vergehen äußerte. Kißener resümiert, dass sein „autoritär-nationalistisches Denken […] bisweilen in direkter geistiger Verwandtschaft mit dem Nationalsozialismus [stand]“ (Kißener 1997, Richter der »alten Schule«, S. 210).
Ende März 1933 wurde Hanemann nach Entlassung des amtierenden jüdischen Landgerichtspräsidenten Heinrich Wetzlar, der nicht auf der Grundlage des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“, sondern auf Druck der Nationalsozialisten hin von seinem Posten verdrängt worden war, von der kommissarischen NS-Regierung als politisch geeignetster Kandidat zu dessen Nachfolger ernannt. Unmittelbar nach seiner Ernennung forderte er am 31. März 1933 in einem Brief an seinen ehemaligen deutschnationalen Parteikollegen und amtierenden Kommissar für Justiz Johannes Rupp eine Reihe von „Abwehrmaßnahmen“ und „dauernde Massregeln […] gegen die Greuel-Propaganda […], die einer alten nationalen Forderung entsprechen und jetzt stürmisch verlangt werden. […] Aufgrund des Ermächtigungsgesetzes erscheinen gesetzliche Bestimmungen unerlässlich über a) Die Beschäftigung von Juden als Beamte und Richter im Unterricht – und Lehrfach“. Weiterhin forderte er unter Berücksichtigung von Härtefällen eine gesetzliche Regelung zur „Tätigkeit von Juden in allen sogenannten freien öffentlichen Stellungen, Anwälte, Ärzte, Theater, Handelskammer, Verbände und dergleichen.“ Hanemann zufolge sollten Juden lediglich entsprechend ihrer Bevölkerungsquote beschäftigt werden, wobei „im Falle des Nachweises erheblicher Verdienste um die deutsche Heeresmacht im Feindesland in den Jahren 1914–1918“ entsprechende Ausnahmen vorzunehmen wären. Das sogenannte Frontkämpferprivileg wurde auf Forderung Hindenburgs auch in das am 7. April verabschiedete „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ aufgenommen. Hanemann verlangte über die bereits getroffenen punktuellen Regelungen, wie beispielsweise die Entlassung jüdischer Rechtsanwälte, eine gesetzliche Grundlage, anhand der man „zur Vermeidung von Unruhen“ die jüdischen Beamten endgültig aus maßgeblichen Posten verdrängen konnte. Damit bezog er sich auf die punktuell inszenierten Protestaktionen gegen die „jüdisch“ durchsetzte Justiz. Am 28. März beispielsweise – drei Tage vor Hanemanns Schreiben an Johannes Rupp – forderte die Mannheimer SA bei einem Aufmarsch vor dem Schloss die Amtsenthebung des jüdischen Amtsgerichtsrats und Sozialdemokraten Hugo Marx.
Die Forderung nach Entlassung jüdischer Beamter überrascht insofern, als sie von einem Deutschnationalen kam, der sich angesichts des radikalen politischen Umbruchs exponieren wollte. Bereits im Vorfeld der Verabschiedung des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ und des Schreibens Hanemanns an Rupp wurden Forderungen nach „Ausschaltung der Juden aus der badischen Strafrechtspflege“ (Der Führer vom 30. März 1933, S. 1) gestellt und seitens der NSDAP mit öffentlichen Protestaktionen gegen die „verjudete Rechtspflege“ (Der Führer vom 30. März 1933, S. 7) inszeniert, wenngleich in bescheidenerem Rahmen als andernorts. Nachdem in Baden zuvor schon „die Entfernung der jüdischen Staatsanwälte“ verfügt worden war, ordnete Rupp am 29. März an, „daß kein Jude mehr in Baden als Strafrichter amtieren darf“, wie der „Führer“ am 30. März berichtete. Weil entsprechende gesetzliche Instrumentarien für die Durchsetzung dieser Forderungen fehlten, musste Druck auf die Betroffenen ausgeübt werden. Sowohl der bereits erwähnte Mannheimer Amtsgerichtsrats Hugo Marx als auch Hanemanns Vorgänger Heinrich Wetzlar wurden auf diese Weise in die „Beurlaubung“ gedrängt.
Offenkundig hatte Rupp kein eigenes Konzept für die rassistischen Säuberungen in der Justiz, sondern reagierte stattdessen auf Vorschläge, die an ihn herangetragen wurden. Die von Hanemann im oben erwähnten Schreiben vorgeschlagenen Leitlinien hielt Rupp offensichtlich für plausibel, weshalb er sie am 5. April an den Reichsjustizminister und den Reichsinnenminister weiterleitete. Ferner wurde im badischen Ministerium ein von Rupp modifizierter Entwurf behandelt, ehe Robert Wagner am 5. April vorpreschte und mit einem Erlass die Beurlaubung sämtlicher „jüdischer“ Beamter in Baden anordnete.
Am 7. April konnte der „Führer“ deshalb verkünden, dass die „Umbildung der Rechtspflege […] auch in Baden ihren vorläufigen Abschluß gefunden“ habe. Am selben Tag wurde allerdings in Berlin das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ verkündet, welches die rigide badische Säuberungspolitik aufweichte und aufgrund der Ausnahmeregeln einigen bereits entlassenen Richtern zugutekam. In der Folgezeit wurden jedoch auch die verbliebenen Beamten unter Druck gesetzt und in den Ruhestand gedrängt. Hanemanns Eigeninitiative in der Frage nach Entlassung jüdischer Beamter offenbart, dass rassistische Säuberungen nicht aus Berlin kamen, sondern lokalen und regionalen Initiativen entsprangen, ehe mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ ein reichsweites Instrumentarium installiert wurde, mit dem jüdische Beamte aus ihren Posten verdrängt werden konnten. Bemerkenswerterweise meldete sich mit Hanemann ein Deutschnationaler zu Wort, der allerdings bereits vor 1933 in enger politischer Fühlungnahme mit den Nationalsozialisten stand.
Literatur: Kißener, Michael: Richter der »alten Schule«. Alfred Hanemann, Edmund Mickel, Landgerichtspräsidenten und Vorsitzende des Sondergerichts Mannheim, in: Die Führer der Provinz. NS-Biographien aus Baden und Württemberg, hrsg. v. Kißener, Michael/Scholtyseck, Joachim, Konstanz 1997, S. 201–224.
Quelle: Schreiben Alfred Hanemanns an Johannes Rupp vom 31. März 1933 (GLA 234 Nr. 4052)
https://ns-ministerien-bw.de/2018/07/im-zusammenhang-mit-den-abwehrmassnahmen-gegen-die-greuel-propaganda-sind-unbedingt-auch-dauernde-massregeln-erforderlich-die-forderung-alfred-hanemanns-nach-entlassung-juedischer-beamter-in-baden/
Siehe dazu auch:
- Gerichtliche Verfahren beim Amtsgericht Mosbach >>>
- Aufhebung der Haftbefehle gegen die Familie des Mosbacher Rabbiners im Wiederaufnahmeverfahren >>>
- Strafanzeigen gegen Unbekannt wegen Beteiligung an der Schändung des jüdischen Friedhofes in Mosbach und zur Überprüfung einer weiteren möglichen Beteiligung an der Zerstörung der Synagoge in Mosbach sowie an der weiteren NS-Judenverfolgung und am Holocaust >>>
- Strafanzeige Angehörige des Mosbacher SS-Zuges zur Überprüfung einer weiteren Beteiligung an der NS-Judenverfolgung und am Holocaust nach der Zerstörung der Synagoge in Mosbach >>>
Siehe auch
Kleine Geschichte der Juden in Baden (Regionalgeschichte - fundiert und kompakt)
Seit dem 10. Jahrhundert wohnen Juden ununterbrochen auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands. Besonders ihre mittelalterliche Geschichte war bestimmt von Selbstbehauptung und Verfolgungen. Als Waren- und Geldhändler lebten sie vor allem in den Städten, nach ihrer Vertreibung im 15. Jahrhundert auf dem Land, wo in der Neuzeit die Landesjudenschaften entstanden. In ihrer großen Mehrheit waren sie bis zum Ende des 19. Jahrhunderts Hausierer und Viehhändler. Im 17./18. Jahrhundert entwickelten sich in Mannheim und Karlsruhe städtische Gemeinden. Das 19. Jahrhundert war geprägt vom Kampf um Gleichberechtigung auch im scheinbar so liberalen Baden und von heftigen Debatten über die Modernisierung des Judentums. Zu Beginn des 20. Jhds. entwickelten sich neue Identitätsformen, die auf die zunehmende Verweltlichung reagierten. Diese Renaissancebewegung fand 1933 ein abruptes Ende. Wer konnte, emigrierte. Nachdem 1945 neue jüdische Gemeinden quasi aus dem Nichts aufgebaut worden waren, entstand eine neue Situation nach 1989 mit der Zuwanderung von Juden aus den Nachfolgestaaten der UdSSR.
Lebenszeichen. Juden aus Württemberg nach 1933
Die Geschichte der Juden in Württemberg
"Jud Süß" - Propagandafilm im NS-Staat: Katalog zur Ausstellung im Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Stuttgart, vom 14. Dezember 2007 bis 7. September 2008
Wannsee: 1942. Graphic Novel
Wannsee, eine Villensiedlung in Berlin, war der Ort, an dem sich am 20. Januar 1942 die ranghohen Beamten und SS Offiziere des 3. Reichs, wie Reinhard Heydrich, Adolf Eichmann, Josef Bühler und Roland Freisler versammelten. Hier wurden die Grundzüge der Deportation der gesamten jüdischen Bevölkerung Europas in die besetzten Ostgebieten organisiert und die erforderliche Koordination der Aktionen sichergestellt. Innerhalb von wenigen Stunden wurden in dieser luxuriösen Villa die Weichen für die Shoah gestellt, der 6 Millionen Menschen zum Opfer fielen. Fabrice Le Hénanff fasst in seiner bewegenden Graphic Novel die schwer begreiflichen Ereignisse der Wannseekonferenz in detaillierten, fein aquarellierten Zeichnungen zusammen und gibt uns einen Einblick in diese schwärzeste Stunde der deutschen Geschichte und ihre Beteiligten.
DEPORTATIONEN HESSISCHER JUDEN
: Mit einem Schild um den Hals in den Tod
VON HANS RIEBSAMEN-AKTUALISIERT AM 19.10.2023-11:03
Hanau: Am Hauptbahnhof warten im Mai 1942 jüdische Bürger auf den Transport nach Kassel.
Von Arolsen aus wurden jüdische Kranke im Oktober 1940 nach Gießen gebracht, dann nach Brandenburg verschleppt und vergast. Anhand von Gesprächen mit Überlebenden hat eine Autorin nun Familienschicksale nachgezeichnet.
Der Holocaust begann in Gießen. Mit einer Aktion, welche die Behörden „Verlegung geisteskranker Juden“ nannten. 126 jüdische Kranke, die aus hessischen Heil- und Pflegeanstalten wie etwa der „Krüppelanstalt“ Bathildisheim in Arolsen in ein Sammellager in Gießen verbracht wurden, wurden am 1. Oktober 1940 von dort nach Brandenburg an der Havel verschleppt. Dort wurden sie in einem Euthanasiemordzentrum wohl sofort nach der Ankunft vergast.
Die Kranken hätten sich nackt ausziehen müssen, berichtet ein Augenzeuge von der Prozedur in der dortigen Anstalt. Man habe ihnen gesagt, dass sie vor der Verlegung in einen anderen Bau baden sollten und von Ungeziefer gesäubert werden müssten. Jedes Mal, wenn das Bad voll gewesen sei, sei die Tür verschlossen worden. „An der Decke des Raumes waren in Form von Brausen Installationen angebracht, durch welche man Gas in den Raum ließ“, erinnert sich der Zeuge. „Nach etwa 15–20 Minuten wurde das Gas aus dem Raum gelassen, da man durch den Spion festgestellt hatte, dass sämtliche Personen nicht mehr am Leben waren.“ Anschließend brachen SS-Männer den Toten die Goldzähne aus.
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https://www.faz.net/
NATIONALSOZIALISMUS
Judenverfolgung und Naziterror
GEOlino Mensch Nationalsozialismus: Judenverfolgung und Naziterror
von Barbara Lich
Der jüdische Junge Michael Degen ist elf Jahre alt, als er mit seiner Mutter im März 1943 in Berlin untertauchen muss. Zwei Jahre lang verstecken sich die beiden vor den Nazis. Ihr ständiger Begleiter ist die Angst
"Los, anziehen, nichts mitnehmen. Lass alles liegen. Los, los, los!" Hastig stopft die Mutter Geld und Schmuck in eine Aktentasche. Ihre dunkelbraunen Augen flackern. Der Lärm der Straße dringt durch das Fenster: Das Klackern eisenbeschlagener Stiefel auf Pflastersteinen. Schreie. Gebrüll. In Windeseile schlüpft Michael in Jacke und Mantel.
Mit einem Ratsch reißt ihm die Mutter die gelben Davidsterne von der Kleidung. Dann eilen sie zur Tür, zum Fahrstuhl: Nichts wie raus! März 1943, der Zweite Weltkrieg ist in vollem Gange. Längst prägen Verbote, Zwangsarbeit und Schikanen den Alltag der Juden in Deutschland. Vor allem aber verschwinden immer mehr von ihnen.
Im Nationalsozialismus ist das Leben für Juden die Hölle
Wie an diesem Tag im März, mitten in Berlin. Unsanft treiben die Männer der Schutzstaffel (SS) Michaels jüdische Nachbarn aus ihren Wohnungen auf die Eisenacher Straße hinaus. Der Elfjährige greift nach der Hand seiner Mutter. Jetzt bloß nicht auffallen! Ziellos laufen die beiden durch das Stadtviertel.
Sie sehen, wie Männer, Frauen und Kin der auf die Ladeflächen von Lastwagen geschubst werden – und versuchen, so teilnahmslos wie möglich zu wirken. Vier, fünf Tage verbringen sie auf der Straße. Nachts schlafen sie in Treppenhäusern. "Irgendwie hatten wir die Kraft dazu", sagt Michael Degen heute, 65 Jahre später, "Mutter vor allen Dingen."
Vor 75 Jahren tritt Adolf Hitler in Deutschland das Amt des Reichskanzlers an. Viele Menschen sind damals von Hitler und den Nationalsozialisten begeistert. Doch es beginnt eine Schreckensherrschaft
Deportationen in Konzentrationslager
Seit Ende 1938 wird das Leben der Juden in Deutschland zur Hölle. Überall müssen sie mit Schikanen rechnen. Viele werden in Konzentrationslager (KZ) gebracht. Ab 1941 muss außerdem jeder Jude den gelben Davidstern als Erkennungszeichen tragen.
Dass sie untertauchten, hat Michael und seiner Mutter Anna das Leben gerettet. Nach Schätzungen von Historikern versteckten sich während des Krieges rund 7000 Juden auf diese Weise in Berlin, um den Deportationen zu entgehen. "U-Boote" nannten sie sich selbst und erfanden neue Namen und Lebensgeschichten. Aus Michael und Anna Degen werden so Max und Rosa Gemberg.
Diese Namen hat sich Lona ausgedacht, eine Freundin der Familie. Eine halbe Ewigkeit laufen ihr Michael und Anna jetzt schon hinterher, kreuz und quer durch Berlin: Spuren verwischen! Lona hat 1938 das Geschäft von Michaels Vater Jacob übernommen, das er als Jude nicht mehr führen durfte.
Seither teilt sie – heimlich – ihre Einnahmen mit den Degens. "ne Rieseneinkaufstasche mit was zu futtern habe ich dabei", sagt sie stolz. Das Beste aber: Über ihren Bekannten Hotze hat sie eine Unterkunft für "Max" und "Rosa" aufgetrieben: die Dienstbotenzimmer der russischen Konzertpianistin Ludmilla Dimitrieff. Endlich stehen sie vor dem Haus in der Hektorstraße. Es ist das erste von acht Verstecken in den kommenden zwei Jahren.
Von einer Deportation spricht man, wenn Menschen zwangsweise an einen anderen Ort gebracht werden – und das aufgrund einer staatlichen Anordnung. Während des Krieges wurden beispielsweise die Juden in Konzentrations- und Vernichtungslager verschleppt.
Rettung in "U-Booten"
Die wenigsten "U-Boote" bleiben lange an einem Ort. Manche Überlebende des Holocaust erzählen von mehr als 50 Stationen! Immer wieder sind sie auf Menschen angewiesen, die den Mut haben, ihnen zu helfen. Menschen wie Hotze und Lona. Sie besorgen Lebensmittel und finden neue Verstecke.
Denn lange Zeit können Michael und Anna nicht bei Ludmilla bleiben: Im Bombenhagel wird deren Wohnung zerstört. Bei der schnodderi gen Oma Teuber finden die Degens nun zwar Quartier, doch der Sohn, ein überzeugter Nazi, schmeißt sie raus. Wieder geht es weiter - in eine Laubenkolonie im Stadtteil Neukölln.
Oft friert Michael, oft hat er Hunger. "Lachen ist wichtiger als Essen", sagt die Mutter. Aber ihre Augen verraten, dass sie kurz vorm Zusammenbrechen ist. Dann endlich hat Ludmilla eine neue Wohnung und nimmt die beiden wieder auf. Bis Anna beinahe verhaftet wird. Die Luft ist klirrend kalt an diesem Februartag 1944.
Als Mutter und Sohn auf die Straße treten, frösteln sie am ganzen Leib. "Hol mir doch noch einen Schal von Ludmilla", bittet Anna und Michael spurtet los. "Als ich wieder herunterkam, stand sie da mit einem Herrn. Ich dachte: Woher kennt sie den? Dann sah ich, wie sie kaum merklich winkte. Wir waren eingespielt: Ich wusste sofort, ich soll verschwinden!"
Das Wort Holocaust stammt aus dem Griechischen und bedeutet "Brandopfer". Heute wird damit der Völkermord an den Juden während der NS-Zeit bezeichnet. Bis zu sechs Millionen Juden wurden damals ermordet, vor allem in den Konzentrations- und Vernichtungslagern. Weil ihre Leichen verbrannt wurden, wird dieses schlimme Verbrechen Holocaust genannt.
Der Schock sitzt tief
Was war mit Anna geschehen? Immer wieder läuft Michael zum S-Bahnhof Bellevue - dem Treffpunkt, den sie für brenzlige Situationen ausgemacht hatten. Von der Mutter aber fehlt jede Spur. Die Angst kriecht durch Michaels Körper. Es wird dämmrig. Dann finster.
Erschöpft lässt sich der Junge in einen Hausflur fallen, er weint. Ein letztes Mal nimmt er seine Kraft zusammen und schleppt sich zum Bahnhof. Auf halbem Weg kommt ihm seine Mutter entgegen.
Sie war in eine Kontrolle der Gestapo geraten und hatte nicht mehr dabei als einen abgelaufenen - und obendrein gefälschten - Ausweis. Und ihr freches Mundwerk: Empört redete sie auf den Beamten ein. Was ihm denn einfalle. Man könne ja zur Polizei gehen und die Sache klären. Genau das hätte ihr Ende bedeutet.
Aber ihre Überzeugungskraft wirkte Wunder, Anna durfte gehen. Bei Ludmilla bleiben können die Degens jetzt allerdings nicht mehr. Die Gefahr, erkannt zu werden, ist zu groß. Wieder sind sie auf der Flucht.
Im April 1945 schließlich leben Michael und Anna im Berliner Vorort Kaulsdorf bei Hotzes Schwägerin Martchen, "einer grundgütigen Frau, einem Engel, mit Riesennase und Dutt". Als die Russen, die zu den Alliierten gehören, Berlin angreifen, sitzen sie zu dritt im Bunker. Die Granaten heulen. Dann ist plötzlich Stille.
"Wir müssen sehen, was draußen los ist", ruft Martchen. Aus der Ferne sind Motorengeräusche zu hören. Russische Panzer, die Befreier! Kaum später poltert es an der Tür: "Aufmachen!" Brutal drängen die Soldaten die Frauen beiseite. "Das sollen unsere Befreier sein?", schreit Michael.
Dann begreift er: Die Russen glauben, sie wären Nazis - und keine Juden! Hektisch redet Anna auf Russisch auf einen Offizier ein, der sich plötzlich auf Deutsch an Michael wen det: "Dein Vater ist also gestorben? Weißt du, was du als Jude tun musst, wenn dein Vater gestorben ist?"
"Das Totengebet", stammelt Michael. "Sag es jetzt!", fährt ihn der Russe, selbst ein Jude, an. Hastig leiert der Junge die Verse herunter. Der Offizier beginnt zu weinen. Nach zwei Jahren auf der Flucht rettet das Totengebet Michael und Anna Degen das Leben.
GEOLINO Nr. 7/08 - Orcas
https://www.geo.de/geolino/mensch/
2.1 Rolle der Reichsbahn und der "Sonderzüge in den Tod"
HOLOCAUST
Rolle der Reichsbahn ist Thema des Holocaust-Gedenkens
In Güterwagen waren Millionen KZ-Insassen in die Lager gebracht worden. Die "Sonderzüge in den Tod" sind daher eine schwere historische Last auch noch für heutige Verantwortliche der Bahn.
Datum 28.04.2022
Auch der Chef der Deutschen Bahn, Richard Lutz (r.), nahm an der Feier in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem teil
Israel hat der sechs Millionen im Holocaust ermordeten Juden gedacht. Am Donnerstag-Vormittag (28.04.2022) heulten für zwei Minuten landesweit die Sirenen. Autos hielten auf den Straßen an, Menschen standen still und gedachten der Toten. An einer Gedenkveranstaltung in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem nahmen Bundestagspräsidentin Bärbel Bas und der Chef der Deutschen Bahn, Richard Lutz, teil.
"Vieh- oder Eisenbahnwaggon das wichtigste Deportationsmittel"
Der Gedenktag stand in diesem Jahr unter dem Motto "Zugfahrten in den Untergang: Die Deportation der Juden während des Holocaust". Die Deutsche Reichsbahn spielte bei der Vernichtung der europäischen Juden eine entscheidende Rolle. Rund drei Millionen Menschen in Europa wurden von 1941 an mit Zügen zu den NS-Vernichtungsstätten gebracht - die meisten davon Juden, aber auch Sinti und Roma.
Ankunft von ungarischen Juden in Auschwitz-Birkenau im Juni 1944
Ankunft von ungarischen Juden in Auschwitz-Birkenau im Juni 1944
"Der Vieh- oder Eisenbahnwaggon, das wichtigste Deportationsmittel, wurde damit eines der bekanntesten Symbole des Holocaust", heißt es in einer Erklärung von Yad Vashem. Es gilt als gesichert, dass die systematische Ermordung von Millionen von Menschen ohne die Reichsbahn nicht möglich gewesen wäre. Die "Sonderzüge in den Tod" waren für sie ein gewinnbringendes Geschäft. Oft mussten die Fahrtkosten von den Juden selbst bezahlt werden.
"Kritische Auseinandersetzung mit Rolle der Reichsbahn"
Im Januar 2021 hatten sich die Fraktionen von Linken, Grünen und FDP im Bundestag hinter Forderungen zu Entschädigungszahlungen für die Bahn-Transporte von Holocaust-Opfern gestellt. Die heutige Deutsche Bahn ist allerdings nicht Rechtsnachfolgerin der Reichsbahn. Die Bahn habe jedoch eine besondere Verantwortung, sagte Lutz. Sie setze sich daher "für eine kritische Auseinandersetzung mit der Rolle der Reichsbahn in der Nazi-Zeit ein".
Israel Holocaust Gedenktag
Vertreter der israelischen Staatsspitze und Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (3. von rechts) in Yad Vashem
Nach der Feier in Yad Vashem wohnte Bundestagspräsidentin Bas einer Zeremonie im israelischen Parlament bei, bei der die Namen von Opfern des Holocaust verlesen wurden. Bas entzündete in der Knesset eine Kerze im Gedenken auch an die vor 80 Jahren aus ihrer Heimatstadt Duisburg deportierte Jüdin Irma Nathan. Diese wurde 1942 von den Nazis ermordet. Auch ihr Mann und die beiden Kinder wurden von den Nazis getötet.
Noch 161.400 Holocaust-Überlebende in Israel
Die deutschen Nationalsozialisten und ihre Helfershelfer ermordeten während des Zweiten Weltkrieges insgesamt sechs Millionen Juden. In Israel leben nach Behördenangaben noch 161.400 Holocaust-Überlebende. Das Durchschnittsalter betrage 85,5 Jahre, hieß es. Mehr als 1000 Betroffene seien sogar älter als 100 Jahre. Den Angaben zufolge lebten Ende 2020 weltweit 15,2 Millionen Juden, die meisten davon - 6,9 Millionen - in Israel.
Wie die Jewish Claims Conference mitteilte, sind rund 100 Holocaust-Überlebende seit Kriegsbeginn aus der Ukraine nach Israel eingewandert. Zudem seien mithilfe der Organisation rund 70 Betroffene aus der Ukraine nach Deutschland gebracht worden. Die Claims Conference mit ihrer Zentrale in New York setzt sich für die materielle Entschädigung von Betroffenen ein.
sti/jj (afp, ap, dpa)
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