Überlebende ...
- der Nazi-Konzentrationslager
- der NS-Verfolgung
- des NS-Terrors und der NS-Vernichtung
Zuletzt AKTUALISIERT am 23.04.2025 !
Spendenaufruf des Hilfsnetzwerks für Überlebende der NS-Verfolgung in der Ukraine
Durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sind viele Menschen in große Not geraten, unter ihnen auch die Überlebenden nationalsozialistischer Verfolgung. Humanitäre Hilfe ist weiter dringend notwendig. Mit Ihrer Spende realisieren wir eine koordinierte und unbürokratische Unterstützung von Überlebenden der NS-Verfolgung, ihrer Angehörigen sowie unsere ukrainischen Fachkolleg:innen aus Gedenkstätten, Museen und NS-Opferverbänden.
Wir unterstützen mit finanziellen Soforthilfen in konkreten Notlagen sowie mit dringend benötigten Hilfsgütern wie Lebensmitteln, warmer Kleidung oder Medikamenten. Im Rahmen eines Patenschaft-Programms sichern wir über Spenden eine monatliche Unterstützung für Überlebende der NS-Verfolgung zu.
Unterstützen Sie die Überlebenden der NS-Verfolgung in der Ukraine – Ihre Spende kommt an!
Das „Hilfsnetzwerk für Überlebende der NS-Verfolgung in der Ukraine“ hat sich am 09. März 2022 auf Initiative des Berliner Vereins KONTAKTE-KOHTAKTbI gegründet. Es besteht aus mittlerweile 47 Initiativen, Stiftungen, Erinnerungsorten und Gedenkstätten in Deutschland, die sich mit NS-Verbrechen auseinandersetzen und teilweise langjährige Kontakte zu Überlebenden der NS-Verfolgung, Fachkolleg:innen und Kooperationspartner:innen in der Ukraine haben.
https://hilfsnetzwerk-nsverfolgte.de/
Seiteninhalt:
- NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach
- Online-Artikel zu Überlebenden der NAZI-KZs und der NS-Verfolgung
- YouTube-Videos zu Überlebenden der Nazi-Konzentrationslager
- Stellungnahme der vom Amtsgericht Mosbach beauftragten forensischen Sachverständigen aus Kitzingen zu Nazi-Konzentrationslagern und KZ-Überlebenden
Tote Jahre: Eine jüdische Leidensgeschichte (Holocaust Überlebende erzählen) Taschenbuch – Illustriert, 27. September 2017
Anklage gegen den Wahnsinn des Antisemitismus. Vierzig Jahre danach erinnert sich ein in Polen aufgewachsener Jude an die Jahre der Verfolgung. Er beschreibt das Leben in Radzyn, einer typisch jüdischen Stetl-Gemeinschaft im damaligen polnischen Generalgouvernement, dem Vorhof von Treblinka, Majdanek und Auschwitz, und dann den Untergang dieser Welt, wie er ihn, gerade 17 geworden, erlebt hat: mit zunehmenden Schikanen, ständiger Bedrohung, Grausamkeiten und nackter Gewalt; mit der Verschleppung und Ermordung der Geschwister, Eltern, Freunde; mit der Ausrottung einer ganzen Volksgemeinschaft. Er beschreibt den eigenen Leidensweg und den verzweifelten Kampf ums Überleben, seine Erlebnisse in den Ghettos, in Majdanek, Auschwitz und anderen Konzentrationslagern wie Dora-Nordhausen und Bergen-Belsen. Er beschreibt seine Begegnungen mit Leidensgenossen, Kindern und Erwachsenene, Gläubigen und Ungläubigen, Mutigen und Müdegewordenen, Hungrigen, Kranken, Erniedrigten. Es sind die Stimmen der Opfer, die er zu Gehör bringt. Das macht diesen nüchternen, um Wahrheit bemühten Bericht zur eindringlichen Anklage gegen den Wahnsinn des Antisemitismus.
"Ein unbeschreibliches Zeugnis der Grausamkeit, welches tiefe und ungeschönte Einblicke in die Abgründe des unmenschlichen Leidens und Sterbens in der Hölle zulässt."
1. NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach
Erfahrungen der juristischen Aufarbeitung von Judenfeindlichkeit vor und nach 1945 bei den Mosbacher Justizbehörden
Die nationalsozialistische Judenverfolgung in Mosbach-Baden vor 1945 mit diskriminierender Benachteiligung; Berufsverboten; Enteignungen und Beraubungen jüdischen Vermögens; Schändung des jüdischen Friedhofs; Verhaftung der Familie des Mosbacher Rabbiners; Zerstörung der Synagoge; Massen-Deportationen der badischen Juden in das Nazi-KZ Gurs nach Frankreich sowie die Schändung des KZ-Buchenwald mit dem Erinnerungsort der nach Auschwitz deportierten jüdischen Kinder mit Eingabe vom 06.08.2022, die antisemitische Volksverhetzung mit Eingabe vom 10.04.2023 werden bereits beim Amtsgericht Mosbach in den vom AS entsprechend initiierten und anhängigen Verfahren unter 6F 9/22, 6F 202/21, 6F 2/22 und 6F 2/23 thematisiert, u.a. mit diesbezüglichen Strafanzeigen gemäß § StPO 158.
Sowohl das Justizministerium Baden-Württemberg u.a. am 20.12.2022 unter JUMRIX-E-1402-41/878/28 als auch der Landtag Baden-Württemberg am 10.03.2023 zu PETITION 17/1464 benennen EXPLIZIT die vom AS gemäß § 158 StPO seit 03.06.2022 initiierten NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach-Baden.
Das Amtsgericht Mosbach bestätigt sowohl mit der Verfügung vom 17.08.2022 unter 6F 9/22 als auch mit der Mitteilung vom 20.03.2023 unter 6F 2/23, die vom AS gemäß § 158 StPO initiierten NS- und Rechtsextremismus-Verfahren sowie zu angezeigten antisemitischen Straftaten, auch zu konkreten Tatbeteiligungen an NS-Massenmordverbrechen in der Mosbacher Region, beim Amtsgericht Mosbach-Baden in SONDERBÄNDEN anzulegen.
Ich habe den Todesengel überlebt: Ein Mengele-Opfer erzählt
Berührend und authentisch – eine Zeitzeugin erzählt. In »Ich habe den Todesengel überlebt« berichtet Eva Mozes Kor davon, wie sie mit ihrer Zwillingsschwester die menschenverachtenden Experimente des KZ-Arztes Mengele überlebte. Eva Mozes Kor ist zehn Jahre alt, als sie mit ihrer Familie nach Auschwitz verschleppt wird. Während die Eltern und zwei ältere Geschwister in den Gaskammern umkommen, geraten Eva und ihre Zwillingsschwester Miriam in die Hände des KZ-Arztes Mengele, der grausame »Experimente« an den Mädchen durchführt. Für Eva und ihre Schwester beginnt ein täglicher Überlebenskampf ...Die wahre Geschichte einer Frau mit einem unbezwingbaren Überlebenswillen und dem Mut, die schlimmsten Taten zu vergeben. Ein einmaliger Blick auf den Holocaust aus der Sicht einer Überlebenden des »Todesengels« Josef Mengele. Diese überarbeitete Neuausgabe ist ausgestattet mit zahlreichen Fotos, einem bewegenden Nachwort Eva Mozes Kors zu ihrem Engagement für Frieden und Freiheit in der Welt und einem Nachruf auf die Autorin, mit einem Einblick in die bewegten letzten zehn Jahre ihres Lebens.
1.1 Gerichtlich verfügte Beauftragung der forensischen Sachverständigen aus Kitzingen durch das Amtsgericht Mosbach bezüglich der gerichtlichen und außergerichtlichen Anti-Nazi-Aktivitäten des Antragstellers
Das Familiengericht-Amtsgericht Mosbach, Hauptstraße 110, 74281 Mosbach, beauftragt die forensische Sachverständige aus Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21, die Anti-Nazi-Aktivitäten des KVs und Antragstellers in einer ergänzenden Stellungnahme gutachterlich einzuschätzen und zu bewerten.
Dazu zählen laut Anweisungen dieser amtsgerichtlichen Verfügungen SOWOHL die seit Sommer 2022 vom Antragsteller beim Amtsgericht Mosbach initiierten NS- und Rechtsextremismus-Verfahren ALS AUCH seine außergerichtlichen und gerichtlichen Aufklärungs- und Aufarbeitungsbemühungen zu Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischen Verbrechen aus dem Zeitraum um 2008, d.h. konkret von 2004 bis 2011, im Rahmen seiner sogenannten "Nazi-Jäger"-Aktivitäten im sachverhaltsbezogenen Kontext zur Problematik des Nationalsozialismus vor und nach 1945 und dessen Aufarbeitung bis heute. Siehe dazu auch Kapitel 3 auf dieser Seite.
1000 Tage im KZ: Ein Erlebnisbericht aus den Konzentrationslagern Dachau, Mauthausen und Gusen
Im März 1938 wird der Innsbrucker Erwin Gostner als politischer Gegner des Nazi-Regimes von SA-Angehörigen verhaftet. Bis 1941 ist er in den Konzentrationslagern Dachau, Mauthausen und Gusen interniert, wird schließlich entlassen und noch im selben Jahr zur Wehrmacht eingezogen. 1947 veröffentlicht Gostner seine Erlebnisse als KZ-Häftling erstmals in Buchform und erregt mit seinem Bericht über die Haft in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten weltweit Aufmerksamkeit. Gostner berichtet in nüchterner Sprache, ohne jede Übertreibung oder Verharmlosung, und bietet dem Leser so einen tiefen, erschütternden Einblick in das SS-System. Von europäischen Zeitschriften und bekannten Persönlichkeiten als eines der besten Zeitdokumente anerkannt hat 1.000 Tage im KZ nichts von seiner Aktualität verloren - und ist bis heute ein wichtiger Beitrag gegen das Vergessen.
Siehe dazu:
- Beantragte NS- und Rechtsextremismusverfahren beim Amtsgericht Mosbach >>>
- Umgang des Amtsgerichts Mosbach mit NS-Verfahren >>>
- Petition beim Landtag von Baden-Württemberg zur Aufarbeitung von NS-Unrecht >>>
- Frühere außergerichtliche NS-Aufarbeitungen des Antragstellers 2005 bis 2011 sowie seit 2022 >>>
- Frühere gerichtliche NS-Aufarbeitungen des Antragstellers 2004 bis 2010 sowie seit 2022 >>>
- Nazi-Jäger und ihre Aktivitäten >>>
- Sachverständige und Gutacher aus Kitzingen im Verhältnis zum Nationalsozialismus >>>
2. Online-Artikel zu Überlebenden der NAZI-KZs und der NS-Verfolgung
Holocaustüberlebender Theodor Meron
»Wenn ich das schwarze Schaf sein muss, soll es so sein«
Theodor Meron überlebte den Holocaust, heute berät er den Internationalen Strafgerichtshof zu Israels mutmaßlichen Kriegsverbrechen. Ans Völkerrecht glaubt er noch immer – trotz zahlloser Verstöße dagegen.
Ein SPIEGEL-Gespräch von Muriel Kalisch • 19.04.2025, 21.10 Uhr • aus DER SPIEGEL 17/2025
https://www.spiegel.de/
Zug ins Leben - Die Befreiung der SS-Geiseln
Zug ins Leben - Die Befreiung der SS-Geiseln | Video der Sendung vom 07.04.2025 23:05 Uhr (7.4.2025) mit Untertitel
Eine Frau mit Kind und weitere Menschen laufen von einem Zug weg.
00:0244:49
Zug ins Leben - Die Befreiung der SS-Geiseln
07.04.2025 ∙ Zug ins Leben - Die Befreiung der SS-Geiseln ∙ MDR
Video verfügbar:
bis 31.03.2027 ∙ 00:00 Uhr
UT
Eine Gruppe Menschen hat sich auf einem Gleis für ein Gruppenfoto aufgestellt und freut sich.
In den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs, vor achtzig Jahren, ereignet sich in der Nähe des Dorfes Farsleben nördlich von Magdeburg ein Wunder. Am 12. April 1945 kommt hier ein Todeszug zum Stehen, darin eingepfercht 2.500 jüdische Häftlinge, vor allem Frauen und Kinder, die aus dem Konzentrationslager Bergen-Belsen kommen.Als sich die britischen und amerikanischen Truppen dem KZ Bergen-Belsen näherten, schickt die SS drei Züge mit Häftlingen los, mit dem Ziel Theresienstadt. Nur einer der drei Transporte triff dort ein. Die beiden anderen fahren tagelang umher. Einer wird nach zwei Wochen in Südbrandenburg durch die sowjetische Armee befreit, er wird später als der "verlorene Zug" tituliert. Der andere, der bei Farsleben zum Halten kommt, nennt man später den "gestrandeten Zug". Die Häftlinge darin kommen aus Ungarn, den Niederlanden, Polen und Griechenland und tragen ihre private Kleidung. Die SS hatte diese Menschen als Geiseln eingeplant, sie sollten ursprünglich gegen gefangene Deutsche ausgetauscht werden.Doch die heranrückenden alliierten Truppen versperren diesen Weg. Die SS-Leute lassen die entkräfteten Häftlinge antreten und machen sich einen Tag später aus dem Staub. Am Mittag des 13. April erreicht eine Einheit der 743. Amerikanischen Panzerdivision den Zug. "Als wir merkten, dass es Amerikaner waren, waren wir erleichtert. Viele weinten, auch meine Mutter", erinnert sich Peter Lantos, damals fünf Jahre alt. Ein amerikanischer Offizier hat die bewegenden Momente der Befreiung fotografiert. Lange Zeit galten diese Fotos als einzige Bildquelle. Sie dokumentieren eine Episode des Krieges, die im Bewusstsein der Öffentlichkeit in Vergessenheit geriet.Bis vor zwei Jahren Susanne Oehme vom Museum Wolmirstedt im amerikanischen Nationalarchiv in Washington einen vier Minuten langen Film entdeckt, vermutlich angefertigt von einem Filmteam der amerikanischen Armee. Eine Sensation. Auf den Bildern sind Menschen zu sehen, die ungläubig in die Kamera schauen und es kaum zu fassen scheinen, dass sie in letzter Sekunde dem Tod entronnen sind. Ausgezehrt und bis auf die Knochen abgemagert. Männer zerquetschen Läuse zwischen den Fingern. Manche hatten es nicht geschafft, auch Tote sind auf den Bildern zu sehen.Die Soldaten versorgen die Überlebenden mit Nahrung und bringen sie in den wenige Kilometer entfernten Ort Hillersleben, wo sie in einer ehemaligen Kaserne und den Wohnhäusern der Heeresversuchsanstalt untergebracht werden. Viele der entkräfteten Menschen sterben in den nächsten Tagen, ausgezehrt von den Strapazen oder an Typhus. Sie werden auf einem jüdischen Friedhof in Hillersleben begraben.Im September 1945 zerstreuen sich die jüdischen Überlebenden in alle Winde, wandern nach Palästina aus, in die USA oder die alte Heimat. Doch damit ist die Geschichte nicht zu Ende. In die Kaserne ziehen nach dem Abzug der Amerikaner im Juli 1945 sowjetische Soldaten ein. Aus dem jüdischen Friedhof wird ein Sportplatz. Das Kasernenareal ist nun eingezäu
Bild: United States Holocaust Memorial Museum
https://www.ardmediathek.de/
Das Wunder von Farsleben in Sachsen-Anhalt
April 1945: Die Befreiung von 2.500 jüdischen SS-Geiseln
31.03.2025, 05:00 Uhr
Drei Todeszüge verlassen im April 1945 das KZ Bergen-Belsen. Darin befinden sich jüdische Häftlinge, die von der SS als Geiseln eingeplant waren, um gegen gefangene Deutsche ausgetauscht zu werden. Einer dieser Züge mit 2.500 Menschen strandet in Farsleben. 2023 wird ein vierminütiger Film von der Befreiung dieser Geiseln im amerikanischen National-Archiv entdeckt. Fünf Monate leben die damals unerwünschten Menschen in Farsleben und Umgebung und verändern das Leben in der Region bis heute.
von Tom Fugmann
Inhalt des Artikels:
- SS plante Gefangenenaustausch
- Dem Tod in letzter Sekunde entronnen
- Jüdischer Friedhof wird zum Sportplatz
In den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs ereignet sich in der Nähe des Dorfes Farsleben, nördlich von Magdeburg ein Wunder. Am 12. April 1945 kommt hier ein Todeszug zum Stehen, darin eingepfercht sind 2.500 jüdische Häftlinge, vor allem Frauen und Kinder, die aus dem Konzentrationslager Bergen-Belsen kommen.
SS plante Gefangenenaustausch
Portrait einer Frau und eines Kindes
Ein Bild aus guten Tagen: Peter Lantos mit seiner Mutter.
Bildrechte: United States Holocaust Memorial Museum
Als sich die britischen und amerikanischen Truppen dem KZ Bergen-Belsen näherten, schickt die SS drei Züge mit Häftlingen los, mit dem Ziel Theresienstadt. Nur einer der drei Transporte triff dort ein. Die beiden anderen fahren tagelang umher. Einer wird nach zwei Wochen in Südbrandenburg durch die sowjetische Armee befreit, er wird später als der "verlorene Zug" tituliert. Den anderen, der bei Farsleben zum Halten kommt, nennt man später den "gestrandeten Zug". Die Häftlinge darin kommen aus Ungarn, den Niederlanden, Polen und Griechenland und tragen ihre private Kleidung. Die SS hatte diese Menschen als Geiseln eingeplant, sie sollten ursprünglich gegen gefangene Deutsche ausgetauscht werden. Doch die heranrückenden alliierten Truppen versperren diesen Weg. Die SS-Leute lassen die entkräfteten Häftlinge antreten und machen sich einen Tag später aus dem Staub. Am Mittag des 13. April erreicht eine Einheit der 743. Amerikanischen Panzerdivision den Zug.
Als wir merkten, dass es Amerikaner waren, waren wir erleichtert. Viele weinten, auch meine Mutter.
Peter Lantos
Ein altes Foto zeigt einen Jungen.
Peter Lantos als Kind
Bildrechte: Peter Lantos
"Als wir merkten, dass es Amerikaner waren, waren wir erleichtert. Viele weinten, auch meine Mutter", erinnert sich Peter Lantos, der damals fünf Jahre alt war. Ein amerikanischer Offizier hat die bewegenden Momente der Befreiung fotografiert. Lange Zeit galten diese Fotos als einzige Bildquelle. Sie dokumentieren eine Episode des Krieges, die im Bewusstsein der Öffentlichkeit in Vergessenheit geriet.
Peter Lantos
Geboren wird Peter Lantos 1939 als Peter Leipniker in der ungarischen Kleinstadt Mako. Im Dezember 1944 wird er mit seiner Familie ins KZ Bergen-Belsen deportiert. Im März 1945 stirbt der Vater an Entkräftung und Hunger. Einen Monat später muss Peter gemeinsam mit seiner Mutter den Todeszug ins Konzentrationslager Theresienstadt besteigen. Nach dem Krieg studiert Lantos Medizin, spezialisiert sich auf Erkrankungen des Nervensystems, lebt in London und wird ein anerkannter Wissenschaftler.
Dem Tod in letzter Sekunde entronnen
Bis vor zwei Jahren Susanne Oehme vom Museum Wolmirstedt im amerikanischen Nationalarchiv in Washington einen vier Minuten langen Film entdeckt, vermutlich angefertigt von einem Filmteam der amerikanischen Armee. Eine Sensation. Auf den Bildern sind Menschen zu sehen, die ungläubig in die Kamera schauen und es kaum zu fassen scheinen, dass sie in letzter Sekunde dem Tod entronnen sind. Ausgezehrt und bis auf die Knochen abgemagert. Männer zerquetschen Läuse zwischen den Fingern. Manche hatten es nicht geschafft, auch Tote sind auf den Bildern zu sehen. Die Soldaten versorgen die Überlebenden mit Nahrung und bringen sie in den wenige Kilometer entfernten Ort Hillersleben, wo sie in einer ehemaligen Kaserne und den Wohnhäusern der Heeresversuchsanstalt untergebracht werden.
Viele der entkräfteten Menschen sterben in den nächsten Tagen, ausgezehrt von den Strapazen oder an Typhus. Sie werden auf einem jüdischen Friedhof in Hillersleben begraben.
Rikola-Gunnar Lüttgenau
04:00
Audio | 27.01.2025
Digitales Erinnern an Holocaust und KZ-Opfer: Wie funktioniert das?
Jüdischer Friedhof wird zum Sportplatz
Im September 1945 zerstreuen sich die jüdischen Überlebenden in alle Winde, wandern nach Palästina aus, in die USA oder die alte Heimat. Doch damit ist die Geschichte nicht zu Ende. In die Kaserne ziehen nach dem Abzug der Amerikaner im Juli 1945 sowjetische Soldaten ein. Aus dem jüdischen Friedhof wird ein Sportplatz. Das Kasernenareal ist nun eingezäunt und für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich.
Teilweise sind bis zu 30.000 sowjetische Soldaten in Hillersleben stationiert, was dem Ort den Spitznamen "Klein Moskau" einbringt. Weil im Lauf der Zeit immer wieder Angehörige die Gräber ihrer 1945 gestorbenen Verwandten besuchen wollen, greift die DDR 1964 zu einem Trick. Auf dem Friedhof in Hillersleben wird ein Gedenkstein aufgestellt. Darauf die Inschrift: "Hier ruhen 32 unbekannte jüdische KZ-Häftlinge, die auf dem Todesmarsch von Bergen-Belsen von den Faschisten ermordet wurden und im April 1945 hier ihre letzte Ruhestätte fanden."
Ein Gedenkstein mit der Aufschrift "Befreiung 13. April 1945" steht nahe einer Zugstrecke.
Ein Gedenkstein erinnert an die Befreiung der SS-Geiseln am 13. April 1945.
Bildrechte: Schulz/Wendelmann
Erst nach dem Mauerfall holen der Historiker Klaus-Peter Keweloh aus Hillersleben und sein Sohn Daniel die historische Wahrheit ans Licht. Peter Lantos und Daniel Keweloh sind durch den gestrandeten Zug zusammengekommen. Der eine, weil sein Schicksal ihn an diesen Ort geführt hat, der andere, weil er dort lebt. Daniel Keweloh empfindet durch die Begegnung mit den Überlebenden die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass ihre Schicksale nicht vergessen werden.
Die Kewelohs halten den Kontakt zu Überlebenden wie Peter Lantos und führen die Kinder der ehemaligen Zuginsassen zu den authentischen Orten. Daniel Keweloh erforscht seit vielen Jahren die Ereignisse um den Todeszug. Inzwischen erinnert ein Gedenkstein daran. Doch jahrzehntelang wurde die Geschichte um den Zug totgeschwiegen. Daniel Keweloh ist in der Nähe aufgewachsen und hat die Ereignisse in das Bewusstsein der Menschen zurückgeholt.
Ein Plan war: Wir erschießen hier alle. Ein anderer Plan war: In Magdeburg ist die Brücke zerstört. Wir lassen den ganzen Zug da runterfallen. Dann hat sich das Problem, dadurch erledigt. Aber man hat dann schon immer näher gehört, dass die amerikanische Armee vorrückt.
Daniel Keweloh
Zwei Männer unterhalten sich, während sie gehen.
Auf dem Bild sind Peter Lantos und Daniel Keweloh in London zu sehen.
Bildrechte: Schulz/Wendelmann
Er und sein Vater kommen in der MDR-Dokumentation zu Wort, ebenso wie der junge Filmemacher Robert Hirschmann, der einen Kurzfilm über die damaligen Ereignisse produziert hat und die Studentin Johanna Mücke. Schon als Schülerin am Gymnasium in Wolmirstedt hat sie sich mit der Geschichte des Zuges beschäftigt, hat Briefe und Interviews von den Überlebenden übersetzt. Der Überlebende Peter Lantos ist ebenso in der Doku zu sehen wie Susanne Oehme vom Museum Wolmirstedt, die den Film über die Rettung der KZ-Häftlinge entdeckt hat.
Menschen in und vor einem Zug reichen sich Gegenstände.
Doku in der ARD Mediathek
Zug ins Leben - Die Befreiung der SS-Geiseln
Dieses Thema im Programm:
Das Erste | Zug ins Leben - Die Befreiung der SS-Geiseln | 07. April 2025 | 23:05 Uhr
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Auf dem Bild "Returning from Work" von Mieczysław Kościelniak sind Häftlinge zu sehen, die von der Zwangsarbeit zurückkehren. Das Kunstwerk wurde von einem Häftling des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau geschaffen und in der Ausstellung "Face to Face. Art in Auschwitz" im Nationalmuseum Krakau präsentiert.
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Zug ins Leben - Die Befreiung der SS-Geiseln
Im April 1945 werden Häftlinge aus einem Todeszug ins KZ Theresienstadt bei Farsleben von amerikanischen Soldaten befreit. Der Film erzählt die Geschichte dieser Befreiung anhand von Dokumenten und Zeitzeugenberichten.
https://www.mdr.de/
Hans Rosenthal – Zwei Leben in Deutschland
Terra X History - die Einzeldokus
- Als "Dalli Dalli"-Quizmaster war Hans Rosenthal der wohl bekannteste TV-Unterhalter. Was jedoch kaum jemand wusste: Als jüdischer Jugendlicher musste er im Versteck um sein Leben bangen.
Abspielen >>>
- Begleitend zum Fernsehfilm anlässlich des 100. Geburtstags (02.04.1925) erzählt die Dokumentation, wie er 1942 seinen Bruder verliert und selbst nur im Versteck der Judenverfolgung entgeht. Und dennoch später seine Heimat nicht verlässt.
Die Jagd auf Juden überlebt Hans Rosenthal nur dank der Hilfe beherzter Berlinerinnen, versteckt in einer Laubenkolonie. Nach dem Krieg wird er im Radio, dann im Fernsehen zum Publikumsliebling. Der Film beleuchtet seinen Werdegang in einem Land, das an frühere Verbrechen nicht erinnert werden will, während zugleich SS-Veteranen offen in Erinnerungen schwelgen.
Ausgerechnet am Gedenktag der Pogrome von 1938 muss Rosenthal, der seine jüdische Identität weithin verborgen hält, am 9. November 1978 seine Show "Dalli Dalli" moderieren. Den Zwiespalt, den dies für ihn bedeutet, beleuchten Rosenthals Kinder Birgit Hofmann und Gert Rosenthal, Reinhard Stein, der Assistent des Showmasters, Rosenthals Nachbar, der Fernsehmoderator Hugo Egon Balder, die Historikerin Prof. Dr. Sybille Steinbacher - und der heute hundertjährige Schulkamerad Walter Frankenstein. Er ist der einzige Zeitzeuge, der beide Brüder noch aus der gemeinsamen Zeit im jüdischen Waisenhaus kennt.
https://www.zdf.de/
Thüringen
80 Jahre KZ-Befreiung – kaum Zeitzeugen, aber Rechtsruck
27.03.2025, 13:14 Uhr
80 Jahre nach der Befreiung des KZ Buchenwald werden noch wenige Überlebende zu Veranstaltungen erwartet. Nicht nur das Schwinden der Zeitzeugenschaft beschäftigt die Gedenkstätten vor dem Jahrestag.
Weimar (dpa/th) - Kaum noch lebende Zeitzeugen, dafür aber eine Zunahme an rechtsextremistischen Strömungen und Desinformation: Der 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Buchenwald findet dem Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora zufolge unter schwierigen Vorzeichen statt.
Zur zentralen Gedenkfeier am 6. April in Weimar erwarte Stiftung knapp ein Dutzend Überlebende, sagte Jens Christian Wagner in Weimar. Die Frauen und Männer seien alle im hochbetagten Alter, teilweise über 100 Jahre alt. Sie kommen aus Israel, der Schweiz, Polen, Belarus, Frankreich, Rumänien und Deutschland. Daneben werden viele Angehörige von Überlebenden der zweiten, dritten und vierten Generation erwartet.
Rechtsruck, Kriege, Geschichtsrevisionismus
Dazu komme, dass die Gedenkarbeit der Stiftung zunehmend von rechts unter Druck gerate. Die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestufte Thüringer AfD greife die Arbeit der Stiftung immer wieder an, sagte Wagner. Dazu komme die Zunahme von Desinformation im Internet, die Verbreitung von Holocaust verharmlosenden Positionen etwa. Wagner sprach von einem "geschichtskulturellem Klimawandel".
Auch die Kriege etwa in der Ukraine und im Nahe Osten seien eine Belastung für den Jahrestag. "Weil diese Überlebende des NS-Terrors direkt betreffen", sagte Wagner.
Zu den Gedenkveranstaltungen werden unter anderem der frühere Bundespräsident Christian Wulff, Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) und der Präsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora und Kommandos (IKBD), Naftali Fürst, erwartet.
Umfangreiches Programm
Das Programm rund um den 80. Jahrestag der Befreiung umfasst Theaterprojekte, Gespräche, Ausstellungen und mehr an den verschiedenen Standorten der Stiftung und mit Kooperationspartnern. Ein thematischer Schwerpunkt bildet dabei die Frage, was nach der Befreiung mit den Überlebenden geschah.
In das 1937 errichteten Lager Buchenwald bei Weimar und seine rund 140 Außenlager hatten die Nationalsozialisten bis 1945 etwa 280.000 Menschen aus ganz Europa verschleppt. 56.000 wurden ermordet, starben an Hunger, Krankheiten oder durch Zwangsarbeit. Die Befreiung Buchenwalds erlebten 21.000 Häftlinge.
Quelle: dpa
https://www.n-tv.de/
16 Überlebende – 16 Lebensgeschichten
Über 140.000 Frauen, Jugendliche, Kinder und Männer waren im Frauen-KZ Ravensbrück und im Jugend-KZ Uckermark inhaftiert. Zehntausende haben die Freiheit nicht mehr erlebt. Von 16 Überlebenden finden Sie hier die Biografien, die sehr unterschiedliche Schicksale schildern, die jedoch alle von Rechtlosigkeit und Grausamkeit handeln. Die Frauen kamen aus Deutschland, Österreich, Polen, der Ukraine, Ungarn, der Tschechoslowakei, Bulgarien und Belgien nach Ravensbrück. Sie waren jung, studierten, waren verliebt oder gerade Mutter geworden, als sich ihr Leben so unumkehrbar veränderte. Am helllichten Tag oder auch mitten in der Nacht wurden sie verhaftet, von ihren Familien getrennt und deportiert. Teils haben die Überlebenden ihre Biografien selbst geschrieben, teils sind die Lebensgeschichten aus Interviews hervorgegangen.
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Barbara Reimann
Frauen-KZ Ravensbrück
"Die Frauen mussten nackt an dem SS-Mann vorbeigehen."
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In Barbaras Familie sind alle politisch aktiv. Im Herbst 1933 wird der Vater verhaftet – drei Tage später ist er tot. Trotzdem engagiert sich auch Barbara. Sie schreibt Anti-Kriegsbriefe an…
Edith Sparmann
Frauen-KZ Ravensbrück
"Dann wurdest du kahl geschoren."
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Edith wächst in Liberec auf. Mit 14 Jahren wird sie Mitglied der Kommunistischen Jugend. 1941 schließt Edith ihre Friseurlehre ab, doch noch im selben Jahr werden sie und ihre Mutter von der Gestapo…
Schura Terletska
Frauen-KZ Ravensbrück
"Es gab Berge von Haaren. Man hat uns alle geschoren."
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Schura wird 1927 in Odessa geboren. Bei Kriegsbeginn bringen die Eltern Schura und ihren Bruder aufs Land. Doch Schura wird 1942 auf offener Straße verhaftet. Die 15-Jährige wird als…
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Leon Weintraub: Ein Mahner für die Lehren aus Auschwitz
Stand: 07.03.2025 05:00 Uhr
Leon Weintraub nimmt 1946 sein Medizinstudium in Göttingen auf. Zuvor hatte er mehrere Konzentrationslager überlebt. Seitdem setzt sich der Auschwitz-Überlebende für die Menschlichkeit ein.
von Michael Brandt
Es ist ein Beethoven-Violinkonzert, das Leon Weintraub auch mehr als sieben Jahrzehnte später mit seiner Studienzeit in Göttingen verbindet. Oft habe er es auf seinem ersten Plattenspieler gehört. Für den Überlebenden ist es die Erinnerung an sein Weiterleben nach dem Grauen der Schoah. Sein Studienbeginn nach dem Holocaust bedeutete für ihn: "Lebensfreude, dass ich überlebt habe und ohne, dass ich das in Worte gekleidet habe, eine Genugtuung: mich haben Sie nicht umgebracht. Ich habe sie besiegt. Ich lebe", sagt Weintraub Jahrzehnte später dem NDR bei einem Besuch seiner ehemaligen Universität in Göttingen.
Schmerzvoller Verlust: Ein Familienleben voller Herzlichkeit
Leon Weintraub bei einem Vortrag vor Schülerinnen und Schülern der Georg-Christoph-Lichtenberg-Gesamtschule in Göttingen im November 2022. © NDR
Mit seiner Kindheit verbindet Leon Weintraub vor allem die Wärme seiner Familie. "Es war für den kleinen Jungen wunderbar, vier Schwestern und eine Mutter zu haben, die sich einem angenommen haben, aber fünf Mütter zu haben, die einen kontrollierten, war nicht immer so lustig“, blickt der 99-Jährige in einem Interview mit der ARD schmunzelnd zurück. Er wird am 1. Januar 1926 in Łódź geboren. Wenn Leon Weintraub öffentlich auftritt, um von seinen Erfahrungen zu berichten, trägt der Mediziner oft Hemd und Fliege. Blickt er auf sein Leben nach dem Holocaust zurück, wirkt er zufrieden. Wer ihn bei seinen Begegnungen begleitet, erlebt seinen dezenten und eleganten Humor, mit dem Leon Weintraub durch seinen Alltag geht. Wenn der Holocaust-Überlebende aber über die Ermordung seiner Familienangehörigen spricht, ist ihm anzusehen, welche Überwindung ihn das kosten mag.
Eine Kindheit in einem Armenviertel in Łódź
Die Kindheit von Leon Weintraub ist von Armut geprägt. Gemeinsam mit anderen Kindern habe er in einem Armenviertel von Łódź im stinkenden Schlamm auf der Straße nach ein paar Groschen gesucht, die Passanten verloren haben. Das ist eine seiner Kindheitserinnerungen, erzählt Leon Weintraub. Als er anderthalb Jahre alt ist, stirbt sein Vater. "Meine Mutter hat ihr Privatleben für uns aufgegeben", sagt Weintraub. Sie muss damals seine vier älteren Schwestern und ihn versorgen und betreibt dazu eine kleine Wäscherei. Das Leben der Familie habe sich vor allem in zwei Räumen abgespielt - einem zum Arbeiten und einem zum Wohnen. Zeit für ein ausgeprägtes religiöses Leben sei nicht gewesen.
AUDIO: Holocaust-Überlebender Leon Weintraub besucht Studienstadt Göttingen (NDR Info vom 12.11.2022) (5 Min)
Kriegsbeginn anstatt seines ersten Schultags am Gymnasium
Am 1. September 1939 soll der damals 13-jährige Leon Weintraub eigentlich seinen ersten Schultag am Gymnasium haben. Er berichtet in einem Interview mit der Jewish Claims Conference, dass er wegen seiner guten schulischen Leistungen ein Stipendium erhalten habe. "Bücher zu lesen und Filme zu schauen, waren für mich ein Schlüsselloch, wo ich eine andere Welt gesehen habe“, sagt Weintraub. Allerdings wird er seine schulische Bildungskarriere nicht fortsetzen können. Die deutsche Wehrmacht marschiert in Łódź ein. Das Schmettern der Soldatenstiefel auf dem Kopfsteinpflaster der Hauptstraße ist Weintraub immer noch in Erinnerung. Der Zweite Weltkrieg hat begonnen - und für Leon Weintraub ein jahrelanges Grauen.
Zwangsarbeit und Hunger im Ghetto Litzmannstadt
Eine Gruppe junger Menschen und Kinder sitzt auf einem Gruppenfoto in schwarz-weiß. © Wallstein Verlag Göttingen/Weintraub privat
Leon Weintraub (hervorgehoben) mit der Belegschaft der Elektrowerkstatt des Ghetto Lodz. Weintraub musste dort Zwangsarbeit verrichten.
Im Februar 1940 errichten die Nationalsozialisten das Ghetto Litzmannstadt in der besetzten polnischen Stadt Łódź. Dort werden etwa 160.000 Jüdinnen und Juden eingepfercht. "Wir hatten keine Hoffnung. Wir waren abgestumpft", denkt Leon Weintraub zurück. Mehr als 43.000 Menschen sterben an Hunger oder Krankheiten im Ghetto. Die Zwangsarbeit in der Metallverarbeitung im Ghetto und vor allem das Hungergefühl während seiner gesamten Verfolgung hat sich tief in das Gedächtnis des Holocaust-Überlebenden eingebrannt: "Fünf Jahre, sieben Monate und drei Wochen habe ich mich - mit einer einzigen, ich wiederhole, einzigen Ausnahme - nie satt gegessen. Ich konnte nicht einschlafen von dem schmerzhaften Druck des Hungers und bin damit aufgewacht. Ich konnte kaum an etwas anderes denken als daran, wie ich etwas zu essen bekomme, um den Magen zu füllen." Im Sommer 1944 wird das Ghetto aufgelöst. Leon Weintraub wird in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert.
KZ Auschwitz-Birkenau: Letzte Begegnung mit seiner Mutter
Wie viele Bewohner des Ghettos habe auch er nicht geahnt, was ihm nach der Deportation droht. Während der Fahrt in einem Viehwaggon herrscht eine große Stille der vielen Menschen. Daran erinnert sich Weintraub und an den Gestank des Eimers für deren Notdurft. Die Abläufe bei der Ankunft im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau beschreibt der Holocaust-Überlebende in mehreren Interviews genau. Er berichtet, wie er die weißen Isolatoren am stromführenden Lagerzaun erkennt und nach und nach realisiert, dass Auschwitz nicht einfach nur weiteres Ghetto sei. Bei der sogenannten "Selektion" an der berüchtigten "Rampe" trifft der damals 18-jährige Weintraub noch einmal auf seine Mutter. "Das war das letzte Mal, dass ich meine liebe Mutter [gesehen habe, Ergänzung der Redaktion], die ihr Leben buchstäblich uns gewidmet hat, ohne eigenes Privatleben. Da wurde sie an diesem Tage direkt in der Gaskammer ums Leben gebracht.“
Ausgemergelte Männer liegen dicht an dicht in Holzkojen - Aufnahme von 1944 aus einer Gefangenen-Baracke in Auschwitz. © picture-alliance / Mary Evans Picture Library/WEIMA
Konzentrationslager: Alltag im KZ wie in der Hölle
Das Leben im KZ war ein Martyrium für die Gefangenen. Der Willkür der SS vollkommen ausgeliefert endete es oft mit dem Tod.
Knapp dem Tod entkommen: Flucht aus Auschwitz
Es habe sich ein Geruch verbrannten Fleisches über das Lager gelegt. Der damalige Jugendliche wird in einen Block des Konzentrationslagers gebracht, deren Häftlinge vergast werden sollen. Dann habe er eine Gruppe nackter Häftlinge gesehen. Er habe sie gefragt, warum sie dort stünden. Die Gruppe soll zu einem Arbeitseinsatz ins Lager Groß-Rosen abkommandiert werden, lautet die Antwort, die Weintraub damals erhält. Dazu sollen ihnen Häftlingsnummern tätowiert werden und sie sollen Kleidung erhalten. Kurzerhand und ohne weiter zu überlegen, habe er sich der Gruppe angeschlossen. Das letzte Bild, das er von Auschwitz in Erinnerung habe, sei der Leichnam einer Frau, der am stromführenden Zaun hängt. Sie habe Selbstmord begangen.
Zwangsarbeit und Folter in weiteren Konzentrationslagern
Auf diese Weise entkommt Leon Weintraub der Vergasung in Auschwitz-Birkenau. Aber der junge Mann muss in den Konzentrationslagern Groß-Rosen, Flossenbürg und Natzweiler-Struthof weitere Martyrien erleiden. Die beschreibt der Shoah-Überlebende in mehreren Zeitzeugeninterviews präzise wie aus einem fotografischen Gedächtnis. Dazu zählten Zwangsarbeit und Folter wie das Verprügeln mit einem mit Sand gefüllten Gummiknüppel. Auch muss er mit ansehen, wie andere Häftlinge von SS-Wachleuten erhängt wurden. "So etwas vergisst man nicht", sagt Weintraub. Bei seiner Befreiung im April 1945 wiegt der inzwischen 19-Jährige nur noch 35 Kilogramm und ist an Typhus erkrankt.
Wiedersehen mit überlebenden Schwestern
Eine Gruppe junger Menschen stellt sich zu einem Familienfoto auf in schwarz-weiß. © Wallstein Verlag Göttingen/Weintraub privat
Leon Weintraub (M.) und andere überlebende Familienmitglieder im September 1945 in Bergen-Belsen.
Durch eine zufällige Begegnung mit anderen Überlebenden erfährt Leon Weintraub, dass seine Schwestern noch am Leben sind. "Ich hatte das Gefühl frei zu sein, erst als ich meine Schwestern durch Zufall in Bergen-Belsen wiedergefunden habe. Da fühlte ich mich als freier Mensch“, resümiert Weintraub. Insgesamt überleben 16 von 80 Mitgliedern der Familie den Holocaust. "Nur weil sich diese Partei das Recht genommen hat zu bestimmen, wer Mensch ist und wer nicht richtig Mensch ist", sagt Weintraub rückblickend über die NSDAP. Das Land der Dichter und Denker, habe Menschen zu Einweggegenständen gemacht, die beseitigt wurden, sobald sie für die Kriegsmaschinerie nicht mehr nützlich gewesen seien.
Medizinstudium: Die Fortsetzung einer unterbrochenen Bildungskarriere
Der Holocaust-Überlebende Leon Weintraub hält bei einem Pressegespräch an der Georg-August-Universität Göttingen seine Immatrikulationsbescheinigung und seinen Studentenausweis in der Hand. (11.11.2022) © picture alliance/dpa Foto: Swen Pförtner
Dr. Leon Weintraub hält seine Immatrikulationsbescheinigung und seinen Studentenausweis aus dem Jahr 1946 in der Hand.
Leon Weintraub fasst den Entschluss, als Arzt arbeiten zu wollen. Er bekommt 1946 von der britischen Militärregierung einen Studienplatz für Displaced Persons an der Universität Göttingen zugewiesen. Die deutsche Sprache hatte er sich nach seiner Befreiung zunächst selbst durch die Lektüre zahlreicher Bücher und mithilfe seiner Kenntnisse des Jiddischen beigebracht. Im ersten Semester legte er seine Abiturprüfungen und zugleich die ersten Prüfungen im Medizinstudium erfolgreich ab.
Weiterleben nach dem Grauen
Während seines Studiums lernt der junge Medizinstudent Weintraub die Slavistin und Übersetzerin Katja Hof kennen. Sie gründen gemeinsam eine Familie. 1950 kehren sie in Weintraubs Geburtsland Polen zurück. Dort promoviert er und arbeitet als Gynäkologe und Geburtshelfer. Nachdem er 1969 aufgrund des zunehmenden Antisemitismus in Polen seine Stelle verloren hatte, fasst der Arzt den Schluss, nach Schweden auszuwandern. 1970 stirbt seine Ehefrau Katja. Seit 1992 setzt sich Leon Weintraub gemeinsam mit seiner zweiten Ehefrau Evamaria Loose-Weintraub gegen das Vergessen ein. Es sei für ihn eine Verpflichtung gegenüber seinen ermordeten Familienmitgliedern. Die Erinnerung an Millionen unschuldiger Opfer verblassen zu lassen, wäre gleichbedeutend damit, ihnen ein zweites Mal das Leben zu rauben, mahnt Weintraub.
Vor einer Gedenkstunde sitzen Landtagspräsidentin Hanna Naber (von links), der Holocaust-Überlebende Leon Weintraub, dessen Frau Evamaria und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil im Landtagsplenum. © NDR
Holocaust-Überlebender warnt im Landtag vor rechtem Hass
Bei einer Gedenkstunde mahnte Leon Weintraub an, die Worte von Extremisten ernst zu nehmen. Er überlebte vier KZ.
Unermüdliches Engagement gegen das Vergessen
Für sein Engagement wird er mit dem Bundesverdienstkreuz und der Paracelsus-Medaille der Bundesärztekammer geehrt. 2022 erscheint im Göttinger Wallstein Verlag seine Biografie mit dem Titel "Die Versöhnung mit dem Bösen. Die Geschichte eines Weiterlebens." Hass und Rache habe Weintraub aus seinem Wortschatz gestrichen. Er könne den Tätern, den Mördern seiner Mutter, nicht vergeben, aber für die Zukunft suche er Versöhnung. Der Gedanke an ein unaufhörliches gegenseitiges Anklagen und Beschuldigen sei für ihn unerträglich.
"Liberté, Egalité, Fraternité - also Freiheit, Gleichheit, Brüderschaft sind keine leeren Worte. Ich versuche, nach diesen Werten zu leben."
Dr. Leon Weintraub
Ein Mediziner, der erinnert und zugleich mahnt
Der Holocaust-Überlebende Leon Weintraub nimmt am 27.01.2025 an der Gedenkfeier zum 80. Jahrestag der Befreiung des ehemaligen deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau teil. © picture alliance / NurPhoto Foto: Beata Zawrzel
Am 27. Januar 2025 erinnert der Holocaust-Überlebende bei der Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz-Birkenau an das Schicksal seiner Familie.
Die nationalsozialistische Rassenideologie entbehre jeglicher wissenschaftlicher Grundlage. Das Gewebe sieht bei allen gleich aus - egal, welche Hautfarbe jemand hat, konstatiert der Arzt Weintraub. Unermüdlich reist der 99-Jährige durch ganz Europa, um zu erinnern und vor allem mit jungen Menschen ins Gespräch zu kommen. "Ich versuche, dass [meine Werte, Ergänzung der Redaktion] durch meine Gespräche mit den jungen Menschen eine Art Vakzin werden, dass sie in sich einen Widerstand aufbauen und nicht den Verlockungen der Rechtsradikalen folgen." Die junge Generation müsse ihrer Verantwortung gerecht werden, dass so etwas nie wieder geschieht.
Im November 2024 ruft Weintraub in seiner Rede anlässlich des Jahrestags der Novemberpogrome im Niedersächsischen Landtag dazu auf: "Bitte nehmt die Worte der Rechtsradikalen ernst. Bitte tut alles, um ihnen das Handwerk zu legen." Auch in seinem 100. Lebensjahr bleibt Leon Weintraub Erinnerer und zugleich Mahner. Im Vorfeld der Bundestagswahl 2025 fordert er in einem offenen Brief mehr Humanität in der Migrationspolitik ein. Bei der Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz-Birkenau warnt er auf Polnisch vor Homophobie, Antisemitismus und Rassismus: "Wir - die Überlebenden - wissen, dass aktive Verfolgung die Konsequenz davon ist, als 'anders' angesehen zu werden."
Der Holocaust-Überlebende Ivar Buterfas-Frankenthal im September 2021 in seinem Haus. © picture alliance / dpa Foto: Philipp Schulze
Ivar Buterfas-Frankenthal: "Dachte, wir hätten es überwunden"
Ivar Buterfas-Frankenthal erzählt an Schulen vom Leben unter der NS-Diktatur. Besorgt zeigt er sich über die aktuelle Lage - sie sei unruhiger als damals.
Holocaust-Übelebende Anita Lasker-Wallfisch (hier während einer Gedenkstunde des Bundestags an die Opfer des Nationalsozialismus am 31.01.2018) Foto: Wolfgang Kumm
Anita Lasker-Wallfisch: Die Cellistin von Auschwitz
Ihr Cello rettet ihr im Konzentrationslager das Leben. Für ihren Einsatz gegen Hass und Antisemitismus wird sie mehrfach ausgezeichnet.
Holocaust-Überlebende Irene Butter © pivat
Holocaust-Überlebende Irene Butter: Glück, Wunder - und ein Sieg
Irene Butter entkam dem KZ Bergen-Belsen. Nach 30 Jahren fing sie an, von der NS-Zeit zu erzählen. 2024 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz.
Porträt des Holocaust-Überlebenden Salomon "Sally" Perel aus dem Jahr 2019. © picture alliance/dpa | Marijan Murat Foto: Marijan Murat
Vor 100 Jahren geboren: Sally Perel, der die Nazis austrickste
Unter falscher Identität überlebte der Sohn eines Rabbiners aus Peine den Holocaust. Am 21. April 2025 wäre er 100 Jahre alt geworden.
Auschwitz-Überlebende Erna de Vries 2015. © picture alliance / Geisler-Fotopress Foto: Uli Glockmann
Holocaust-Überlebende Erna de Vries: Zeugin Auschwitz-Gräuel
Mit 19 Jahren kam Erna de Vries nach Auschwitz. Später berichtete die Holocaust-Überlebende regelmäßig über ihre Erlebnisse.
Esther Bejarano © dpa Foto: Unger
Esther Bejarano: Das Erbe der Hamburger Holocaust-Überlebenden
In der Nazi-Zeit hatte sie das KZ Auschwitz überlebt, weil sie im Orchester mitspielte. Am 15. Dezember 1924 wurde Esther Bejarano geboren.
SA-Männer kleben ein Plakat mit der Aufschrift 'Deutsche! Wehrt Euch! Kauft nicht bei Juden' an die Schaufensterscheibe eines jüdischen Geschäfts. © picture-alliance / akg-images
Die NS-Zeit: Krieg und Terror
1933 wird der Nationalsozialist Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt. Fortan setzt das NS-Regime seinen absoluten Führungsanspruch durch - mithilfe von Terror und Propaganda.
In geöffneten Händen liegt ein Judenstern aus Stoff. © Colourbox Foto: nito
Zwischen Grauen und Rettung: Holocaust-Überlebende im Porträt
Sie haben einst das Grauen des NS-Regimes überlebt. Mit ihren Erzählungen hinterlassen sie ihr schweres Erbe der Nachwelt für die Zukunft.
Gedenkstein an die Opfer des Holocaust auf dem Jüdischen Friedhof in Rostock. © picture-alliance/ dpa/dpaweb Foto: Bernd Wüstneck
Holocaust: Der Völkermord der Nazis an den Juden
Mehr als sechs Millionen Juden wurden während der NS-Zeit ermordet. Daran erinnert jedes Jahr am 27. Januar ein Gedenktag.
Dieses Thema im Programm:
Hallo Niedersachsen | 19.11.2022 | 19:30 Uhr
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Trauer um Holocaust-Überlebende Renee Bornstein: „Ich bin ein Kind der Shoa, meine Familie ist mein Sieg“
Stand:07.03.2025, 14:00 Uhr
Von: Susanne Sasse
Die Holocaust-Überlebende Renee Bornstein lebte viele Jahre in München. © Renee Bornstein
Renee Bornstein hat, ebenso wie ihr Mann Ernst I. Bornstein, die Judenverfolgung der Nationalsozialisten überlebt. Von 1964 an lebte sie einige Jahre in München, wo ihr Mann als Zahnarzt arbeitete. Nun verstarb sie in Jerusalem.
Den Horror, den sie als kleines Mädchen auf der Flucht vor den Nazis erlebte, konnte Renee Bornstein, ihr Mädchenname war Koenig, nie verwinden – aber das ganze Leid, dass sie gesehen und am eigenen Leib erfahren hatte, hinderte sie nicht daran, ein glückliches und erfülltes Leben zu führen. Nun ist Renee Bornstein in Jerusalem gestorben: Im Kreise ihrer drei Kinder und elf Enkelkindern. Ihre Kindheit enthielt sehr viele frauenhafte Schreckensmomente, es gab aber immer zum Glück auch Menschen, die sich schützend vor Renee Bornstein und andere jüdische Kinder stellten und ihr Leben gaben, um das der Kinder zu retten. Als sie 1945 in Limoges in Frankreich das Ende der Schreckensherrschaft der Nazis und damit auch das Ende der Ermordung von Juden erlebte, war sie glücklich, überlebt zu haben. Über ihre verlorene Kindheit sagte sie: „Ich habe nie gelernt, wie es es, wirklich sorgenfrei zu sein.“
Renee und Ernst Israel Bornstein bei ihrer Hochzeit 1964. © Renee Bornstein
Nach der Hochzeit im Jahr 1964 zog sie widerwillig mit ihrem Mann Ernst I. Bornstein nach München – er war ein Holocaust-Überlebender, der Zahnarzt wurde und dann, als er realisierte, wie viele seiner Patienten rein gar nichts über den Holocaust wussten, im Buch „Die lange Nacht“ seine Erinnerungen in den Todeslagern aufgeschrieben hatte. Den Umzug nach München hat sie nie bereut. Denn das große Unbehagen verlor sich immer mehr und sie verliebte sich in die Stadt an der Isar, wo sie bis zu ihrem Tod mit 90 Jahren noch viele Freunde hatte.
Nachdem ihr Mann im Alter von 55 Jahren starb, zog sie mit ihren drei kleinen Kindern Noemie (12), Muriel (11) und Alain (7) nach Manchester und arbeitete dort als Hausverwalterin. Später erzählte sie ihre Geschichte als Holocaust-Überlebende in Schulen und Synagogen, besuchte sogar den Ort in Frankreich, wo sie ein mutiger Bürgermeister vor der Deportation in ein Todeslager gerettet hatte. „Durch meine Kinder und Enkel habe ich die Freude am Leben wiedergewonnen. Ich bin ein Kind der Shoa, meine Familie ist mein Sieg“, mit diesen Worten zitiert sie ihre Tochter Noemie.
Mit Schrecken erlebte die Seniorin, dass nach dem Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 jüdisches Leben wieder bedroht wurde – auch in Europa. Am 28. November 2024 starb Renee Bornstein, die zuletzt in Israel gelebt hatte, an Darmkrebs. Bis zuletzt war es ihr Wunsch gewesen, noch einmal nach München zu fahren. Dieser Wunsch konnte ihr leider nicht mehr erfüllt werden.
https://www.tz.de/
Im Alter von 113 Jahren
Älteste Holocaustüberlebende Rose Girone gestorben
»Eine starke Frau, unverwüstlich«: Rose Girone konnte sich und ihren Mann vor dem NS-Terror retten, später zog sie in die USA, wo sie nun auch gestorben ist. Angehörige und Opferverbände wollen ihr Andenken bewahren.
28.02.2025, 11.34 Uhr
Sie galt als die älteste noch lebende Überlebende des Holocaust: Rose Girone ist im Alter von 113 Jahren in New York gestorben. Das teilten ihre Familie und die Claims Conference mit, eine Organisation, die Entschädigungsansprüche jüdischer Opfer des Nationalsozialismus und Holocaustüberlebender vertritt.
- »Rose war ein Beispiel für Tapferkeit, aber jetzt sind wir verpflichtet, ihr Andenken zu bewahren«, sagte Greg Schneider, Vizepräsident der Claims Conference. »Die Lehren aus dem Holocaust dürfen nicht mit denen sterben, die das Leid ertragen haben.«
Girone wurde 1912 in Galizien geboren, das damals zu Österreich-Ungarn gehörte. Ihre Familie zog nach Hamburg, als sie sechs Jahre alt war. 1938 lebte sie mit ihrem Ehemann in Breslau, dem heutigen Wrocław. Sie war hochschwanger, als ihr Mann in der Pogromnacht verhaftet und ins Konzentrationslager Buchenwald gebracht wurde. Sie selbst konnte sich retten und später mit Lösegeld die Freilassung ihres Mannes erwirken, berichten zahlreiche Medien, darunter die »Jüdische Allgemeine« .
Gemeinsam floh die Familie nach Shanghai. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zog die Familie in die USA. Girone ließ sich scheiden und heiratete 1969 ihren zweiten Ehemann, Jack Girone, der 1990 starb.
»Sie war eine starke Frau, unverwüstlich. Sie machte das Beste aus schrecklichen Situationen. Sie war sehr besonnen, sehr vernünftig«, sagte Rose Girones Tochter Reha Bennicasa der Claims Conference zufolge über ihre Mutter.
Nach Angaben der Claims Conference leben noch etwa 245.000 Holocaustüberlebende weltweit, davon etwa 14.000 in New York. »Angesichts des Rückgangs der Zahl der Überlebenden und der Zunahme des Antisemitismus müssen wir die Welt ermutigen, unsere gemeinsame Geschichte kennenzulernen, damit sich der Holocaust nie wiederholen kann«, sagte Bennicasa dazu.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version hieß es, Rose Girone sei in Polen geboren worden. Ihr Geburtsort gehörte aber 1912 zu Österreich-Ungarn. Wir haben den Fehler korrigiert.
bbr/Reuters/AP
https://www.spiegel.de/
Er überlebte Auschwitz:
Holocaust-Überlebender Marian Turski ist tot
18.02.2025 | 20:19
Marian Turski überlebte das Grauen von Auschwitz. Als Präsident des Internationalen Auschwitz Komitees kämpfte er gegen Antisemitismus. Nun ist er im Alter von 98 Jahren gestorben.
Marian Turski
Auch Marian Turski erlebte die Gräueltaten in Auschwitz.
Quelle: epa
Der Holocaust-Überlebende und Präsident des Internationalen Auschwitz Komitees (IAK), Marian Turski, ist im Alter von 98 Jahren gestorben. Das erfuhr das ZDF-Studio in Warschau. In einer Pressemitteilung des IAK heißt es:
Auschwitz-Überlebende in vielen Ländern verabschieden sich mit großem Schmerz und unendlicher Dankbarkeit von ihrem Freund, Bruder und Leidensgefährten Marian Turski.
„
Pressemitteilung des Internationalen Auschwitz Komitees
Kulturstaatsministerin Roth: Turski mit "unfassbarer Güte"
In politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen vertrauten Auschwitz-Überlebende Turski "als ihre Stimme und ihr Gesicht", schrieb das Internationale Auschwitz Komitee anlässlich seines 98. Geburtstags im Juni 2024. Seit 2021 war Turski Präsident der Organisation.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) bezeichnete Turski als Menschen "von unfassbarer Güte, Mut und Kämpfergeist". Er werde "nicht nur als unermüdlicher Mahner gegen das Vergessen, gegen den Hass und die Unmenschlichkeit fehlen, nicht nur als beharrsamer Vertreter von Holocaust-Überlebenden weltweit, sondern auch als Mensch Marian Turski".
Am 27. Januar 2025 jährt sich die Befreiung des NS-Konzentrationslagers Auschwitz zum 80. Mal.
23.01.2025 | 93:46 min
Mit 18 Jahren nach Auschwitz deportiert
Marian Turski wurde 1926 geboren. 1944 deportierten ihn die Nazis aus dem Ghetto in Lodz nach Auschwitz. In einer Gaskammer in Auschwitz starben sein Vater und sein sechs Jahre jüngerer Bruder.
Bis zu seinem Tod arbeitete Turski als Historiker und Journalist der Wochenzeitung "Politiyka" in Warschau. Noch vor wenigen Wochen mahnte Turski beim Gedenken zum 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz dafür, mutig gegen Antisemitismus und Verschwörungsmythen aufzustehen.
Auschwitz-Komitee: Turskis Botschaft bleibt
"Ohne Marian Turski sind wir sehr allein", schreibt das IAK in seiner Mitteilung. Umso mehr bleibe eine seiner letzten Botschaften in Erinnerung, die er anlässlich des 80. Jahrestages der Befreiung von Auschwitz am 23. Januar in Berlin formulierte, heißt es weiter vom IAK:
Unsere Tage, die der Überlebenden, sind gezählt: Aber wir werden nicht verstummen, wenn Sie, Sie Alle nicht schweigen.
„
Marian Turski am 23. Januar 2025
https://www.zdf.de/
Nazi-Opfer trifft Sohn des Lagerkommandanten Rudolf Höß
„Wenn er den Kuchen mitbringt ...“ – Kaffeestunde im Schatten von Auschwitz
Treffen bei Kaffee und Kuchen: Die Auschwitz-Überlebende Anita Lasker-Wallfisch (l.) und ihre Tochter Maya sitzen in London mit Kai Uwe Höss und Hans-Jürgen Höss zusammen, dem Enkel und Sohn des SS-Obersturmbannführers Rudolf Höß, der zwischen 1940 und 1945 Kommandant des Vernichtungslagers Auschwitz war.
Die Doku „Der Schatten des Kommandanten“ erzählt von der Begegnung einer Auschwitz-Überlebenden mit dem Sohn des Lagerkommandanten Rudolf Höß. Die Lehrstunde in Sachen Versöhnung bewegt Mitwirkende und Zuschauer gleichermaßen.
Matthias Halbig
12.02.2025, 00:00 Uhr
Keinesfalls will sich Anita Lasker-Wallfisch, geboren am 17. Juli 1925 in Breslau, im Lager treffen. „You don‘t know what Auschwitz is – du weißt nicht, was Auschwitz ist“, sagt die resolute Frau und ehemalige Insassin, die im Juli dieses Jahres 100 Jahre alt wird, in ihrer Londoner Wohnung zu ihrer Tochter, der Psychotherapeutin Maya Lasker-Wallfisch (67). „Also Kaffee und Kuchen in deinem Haus“, schlägt Maya alternativ vor (und ihrer Stimme ist anzuhören, dass sie damit rechnet, auch dieser Vorschlag werde von der Mutter abgelehnt).
„Warum nicht?“, erwidert die alte Dame in ihrer Londoner Wohnung. „Wenn sie den Kuchen mitbringen.“ Sie – das sind der 1937 geborene Hans-Jürgen Höss und sein Sohn Kai Uwe, Sohn und Enkel von Rudolf Höß, des 1947 hingerichteten Kommandanten des größten der Vernichtungslager, die die Nationalsozialisten auf polnischem Boden errichteten. Allein in diesem zwischen 1940 und 1945 von der SS betriebenen Lagerkomplex wurden mindestens 1,1 Millionen Menschen getötet, darunter 960.000 europäische Juden.
Eine kleine, putzige Insel am Rand der Hölle
Die deutsch-argentinische Regisseurin Daniela Völker hat für HBO die Dokumentation „Der Schatten des Kommandanten“ gedreht, der nicht nur Pflichtprogramm für die sein sollte, die Jonathan Glazers Spielfilm „The Zone of Interest“ gesehen haben. Jener Film zeigte vor zwei Jahren, was die jüdische Philosophin Hannah Arendt in ihrem Nachdenken über den Prozess gegen Adolf Eichmann, den Organisator der Deportationen „Banalität des Bösen“ nannte. Ein ganz normaler Alltag der Familie Höß ist zu sehen – mit Kaffeekränzchen und Kinderspielen, mit Zuneigung, Streit, Versöhnung. Papa imposant zu Pferde. Eine kleine, putzige Insel nicht irgendwo in Deutschland – sondern am Rand der Hölle.
Ich bin die falsche Mutter für meine Tochter.
Anita Lasker-Wallfisch
Völkers Doku zeigt beide Seiten – Verdrängung und Eingeständnis auf der Seite der Nachfahren der Täter, das Lagertrauma und seine Folgen auf der Seite der Opfer. Lasker-Wallfisch, die Auschwitz wohl nur überlebte, weil das Häftlingsorchester eine Cellistin brauchte, hat ihrer Tochter mit ihrem Schweigen eine „Kindheit voller Traurigkeit“ beschert, ein „Gefühl, nicht dazuzugehören“, für das es aber keine Ursache zu geben schien. „Ich bin die falsche Mutter für meine Tochter“, bestätigt Anita Lasker-Wallfisch in nüchternem Tonfall, in dem Spurenelemente von Bedauern nicht recht festzustellen sind. Bei der Familie Höss hat das Unwohlsein über den Täter in der Familie offenkundig glatt eine Generation übersprungen.
Ich hatte alles größer in Erinnerung.
Hans Jürgen Höss beim Besuch der Höß-Villa in Auschwitz
So begleitet Völker zunächst den über das Wirken seines Großvaters bestens informierten Höß-Enkel Kai, der Pastor geworden ist und seinen die Vergangenheit scheuenden Vater ins polnische Oswiecim, in die Villa, in deren Garten der 1937 Geborene als Kind spielte, während hinter der Mauer die industrialisierte Massenvernichtung stattfand – die Selektionen an der Rampe, die „Duschenlüge“ und die Gaskammern, die Verbrennung der Leichen im Krematorium.
Einmal sah Hans-Jürgen Höss, wie jemand am Zaun erschossen wurde
„Ich hatte alles größer in Erinnerung“, sagt Hans-Jürgen Höss über das Haus. „Als Kinder dachten wir, das wäre ein Gefängnis, und er ist der Boss.“ Höss‘ Stimme ist leise, heiser, manchmal hängt er ein verlegenes Kichern an seine Sätze. Vom Fenster des Kinderzimmers konnten die Höss-Kinder das Lager sehen. Und dann kommt eine Erinnerung des Mannes, der die Zuschauer eben noch seiner „schönen und idyllischen Kindheit in Auschwitz“ versichert hat. Einmal, da hätte er gesehen, wie jemand am Zaun erschossen wurde.
Entlang der Rampe von Auschwitz-Birkenau: Hans-Jürgen Höss (r.), Sohn des Lagerkommandanten Rudolf Höß, sieht den größten Schauplatz des industriell organisierten Massenmords an den Juden Europas. An seiner Seite sind (v. l.) Maya Lasker-Wallfisch, die Tochter der Auschwitz-Überlebenden Anita Lasker-Wallfisch und sein Sohn Kai Uwe Höss. Szene aus der Doku „Der Schatten des Kommandanten“.
Entlang der Rampe von Auschwitz-Birkenau: Hans-Jürgen Höss (r.), Sohn des Lagerkommandanten Rudolf Höß, sieht den größten Schauplatz des industriell organisierten Massenmords an den Juden Europas. An seiner Seite sind (v. l.) Maya Lasker-Wallfisch, die Tochter der Auschwitz-Überlebenden Anita Lasker-Wallfisch und sein Sohn Kai Uwe Höss. Szene aus der Doku „Der Schatten des Kommandanten“.
Quelle: HBO/Warner
Mit historischen Szenen wird die großenteils beklemmende Doku angereichert. Bedrückend sind die Passagen, die aus der Höß-Autobiografie vorgelesen werden, wo die Weltsicht eines SS-Obersturmbannführers zu Tage tritt, der persönlich nichts gegen Juden habe, der seine Arbeit auch als „monströs“ bezeichnet, und der, wie er schreibt, ab und zu bei der Trennung der jüdischen Familien nach dem Verlassen der Zugwaggons auch an die eigene Familie gedacht habe.
Hans-Jürgen Höss behauptet, nichts gewusst zu haben
Der aber – ganz überzeugter Nationalsozialist - grausigste Szenen nüchtern und distanziert wie ein Wissenschaftler schildert und am Ende nach eigener Auffassung nur einem Befehl Folge geleistet hat. Er habe nichts gewusst, beteuert Hans-Jürgen Höss, auch nicht von dem Buch seines Vaters, was von seinem Sohn bezweifelt wird. „Nichts gewusst“ war die gängige Haltung unter Nachkriegsdeutschen. Haben wir sechs Millionen Juden umgebracht? Gibt‘s doch nicht! Schauen wir lieber nach vorn, da kommt ein Wirtschaftswunder auf uns zu.
Ich kann nur um Vergebung bitten. Das ist alles.
Hans-Jürgen Höss beim Besuch in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau
Der alte Mann ist angeschlagen, die Fassade bekommt Risse. Sein erster Besuch im Lager erschüttert ihn. Der Sohn und der Enkel des Kommandanten und die Tochter des Opfers gehen in Auschwitz-Birkenau an der Rampe entlang, gehen den geraden Weg hinab zu den zerstörten Gaskammern und Krematorien. Von einem „großen Schock“ spricht Höss Senior. Und wer je Auschwitz besucht hat, kennt die Wucht, die das gewaltige, nie vollendete Gefangenenareal auch ohne die Baracken auf den Besucher hat. Zu Maya gewandt, fühlt Hans-Jürgen Höss die Schuld, die auf seiner Familie lastet: „Ich kann nur um Vergebung bitten. Das ist alles.“ Sie fassen sich alle an der Hand. Drei Menschen, die Auschwitz in sich spüren.
Kaffee und Kuchen – Anita Lasker-Wallfisch spricht vom „historischen Moment“
Höhepunkt ist dann Kaffee und Kuchen bei Anita Lasker-Wallfisch in London. „Ein historischer Moment“, sagt die Gastgeberin beim Händedruck mit Hans-Jürgen Höss. „Der Sohn vom Kommandanten von Auschwitz sitzt in der Wohnung von Anita Lasker. Wie ist so etwas möglich?“ Ihre freundliche Direktheit nimmt diesem Treffen alles von seiner Unmöglichkeit. „Wir waren deutsch“, sagt die Tochter des deutschen Rechtsanwalts Alfons Lasker und der Geigerin Edith Lasker dann – eine bildungsbürgerliche Familie, assimiliert, nicht religiös, der Vater hatte im Ersten Weltkrieg das Eiserne Kreuz bekommen. Sie lobt den Kuchen, und richtet den um die richtigen Worte schwer ringenden Gast sogar ein wenig auf: „Man hat Sie auch nicht gefragt, wessen Sohn Sie sein wollen. Mich hat man auch nicht gefragt.“
Man hat Sie auch nicht gefragt, wessen Sohn Sie sein wollen. Mich hat man auch nicht gefragt.
Anita Lasker-Wallfisch während der Kaffeestunde mit Hans-Jürgen Höss
Dann sagt sie noch „die Welt ist verrückt“, und der Satz ist bewusst im Präsens gehalten. Kai Uwe Höss‘ Redensart von den Juden als „Gottes auserwähltem Volk“, kontert sie auf Deutsch mit dem „famous prayer of the jews“: „Lieber Gott, wähl doch mal jemand anderes.“ Und verweist auf die Gegenwart, in der eine Partei im Bundestag und in Länderparlamenten sitzt, obwohl sie in Teilen als gesichert rechtsextrem genannt werden darf, und in der jüdische Akademiker wie der Historiker Michael Wolffsohn in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 10. Februar bezüglich Deutschlands wieder die Frage „Bleiben oder gehen?“ stellen müssen. „Ein Junge mit Kippa auf dem Kopf ist heute gefährdet“, sagt Lasker-Wallfisch. „Wir haben bis heute nicht viele Fortschritte gemacht. Es gibt also noch viel zu tun.“
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„Glauben Sie, dass so etwas wie der Holocaust sich wiederholen kann?“, fragt Regisseurin Völker die alte Dame. „Look at the world as it is now – schauen Sie auf die Welt, wie sie jetzt ist“, erwidert Lasker-Wallfisch nüchtern und abgeklärt. „Ja, es kann wieder geschehen.“ Aber dass sie mit den Nachkommen des Kommandanten zusammensitzen konnte, dafür hat sie ein kleines Lächeln.
„Auf eine gewisse Art, war das schön.“
„Der Schatten des Kommandanten“, Doku, 98 Minuten, Regie: Daniela Völker, mit AnitaNazi-Opfer trifft Sohn des Lagerkommandanten Rudolf Höß
„Wenn er den Kuchen mitbringt ...“ – Kaffeestunde im Schatten von Auschwitz
Lasker-Wallfisch, Hans-Jürgen Höss, Kai Uwe Höss, Maya Lasker-Wallfisch, Ingebrigitt Höss (ab 14. Februar bei Wow)
https://www.rnd.de/
Steinmeier kann ihn nicht umstimmen: Holocaust-Überlebender Weinberg will sein Bundesverdienstkreuz definitiv abgeben
Wegen des Asyl-Votums von Union und AfD im Bundestag entschloss sich Abrecht Weinberg dazu, seinen Orden zurückzugeben. Der Bundespräsident konnte ihn davon nicht abbringen.
10.02.2025, 18:44 Uhr
Trotz eines Umstimmungsversuchs von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier will der Holocaust-Überlebende Albrecht Weinberg sein Bundesverdienstkreuz zurückgeben - aus Protest gegen das gemeinsame Asyl-Votum von Union und AfD im Bundestag.
Weinberg sagte dem Magazin „Stern“ am Montag, er sei es sich und anderen schuldig, seinen Entschluss nicht zurückzunehmen. Kurz zuvor hatte Steinmeier versucht, ihn aber genau davon zu überzeugen.
Der 99-jährige Weinberg begründete seine Entscheidung weiter damit, konsequent bleiben zu wollen. Im Gespräch mit Schülerinnen und Schülern sage er häufig „“Macht den Mund auf gegen die rechte Gefahr'. Dann muss ich auch selbst ein Zeichen setzen.„
Eine Sprecherin Steinmeiers teilte mit, dass der Bundespräsident in dem Telefonat mit Weinberg über die „aktuelle politische Lage“ gesprochen habe. Sie verwies darauf, dass Weinberg „zuletzt seine Sorgen über den erstarkenden Rechtsextremismus öffentlich gemacht“ habe. Weinberg sagte seinerseits, das Gespräch sei freundlich gewesen. Steinmeier habe Verständnis für seine Reaktion geäußert, ihn aber gebeten, seine Entscheidung zu überdenken - vergeblich.
Auschwitz-Überlebender gibt Bundesverdienstkreuz zurück „Ich kann es nicht mehr tragen, es würde Zentner wiegen“
Weinberg hatte vergangene Woche der Nachrichtenagentur AFP gesagt, er habe Sorge, dass sich Geschichte wiederhole - deswegen wolle er das Bundesverdienstkreuz zurückgeben. „Die Erfahrung, die ich gemacht habe als Jugendlicher, war sehr gefährlich und schrecklich für mich.“ Er habe jetzt die Befürchtung, „dass ich meine Koffer packen muss und in ein anderes Land gehen muss, das mich aufnehmen würde“.
In seiner Autobiografie hatte Weinberg beschrieben, wie rund 40 Menschen aus seiner Familie im Holocaust getötet wurden. Er selbst war in einem Viehwaggon nach Auschwitz deportiert worden, wo er zur Zwangsarbeit im berüchtigten „Kabelkommando“ eingeteilt wurde.
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Nach dem Krieg lebte Weinberg jahrzehntelang in New York, kehrte aber vor einigen Jahren nach Deutschland zurück. Weil er regelmäßig mit Jugendlichen an Schulen über seine Lebensgeschichte spricht und so das Gedenken an die NS-Opfer aufrechterhält, erhielt Weinberg 2017 das Bundesverdienstkreuz. Am 7. März wird er 100 Jahre alt.
Ende Januar hatte die AfD im Bundestag erstmals einem Antrag der Union zu einer knappen Mehrheit verholfen. Dieser sieht eine deutliche Verschärfung der deutschen Migrationspolitik vor. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) steht in der Kritik, weil er die Zustimmung der AfD im Vorfeld des Votums explizit in Kauf genommen hatte. (AFP)
https://www.tagesspiegel.de/
Niedersachsen
Holocaust-Überlebender demonstriert mit Hunderten in Leer
In Ostfriesland gehen Hunderte bei einer Kundgebung gegen rechts auf die Straße. Auch der Holocaust-Überlebende Albrecht Weinberg und der Fotograf Luigi Toscano sind dort - mit einer klaren Botschaft.
Von dpa 08.02.2025 zur Merkliste
Der Mannheimer Fotograf Luigi Toscano (links) und der Holocaust-Überlebende Albrecht Weinberg wollten bei der Demonstration ein Zeichen gegen rechts setzen.
Foto: Lars Penning
Der Holocaust-Überlebende Albrecht Weinberg (99) hat zusammen mit dem Mannheimer Fotografen Luigi Toscano (52) und hunderten Menschen in Leer in Ostfriesland gegen Rechtsextremismus und für Demokratie demonstriert. Weinberg und Toscano hatten zuletzt angekündigt, ihr Bundesverdienstkreuz und ihre Verdienstmedaille an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zurückgeben zu wollen, nachdem die Union mit Stimmen der AfD einen Bundestagsantrag zur Migrationspolitik durchgebracht hatte.
Weinberg und Toscano, der als Fotograf mit dem Erinnerungsprojekt „Gegen das Vergessen“ die Schicksale von Holocaust-Überlebenden dokumentiert, verfolgten die Kundgebung direkt vor der Bühne vor dem Leeraner Zollhaus.
„Dass mir das noch passieren kann mit fast 100 Jahren“, sagte Weinberg der Deutschen Presse-Agentur. „Unglaublich.“ Ihm sei es wichtig gewesen, zusammen mit seinem Freund Toscano zu kommen und ein Zeichen zu setzen. Er sei froh, dass sich so viele Menschen versammelt hätten. Anschließend nahm er im Rollstuhl sitzend an dem Demonstrationszug durch die Innenstadt teil.
Hunderte Menschen bei Kundgebung
„Die Botschaft ist ganz klar für uns: Wir stellen uns gegen Antisemitismus, gegen Rassismus, gegen jegliche Form von Fremdenfeindlichkeit“, sagte Toscano. Mit dieser Haltung gingen viele Menschen auf die Straße.
Laut dem Bündnis für Demokratie und Vielfalt versammelten sich bei der Demonstration bis zu 1.800 Menschen, die Polizei ging von 1.500 aus.
Laut dem Bündnis für Demokratie und Vielfalt versammelten sich bei der Demonstration bis zu 1.800 Menschen, die Polizei ging von 1.500 aus.
Foto: Lars Penning
Aufgerufen zu der Demonstration hatte das Leeraner Bündnis für Demokratie und Vielfalt. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt versammelten sich nach Angaben der Veranstalter bis zu 1.800 Menschen. Sie trugen Regenbogen-Flaggen und Protestschilder. Darauf stand etwa: „Demokratie ohne Haken“ oder auf Plattdeutsch „Kien Tee för de AfD“ („Kein Tee für die AfD“). Die Polizei ging von rund 1.500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus.
Weinberg und Toscano hatten sich beide erschüttert und empört gezeigt, nachdem die Union vergangene Woche mit Stimmen der AfD einen Antrag für Zurückweisungen an deutschen Grenzen im Bundestag durchgebracht hatte. Weinberg und Toscano beschlossen daraufhin, ihre Ehrungen zurückzugeben.
Gespräche mit Bundespräsident geplant
Toscano sagte, in wenigen Tagen werde er ein vertrauliches Gespräch beim Bundespräsidenten in Schloss Bellevue haben. Er sei weiterhin fest entschlossen, seine Verdienstmedaille zurückzugeben. Auch mit Weinberg wolle Steinmeier sprechen, allerdings telefonisch. Ob und wie es zu einer Rückgabe seines Bundesverdienstkreuzes komme, sei noch offen.
Weinberg überlebte die drei Konzentrationslager Auschwitz, Mittelbau-Dora im Harz, Bergen-Belsen bei Celle und mehrere Todesmärsche. Seine jüdische Familie wurde von den Nazis fast vollständig ermordet. 2012 kehrte er zusammen mit seiner Schwester aus den USA zurück in seine ostfriesische Heimat. Seitdem geht er in Schulen und berichtet Schülerinnen und Schülern von seinen Erinnerungen. Er wird in wenigen Wochen 100 Jahre alt.
Im Rollstuhl folgte der Holocaust-Überlebende Weinberg bei der Kundgebung einem Zug durch die Innenstadt von Leer.
Foto: Lars Penning
https://www.nordsee-zeitung.de/
Holocaust-Überlebender berichtet
Über einen, der sich den Nazis entgegenstellte
Münster: Der aus Enschede stammende Herbert F. Zwartz musste als Jugendlicher untertauchen, um dem Holocaust zu entgehen. Am Montag war er in Münster zu Gast und hatte jemanden im Fokus, der sich dem Druck des Nazi-Regimes nicht beugen wollte.
Von Björn Meyer
- Montag, 03.02.2025, 18:30 Uhr
04.02.2025, 15:35 Uhr
Herbert F. Zwartz erzählte seine Geschichte vor einem vollen Festsaal in der DKV-Residenz – vor Bewohnern, aber vor allem vielen Schülern.
Herbert F. Zwartz erzählte seine Geschichte vor einem vollen Festsaal in der DKV-Residenz – vor Bewohnern, aber vor allem vielen Schülern. Foto: Oliver Werner
In diesen Tagen, kurz nach dem 80. Jahrestag der Auschwitz-Befreiung und in denen Politiker einer in Teilen rechtsextremen Partei feixend im Bundestag sitzen, ist die deutsche Geschichte wieder in aller Munde.
https://www.wn.de/
Geschwisterpaar überlebte den Holocaust
Bedrückende Details aus dem Leben der Familie Kaufmann
Aldekerk · Die Geschwister Paula Malina und René Kaufmann entkamen als Kinder mit ihrer Familie den Nazis. In Aldekerk berichten sie davon – und appellierten daran, anderen Menschen ohne Vorurteile und Hass zu begegnen.
03.02.2025
Die Holocaust-Überlebenden René Kaufmann und Paula Malina, geboren Kaufmann, berichteten in der Robert-Jungk-Gesamtschule in Aldekerk von ihrem Leben.
© Herbert van Stephoudt
Gleich zweimal sichtlich bewegt zeigten sich René Kaufmann und seine Schwester Paula Malina während ihres Vortrags über die Geschichte ihrer Familie in der Zeit der Judenverfolgungen durch die Nationalsozialisten. Gleich zu Beginn, als sie die vielen interessierten Menschen sahen, die ihretwegen nach Aldekerk in die Robert-Jungk-Gesamtschule gekommen waren und ganz besonders bei einer Wortmeldung von Ronny Witting, dem Vorsitzenden des Heimatvereins aus dem belgischen Neeroeteren. Er war mit Vereinsfreunden nach Aldekerk gereist und überreichte den völlig überraschten Geschwistern standesamtliche Familienurkunden, die der Heimatverein bei seiner jahrelangen Recherche über die Zeit der Judenverfolgungen in der alten Heimat gesichert hatte. Ein anrührender Moment, den das Publikum mit lang anhaltendem Applaus quittierte.
Als Publikumsmagnet erwies sich die Einladung zu den Berichten der Geschwister René Kaufmann und Paula Malina, die in der Zeit des Nationalsozialismus nicht am Niederrhein bleiben konnten und unter anderem in Belgien und in den Niederlanden im Exil lebten. Für interessierte Kerkener nicht zuletzt deshalb bewegend, weil sie als Verwandte der Aldekerker Familie Gerson auch von deren Schicksal berichten konnten, das letztlich im Konzentrationslager Auschwitz sein gewaltsames Ende fand.
Interessiert, oft auch entsetzt, verfolgten die Menschen die zum Teil bedrückenden Schilderungen des Erlebten des heute in der Nähe von Münster und in München lebenden Geschwisterpaares. Zur Verbindung des Publikums mit den Referenten trug erheblich bei, dass kein einstudierter Vortrag auf die Gäste wartete, sondern die Menschen Fragen zu den Geschehnissen der Zeit stellen durften. Dabei überforderten die Antworten zuweilen die heutige Vorstellungskraft. Auf die Frage, wie die eigene jüdisch-katholische Familie einer Deportation entgehen konnte, schilderte René Kaufmann ein Ereignis, das den Menschen ein Raunen entlockte. „Vater hat sich einem Mediziner anvertraut, der ihm zu einer Operation riet, um für eine Weile nicht transportfähig zu sein. Doch statt eines kleinen Eingriffs, wie vereinbart, entfernte der Arzt meinem Vater den Magen. Man prophezeite Vater danach, er werde das nur wenige Jahre überleben, doch er schaffte es noch 19 Jahre unter großer Enthaltsamkeit.“ Die völlige Rechtlosigkeit jüdischer Menschen offenbarte auch die Schilderung eines zunächst heiteren Spaziergangs mit Kinderwagen. Man habe eine Gruppe Soldaten getroffen, die völlig grundlos der kleinen Schwester ihren Haarzopf ausrissen. In der Zeit der Judenverfolgung sei es der Familie gelungen, durch zahlreiche Umzüge und immer wieder durch die Hilfe von Freunden und fremden Menschen, sich vor der Deportation zu verstecken.
Emotional dann der Austausch mit Ronny Witting vom Heimatverein aus dem belgischen Neeroeteren, der mit seinen Vereinsfreunden eigens für die Veranstaltung nach Aldekerk gekommen war. Als er kurz überlegte, in welcher Sprache er René Kaufmann von den Recherchen seiner Heimatfreunde berichten sollte, wurde er von Kaufmann in perfektem Flämisch begrüßt und der Bann war – sehr zur Freude des Publikums – gebrochen. Ein Wiedersehen wurde noch auf der Bühne vereinbart.
Trotz erlebter Gräuel versöhnlich die Äußerungen der Geschwister, die 1948 zunächst ins belgische Bree weitergezogen waren und 1956 wieder zurück nach Deutschland kamen. „Ich würde nie sagen, dass alle Deutschen Nazis waren. Aber es gab eben viele Menschen, die die Wahrheit ignorierten“, so René Kaufmann. Seine Schwester betonte, es sei auch heute wichtig, dass Menschen aus erster Hand von der NS-Vergangenheit erfahren. „Wir begegnen anderen Menschen immer ohne Vorurteile“, so Paula Malina und René Kaufmann ergänzte: „Hass auf andere Menschen hat noch nie etwas gebracht – außer Streit oder Krieg.“
Vor allem von der großen Resonanz auf die Einladung zum Zeitzeugenvortrag angetan zeigte sich die Leiterin des Kerkener Gemeindearchivs, Nicole Sillekens. Sie habe die Geschwister bei einer Veranstaltung erleben dürfen und sich gemeinsam mit den Mitgliedern der Projektgruppe „Tage der Erinnerung“ sehr gefreut, als beide den Besuch in Aldekerk zusagten. Letztlich ginge es allen Beteiligten darum, Erinnerungen an die Folgen von Antisemitismus und Hetze wachzuhalten.
https://rp-online.de/
Nach Merz-Abstimmung
KZ-Überlebender Weinberg will Verdienstkreuz zurückgeben
von Frederik Mittendorff und Daniel Wüstenberg
30.01.2025 12:27 Uhr 2 Min
Albrecht Weinberg erinnert die Öffentlichkeit immer wieder an die Grauen des Holocaust, auch hier 2022 in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem
© Jesco Denzel / stern
Er sei "geschockt" von der gemeinsamen Abstimmung von Union und AfD im Bundestag: Der Holocaust-Überlebende Albrecht Weinberg setzt ein deutliches Zeichen – nicht als einziger.
Die gemeinsame Abstimmung von Union und AfD im Deutschen Bundestag sorgt für weitere Verwerfungen. Als Reaktion auf den auch als "Tabubruch" bezeichneten Vorgang gibt der Auschwitz-Überlebende Albrecht Weinberg sein Bundesverdienstkreuz zurück.
Das sagte der 99-Jährige im Gespräch mit dem stern. "Ich bin im Moment sehr enttäuscht. Ich will von nichts wissen. Ich sehe wieder meine Jugendzeit vor mir. Es ist kaum zu glauben", so Weinberg, der als Jugendlicher nach Auschwitz deportiert wurde. "Ich verstehe nicht, wie sowas überhaupt passieren kann nach dem, was war." Er sei "geschockt".
Albrecht Weinberg gibt sein Bundesverdienstkreuz zurück
Weinberg gibt Verdienstkreuz zurück
"Es ist bald wie in meiner Kindheit, als die Nazis die Macht übernommen haben"
- von Frederik Mittendorff Dem Schritt schließt sich auch der Mannheimer Fotograf Luigi Toscano an, wie er auf stern-Anfrage bestätigte. Die beiden hatten sich am Mittwochabend miteinander besprochen. Zuvor berichteten die Zeitung "Rheiderland" aus der Heimatregion Weinbergs sowie der Südwestrundfunk über die Entscheidung.
KZ-Überlebender Albrecht Weinberg gibt Bundesverdienstkreuz zurück
Albrecht Weinberg wurde 1925 in Rhauderfehn (Niedersachsen) geboren und 1943 nach Auschwitz verschleppt. Er überlebte das Vernichtungslager und mehrere sogenannte Todesmärsche. 2017 erhielt er das Bundesverdienstkreuz am Bande für seinen unermüdlichen versöhnenden Einsatz.
Luigi Toscano wurde 2021 die Verdienstmedaille verliehen. Er hatte für das Erinnerungsprojekt "Gegen das Vergessen" Holocaust-Überlebende porträtiert und damit vor allem junge Menschen erreicht.
Wie genau die Rückgabe der Auszeichnungen ablaufen wird, ist noch unklar.
Die Bundesrepublik zahlte auch SS-Soldaten Rente
NS-Täter
Die Rente ist sicher – vor allem für Nazis
von Nicolas Büchse
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Der Deutsche Bundestag hatte am Mittwoch mit knapper Mehrheit für einen (die Bundesregierung nicht bindenden) Entschließungsantrag von CDU und CSU für eine härtere Migrationspolitik gestimmt – ohne die Stimmen der AfD wäre er gescheitert. Mitglieder der Regierungskoalition von SPD und Grünen hatten diesen Vorgang als Zäsur bewertet. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik seien parlamentarische Mehrheiten außerhalb der demokratischen Mitte gesucht und gefunden worden. Die AfD ist in großen Teilen rechtsextrem. Am Donnerstag war auch Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel wegen des Abstimmungsverhaltens der Union auf Konfrontationskurs mit CDU-Chef Friedrich Merz gegangen.
ARD History: Verfolgt – Die sieben Leben des Dany Dattel
Play > Nach jahrzehntelangem Schweigen spricht Dany Dattel das erste Mal offen über sein Leben. Über seine Kindheit in Auschwitz, das Wunder seiner Rettung. In Köln steigt er zum gefeierten Devisenhändler der Herstattbank auf. Als die Bank abstürzt wird er verantwortlich gemacht. Er gerät in einen antisemitischen Shitstorm. Er nennt es seine zweite Verfolgung.
Trailer: ARD History: Verfolgt – Die sieben Leben des Dany Dattel | Bild: WDR / Jörg Adams
Es ist eine bewegende Lebensgeschichte, wie es sie nur selten gibt. Sie erzählt von Verfolgung und Rettung, von Selbstbehauptung und zweiter Verfolgung. Die deutsche Nachkriegsgeschichte steht Pate und zeigt sich erschreckend antisemitisch. Doch Dany Dattel hat seinen Lebensmut und seinen Humor nie verloren. Zum ersten Mal offenbart er sich und reist mit uns an die Schicksalsorte seines Lebens, nach Auschwitz, zu den Kindern seiner Retterinnen auf dem Todesmarsch in Tschechien. Eine Odyssee, die uns bis ins hochriskante Bankgeschäft führt. Es ist ein tiefer Blick in die westdeutsche Geschichte. Mit skrupellosen Bankiers und virulentem Antisemitismus.
In einem Raum mit circa 300 Frauen schlief Dany Dattel hoch oben auf einem der schmalen Etagenbetten aus Holz und musste sich unter dem Stroh versteckt halten, wenn der Kommandant Schwarz sich auf dem Weg zu Block 10 befand.In einem Raum mit circa 300 Frauen schlief Dany Dattel hoch oben auf einem der schmalen Etagenbetten aus Holz und musste sich unter dem Stroh versteckt halten, wenn der Kommandant Schwarz sich auf dem Weg zu Block 10 befand. | Bild: WDR / Christel Fomm
Jahrzehntelang mied Dany Dattel den Kontakt mit den Medien, die ihn zum Sündenbock machten. Doch vor der Kamera wirkt er entspannt, sogar humorvoll und stellt sich seinen Erinnerungen. Sein Triumph: "Eines möchte ich betonen: Auf der Wannsee-Konferenz hatten die Nazis beschlossen, alle Juden zu vernichten. Das ist ihnen nicht gelungen. Ich lebe noch!" Vier Monate nach den Dreharbeiten in Auschwitz starb Dany Dattel.
Zwei Tage und Zwei Nächte lang wurde Dany Dattel mit seiner Familie in einem Viehwaggon nach Auschwitz deportiert – insgesamt hat er durch den Holocaust neun Mitglieder seiner Familie verloren.Zwei Tage und Zwei Nächte lang wurde Dany Dattel mit seiner Familie in einem Viehwaggon nach Auschwitz deportiert – insgesamt hat er durch den Holocaust neun Mitglieder seiner Familie verloren. | Bild: WDR / Christel Fomm
Diese Sendung ist zwölf Monate lang in der ARD Mediathek verfügbar.
https://www.daserste.de/
Roman Schwarzman im Interview
Holocaust-Überlebender: „Und jetzt hat Putin das Ziel, mich zu töten ...“
„Die Bedrohung spüren wir jeden Tag“: Der Holocaust-Überlebende Roman Schwarzman in seinem Büro in Odessa.
Der 88-jährige Roman Schwarzman aus Odessa hält am Holocaust-Gedenktag die Rede im Bundestag. Ein Gespräch über alte und neue Feinde, Bomben auf sein Haus in der Ukraine – und warum er dennoch nicht mehr in den Luftschutzkeller geht.
Thorsten Fuchs
26.01.2025, 00:00 Uhr
In Roman Schwarzmans Büro im Zentrum von Odessa stehen die Ehrungen dichtgedrängt. Im Regal hinter ihm, beim Videogespräch stets im Bild, die Urkunde einer amerikanischen Veteranenvereinigung, eine Anerkennung für seine Hilfe für ukrainische Holocaustüberlebende – Schwarzman ist Vorsitzender der regionalen Vereinigung der Juden. An der Wand direkt vor ihm hängt ein Bild von ihm und Frank-Walter Steinmeier, dem Bundespräsidenten, aufgenommen bei dessen Besuch in Kiew 2019. Schwarzman dreht die Kamera, um das Foto an der Wand zu zeigen, es ist viel zu klein, aber Schwarzman ist stolz, „ich habe von ihm auch das Verdienstkreuz bekommen“. Groll gegenüber Deutschen? Ist bei Schwarzman nicht zu spüren. Sein Zorn richtet sich jetzt gegen andere.
Herr Schwarzman, zunächst: Wie ist die Situation bei Ihnen in Odessa an diesem Morgen?
Wir sind im Büro und arbeiten, Gott sei Dank ist alles ruhig heute. Der letzte Luftalarm war heute Nacht, als wir schon im Bett lagen. Es waren nur Drohnen, die Raketen kamen später, aber sie schlugen außerhalb der Stadt ein.
Aber das bedeutet, dass Sie wenig Schlaf bekommen haben, weil Sie in den Luftschutzkeller mussten? Sie wohnen im zehnten Stock.
Nein, meine Frau und ich gehen nicht mehr in den Keller, seit dem 29. Dezember 2023 nicht mehr. Da hat eine Rakete das Nachbarhaus getroffen. Nach der Entwarnung sind wir zurück, und auch unsere Wohnung war zerstört und zerbombt. Die Explosion hat einen 50 Meter großen Krater gerissen. Wir haben herumliegende Teile zerfetzter Körper gesehen, es war schrecklich. Die aufgesprengte Erde hat auch bei uns oben alles bedeckt. Schränke, Teppiche, Tische, alles, es war ein vollkommenes Chaos. Eine Hilfsorganisation hat alles repariert, zum Glück können wir inzwischen wieder in unserer Wohnung wohnen.
Eigentlich ein Grund, erst recht in den Keller zu gehen, oder?
Nein, ich bin der Meinung, zweimal trifft eine Rakete ein Haus nicht. Deshalb bleiben meine Frau und ich jetzt in unserer Wohnung, wir beten zum Herrgott und warten auf die Entwarnung.
Haben Sie keine Angst?
Wissen Sie, diese Bedrohung spüren wir jeden Tag, in jeder Minute. Jederzeit kann unseren Kindern, unseren Nachbarn, unseren Freunden etwas zustoßen. Das alles ist schrecklich, wir haben das am 29. Dezember wieder gesehen. Aber Hitler hatte das Ziel, mich als Juden zu töten; jetzt hat Putin das Ziel, mich als Ukrainer zu töten. Und so, wie es dem einen nicht gelungen ist, wird es auch dem anderen nicht gelingen. Meine Generation ist sehr abgehärtet, und wir werden auch in diesem Krieg siegen.
Unsere Wohnung war zerstört und zerbombt.
Roman Schwarzman,
über den Bombenangriff auf sein Haus 2023.
Den ersten Krieg hat Roman Schwarzman als Kind erlebt. Mit seinen Eltern lebt er da in Berschad, 300 Kilometer nördlich von Odessa. Seine Mutter ist Hausfrau, sie kann nicht lesen oder schreiben, der Vater ist Stellmacher. Zusammen haben sie neun Kinder, Roman ist das drittjüngste. Als deutsche und rumänische Truppen 1941 vorrücken, versuchen sie zu fliehen, stoßen aber nach zwei Wochen auf deutsche Panzer – und müssen umkehren. Bei der Einnahme von Berschad töten Deutsche und Rumänen Tausende Juden und Ukrainer. Im Ghetto Berschad sind rund 25.000 Juden zusammengepfercht – von denen 16.000 allein bei einer Typhusepidemie sterben.
„Wir haben es verdient, in Frieden zu leben“: Roman Schwarzman im Gespräch mit RND-Redakteur Thorsten Fuchs.
„Wir haben es verdient, in Frieden zu leben“: Roman Schwarzman im Gespräch mit RND-Redakteur Thorsten Fuchs.
Quelle: Thorsten Fuchs
Sie waren fünf Jahre alt, als die Deutschen und Rumänen Ihren Ort einnahmen und ein Ghetto daraus machten. Woran erinnern Sie sich?
Ich denke nicht ständig an diese Zeit. Aber wenn mich jemand fragt, laufen binnen einer Minute die zweieinhalb Jahre vor meinem inneren Auge ab. Woran ich mich besonders erinnere, ist, dass wir viele Kinder waren – und dass wir zusammenhielten. Das Ghetto war eingezäunt, aber manchmal konnten wir hinausschlüpfen. Es gab dort eine Küche für die deutschen und die rumänischen Soldaten, und wenn eines von uns Kindern dort Reste gefunden hat, Schalen von Kartoffeln oder Roter Bete, dann haben wir alles geteilt.
Ich bin bereit, im Reichstag zu knien und zu bitten: Tun Sie das Nötige, um diesen Krieg zu beenden und die Ukraine als Land weiterexistieren zu lassen!
Roman Schwarzman
Wie präsent war der Tod im Ghetto?
Bei uns im Ghetto waren sehr viele Juden aus Bessarabien und der Bukowina, sehr, sehr viele Menschen, und die Brutalität und der Tod waren in jeder Minute allgegenwärtig. Wir lebten zusammengepfercht in engen Häusern, die Wände waren mit Lehm bestrichen. Wenn jemand starb, an Hunger, Kälte oder Krankheit, was sehr oft vorkam, blieben die Leichen oft noch tagelang im Haus. Vor allem der Hunger, der Mangel an Essen, bestimmten unser Leben. Manchmal steckten uns Ukrainer etwas zu. Aber wenn jemand etwas zu essen stahl und erwischt wurde, lief er Gefahr, sofort erschossen zu werden.
Sie haben selbst Familienmitglieder verloren ...
Meinen 14-jährigen Bruder haben rumänische Soldaten erschossen. Er war beim Arbeiten von einer Brücke gefallen, aber die Soldaten meinten fälschlicherweise, er habe fliehen wollen, und ermordeten ihn. Die Deutschen hatten das Ghetto zwar gegründet, präsent waren aber vor allem die rumänischen Soldaten, die zu uns besonders brutal waren. Einmal haben sie meinem ältesten Bruder ein paar Rippen gebrochen, als er ein wenig Hafer von ihren Pferden genommen hatte. Meine Schwester wiederum, die in einer Kaserne der Rumänen putzen musste, hielten sie für einige Nächte dort fest. Sie kam in einem schrecklichen Zustand zurück. Sie hat nicht erzählt, was genau ihr dort widerfahren ist. Später hat sie einen Jungen geboren ...
Ich habe eben gesagt, Sie seien damals fünf Jahre alt gewesen – aber ganz genau wissen Sie es eigentlich nicht.
Das stimmt. Als wir damals nach der versuchten Flucht wieder in unseren Ort zurückkehrten, war dort schon alles bombardiert, viele Dokumente waren verschwunden. Meine Mutter war Analphabetin, ich hatte acht Geschwister, es gab einfach keine Unterlagen mehr. Als wir nach dem Krieg dann wieder in die Schule gingen, verlaust und voller Wanzen, wie wir waren, kam ein Arzt und schätzte unser Alter. Er sagte: Roman, du bist 1936 geboren! Seitdem stand das fest.
Und Ihr Geburtstag, der 7. November?
Den konnten wir ganz einfach rekonstruieren. Der 7. November war ja der große Feiertag in der Sowjetunion, der Jahrestag der Oktoberrevolution. Am Vorabend sind dann Männer der Partei von Haus zu Haus gegangen, um zu sehen, wie die Kommunisten feiern. Einmal kamen sie und sagten: Kommunist Schwarzman, hier sind sechs Kinder, aber wo ist deine Frau? Bei der Entbindung, antwortete er. Also feiere ich meinen Geburtstag am 7. November.
Roman Schwarzman erzählt von all dem nicht bedrückt, sondern durchaus auch mit einem Sinn für das Absurde, für die anderen Momente, die es auch gab. Manchmal lächelt er, wenn er eine Geschichte berichtet, dann wieder redet er sich so in Rage, dass die Übersetzerin ihn kaum stoppen kann, um seine Sätze zu übertragen. Die Geschichte lässt sich nicht ändern, das ist Roman Schwarzmans Philosophie, aber entscheidend ist für ihn nicht die bloße Erinnerung – sondern vor allem, die richtigen Lehren aus ihr zu ziehen.
Im März 1944 hat die Rote Armee das Ghetto dann befreit.
Ja, aber mein Vater kam erst 1947 aus dem Krieg zurück, schwer verletzt und sehr krank. Er hatte im Osten noch gegen Japan kämpfen müssen. Mein ältester Bruder war bei Leningrad gefallen.
Für mich sind Hitler und Putin heute wie Zwillinge. Was mich betrifft, haben sie dasselbe Ziel.
Roman Schwarzman
Wie war das Leben als Jude für Sie in der Sowjetunion?
Das ist ein großes Thema. Ich habe die volle Schulzeit machen können, zehn Jahre, und dann Schlosser gelernt. 1957 habe ich auch studieren können. Aber an der Hochschule waren Juden nicht gerne gesehen, ich musste meine Kurse abends machen. Ich hätte Karriere machen können. Du bist gut in deinem Beruf, bekam ich immer wieder zu hören, aber könntest du bitte deinen Namen ändern? Doch das wollte ich nicht. Meine Tochter wollte gerne Medizin studieren, aber das durfte sie nicht, weil höchstens 2 Prozent der Studenten dort Juden sein durften, und da wurden andere bevorzugt. Am liebsten hätte sie allein deshalb geheiratet, um ihren Namen abzulegen.
„Über 70 Gedenkstätten initiiert“: Roman Schwarzman und Grünen-Politikerin Marieluise Beck bei der Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag des Massakers von Odessa im Jahr 2021.
„Über 70 Gedenkstätten initiiert“: Roman Schwarzman und Grünen-Politikerin Marieluise Beck bei der Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag des Massakers von Odessa im Jahr 2021.
Quelle: Libmod
Der Zerfall der Sowjetunion war für Sie dann im Grunde eine zweite Befreiung?
Da begann für uns ein neues Leben. In der Sowjetzeit hatten wir keine jüdischen Schulen, keine Synagogen, kein jüdisches Leben. Heute in der Ukraine haben wir das alles. Inzwischen steht im Zentrum der Stadt eine Menora, ein jüdischer Leuchter. Für uns hat das eine sehr große Bedeutung. Für uns bedeutet das Demokratie und Freiheit. Und ich persönlich habe sogar noch Karriere machen können in meinem Betrieb. Ich bin Vizedirektor geworden, bis zum Beginn des Krieges habe ich noch dort gearbeitet. Heute bin ich dort noch als Berater tätig.
Zu den fast unglaublichen Wendungen gehört, dass das Land, deren Soldaten einst als Befreier kamen, heute Ihr Leben bedroht.
Für mich sind Hitler und Putin heute wie Zwillinge. Ich kann es nicht anders sagen. Was mich betrifft, haben sie dasselbe Ziel.
Ihr Alltag heute ist die Hilfe für andere Überlebende des Holocausts. Mit welchen Problemen kämpfen sie heute?
Zu uns kommen viele alte Leute. Sie müssen wissen: Ich bin nicht alt, ich bin ja erst 88 (lächelt). Wir helfen zum Beispiel, Dokumente zu beantragen. Wir organisieren rollstuhlgerechte Busse, damit die Menschen mobil sind, vermitteln Sponsoren, regeln ganz alltägliche Dinge und organisieren auch Tanzabende, die für uns besonders beliebt sind. Ganz wichtig ist für uns auch, über die Geschichte zu sprechen, über unsere Geschichte, weil wir das in der Sowjetzeit nicht durften.
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Chef der Shoah Foundation: „Wenn wir nach Schuldigen suchen, ist der Judenhass nicht weit“
Wie halten Sie die Erinnerung wach?
Wir haben in den 35 Jahren unseres Bestehens über 70 Gedenkstätten initiiert, nicht nur in Odessa, sondern im ganzen Süden der Ukraine. Zuletzt hatten wir den Gedenkort für das Massaker von Odessa angeregt, bei dem 1941 rund 25.000 Juden ermordet wurden. Bei der Gedenkstätte hat Deutschland uns mit einer großen Summe sehr unterstützt, dank der Vermittlung von Marieluise Beck vom Zentrum Liberale Moderne. Dann kam der Krieg dazwischen – und jetzt hoffen wir, dass das Projekt doch bald realisiert werden kann.
Sie werden am Holocaust-Gedenktag im Bundestag sprechen. Wissen Sie schon, was Sie sagen werden?
Mal schauen, ich habe 15 Minuten für meine Rede. Ich bin ein einfacher Mann, ich habe viel erlebt. Aber ich bin bereit, im Reichstag zu knien und zu bitten: Tun Sie das Nötige, um diesen Krieg zu beenden und die Ukraine als Land weiterexistieren zu lassen! Wir haben es verdient, in Frieden zu leben.
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Holocaust-Überlebender Albrecht Weinberg
Das Grauen seit 80 Jahren im Kopf
Der Holocaust-Überlebende Albrecht Weinberg ist oft in Schulen unterwegs, um über seine Geschichte zu berichten. Auf dem Foto ist er in einem Klassenzimmer in der Gedenkstätte Ehemalige Jüdische Schule Leer.
Er hat Bergen-Belsen und Auschwitz überlebt: Das Schicksal von Albrecht Weinberg steht exemplarisch für das Leiden der Opfer des Holocaust. Der bald 100-Jährige erzählt unermüdlich seine Geschichte - gegen das Vergessen.
Karen Miether
26.01.2025, 00:00 Uhr
Albrecht Weinberg ist gefragt in diesen Tagen. Während des Nachmittags-Tees in der gemeinsamen Wohnung in Leer klingelt gleich mehrfach das Telefon seiner Mitbewohnerin Gerda Dänekas. Journalisten aus Frankreich und aus Japan wollen wissen, ob er zu einem Interview bereit ist. „Willst du das?“, fragt sie. „Warum nicht“, antwortet er. Albrecht Weinberg wird im März 100 Jahre alt. Er hat die Lager von Auschwitz, Mittelbau-Dora und Bergen-Belsen überlebt - und drei Todesmärsche. „Das ist seit 80 Jahren in meinem Kopf. Ich brauche mich nur zu waschen, dann sehe ich meine Häftlingsnummer.“
80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz am 27. Januar 1945 und später der weiteren Konzentrationslager wollen viele mit ihm als einem der letzten Zeitzeugen sprechen. Gerda Dänekas serviert an diesem Tag zum Tee Neujahrskuchen. Sie setzt mit dem Löffel eine Sahnewolke auf das Getränk, klassisch ostfriesisch. So haben sie es damals auch gemacht, in seinem Elternhaus in Rhauderfehn, ganz in der Nähe, erinnert sich Albrecht Weinberg. Der weißhaarige Mann, Brille, schmales Gesicht, beugt sich nach vorn: „Natürlich, wir waren ja Ostfriesen“, sagt er: „Wir waren nichts anderes.“
Wie die Ausgrenzung begann
Sein Vater hatte für Deutschland im Ersten Weltkrieg gekämpft. Und doch wurde er nie zuerst mit seinem Vornamen Alfred angesprochen. Immer schickten sie zuerst „de Jööd“ voran, plattdeutsch für „der Jude“. „Ich war elf, da haben sie mich von der Schule geworfen“, sagt der 99-Jährige. Freunden wurde verboten, mit ihm zu spielen. Er hat noch vor Augen, wie die Ausgrenzung begann, an deren Ende die Ermordung von Millionen von Juden stand.
Ich war elf, da haben sie mich von der Schule geworfen.
Albrecht Weinberg
, Holocaus-Überlebender
In ihrem Wohnzimmer hüten er und Gerda Dänekas in einer Glas-Vitrine Erinnerungsfotos ihrer Familien. Darunter ist das letzte Bild, das Weinberg zusammen mit seinen Geschwistern Friedel und Dieter zeigt. Auf dem Schwarz-Weiß-Foto schauen drei junge Menschen schüchtern, fast ängstlich in die Kamera. Es wurde in Berlin aufgenommen, 1942. Sie verbargen die gelben Judensterne unter den Mänteln, eigentlich hätten sie gar nicht unterwegs sein dürfen, erzählt er. Doch Dieter, der älteste, sei ein Draufgänger gewesen. „Er hat uns beiden schüchternen Kindern einen Stups gegeben.“ Das Foto sollte der Mutter Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft machen. Doch die erfüllte sich nicht.
„Ich kann Albrechts Geschichte inzwischen auch erzählen": Gerda Dänekas lernte den Weinberg als Pflegerin im Altenheim kennen und kümmert sich bis heute um ihn.
„Ich kann Albrechts Geschichte inzwischen auch erzählen": Gerda Dänekas lernte den Weinberg als Pflegerin im Altenheim kennen und kümmert sich bis heute um ihn.
Quelle: Getty Images
Die Eltern wurden 1945 in Auschwitz ermordet. Dorthin verschleppten sie auch Albrecht, in einem Viehwaggon. „Es war nicht erster Klasse“, formuliert er sarkastisch: „Eher Stehplatz, kein bisschen Wasser, kein Brot. Ich weiß nicht, wie viele Tage wir unterwegs waren.“ Bei ihrer Ankunft hörten sie Schreie: „Raus, raus“, Hunde bellten. „Wir wurden sortiert.“ Dass diejenigen, die in eine andere Richtung gehen mussten als er selbst, in den Tod in den Gaskammern geschickt wurden, war ihm damals noch nicht bewusst.
„Wissen Sie, was ein Muselmann ist?“, fragt er. So hätten sie in Auschwitz diejenigen genannt, denen man ansah, dass sie dem Tod näher waren als dem Leben. Als er am Ende seines Leidensweges im April 1945, nach drei Todesmärschen, aus dem niedersächsischen KZ Bergen-Belsen befreit wurde, sei er selbst ein Muselmann gewesen: „Ein Knochengerippe, mit Haut überzogen, zwischen den Gerippen von Bergen von Leichen.“
Erinnerung: Albrecht Weinbergs Eltern wurden 1942 nach Theresienstadt deportiert, in Auschwitz kamen sie um.
Erinnerung: Albrecht Weinbergs Eltern wurden 1942 nach Theresienstadt deportiert, in Auschwitz kamen sie um.
Quelle: Getty Images
Nach der Befreiung fand er seine Schwester Friedel wieder, die als eine der wenigen der Familie überlebt hatte. Gemeinsam wanderten sie nach Amerika aus. In New York betrieb er eine Fleischerei, später im Ruhestand lebten sie in Florida, Friedel und er zusammen, so wie sie es sich geschworen hatten. Nach Deutschland wollten sie nie wieder. 1985 kam dann eine Einladung aus Leer. Die Stadt wollte an den Bau der Synagoge 100 Jahre zuvor erinnern, die 1938 bei den Novemberpogromen zerstört wurde. Weil sie hofften, andere Überlebende zu treffen, änderten sie ihre Meinung.
Die Kontakte, die sie in Leer knüpften, führten dazu, dass Albrecht ein Hilfsangebot annahm, nachdem Friedel einen Schlaganfall erlitten hatte. Er war besorgt, denn sie wurde nicht gut betreut. Darum zogen beide 2012 in ein Altenheim nach Leer. Dort bekam die Pflegerin Gerda Dänekas kurz vor ihrem Ruhestand den Auftrag, sich um sie zu kümmern - eine zupackende Frau, die sah, was die beiden brauchten.
Nach Friedels Tod nahm sie Albrecht mit zu sich. Erst zu Besuch, an den Wochenenden. „Mein inzwischen verstorbener Mann und die Kinder unterstützten das“, sagt sie. Als Weinberg in der Corona-Zeit im Heim völlig isoliert war, zog sie in eine größere Wohnung und gründete mit ihm eine WG.
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Von links nach rechts: Gidons Großmutter Theresie, sein Vater Ernst, Gidon und sein Großvater Alfred, ca. 1940/41
Auszug aus dem Buch eines Holocaust-Überlebenden
„Niemand kann es vermeiden, schwere Zeiten durchzumachen“
Den Schicksalen ein Gesicht geben: Raisa Biryuchenko, Koloman Kadet, Bartolomej Begala und Alla Matyushenko in erscheinender Reihenfolge.
Fotograf porträtiert Überlebende
Unrecht an Sinti und Roma – der vergessene Holocaust
„Ich hab Schuld, dass du redest“, sagt sie rückblickend zu ihm. Und er ergänzt: „Und ich bin froh, dass ich dich, nein, dass du mich gefunden hast.“ Das erste Mal überhaupt erzählte er 2013 einer Historikerin der Gedenkstätte Bergen-Belsen seine Lebensgeschichte. Seitdem sind Gerda Dänekas und er unzählige Male in Schulen unterwegs gewesen, zuletzt bei Lesungen aus einem Buch, das der Journalist Nicolas Büchse mit Weinberg geschrieben hat. Als Mahnung erzählt er seine Geschichte. Sein Appell an die Kinder: Habt Mut, lasst euch nicht einschüchtern.
Seine frühere Pflegerin ist Managerin und liebevolle Betreuerin in einem. Sie achtet auf ihn, darauf zum Beispiel, dass er genug von seinem Tee trinkt. Gemeinsam pflegen sie Rituale. Seit er kaum noch sehen kann, liest sie ihm regelmäßig vor. „Immer geht es dabei um den Holocaust“, sagt sie. Doch es sind auch aktuelle Nachrichten, die ihn beunruhigen: das Erstarken der Rechten, die Schändung des jüdischen Friedhofs in Leer im vergangenen Jahr.
Hoffnung: Die Geschwister überlebten den Holocaust: Albrecht Weinberg (links) Diedrich (Mitte) und Friedel (rechts).
Hoffnung: Die Geschwister überlebten den Holocaust: Albrecht Weinberg (links) Diedrich (Mitte) und Friedel (rechts).
Quelle: Getty Images
Aus dem Gepäcknetz seines Rollators fischt der 99-Jährige das „Personenlexikon zum Dritten Reich“ heraus. Die Seiten sind vergilbt, so oft hat er es in die Hand genommen. Im Heim habe er auch deshalb keinen Kontakt zu den Bewohnern in seinem Alter gewollt, sagt Dänekas: „Er hat sich bei jedem gefragt, warst du auch Nazi?“
Mit ihm gemeinsam ist Dänekas nach New York gereist, nach Berlin, nach Auschwitz und nach Israel. „Ich kann Albrechts Geschichte inzwischen auch erzählen“, sagt sie und oft ergänzt sie das, was er beschreibt. „Ich bin froh, dass meine Enkel mit ihm aufwachsen dürfen. Das alleine ist es schon wert, dass ich mich um ihn kümmere.“
Als Kind durfte ich dort nicht mehr auf die Straße gehen, jetzt bin ich Ehrenbürger.
Albrecht Weinberg,
Holocaust-Überlebender
Albrecht Weinberg ist als Zeitzeuge mittlerweile vielfach geehrt worden, unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz. In Rhauderfehn ist eine Schule nach ihm benannt worden. Zu den Schülerinnen und Schülern des „Albrecht-Weinberg-Gymnasiums“ hat er ein enges Verhältnis. Zu seinem 100. Geburtstag ist ein Empfang geplant, doch er will auch in der Schule feiern und Bagel für alle ausgeben. „Es gibt drei Städte, in denen ich Ehrenbürger bin“, sagt er. „Nordhausen bei Mittelbau-Dora, Leer und Rhauderfehn. Als Kind durfte ich dort nicht mehr auf die Straße gehen, jetzt bin ich Ehrenbürger.“
RND/epd
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Das Erbe der Überlebenden
Stand:24.01.2025, 18:53 Uhr
Von: Pitt von Bebenburg
Bogdan Bartnikowski. © privat
Die Gedenkkultur ändert sich. Institutionen probieren neue Formate aus.
Bogdan Bartnikowski war zwölf Jahre alt, als er von den Nazis in einem Viehwaggon ins Konzentrationslager Auschwitz verschleppt wurde. Er hat überlebt.
Am Freitag feierte der Warschauer seinen 93. Geburtstag. Ein Mann, der unermüdlich über die Schrecken von Auschwitz berichtet. Doch wie lange stehen die Zeitzeuginnen und -zeugen noch dafür zur Verfügung? Die Frankfurter Ehrenbürgerin Trude Simonsohn etwa ging seit 1978 an Schulen. „Fragt uns, wir sind die Letzten“, forderte sie. Simonsohn starb Anfang 2022 im Alter von 100 Jahren.
Der polnische Journalist Bartnikowski hat seine Erinnerungen aufgeschrieben. Wie er als Junge im Transport nach Auschwitz nach seinem Spielzeug suchte und ein Eisenbahner raunte: „Er hat Zinnsoldaten im Kopf, aber morgen oder vielleicht noch heute geht er ins Gas.“ Wie der Kleine immer wieder fragte: „Mama, was heißt das, ins Gas?“ Es ist August 1944, als er in die Hölle von Auschwitz gebracht wird wie alle anderen aus seiner Straße. Seinen Vater, einen Widerstandskämpfer, hat er am 9. August 1944 zum letzten Mal gesehen.
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80 Jahre nach Auschwitz: Wie erlebt eine Schulgruppe den Besuch?
Bartnikowski überlebt, ebenso wie seine Mutter. Und er kann berichten über seine schrecklichen Erfahrungen. Nicht nur in Büchern. Sondern auch persönlich, als Zeitzeuge. Etwa in Schulen in Wiesbaden und Büdingen.
Bis heute kommt Bartnikowski jedes Jahr auf Einladung des Vereins „Zeichen der Hoffnung“ dafür nach Deutschland. Der Verein, der auf Polnisch „Znaki Nadziei“ heißt, organisiert die Begegnungen. Er wurde 1977 gegründet, um Polinnen und Polen zu unterstützen, die in nationalsozialistischen Konzentrations- und Arbeitslagern gelitten haben. Viele dieser Menschen sind inzwischen gestorben. Es ist ungewiss, ob und wie es für „Zeichen der Hoffnung“ weitergeht.
Ritual und Inhalt
Noch kann Bartnikowski reisen und aus erster Hand berichten. „Solange das möglich ist, machen wir das“, sagt der Vereinsvorsitzende Hermann Düringer. Inzwischen sei man aber auch dabei, „Leute aus der zweiten Generation“ anzusprechen, also Kinder der Ex-Häftlinge.
„Es dreht sich vieles um die Frage: Wie werden wir gedenken, wenn die Überlebenden nicht mehr da sind?“, berichtet Andrea Löw, die Wissenschaftliche Leiterin des Zentrums für Holocaust-Studien am Institut für Zeitgeschichte München. Diese Diskussion gebe es in der Gedenkstätten-Landschaft und in der internationalen Wissenschaft – „gerade angesichts der katastrophalen politischen Situation“ werde sie mit Dringlichkeit geführt.
Löw erwartet, dass sich die Art des Gedenkens verändert. „Für die Überlebenden hat das rituelle Gedenken an den Tatorten eine große Bedeutung. Für die nächsten Generationen werden andere Formate wichtiger sein.“ Mit den Quellen aus der Forschung, mit Schriften und Videos, seien viele Menschen zu erreichen, gerade auch Schülerinnen und Schüler. „Ich plädiere für weniger Ritual, mehr Inhalte“, sagt Löw.
Institutionen probieren neue Formate aus. Etwa der Verein „Zweitzeugen“. Er befähigt junge Leute dazu, die Lebens- und Leidensgeschichte von Betroffenen als „Zweitzeug:innen“ weiterzuerzählen. Getreu dem Motto des Überlebenden Elie Wiesel: „Jeder, der heute einem Zeugen zuhört, wird selbst ein Zeuge werden.“
Einen anderen Weg beschreitet das Projekt „Lediz“ (Lernen mit digitalen Zeugnissen), in dem die Münchner Didaktik-Professorin Anna Ballis mit ihren Kollegen Lebensberichte von Überlebenden aufzeichnet und als Hologramme wiedergibt. So sehen die Betrachterinnen und Betrachter durch 3D-Brillen die lebendige Erzählung der Zeitzeuginnen und -zeugen. Und sie können Fragen stellen, denn das Forscherteam hat Antworten auf Hunderte von Fragen aufgezeichnet.
Noch aber geben Überlebende wie Bogdan Bartnikowski Auskunft. Am Montag wird er zum Gedenken in Auschwitz sein. „Auf dass unsere Kinder niemals durch den Stacheldraht eines Lagers in die Welt blicken müssen“, lautet Bartnikowskis Hoffnung.
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Margot Friedländer über Auschwitz-Befreiung vor 80 Jahren
„Als ob es gestern wäre“
Berlin · Margot Friedländer gehört zu den letzten Menschen, die den Holocaust überlebt haben und noch davon berichten können. Zum 80. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz hat die 103-Jährige eine deutliche Botschaft an die Gesellschaft.
21.01.2025 , 16:24 Uhr 6 Minuten Lesezeit
- Margot Friedländer - Holocaust-Überlebende: Die Demokratie schwankt
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Margot Friedländer erinnert sich an Auschwitz-Befreiung vor 80 Jahren
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- Foto: dpa/Kay Nietfeld
- „Für mich ist es, als ob es gestern wäre“, sagt die 103-Jährige, wenn man sie nach der Befreiung des nationalsozialistischen Vernichtungslagers Auschwitz vor 80 Jahren fragt. „Wir haben es erlebt. Wir sind, wir wissen, was, wie es war.“
Sie selbst war damals Gefangene im KZ Theresienstadt. Ihre Mutter und ihr Bruder wurden in Auschwitz ermordet. „Ich habe meine ganze Familie verloren“, sagt die zerbrechlich wirkende kleine Frau in ihrer Berliner Wohnung. Auf dem Tisch hinter ihr stehen Preise für ihre Versöhnungsarbeit, ein „Bambi“ für ihren Mut, Fotos mit Politikern, ein gerahmtes Titelbild von ihr auf der „Vogue“.
Friedländer hat ihre Geschichte oft erzählt, seit sie mit fast 90 Jahren aus dem amerikanischen Exil in ihre Heimat Berlin zurückkehrte. Sie will es weiter tun, auch wenn ihre Stimme brüchig wird. „Weil ich versuche, euch klarzumachen, was gewesen ist, dass wir das nicht mehr ändern können, dass es aber für euch ist, dass es nicht wieder passieren darf. Das ist meine Mission.“
Auschwitz 70 Jahre nach der Befreiung
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Auschwitz: Bilder vom Ort des Verbrechens
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Foto: RP/Sebastian Fuhrmann
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Mehr als eine Million Menschen
Am 27. Januar 1945 erreichten sowjetische Soldaten das deutsche Vernichtungslager Auschwitz im von der Wehrmacht besetzten Polen. Sie fanden etwa 7000 Überlebende. 1,3 Millionen waren in das Lager verschleppt worden. Etwa 1,1 Millionen von ihnen wurden getötet - ermordet in Gaskammern oder erschossen oder zugrunde gerichtet durch Arbeit, Hunger, Krankheit. Unter den Ermordeten waren eine Million Juden. Diese Fakten listet die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau auf. Zum 80. Jahrestag wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dort wieder an sie erinnern.
Und doch sind sie kaum zu erfassen im Jahr 2025. „Mehr als eine Million Tote in Auschwitz, ungefähr sechs Millionen Tote des Holocaust: Das sind Zahlen eines monströsen Verbrechens, mit denen niemand etwas anfangen kann“, weiß Andrea Löw, Leiterin des Münchner Zentrums für Holocaust-Studien. Verstehen können Nachgeborene vielleicht wirklich nur einzelne Schicksale, wie das der Berlinerin Margot Friedländer, die als junge Frau geächtet, verhaftet und verschleppt wurde. „Das waren Menschen wie Sie und ich, die aus ihrem Leben gerissen wurden“, sagt Löw. „Diese Geschichten müssen wir erzählen.“
„Taten waren nicht 'außerweltlich'“
Die Befreiung von Auschwitz: Der 27. Januar als Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus
Auschwitz, das ist auch eine Chiffre der deutschen Nachkriegsgeschichte für Scham und Verdrängung, für Erinnerung und Entsetzen. „Ich finde es zunehmend schwierig, davon zu sprechen, die Planung und Durchführung des Holocaust seien „unvorstellbar“ oder „nicht zu verstehen““, sagt Deborah Hartmann, Leiterin der Gedenkstätte Haus der Wannsee-Konferenz. Dort berieten hochrangige Vertreter des NS-Regimes 1942 über die Vernichtung der europäischen Juden im industriellen Maßstab.
Dieser Zivilisationsbruch stelle unsere Kategorien infrage, sagt Hartmann. „Heute wird aber mit dem Hinweis auf das „Unvorstellbare“ die historische Distanz noch vergrößert.“ Alle Schritte im bürokratisch geplanten Massenmord ließen sich durchdringen. „Die Taten sind nicht „außerweltlich““, sagt Hartmann.
„Die Menschen wollen davon erfahren“
Der Historiker Hanno Sowade hat die Ausstellung „Nach Hitler“ gestaltet, die noch bis Januar 2026 im Haus der Geschichte in Bonn zu sehen ist. „Es ist eines der schwierigsten Themen, die ich je kuratiert habe“, räumt Sowade ein. „Es prägt Deutschland und die Deutschen seit 80 Jahren“.
Er spricht von vier Generationen: die „Handlungsträger“, die nach dem Krieg vergessen wollten. Die Kindergeneration, die Aufklärung forderte. Die Enkelgeneration, die erinnern will. Und jetzt die vierte Generation. „Das Besondere an dieser vierten Generation ist, dass sie einen sehr großen Anteil von Personen mit Migrationshintergrund hat“, sagt Sowade. Der Nationalsozialismus sei nicht unbedingt Teil ihrer Familiengeschichte. „Wir müssen neue Wege der Auseinandersetzung finden.“
Begegnung mit dem Grauen von Gestern
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Begegnung mit dem Grauen von Gestern
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Am Willen dazu fehlt es aus Sicht des Historikers nicht. Die Ausstellung hatte schon mehr als 50.000 Besucherinnen und Besucher. Tausende haben ihre Gedanken dazu auf kleine Papp-Schmetterlinge geschrieben. „Die Menschen wollen sich mit dem Thema auseinandersetzen, sie wollen davon erfahren.“
Sorge, „dass unser Land wieder falsch abbiegt“
Diesen Willen zur Erinnerung erkennt Christoph Heubner an. „Ich sehe Menschen, die sich darauf einlassen“, sagt der Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, das Überlebende vertritt. „Aber ich sehe auch Menschen, die sagen: Es muss doch endlich mal Schluss sein mit dem Erinnern.“
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Heubner fände das absurd, gerade heute. „Es gibt eine berechtigte Sorge angesichts der politischen Entwicklung in Deutschland und in Europa, dass unser Land wieder falsch abbiegt und in schwere Wasser gerät, was Rechtsextremismus und populistischen Hass angeht“, warnt er.
Seit 26 Jahren Lichterketten
„Nie wieder“ wurde zum Schlagwort der Nachkriegsjahre, in West- wie auch in Ostdeutschland. Nie wieder Auschwitz. Nie wieder Faschismus. Nie wieder Krieg. Nie wieder wegschauen und stillhalten. Bis heute gehen dafür immer wieder Tausende Menschen auf die Straße. Die Berlinerin Jutta Kayser etwa organisiert seit 1999 gemeinsam mit anderen die Lichterkette Pankow - seit nunmehr 26 Jahren, immer am Jahrestag der Auschwitz-Befreiung.
Damals protestierten sie gegen die rechten Republikaner. Heute geht es immer noch gegen Rechtsextremismus und Rassismus. „Es bleibt uns nichts übrig, als zu versuchen, etwas dagegen zu tun“, meint die 73-jährige frühere Lehrerin. „Wenn man gar nichts macht, dann haben wir vielleicht bald wieder 1933.“
Rückblick ist „legitim und wichtig“
Aber ist der Aufschwung rechter, rechtsradikaler, rechtsextremer Ansichten heute wirklich vergleichbar mit damals? „Ich finde es anstrengend und nicht zielführend, wenn immer wieder heutige Politiker mit Hitler verglichen werden“, sagt Holocaust-Forscherin Löw. „Aber zu schauen, wo gibt es Parallelen oder Strukturen wie damals, wie haben sich damals rechtsradikale Parteien den Weg in die Regierung gebahnt - das ist legitim und wichtig.“ Löw nennt ausdrücklich die Wahlkampf-Forderungen nach „Remigration“ oder nach Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft für bestimmte Gruppen. „Da gibt es deutliche Parallelen zu den 1930er Jahren.“
Die sieht auch die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer. Fragen nach heutigen Parteien oder Wahlergebnissen beantwortet sie nicht gerne. „Ich verstehe nicht sehr viel von Politik“, sagt die alte Dame. „Aber ich sage immer: So hat es damals auch angefangen. Seid vorsichtig. Macht es nicht. Respektiert Menschen, das ist doch das Wesentliche.“
(felt/dpa boot)
Lesung im Bürgerhaus Friedrichsfeld
Wie Hilde Buschhoff als junge Frau das KZ Auschwitz überlebte
Voerde · In einer Veranstaltung zum 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers geht es um die Erlebnisse, Empfindungen und Ansichten einer Frau in Auschwitz. Pastoralreferent Markus Gehling wird zudem über ihr weiteres Leben berichten.
16.01.2025 , 12:12 Uhr 4 Minuten Lesezeit
- Weibliche Insassen des KZ Auschwitz werden zum Arbeitseinsatz im Reichsgebiet abtransportiert.
Foto: picture-alliance / dpa/DPA
- In diesem Jahr jährt sich die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz zum 80. Mal. Das Lager wurde zum Ort des Gedenkens an die Massenvernichtung der jüdischen Bevölkerung in Europa, aber auch der Ermordung der Sinti und Roma sowie zahlloser Gegner des nationalsozialistischen Regimes. Millionen von Menschen wurden an diesem Ort gequält, bestialisch und fabrikmäßig ermordet. An den Jahrestag der Befreiung des KZ wird am Montag, 27. Januar, mit einer Lesung erinnert, in der die Erlebnisse von Hilde Buschhoff in Auschwitz vorgetragen werden.
- „Trotz dieser bedrückenden Erfahrungen der Vergangenheit ist der Antisemitismus nach wie vor lebendig und zeigt sich zunehmend auch wieder öffentlich. Daher ist es den Voerder Kirchen wichtig, dass die Schicksale der aufgrund ihrer Herkunft verfolgten Menschen nicht vergessen werden“, schreibt Markus Gehling, Pastoralreferent der katholischen Kirchengemeinde St. Peter und Paul Voerde, in einer Pressemitteilung. Diese Erlebnisse eines einzelnen Menschen zeigten zwar nur einen bestimmten Blickwinkel, doch würden sie den heutigen Menschen das ansonsten kaum fassbare Ausmaß der Verbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus näher bringen.
- „Der Nationalismus wird aktuell wieder hoffähig“
Zur Erinnerung an NS-Opfer
„Der Nationalismus wird aktuell wieder hoffähig“
Was Hilde Buschhoff nach 1933 erlebte, hätte damals jeden treffen können, den der Nationalsozialismus zum „Untermenschen“ deklarierte. Vor 1933 war Hilde eine normale junge Frau, die gerade ihre Ausbildung zur Kinderkrankenschwester absolviert hatte und beruflich und privat in ihrem Leben durchstarten wollte. Nach 1933 hielt sie sich als Flüchtling in der Nähe von Brüssel auf.
Ihr Vater war im Zuge antisemitischer Agitation aus seiner Heimatstadt Xanten vertrieben worden, sodass Hilde 1913 in Frankfurt zur Welt kam. Als ihre Eltern, die nach Arnheim geflohen waren, nach dem deutschen Einmarsch dort in Gefahr gerieten, zog Hilde erst nach Arnheim und später nach Amsterdam. Nachdem die Eltern nach Westerbork deportiert worden waren, folgte sie ihnen freiwillig ins KZ. Von dort aus kam sie zunächst nach Theresienstadt und dann nach Auschwitz. Als eine der wenigen überlebenden Insassen erlebte sie das Kriegsende in einem zu Auschwitz gehörigen Arbeitslager und schlug sich zusammen mit einer Freundin nach Deutschland durch, um schließlich nach Amsterdam zurückzukehren. Dort hat sie im September 1945 ihre Erlebnisse im KZ aufgeschrieben. Später ging sie nach Amerika, wo sie ihre Aufzeichnungen 1950 ihrer Freundin Clara gab. Deren Sohn hat sie 1996 nach Yad Vashem geschickt, wo sie archiviert wurden.
Markus Gehling hat diese Aufzeichnungen im Rahmen seiner Suche nach dem Schicksal der Familie Buschhoff zufällig entdeckt und war von der Dichte und Realitätsnähe dieses Textes so beeindruckt, dass er den ersten Teil dieser Aufzeichnungen zum Gedenken an die Pogromnacht im November 2024 in der Peterskirche in Spellen zusammen mit seiner Frau erstmals öffentlich vortrug.
"Ich war sechs, als der Holocaust begann"
An diesem Abend entstand die Idee, die Lesung am Jahrestag der Befreiung von Auschwitz, dem 27. Januar, mit den Erinnerungen von Hilde Buschhoff an Auschwitz fortzusetzen. Auf Einladung des Trägervereins des Bürgerhauses Friedrichsfeld kann diese Lesung im Bürgerhaus in Friedrichsfeld stattfinden. Und damit ganz nah am früheren Wohnort von Leo Herz, der als jüdischer Bürger und Verwandter von Hilde Buschhoff bis 1927 in Friedrichsfeld lebte.
Gunter Demnig wird die acht Stolpersteine
Voerde erinnert mit Stolpersteinen an acht Opfer des NS-Regimes
Gedenken
Voerde erinnert mit Stolpersteinen an acht Opfer des NS-Regimes
Die Lesung aus den Lebenserinnerungen von Hilde Buschhoff findet am Abend des 27. Januar, Beginn 19 Uhr, im Bürgerhaus Friedrichsfeld, Poststraße 36. statt. Eintritt wird nicht erhoben. Nach einer kurzen Einführung beginnt die etwa einstündige Lesung, in der die Erlebnisse, Wertungen und Empfindungen von Hilde Buschhoff in Auschwitz vorgetragen werden. An diesem Abend wird Markus Gehling über das weitere Schicksal von Hilde berichten, das er mithilfe jüdischer Familienforscher in den USA inzwischen klären konnte.
(hsd fbl)
https://rp-online.de/
Gedenken der NS-Opfer: Auschwitz-Überlebende teilen persönliche Erinnerungen
In Videos teilen Überlebende der Shoah ihre Geschichten. Sie haben eine wichtige Botschaft: „Ich habe Auschwitz überlebt: Erinnere Dich daran.“
13.01.2025, 06:02 Uhr
Vor dem 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz teilen Überlebende in Videobotschaften ihre persönlichen Erinnerungen. Die Beiträge werden in den sozialen Medien und auf der Website der jüdischen Claims Claims Conference veröffentlicht, wie die gemeinnützige Organisation mitteilte.
Die Kampagne trägt den Namen „Ich habe Auschwitz überlebt: Erinnere Dich daran“. Mehr als 80 Überlebenden der Shoah sprechen über ihre Erfahrungen. Manche Überlebende wollen, dass die Welt sich an nahe Mitglieder ihrer Familie erinnert, die in Auschwitz ermordet wurden, wie es in der Mitteilung hieß. Andere erzählen den Angaben nach von Städten, in denen sie vor ihrer Verfolgung zuhause waren und deren jüdisches Leben während der Shoah unwiederbringlich zerstört wurde.
„Ein Übel, das kein Mensch jemals ertragen sollte“
„Die Schrecken, die in Auschwitz geschahen, waren ein Übel, das kein Mensch jemals ertragen sollte, aber auch ein Übel, das kein Mensch jemals vergessen sollte“, erklärte der Präsident der Claims Conference, Gideon Taylor.
Am 27. Januar 1945 hatten sowjetische Truppen die Überlebenden des deutschen Vernichtungslagers im besetzten Polen befreit. Die Nazis hatten dort mehr als eine Million Menschen ermordet, überwiegend Juden. Seit 1996 wird das Datum in Deutschland als Holocaust-Gedenktag begangen, die Vereinten Nationen haben das Datum 2005 zum Gedenktag ausgerufen. (dpa)
https://www.tagesspiegel.de/
Merkwürdige Weihnachten: Holocaust-Überlebende schildert Erlebnisse 1935 in Frankenberg
Stand: 25.12.2024, 08:30 Uhr
Von: Karl-Hermann Völker
Weihnachtsfeiern der Frankenberger Schulkinder: Sie fanden traditionell im Deutschen Haus statt, direkt gegenüber vom Wohnhaus Obermarkt 2 der Familie Blum. Das Foto entstand bereits 1919. © Völker, Karl-hermann
„Merkwürdige Weihnachten“ überschreibt sarkastisch die in Chicago (USA) lebende Doris Blum-Wolff ein Kapitel in ihrem kürzlich erschienenen Erinnerungsbuch „Widerstandkraft – Mein Leben und meine Zeiten“. Die 95-Jährige ist die letzte Frankenberger Jüdin, die den Holocaust überlebte. Sie schildert darin auch die Weihnachtstage 1935 in ihrer Heimatstadt.
Frankenberg - Im Herbst war sie in die jüdische Schule an der Hainstraße gekommen, wo zu dieser Zeit noch 14 Kinder von Lehrer Ferdinand Stern unterrichtet wurden. Eine Erstlesefibel, in der die Kinder in einem Gedicht aufgefordert wurden, dem „Führer“ so zu gehorchen wie ihren Eltern, hat Doris bei der Emigration ihrer Familie 1936 mit nach Amerika genommen und aufbewahrt.
Bis zum Beginn des Nazi-Regimes 1933 gab es in der Frankenberger Gesellschaft und besonders in den Vereinen ein harmonisches christlich-jüdisches Zusammenleben, wenngleich auch der Antisemitismus schon seit Jahrzehnten mit der Böckel-Bewegung – Otto Böckel wurde als erster antisemitischer Reichstagsabgeordneter 1887 für Marburg-Frankenberg-Vöhl in den Reichstag gewählt – tief verwurzelt war.
Zeitzeugen haben entsprechend von Jugendfreundschaften berichtet, von gemeinsamen Faschings- und Purimsfesten, von geschenktem Mazzen an Pessach für christliche und Weihnachtsplätzchen für jüdische Kinder. Mit der Machtübernahme Hitlers 1933 endete dies aber von einem Tag auf den anderen – in den Allgemein-Schulen wurden plötzlich jüdische Kinder regelrecht angefeindet.
Familie lebte am Obermarkt
Die Familie des Kaufmanns Ernst und Erna Blum lebte mit ihren zwei Töchtern Ruth (*1926) und Doris (*1929) am Obermarkt 2. Auch für sie war es 1935 unter den antijüdischen Schikanen der NS-Diktatur schwer geworden zu existieren. Doris erzählt in ihren Weihnachtserinnerungen, wie ihr Vater nachts heimlich bei einem Nachbarn Milch holen musste, weil Geschäfte Juden keine Butter oder Milch mehr verkaufen durften. Mit Sehnsucht nahm sie im Schaufenster eines benachbarten Bäckers ein ganzes Dorf von Lebkuchen-Häusern wahr, dazu die festlichen Dekorationen und Weihnachtskränze an den Haustüren am Obermarkt. „Ich schaute mich um und stellte mir vor, wenn ich in einem dieser Häuser wohnen würde…“
Mit Süßigkeiten gedeckter Tisch
Früher hatte die Nachbarfamilie (Landwirt Orth) die Blums Weihnachten zu sich eingeladen – eine Freundschaft, die Holocaust und Vertreibung überdauerte, sogar 1977 noch einmal mit einem Besuch von Doris Wolff erneuert wurde. Bei Orths erlebte das Mädchen den Weihnachtsbaum mit brennenden Kerzen, den „unbeschreiblichen Duft“, den mit allerlei Süßigkeiten gedeckten Tisch. Für sie und ihre Schwester Ruth hatten die Gastgeber auch für Gebäck gesorgt, das mit koscheren Zutaten hergestellt war, denn die Familie Blum lebte sehr strenggläubig. Vater Ernst hatte einen führenden Platz in der Synagoge im Scharwinkel.
1935 war alles anders
Diesmal, 1935, war alles anderes. Beim Bäcker stand nur noch ein Lebkuchen-Haus im Fenster, die ganze Stadt sah verändert aus. Ruth und Doris durften sich bei Orths den Weihnachtsbaum nur kurz ansehen, bekamen auch Süßigkeiten geschenkt, wurden aber schnell wieder hinausbegleitet – es war gefährlich geworden, Kontakte mit Juden offen zu zeigen. Ruth, dreieinhalb Jahre älter, erlebte sogar, dass andere Jugendliche Steine auf sie warfen. Doris wurde von ihrer alten Freundin Lisa geschlagen. „Unser Vater durfte dazu nichts sagen. Wenn er sich beschwert hätte, wäre er ins Gefängnis gekommen.“
Die Kinder aus christlichen Familien erlebten weiter unbeschwerte Weihnachten mit Feiern und Theaterstücken im Deutschen Haus, Krippenspielen in der Liebfrauenkirche, wo der Küster auf der Leiter vor ihren Augen die Kerzen am Weihnachtsbaum anzündete. Für bedürftige Kinder richtete die NSDAP ab 1933 spezielle, propagandistisch aufgezogene Freiluft-Bescherungen auf dem Untermarkt aus. Auch das war an Weihnachten 1935 „merkwürdig“: Das jüdische Mädchen Ruth Blum, das am Heiligabend früher immer die Familie Orth in den evangelischen Gottesdienst begleitet hatte, durfte dies nun nicht mehr.
Die sechsjährige Doris Blum: Gern fütterte sie 1935 die Hühner ihres Großvaters, nur vor den Puten hatte sie etwas Angst. Sie konnte 1936 mit ihrer Familie vor dem Nazi-Terror in die USA entkommen. © Völker, Karl-hermann
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Letzte Zeitzeugin aus Kempen
Holocaust-Überlebende Mirjam Honig wurde 102 Jahre alt
Kempen/Eindhoven · Mirjam Honig war die letzte noch lebende Zeitzeugin des Nazi-Terrors in Kempen. Als Jüdin musste sie 1936 mit ihrer Familie Kempen verlassen. Im niederländischen Eindhoven ist sie nun am Samstag gestorben.
22.12.2024 , 18:30 Uhr 2 Minuten Lesezeit
- Mirjam Honig lebte in einem Pflegeheim im niederländischen Eindhoven (Archivbild).
Foto: Hans Kaiser
- Sie war die letzte Jüdin aus Kempen, die noch von der Verfolgung durch die Nationalsozialisten berichten konnte. Am Samstag, 21. Dezember, ist Mirjam Honig nun im niederländischen Eindhoven im Alter von 102 Jahren friedlich eingeschlafen. Geboren wurde Mirjam Honig 1922 als ältere von zwei Töchtern des Anwalts Dr. Karl Winter und seiner Ehefrau Bertha. 1931 zog die Familie nach Kempen. Dort arbeitete der Vater als Anwalt und Notar. 1933, im Jahr der nationalsozialistischen Machtübernahme, wurde ihm seine Lizenz entzogen; seine Familie brachte Karl Winter künftig mit dem Verkauf von Krawatten durch.
Mit dem Inkrafttreten der Nürnberger Rassegesetze 1935 galten die Juden als Menschen zweiter Klasse. In Kempen wurde die Familie Winter behandelt wie Aussätzige. Im Januar 1936 emigrierte Karl Winter mit seiner Familie nach Venlo, zog dann nach Eindhoven, weil Venlo ihm zu nah an der Grenze zu Hitler-Deutschland lag. Doch 1940 besetzte die deutsche Wehrmacht die Niederlande. 1942 setzen die Deportationen in das Vernichtungslager Auschwitz ein. In den nächsten zweieinhalb Jahren wurde die Familie Winter vom niederländischen Widerstand in wechselnden Unterkünften versteckt und im November 1944 in Sevenum von schottischen Truppen befreit.
Nach dem Krieg heiratete Mirjam Winter den Lehrer Gerrit-Jan Honig, der sie als erster vor der bevorstehenden Deportation gewarnt hatte. Aber es dauerte noch einmal 65 Jahre, bis sie wieder Kempener Boden betrat. Ab 2009 sprach sie mehrfach in Kempener Schulen, rief zu Frieden und Menschlichkeit auf. Am Holocaust-Gedenktag 2012 wurde sie von Bürgermeister Volker Rübo empfangen, trug in der dicht besetzten Paterskirche eine bewegende Darstellung ihrer Verfolgung vor und rief zur Versöhnung auf. 2013 weihte sie unter Tränen eine Gedenktafel zur Erinnerung an ihre Familie an der Ecke Ring/Kerkener Straße ein, wo ihr Elternhaus gestanden hatte. Dort verlegte Kempens Stolpersteininitiative Gedenksteine für sie, ihre Eltern Karl und Bertha und ihre Schwester Ruth.
(hk- biro)
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Persischstunden
Kauderwelsch für Nazis
09.12.2024 Lesedauer: 2 Min
teleschau - Andreas Fischer
Persischstunden
Foto: ARTE/Alamode Film
Ein jüdischer Häftling unterrichtet einen KZ-Kommandanten in einer Sprache, die es gar nicht gibt: Die "Persischstunden" sichern ihm das Überleben in einem eindrücklichen Holocaust-Drama, in dem Worte zur stärksten Waffe gegen das Vergessen werden.
"Man sieht die Sonne untergehen und erschrickt doch, wenn es plötzlich dunkel ist." - Treffender könnten die ersten Worte nicht sein, mit denen KZ-Häftling Gilles (Nahuel Pérez Biscayart) seine "Persischstunden" beginnt. Er soll dem SS-Hauptsturmführer Klaus Koch (Lars Eidinger) Farsi beibringen. Doch Gilles ist Jude und spricht die Sprache gar nicht, die sein Überleben sichern könnte. Also erfindet er in Vadim Perelmans "Persischstunden" (2020) eine Fantasiesprache und trifft damit auf offene Ohren. ARTE wiederholt den Film nun im Rahmen eines Themenschwerpunktes anlässlich des 80. Jahrestages der Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee am 27. Januar 1945.
Es ist eine fast schon absurde Ausgangssituation, die der in der Ukraine geborene Regisseur ("Haus aus Sand und Nebel") zu einem eindringlichen Holocaustdrama verdichtet. Sein auf der Erzählung "Erfindung einer Sprache" von Wolfgang Kohlhaase basierender Film mag Züge eines Schelmenstücks tragen, ist aber vor allem die detailreiche Schilderung der Barbarei aus einer ungewöhnlichen Perspektive.
Konservenfleisch für "echte Perser"
Dass Gilles überhaupt noch lebt, gleicht einem Wunder. Auf dem Weg zu seiner Erschießung durch die Nazis im besetzten Frankreich hatte er mit einem anderen Gefangenen ein halbes Sandwich gegen ein persisches Buch getauscht und entging dadurch dem Massaker. Er behauptete, Perser zu sein, und die SS-Leute freuten sich auf eine Belohnung: Schließlich hatte der Küchenchef in einem Durchgangslager für jeden "echten Perser" zehn Dosen Konservenfleisch ausgelobt.
SS-Mann Klaus Koch will Farsi lernen, damit er nach dem Krieg ein Restaurant in Teheran eröffnen kann. Er macht Gilles, der sich fortan Reza nennt, zu seinem Lehrer und wird, ohne es zu wissen, in einer Sprache unterrichtet, die es gar nicht gibt. Mehr noch: Gilles, der wegen seiner sauberen Handschrift auch das Gefangenenregister führt, bildet die Fantasiewörter aus den Namen der todgeweihten Häftlinge.
Allein mit der Angst
Das Grauen hat viele Gesichter, das ist die große Stärke des Films, der die schrecklichen Taten der SS-Männer zwar eher konservativ bebildert, aber dennoch sehr detailreich ist in den Schilderungen der Barbarei in dem Lager. Das Überleben hängt auch von Zufällen, Launen und Gerüchten ab oder von den Intrigen, Rachefeldzügen und Machtspielen der SS-Leute (darunter ein beängstigender Jonas Nay). Insbesondere eine Szene, in der ein Häftling einen anderen ersticht, damit Gilles nicht auffliegt und seinen kranken Bruder weiter mit Nahrung versorgen kann, zeigt, wie unmenschlich das System ist.
In den dicht inszenierten, düsteren Kammerspielszenen zwischen Gilles und Koch, von Nahuel Pérez Biscayart und Lars Eidinger eindringlich gespielt, manifestieren sich Unterdrückung und Todesangst in perfider Ruhe. Auch wenn das Opfer zum Lehrer und der Täter zum Schüler wird: Es ist der SS-Mann, der allein über Leben und Tod entscheidet. Gilles mag besser verpflegt werden als seine Mithäftlinge, und er mag Privilegien genießen; mit der Angst aufzufliegen, weil er seine erfundene Sprache nicht richtig und konsequent spricht, ist er allein.
Aber Gilles weiß auch, dass die Hoffnung mit dem Vergessen stirbt. Genau dagegen stemmt sich "Persischstunden": Gilles geht es nicht nur um sein eigenes Überleben, es geht ihm um das Überleben der Erinnerungen an die Ermordeten. Er kämpft bis zum Schluss dafür, die in seiner Fantasiesprache versteckten Namen der Naziopfer ins Licht der Erinnerung zurückholen zu können. 2.840 Menschen bewahrt Gilles davor, endgültig ausgelöscht zu werden.
Themenschwerpunkt bei ARTE
Nach dem Spielfilm zur Primetime geht der Themenschwerpunkt zum Holocaust-Gedenktag weiter. im Anschluss folgt mit "Im Kopf eines Nazis" eine Dokumentation über Jonathan Littells großen Roman "Die Wohlgesinnten" (22.15 Uhr). Danach zeigt ARTE zwei Dokumentationen aus Claude Lanzmanns Zyklus "Vier Schwestern" sowie in der Nacht eine Dokumentation über den Holocaust-Comic "Maus" von Art Spiegelmann (1.50 Uhr). Beschlossen wird der Schwerpunkt am Donnerstag, 23. Januar, von den Dokus "Papst Pius XII. und der Holocaust" (20.15 Uhr) und "Stolpersteine" (21.05 Uhr), die in Erstausstrahlung gezeigt wird. Alle Formate sind auch in der ARTE-Mediathek abrufbar.
Persischstunden - Mi. 22.01. - ARTE: 20.15 Uhr
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Das Vermächtnis der Schoa: Wie die zweite Generation erinnert und verarbeitet
16.12.2024
Bild: Umwelt und Klima Zerstörte Landschaft mit Trümmern von Häusern
Der lange Schatten der Schoa: Wie die zweite Generation das Erbe des Holocaust bewältigt
Die Auswirkungen des Holocaust beschränken sich nicht auf die Überlebenden, sondern prägen auch das Leben ihrer Nachkommen tiefgreifend. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) am 16.12.2024 berichtete, wuchs Stewart Florsheim in Washington Heights, einem von deutsch-jüdischen Emigranten geprägten Viertel New Yorks, mit einer durch die Holocaust-Erfahrungen seiner Eltern bedingten Abneigung gegen Deutschland auf. Dieses Beispiel verdeutlicht, wie die Traumata und Ängste der Eltern an die Kinder weitergegeben werden und deren Leben beeinflussen.
Diese Weitergabe des Traumas äußert sich häufig in unausgesprochenen Regeln und Verhaltensmustern. Bernice Eisenstein schildert in ihrem Buch "Ich war das Kind von Holocaust-Überlebenden", wie sie sich den Schicksalsgenossen ihrer Eltern näher fühlte als diesen selbst. Sie lernte, den Holocaust als Mittel zur emotionalen Einflussnahme zu nutzen und versuchte, durch die intensive Auseinandersetzung mit der Shoa, eine Verbindung zu dem Leid ihrer Eltern herzustellen. Eisensteins Geschichte, erhältlich auf Amazon, illustriert die komplexen emotionalen Dynamiken in Familien von Holocaustüberlebenden.
Der ZEIT-Podcast "Deutsche Geister" bietet einen weiteren Einblick in die nachhaltigen Folgen des Holocaust. Eine Frau, deren Vater das Warschauer Ghetto überlebte, wird von dem Enkel eines dort stationierten SS-Offiziers kontaktiert. Gemeinsam suchen sie nach der Wahrheit über die Vergangenheit ihrer Familien. Der Podcast wirft die Frage nach dem Umgang der Nachfahren von Tätern und Opfern mit dem Erbe des Holocaust und der Möglichkeit von Versöhnung auf.
Die Psychologin und Holocaustüberlebende Giselle Cychowicz, deren Arbeit der Deutschlandfunk dokumentierte, behandelt seit Jahrzehnten Schoa-Opfer. Sie beobachtet, dass aktuelle Kriege und Terrorakte die alten Ängste und Traumata ihrer Patienten wieder hervorrufen. Die Reaktionen reichen von aggressivem Handlungsbedarf bis zu tiefem Mitgefühl mit den Opfern.
Nadine Olonetzky, Tochter eines Holocaustüberlebenden, verarbeitet die Geschichte ihrer Familie in ihrem Buch "Wo geht das Licht hin, wenn der Tag vergangen ist". Wie die Frankfurter Rundschau berichtet, schildert sie die unausgesprochenen Traumata ihres Vaters und deren Einfluss auf ihre eigene Kindheit. Olonetzkys Geschichte zeigt, wie die Vergangenheit über Generationen hinweg nachwirkt.
Eine auf holocaustliteratur.de präsentierte Studie von Monika Jesenitschnig untersucht die Resilienz von Holocaustüberlebenden anhand der Autobiografien von Ruth Klüger. Die Studie analysiert die Strategien und Ressourcen, die Klüger halfen, die traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten und ein neues Leben zu beginnen.
Renate Aris, eine der letzten lebenden Holocaust-Überlebenden in Sachsen, teilt im Interview mit MDR Sachsen ihre Erinnerungen an Verfolgung und Diskriminierung während der NS-Zeit. Sie betont die Bedeutung des Erinnerns und Gedenkens, um die Geschichte des Holocaust lebendig zu erhalten, gerade in einer Zeit, in der immer weniger Zeitzeugen berichten können.
Quellen:
- FAZ: Kind von Holocaustüberlebenden: Die Gespenster der Schoa
- Amazon: Ich war das Kind von Holocaust-Überlebenden
- ZEIT ONLINE: Deutsche Geister
- Facebook: Video zum Podcast "Deutsche Geister"
- Deutschlandfunk: Giselle Cychowicz: Ein Vierteljahrhundert für die Holocaust-Überlebenden
- Frankfurter Rundschau: „Wo geht das Licht hin...“ von Nadine Olonetzky: Das Kind, das Angst hat und nicht einmal weiß, wovor
- holocaustliteratur.de: Monika Jesenitschnig: Holocaust, Trauma und Resilienz
- MDR Sachsen: Holocaust-Überlebende Renate Aris: "Ich habe Angst, dass vieles untergeht"
- https://www.vorreiter-zeitung.de/
"ZEUGNISSE": Holocaust-Überlebende berichten
von Susanne Biedenkopf-Kürten
27.11.2024 | 00:30
Erinnerungen wachhalten - das versucht ein Gemeinschafts-Projekt der Claims Conference und des ZDF: "ZEUGNISSE". Hier erzählen Holocaust-Überlebende ihre Lebensgeschichten als Botschaft an die Gegenwart und die Zukunft.
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Margot Friedländer:
Holocaustüberlebende Margot Friedländer erneut ausgezeichnet
Das Jüdische Museum Berlin ehrt Margot Friedländer für ihr Engagement gegen Hass und Ausgrenzung. Sie erhält den Preis für Verständigung und Toleranz.
17.11.2024, 0:01 Uhr
Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, maw
2 Min.
Die Holocaustüberlebende Margot Friedländer bei der Verleihung des Preises für Verständigung und Toleranz in Berlin. © Christophe Gateau/dpa
Die Holocaustüberlebende Margot Friedländer ist mit dem Preis für Verständigung und Toleranz des Jüdischen Museums Berlin (JMB) ausgezeichnet worden. Der Preis wurde der 103-Jährigen am Samstagabend bei einer Feierstunde im Museum überreicht.
Altbundespräsident Joachim Gauck hielt die Laudatio. Margot Friedländer engagiere sich "seit vielen Jahren und trotz ihres hohen Lebensalters mit schier unfassbarer Kraft gegen Hass und Ausgrenzung", hieß es in der Begründung für die Auszeichnung. Sie habe sich der Aufgabe verschrieben, im Land der Täter von ihren persönlichen Erinnerungen an die nationalsozialistische Unterdrückung und Verfolgung sowie an die Schoah zu erzählen und diese schmerzhaften Erinnerungen präsent zu halten.
Zu den angekündigten Ehrengästen bei der Verleihung zählten neben dem Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Felix Klein, die Schriftstellerin Herta Müller sowie Vertreter der jüdischen Gemeinde, Botschafter und Abgeordnete. Wenige Tage zuvor war Friedländer mit einem Bambi in der Kategorie Mut ausgezeichnet worden.
Friedländer wurde als jüdische Deutsche 1921 in Berlin geboren. Während des Nationalsozialismus konnte sie im Alter von 21 Jahren zunächst in Berlin untertauchen. 1944 wurde sie jedoch verhaftet und nach Theresienstadt deportiert. Friedländer überlebte das Lager, jedoch als Einzige ihrer Familie. Ihr Vater starb 1942 in einem Vernichtungslager, ihre Mutter und ihr Bruder wurden im Konzentrationslager Auschwitz ermordet. Friedländer emigrierte in die USA und lebte mehr als 60 Jahre lang im Exil in New York. Im Alter von 88 Jahren kehrte sie nach Berlin zurück und nahm wieder die deutsche Staatsbürgerschaft an. 2008 erschien ihre Autobiografie Versuche, dein Leben zu machen. Als Jüdin versteckt in Berlin.
https://www.zeit.de/
KZ-Überlebende Margot Friedländer mit Preis geehrt
Veröffentlicht am 16.11.2024 Lesedauer: 2 Minuten
Friedländer wurde der Preis am Samstagabend bei einer Feierstunde im Museum überreicht.
Quelle: Christophe Gateau/dpa
103 Jahre alt ist Margot Friedländer, weiterhin erinnert sie an die Verbrechen der Nazis, erzählt von ihrem Überleben und mahnt vor Hass und Ausgrenzung. Nun erhält sie einen weiteren Preis.
Die Holocaust-Überlebende und Zeitzeugin Margot Friedländer hat den Preis für Verständigung und Toleranz des Jüdischen Museums Berlin (JMB) erhalten. Friedländer wurde der Preis am Samstagabend bei einer Feierstunde im Museum überreicht. Die Laudatio hielt Alt-Bundespräsident Joachim Gauck. Unter den angekündigten Ehrengästen waren der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, die Schriftstellerin Herta Müller, Vertreter der jüdischen Gemeinde sowie Botschafter und Abgeordnete.
In der Begründung für den Preis hieß es, Margot Friedländer, die kürzlich 103 Jahre alt wurde, engagiere sich «seit vielen Jahren und trotz ihres hohen Lebensalters mit schier unfassbarer Kraft gegen Hass und Ausgrenzung». Sie habe sich der Aufgabe verschrieben, im Land der Täter von ihren persönlichen Erinnerungen an die nationalsozialistische Unterdrückung und Verfolgung sowie an die Shoah zu erzählen und diese schmerzhaften Erinnerungen präsent zu halten.
Margot Friedländer wurde als jüdische Deutsche 1921 in Berlin geboren. Ihr Vater starb 1942 in einem Vernichtungslager, ihre Mutter und ihr Bruder wurden im KZ Auschwitz ermordet. Die 21-jährige Margot konnte in Berlin untertauchen, wurde aber 1944 verhaftet und nach Theresienstadt deportiert. Im Mai 1945 wurde sie befreit und überlebte den Holocaust als einzige in ihrer direkten Familie. 2008 erschien Friedländers Autobiografie «Versuche, dein Leben zu machen. Als Jüdin versteckt in Berlin». Nach mehr als 60 Jahren im Exil in New York kehrte sie im Alter von 88 Jahren nach Berlin zurück und nahm wieder die deutsche Staatsbürgerschaft an.
dpa-infocom GmbH
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Sein vorletzter Auftritt: NS-Überlebender Ivar Buterfas-Frankenthal spricht vor Weyher Schülern
Stand:08.11.2024, 18:40 Uhr
Von: Dierck Wittenberg
Ivar Buterfas-Frankenthal mit seiner Ehefrau Dagmar. Sie hat ihn bei allen seiner 1651 Auftritte begleitet. © Dierck Wittenberg
Fast 80 Jahre nach Kriegsende ist Ivar Buterfas-Frankenthal einer der wenigen Holocaust-Überlebenden, die noch öffentlich auftreten. Einen seiner letzten Auftritte hat er nun in Weyhe absolviert.
Weyhe – Über die Aufmerksamkeit, mit der sein junges Publikum ihm zuhört, sagt Ivar Buterfas-Frankenthal: „Das ist meine Belohnung von Euch.“ Jetzt sitze er schon mehr als eine Stunde dort oben und nicht einmal habe er ein Handy klingeln hören können.
Mehr als 70 Jahre Altersunterschied liegen zwischen dem Redner auf dem Podium der Weyher Mehrzweckhalle und seinem Publikum. Zwei Wochen nachdem Ivar Buterfas 1933 in Hamburg als Sohn eines jüdischen Vaters und einer christlichen Mutter auf die Welt gekommen war, wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt. Als der junge Ivar in die Schule kam, waren die Nürnberger Rassegesetze bereits in Kraft. Seine Schulzeit endete bereits nach wenigen Wochen – mit einem Rauswurf vor versammelter Schule beim Fahnenappell.
Mehr als 1600 Auftritte in 30 Jahren – nun zieht sich Ivar Buterfas-Frankenthal zurück
Seit den 1990er-Jahren reist Ivar Buterfas-Frankenthal durch die Republik, um davon zu erzählen, was er erlebt und wie er überlebt hat. Vor Kindern und Jugendlichen, aber etwa auch vor Nachwuchskräften der Polizei. Er habe in 30 Jahren 1651 Veranstaltungen absolviert, sagt der 91-Jährige. „Nun ist es Zeit, dass ich meine wohlverdiente Rente ausnutze.“ Der Auftritt in Weyhe werde sein vorletzter sein – und ist sein wohl letzter mit Schülerinnen und Schülern.
Am Freitagvormittag hören ihm knapp 750 Schülerinnen und Schüler der achten Klassen und aufwärts von den Kooperativen Gesamtschulen Kirchweyhe und Leeste zu. Weil diese den Namenszusatz Esther-Bejarano-Schule trägt, sagte Buterfas-Frankenthal: „Ich bin ganz besonders glücklich, meine vorletzte Veranstaltung hier zu machen.“ Esther Bejarano, die das Vernichtungslager Auschwitz überlebt hatte und die 2021 in Hamburg verstorben ist, bezeichnet Buterfas-Frankenthal als gute Freundin. Er bittet um eine Schweigeminute – für die sich sein Publikum ohne Zögern erhebt.
Seine Mutter brachte seine sieben Geschwister und ihn vor den Nazis in Sicherheit
Ivar Buterfas-Frankenthal erzählt dann etwa davon, wie er nur knapp einer Gruppe Hitlerjungen entkommen ist, als die ihn verbrennen wollten. Sein Vater war bereits 1934 ins Konzentrationslager verschwunden. Seiner Mutter hätten es die acht Geschwister zu verdanken, dass ihnen das Lager erspart blieb. Nach einem Hinweis, dass sie auf einer Deportationsliste stünden, floh die Mutter mit den Kindern nach Polen, in die Tucheler Heide, zu Fuß. Als das Versteck auf einem Hof aufgeflogen war, ging es zurück nach Hamburg, wo die Familie den Keller eines ausgebombten Hauses als Versteck nutzte. Und nach Kriegsende habe er 20 Jahre um seine von den Nazis entzogene Staatsangehörigkeiten kämpfen müssen – bis dahin war er staatenlos.
Seine Erlebnisse bettet Buterfas-Frankenthal in eine allgemeinere Geschichte des Nationalsozialismus und seiner Institutionen ein: Der Putschversuch von 1923; die komfortable Festungshaft, in der Hitler „Mein Kampf“ schrieb; die Rollen, die SS, Geheime Staatspolizei, aber auch reguläre Polizei bei Mord und Verfolgung spielten; die Massenerschießungen von Babyn Jar; die Wannsee-Konferenz.
Warnung vor den Rattenfängern von heute
Der 91-Jährige trägt das mit rhetorischer Kraft, hamburgischem Zungenschlag und einer klaren Botschaft vor. „Ich möchte mich Euch über Dinge sprechen, die wir nie wieder wollen, “, sagt er und warnt: „Es sind schon wieder bösartige Rattenfänger unterwegs.“
Nach anfänglichem Zögern stehen die Schülerinnen und Schüler Schlange, um Fragen zu stellen.
Nach anfänglichem Zögern stehen die Schülerinnen und Schüler Schlange, um Fragen zu stellen. © Dierck Wittenberg
Den jungen Leuten gibt er den Auftrag mit auf den Weg, die Demokratie vor ihrer Zerstörung zu retten. „Sie versprechen goldene Berge und halten rein gar nichts“, sagt er über die AfD.
Nach anderthalb Stunden des Zuhörens sind die Schülerinnen und Schüler mit Fragen dran. Eine lautet: Was kann man dagegen tun, dass sich die Ereignisse wiederholen? Buterfas-Frankenthal: „Das Kreuz an der richtigen Stelle machen. So schlimm sind unsere Parteien auch nicht.“
https://www.kreiszeitung.de/
Erinnerung an den Holocaust:
Das Mädchen mit der Nummer A26877
Von Alexander Jürgs
08.11.2024, 19:59Lesezeit: 4 Min.
Sprechen über den Holocaust: Eva Szepesi in der Aula des Frankfurter Lessing-Gymnasiums
Eva Szepesi hat als junges Mädchen den Holocaust überlebt. Über ihre Erlebnisse sprechen konnte sie erst 50 Jahre später. In einer Frankfurter Schule sagt sie, was sie von jungen Menschen erwartet.
Auf der großen Bühne in der Aula des Frankfurter Lessing-Gymnasiums wirkt sie ein wenig verloren: Eva Szepesi, 92 Jahre alt, Holocaustüberlebende, geboren in Budapest. Zwölf Jahre war sie alt, als sie in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert wurde – nachdem sie zuvor aus Ungarn in die Slowakei geflüchtet war. Szepesi, die seit 1954 in Frankfurt lebt, lässt ihr Handtäschchen auf den Bühnenboden gleiten, sie zieht das Tuch zurecht, das sie um den Hals trägt, auf dem Tisch vor ihr stehen eine Blumenvase und ein Wasserglas.
Dann beginnt sie zu erzählen, von ihrer Schulzeit, von der Flucht, der fürchterlichen Angst, von den Verlusten – und im Saal wird es augenblicklich still. Gebannt hören die Schüler aus den Oberstufenjahrgängen ihr zu. Mal liest Szepesi aus ihren autobiographischen Erinnerungen mit dem Titel „Ein Mädchen allein auf der Flucht“, mal spricht sie frei über das, was ihr in den vierziger Jahren im Osten Europas zugestoßen ist und sie bis heute nicht loslässt.
Das Mädchen wird als „Judensau“ beschimpft
Ihre Kindheit nennt Szepesi „glücklich, bis ich sechs oder sieben Jahre alt war“. Meist spielen sie draußen im Freien, das Mädchen und ihre Cousinen, sie füttern die Hasen, pflücken Aprikosen von den Bäumen. Zum Schabbat backt ihre Großmutter Challa, das traditionelle jüdische Zopfbrot, schon frühmorgens breitet sich der Geruch in der Wohnung aus. Doch dann ändert sich das Leben des Mädchens auf brutale Weise. Mitschüler, die gerade noch ihre besten Freunde waren, wenden sich von ihr ab oder beschimpfen sie als „Judensau“.
Der Kinobesuch wird den Juden verboten, sie dürfen nicht mehr ins Schwimmbad, nicht mehr zum Schlittschuhlaufen, kein Radio mehr hören. Die Tiere, die sie besitzen, müssen sie abgeben. Im April 1944, nachdem Deutschland Ungarn besetzt hatte, werden die Familienmitglieder verpflichtet, den gelben „Judenstern“ zu tragen. Wenig später beginnen die Deportationen.
Das Mädchen soll fliehen, mit ihrer Tante, über die Grenze in die Slowakei. Am Bahnhof in Budapest umarmt ihre Mutter sie zum Abschied „so fest, dass ich beinahe keine Luft mehr bekam“. Sie hofft, dass sie die Mutter und auch ihren Bruder bald wiedersehen wird. „Zehn oder zwölf Stunden“ laufen das Mädchen und ihre Tante durch den Wald. Kein Wort soll sie auf der Flucht sprechen, so wurde es ihr eingetrichtert.
Ort des Grauens: das ehemalige Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau
Ort des Grauens: das ehemalige Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenaudpa
Bei zwei Schwestern kommt sie unter, doch die Nationalsozialisten spüren das Versteck auf. Im November 1944 wird sie nach Auschwitz deportiert – in einem Viehwaggon. Im Lager gibt eine slowakische Aufseherin dem Mädchen einen Hinweis, der ihr Leben retten wird: Sie soll, wenn man sie nach dem Alter fragt, sagen, dass sie 16 Jahre alt ist. Denn wer jünger ist, wird direkt vergast. Auf den Arm wird ihr die Häftlingsnummer tätowiert: A26877. Als sowjetische Truppen das Lager Ende Januar 1945 befreien, steht die Zwölfjährige kurz vor dem Tod. Sie ist so gut wie verhungert, hat Fieber, verliert das Bewusstsein. „Ich hatte keine Kraft mehr, war zu schwach, um aufzustehen“, erinnert sie sich beinahe 80 Jahre später.
Szepesi hat lange geschwiegen
Eva Szepesi hat lange gebraucht, bis sie über ihr Leid sprechen konnte. 50 Jahre hat sie geschwiegen. „Es war Schutz“, sagt sie in der Aula des Lessing-Gymnasiums. „Weil ich meine Kinder nicht belasten wollte.“ Erst 1995, bei einem Besuch des Lagers Auschwitz, erklärt sie sich dazu bereit, der Shoah Foundation ein Interview zu geben. Der Filmregisseur Steven Spielberg hatte die Stiftung gegründet, um Erinnerungen von Holocaustüberlebenden per Videoaufnahme zu dokumentieren. Danach wird das Sprechen über die Schoa zu ihrer Lebensaufgabe. Szepesi schreibt ihre Erinnerungen auf, besucht von nun an regelmäßig Schulen, um über das Erlebte zu berichten. Anfang des Jahres spricht sie auch im Bundestag in Berlin: Szepesi hält eine vielbeachtete Rede zum Holocaust-Gedenktag.
Der Anlass für ihren Auftritt im Frankfurter Lessing-Gymnasium ist der bevorstehende Gedenktag zu den Novemberpogromen: In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden überall in Deutschland Juden angegriffen, Synagogen angezündet und jüdische Geschäfte geplündert. In Frankfurt wurden die Gotteshäuser in der Börnestraße, am Börneplatz, an der Friedberger Anlage und im Stadtteil Höchst niedergebrannt. Auch die Westendsynagoge wurde damals in Brand gesteckt. Das Gebäude aber blieb erhalten: Die Nazis hatten Angst, dass das Feuer auf umliegende Häuser übergreifen könnte.
„Man will doch wissen, woher man kommt“
Es gibt heute nicht mehr viele Überlebende wie Szepesi, die noch davon berichten können, wie sie die Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft erlebt haben. Die Erinnerungskultur wird sich dadurch in den nächsten Jahren zwangsläufig wandeln. Wie kann Erinnerung aussehen, wenn es immer weniger Zeitzeugen gibt? Diese Frage treibt viele Initiativen und Institutionen um. Die Videos der Shoah Foundation sind eine Form, die Geschichten der Überlebenden zu konservieren. Entwickelt werden aber auch interaktive Zeitzeugnisse in 3D-Darstellung, bei denen Nutzer eigene Fragen stellen können und der Eindruck einer realen Gesprächssituation entstehen soll – das Exilarchiv der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt hat sich an der Konzeption einer solchen Anwendung beteiligt.
Und auch Künstler beschäftigen sich mit dem Thema. Ein beeindruckendes Beispiel dafür ist die Graphic Novel „Emmie Arbel. Die Farbe der Erinnerung“ von Barbara Yelin. Vier Jahre lang hat die Zeichnerin die Überlebende immer wieder getroffen und aus ihrer Lebensgeschichte einen Comic entwickelt.
„Glaubt nicht einfach, was euch erzählt wird“
Eva Szepesi will weiter über den Holocaust sprechen, die Schulbesuche liegen der Zweiundneunzigjährigen am Herzen. Viel Zeit nimmt sie sich für die Fragen der Schüler. Ihre Tochter Anita Schwarz kommt auf die Bühne, setzt sich neben sie. Die Schüler wollen wissen, wie es nach Szepesis Rückkehr nach Budapest weiterging, wie sie davon erfahren hat, dass ihre Mutter und auch ihr Bruder in Auschwitz ermordet wurden, warum sie mit ihrem Mann ausgerechnet nach Deutschland, in das „Land der Täter“, gezogen ist, wie sie die Wahlerfolge der AfD bewertet. Und sie wollen wissen, was Szepesi von ihrer Generation erwartet, welche Ratschläge sie ihnen mitgeben möchte? „Schweigt nicht, wenn ihr Ungerechtigkeiten mitbekommt“, antwortet die Holocaustüberlebende. „Seid aufmerksam und informiert euch. Glaubt nicht einfach, was euch erzählt wird, sondern denkt selbst nach.“
Erinnerung an die Novemberpogrome
Am 9. November 1938 brannten in Frankfurt die Synagogen. Mit unterschiedlichen Veranstaltungen wird dieses Wochenende an die brutalen Übergriffe auf Juden erinnert. Bei der Gedenkveranstaltung der Jüdischen Gemeinde in der Westendsynagoge wird am Sonntagabend unter anderem Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprechen. Die Stadt lädt am gleichen Tag zu einer Veranstaltung für geladene Gäste in die Paulskirche ein.
Für jedermann zugänglich ist die Gedenkveranstaltung, die die Initiative 9. November organisiert: Der Verein betreibt den Bunker, der am Ort der zerstörten Synagoge an der Friedberger Anlage gebaut wurde, als Raum für Ausstellungen, Konzerte und Lesungen. Am Samstag, 9. November, ist dort von etwa 18 Uhr eine Fassadenprojektion zu sehen: An der Außenwand des Bunkers wird eine virtuelle Rekonstruktion der zerstörten Synagoge gezeigt.
An die Pogrome erinnert wird auch am 10. November um 14 Uhr an der Frankfurter Festhalle. Mehr als 3000 jüdische Männer wurden nach der Pogromnacht festgenommen. Von der Festhalle aus wurden sie in die Konzentrationslager Buchenwald und Dachau deportiert. Auf dem Platz vor der Festhalle sprechen Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg (Die Grünen) und Norbert Birkwald von der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten“.
Das Jüdische Museum organisiert einen Lerntag, der im neuen Ausstellungsraum „Goldener Apfel“ (An der Staufenmauer 11) stattfindet. Der Gewölbekeller gehörte zu einem Haus in der früheren Judengasse, in der Ausstellung spielt die liberale Hauptsynagoge, die in der Nähe stand, eine wichtige Rolle. Das Programm beginnt um 11 Uhr, detaillierte Informationen finden sich im Internet unter www.juedischesmuseum.de.
https://www.faz.net/
„Aber die Wahrheit ist auch, ich würde meine Geschichte bis heute lieber nicht erzählen“
Veröffentlicht am 26.01.2024 | Lesedauer: 11 Minuten
Von Jennifer Wilton
Chefredakteurin DIE WELT
Ivor Perl war zwölf Jahre alt, als er nach Auschwitz deportiert wurde. Jahrzehntelang schwieg er über die erlebten Schrecken. Am Ende jedoch brach er sein Schweigen – auch für diese Botschaft: Hass ist nie ein Weg. Doch heute fürchtet er, dass niemand sie hören will.
Es braucht eine Reihe von Bussen und Bahnen, bis man aus dem Zentrum Londons in die kleinen Straßen des Viertels von Ivo Perl kommt. Er wohnt schon lange in dieser Nachbarschaft, seit einigen Jahren in dem eher unauffälligen Bau des „Jewish Care“, eine Art Altersheim mit kleinen Apartments. Ivor Perl ist 91 Jahre alt, und er sieht sehr viel jünger aus, vor allem, wenn er lacht.
Er lacht nicht wenig. Aber es gibt gerade in diesen Wochen mindestens so viele Momente, in denen er länger schweigt, dann erwartungsvoll hochschaut, als hoffe er auf Antworten, von seinem Gegenüber, von irgendwoher, und rechnet gleichzeitig nicht mehr damit. Dann seufzt er: „Oh dear“. Und lächelt wieder. „Tea?“
Ivor Perl 2017 mit dem damaligen Prince Charles, heute König Charles III., in London
Quelle: AFP
Er ist durch und durch Brite, aber geboren wurde er in Ungarn, in Mako, einem kleinen Ort im Süden des Landes. Das Leben dort, sagt er, war damals „relativ gut“, wobei relativ bedeutet: sehr arm, sehr arbeits- und entbehrungsreich. Gut bedeutet: verglichen mit allem, was in den Jahren danach kam.
Ivor Perl war zwölf Jahre alt, als er mit seiner Familie, gläubige Juden, im April 1944 in ein Ghetto gezwungen wurde. Die Deutschen hatten Ungarn im März 1944 besetzt, Adolf Eichmann sorgte dafür, dass sofort massenhaft Deportationen begannen. Ein paar Monate später kam Ivor Perl in Auschwitz an. Er überlebte, weil er log.
Andere Häftlinge hatten es ihm bei der Ankunft im Vernichtungslager geraten: Sag, dass du älter bist. 16 Jahre sei er, erzählte er den SS-Männern. Sie waren neun Geschwister, die mit den Eltern ankamen in Auschwitz. Außer ihm überlebte nur sein älterer Bruder Alec. Ohne ihn, sagt Ivor Perl, hätte er es nicht geschafft. Mit ihm kam er in einem Waisentransport 1945 nach England; ihre erste Idee, nach Palästina zu gehen, hatte nicht geklappt. Jahrzehntelang war sein Bruder der Einzige, mit dem Ivor Perl über das Erlebte sprach. Es ist das erste Mal, das er ausführlich mit einem deutschen Journalisten redet.
Ivor Perl: Ich wollte dieser Vergangenheit lange keinen Raum geben, weil das Wichtigste war, dass ich mit dem Leben davongekommen war. Ich musste nach vorne schauen. Ich habe mir gesagt: Das ist passiert, geh‘ jetzt weiter. Und ich habe mir auch gesagt, ich werde es hinter mir lassen ohne Rachegedanken. Ich werde nicht schlecht sein, weil andere Menschen schlecht waren. Wenn ich darüber sprechen will, dann wird irgendwann später Zeit dazu sein.
WELT: Ließ es sich wirklich so zur Seite schieben?
Perl: Ja und nein. Es gab seitdem keinen einzigen Tag, an dem ich nicht durch irgendetwas daran erinnert werde. Die Vergangenheit verlässt einen nicht. Tatsächlich wollte ich am Anfang auch nicht in diesem Teil Londons leben, hier, wo viele jüdische Flüchtlinge hinzogen. Ich wollte arbeiten, eine Familie aufbauen. Über das Lager sprach ich mit meinem Bruder, aber selten. Es passierte dann irgendwann alles aus Zufall, ich bin in einer Synagoge engagiert, sie brauchten für eine Gedenkveranstaltung einen Überlebenden, der fiel aus, dann kam eines zum anderen. Das war gut 50 Jahre nach der Befreiung. Vor ein paar Jahren drängte man mich dann auch dazu, etwas aufzuschreiben. Aber die Wahrheit ist auch, ich würde meine Geschichte bis heute lieber nicht erzählen. Ich tue es nur, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Die Nacht vorher kann ich nicht schlafen. Aber ich sage nicht gerne nein.
WELT: Wie hat es sich angefühlt, das erste Mal zu sprechen?
Perl: Ich habe mich vorher vor allem gefragt: Wie um alles in der Welt soll ich das tun? Wo fange ich an? Erzähle ich alles, was da passierte? Auch, was es aus uns machte, in so einem Lager zu sein, als Menschen? Auch die Momente, wo man, wenn jemand neben einem starb, vor allem daran dachte, dass man die Schuhe bekommen könnte oder die Kleider? Aber das ist meine Geschichte, und sie beginnt so: Mein Name ist Ivor, ich kam aus Ungarn mit meiner Mutter und meinem Vater, fünf Brüdern, vier Schwestern. Nur mein Bruder und ich überlebten. Das letzte Bild, das ich von meiner Mutter vor Augen habe, ist, wie sie in Auschwitz durch eine Tür verschwindet, zwei meiner kleinen Schwestern an der Hand. Ich war ihr hinterhergelaufen, ich wollte bei ihr bleiben. Aber sie schickte mich zurück zu den Männern. Sie rettete mein Leben.
WELT: Sie wurden 1944 mit Ihrer gesamten Familie nach Auschwitz deportiert, wie Hunderttausende ungarische Juden innerhalb kurzer Zeit. Wussten Sie, was passiert?
Perl: Nein. Ich war zwölf Jahre alt. Und ich freute mich über diese Reise! Ich war noch nie mit der Bahn gefahren, es war ein Abenteuer. Und das Leben im Ghetto war in den Wochen zuvor so hart gewesen, es konnte nur besser werden.
WELT: Haben Sie jemals realisiert, wie ernst es ist?
Perl: Nie. Alles, worum es ging, war ein Fuß vor den anderen zu setzen – und am Leben zu bleiben, das war mir schon klar. Es gibt viele schreckliche Bilder, die Selektion an der Rampe. Dann der Hunger und Durst, die Arbeit, die Appelle, die Hitze in den Baracken. Wir wussten, dass ganze Baracken, also die Menschen „liquidiert“ wurden. Wir gewöhnten uns daran, neben Toten aufzuwachen. Mein Bruder rettete mir mehrfach das Leben, einmal, indem er mich aus der Krankenbaracke holte, das war natürlich gefährlich. Und doch, verstehen? Ich wusste erst viel später, dass Menschen vergast wurden. Ich erinnere mich, dass im Jahr vor unserer Deportation, 1943, einmal polnische Juden in unseren Ort kamen, in die Synagoge, und erzählten, dort in Polen würden Juden umgebracht, vergast, sogar bei lebendigem Leib vergraben. Alle sagten, das könnte nicht sein. Schon gar nicht ausgehend von so einem zivilisierten Land wie Deutschland. Niemand glaubte ihnen.
WELT: Was ist das Wichtigste, das Sie in dem Konzentrationslager über den Menschen gelernt haben?
Perl: Gott im Himmel...
Chicken Soup Under The Tree - holocaust_survivor_ivor_perl-1280x1600 Ivor Perl ist mi 12 Jahren nach Auschwitz gekommen und hat den Holocaust Überlebt.
Ivor Perl überlebte den Holocaust
Quelle: 2econdchance.co.uk
WELT: Sie sprechen auf einmal Deutsch.
Perl: Ich spreche Deutsch? Oh. Aber wissen Sie, warum ich auch noch am Leben bin? Weil ich Jiddisch sprach. Deswegen verstand ich die Warnung, als wir in Auschwitz ankamen. Dann lernte ich etwas Deutsch. Die Nazis jedenfalls versuchten, uns in den Lagern zu entmenschlichen, und das gelang ihnen auch. Aber was soll man daraus lernen? Am Ende kann ich nur eines sagen: Liebe bringt einen weiter als Hass. Hass ruiniert dich am Ende auch selbst. Allerdings habe ich nicht das Gefühl, dass jemand diese Botschaft hören will. Was hat die Welt gelernt seitdem? Was hat ihr unser Zeugnis gebracht, was hat es verändert? Gerade, wenn ich sehe, was im Moment passiert.
WELT: Wie haben Sie die vergangenen Monate erlebt, mit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel, dem Krieg, dem Ausbruch an Antisemitismus weltweit?
Perl: Ich versuche zu verstehen. Wenn ich ein Schüler wäre, würde ich vielleicht auch sagen, come on, was erzählst du mir von Dingen, die vor 80 Jahren passierten. Schau was in Gaza passiert, schau, was auf der ganzen Welt passiert. Aber was soll ich fühlen, wenn ich sehe, was passiert? Wenn man eine jüdische Person ist, was soll man da fühlen? Und ich habe versucht, die Bilder aus Israel nicht anzusehen, die dokumentieren, was die Hamas jetzt tat. Ich muss es auch nicht, ich weiß, wozu Menschen in der Lage sind.
WELT: Es war eine Illusion, zu glauben, dass Menschen lernen?
Perl: Ja. Im Herbst 1944 kamen mein Bruder und ich, die Sowjetarmee drang damals immer weiter vor, auf einen Transport nach Kaufering in Bayern, wiederum tagelang in Viehwaggons, das Außenlager gehörte zum KZ Dachau. 1945 zwei Wochen, bevor wir befreit wurden, gab es unter den Häftlingen schon viele Gespräche darüber, dass der Krieg bald enden und wir befreit werden könnten. Wir Jungen fragten damals, wie könnt ihr das wissen? Sie sagten, wir wissen das aus dem 1. Weltkrieg. Je schlechter uns die Deutschen behandelten, desto mehr verloren sie gerade. Aber sie sagten auch: Aber es wird nicht lange dauern, und die Welt wird uns nicht mehr glauben, was hier wirklich passiert ist. Ich war 13 Jahre alt, ich hatte keine Ahnung. Aber ich sah mich um und sagte: Worüber redest du? Wie könnte man sagen, dass das nicht passiert ist?
WELT: Die Welt hat es zunächst geglaubt, dafür haben auch die Alliierten, die die Lager befreiten, glücklicherweise einiges getan. Und später die Überlebenden. Der Antisemitismus aber war nie verschwunden.
Perl: Wenn wir fragen, wann, wo fing der Holocaust an? Dann könnte man auch sagen: vor vielen Jahrhunderten. Juden wurden immer gehasst. Wie kamen wir auf die Idee, das beenden zu können, wie kam ich auf die Idee, dass ich in meiner Lebenszeit etwas würde ändern können?
WELT: Sie sagen, für Sie war es als Kind schon eine Normalität, attackiert zu werden.
Perl: Ja, das stimmt. Als ich aufwuchs, war es das Normalste von der Welt in Ungarn. Ich hatte Freunde, die nicht jüdisch waren, wir spielten zusammen, die nannten mich dreckigen Juden, ich nannte sie was auch immer, das gehörte zu unserem Leben dazu. Das schien etwas Alltägliches. Schauen Sie, was jetzt passiert. Hunderttausende marschieren gegen Israel. Damals brauchte nur jemand wie Hitler vorbeizukommen und sagen, lasst uns den Juden die Scheiben einwerfen. Und sie taten es.
Ivor Perl verfolgt 2015 in einem Gerichtssaal in Lüneburg den Prozess gegen einen früheren SS-Mann
Quelle: picture alliance / dpa
WELT: Sie sind vor ein paar Jahren zum ersten Mal nach Deutschland zurückgekehrt, um in dem Prozess gegen den SS-Unterscharführer Oskar Gröning, auch bekannt als „Buchhalter von Auschwitz“, auszusagen. Ist Ihnen das schwergefallen?
Perl: Man hatte mich angerufen und gefragt, ob ich aussagen will. Ich sagte, ich bin bereit, alles zu tun, um den Prozess zu unterstützen, aber ich werde auf gar keinen Fall nach Deutschland kommen.
WELT: Wollten Sie keine Deutschen treffen?
Perl: Es ist schwierig zu beschreiben. Ich wollte keine Wunden öffnen. Es waren am Ende meine Kinder, die sagten, ich sollte fahren. Meine Tochter kam mit mir. Und als wir dann da waren, da kam dieser Bus mit den deutschen Polizisten mit Maschinenpistolen, und ich dachte an die SS und bekam Herzrasen, aber dann wurde mir klar, die sind da, um mich zu schützen. Denn es gab Demonstrationen gegen den Prozess. Als wir schließlich im Saal saßen, sagte meine Tochter plötzlich: Er ist hier. Und dann kam Oskar Gröning herein. Mit zwei Krankenschwestern. Und wissen Sie was: Er tat mir leid. Als Mensch tat er mir leid. Ich sah rüber und dachte, 70 Jahre habe ich schlecht geschlafen ihretwegen, und jetzt sitzen Sie hier, alt und krank, und eigentlich spüre ich nichts außer Mitleid. Ich sagte ihm das auch. Natürlich wollte ich, dass er schuldig gesprochen wird. Aber ob er bestraft würde, das machte für mich keinen Unterschied mehr.
1945 befreite Kinder im Konzentrationslager Auschwitz
Quelle: picture-alliance / Mary Evans Picture Library/WEIMA
WELT: Sind Sie im Nachhinein froh, es gemacht zu haben?
Perl: Es war ein strahlender Tag damals, als der Prozess stattfand, und wir machten später einen Spaziergang. Menschen saßen in den Cafés draußen, und wir hielten auch an, um einen Kaffee zu trinken. Und ich habe plötzlich innegehalten und gedacht: Wie kannst du hier einfach einen schönen Tag haben, hier, ausgerechnet, in dieser Situation? Aber dann dachte ich, worum geht es im Leben, wenn nicht darum?
WELT: Sie sagten, Rachegedanken hätten nie eine Rolle gespielt. Haben Sie nie so etwas wie Wut gespürt?
Perl: Als wir in Dachau von den Amerikanern befreit wurden, mussten wir zunächst dort bleiben. Und es kamen immer mal wieder Jeeps an mit ein paar SS-Männern, die sie gefasst hatten. Dann rannten wir dahin und formten ein Spalier, und natürlich hoben die Leute Dinge auf und warfen sie. Und ein Mann neben mir fragte mich, bist du nicht Ungar? Und ich sagte ja. Und er sagte: Bist du Jude? Und ich sagte ja. Er fragte, wo sind deine Steine? Warum wirfst du nicht? Und ich sagte: Ich will nicht. Ich werde nicht. Und das war die ganze Wahrheit: Ich wollte es nicht. Ich hatte in dem Moment sogar das Gefühl, irgendetwas stimmt mit mir nicht, dass ich das nicht wollte. Aber wenn ich gefragt werde, an Schulen zum Beispiel, ob ich sie hasse, die Menschen damals, die Deutschen, dann sage ich: Hass ist kein Weg, vorwärts. Wir sind alle auf der gleichen Reise, nur auf unterschiedlichen Wegen. Wir müssen uns tolerieren. Wenn ich einen Wunsch frei hätte… Dann dass wir endlich verstehen, dass es kein Problem ist, anders zu sein. Es geht darum, das Anderssein zu akzeptieren.
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Überlebende erinnern an Befreiung des KZ Dachau
Stand: 30.04.2023 | Lesedauer: 2 Minuten
Das Eingangstor mit der Inschrift «Arbeit macht frei» des KZ Dachau.
Quelle: Sven Hoppe/dpa/Archiv
An den Jahrestagen der Befreiung der Konzentrationslager wird seit Jahrzehnten an die dunkelste Epoche der deutschen Geschichte erinnert. Nun kamen wieder Überlebende nach Dachau - an jenen Ort, der weltweit bis heute als Symbol für den Nazi-Terror steht.
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90 Jahre nach der Errichtung des Konzentrationslagers in Dachau haben am Sonntag Überlebende an die Befreiung der Häftlinge erinnert. Nach Angaben der KZ-Gedenkstätte waren mehr als ein Dutzend frühere Häftlinge und ehemalige Soldaten der US-Armee, die das Lager am 29. April 1945 befreit haben, dafür nach Dachau gekommen. Das KZ war am 22. März 1933, nur wenige Wochen nach der Machtergreifung Adolf Hitlers, eröffnet worden.
Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) betonte aus Anlass der Gedenkfeier zum 78. Jahrestag der Befreiung die Bedeutung der baulichen Reste des Lagers, da es immer weniger Zeitzeugen gebe. Daher sei es wichtig, die «Überreste des ehemaligen Lagers als Beleg für die Nazi-Gräueltaten zu bewahren und den Lebenden einen Ort zu erhalten, an den sie physisch kommen können», sagte er. «Wo sich das Geschehen ereignete, sind Erkennen, Begreifen, Lernen ganz besonders möglich.»
Der Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, Landtagsvizepräsident Karl Freller (CSU), betonte die Bedeutung des KZ für die heutige Demokratie. Nur eine Gesellschaft, die sich aktiv erinnere, könne den Bedrohungen erfolgreich begegnen. «Dass eine Demokratie sich mit demokratischen Mitteln selbst abschaffen kann, lehrt uns leider die Erfahrung aus der Weimarer Republik.»
Das KZ vor den Toren Münchens zählte zu den ersten Konzentrationslagern der Nazis und ist eines der bekanntesten. Die Nationalsozialisten nahmen es als Vorbild für andere Lager. Der Name Dachau ist bis heute weltweit ein Begriff für den Terror während der Hitler-Diktatur. Mehr als 200.000 Menschen waren dort und in den Außenlagern ab 1933 inhaftiert, mindestens 41 500 Menschen starben dort an Hunger, Krankheiten, Folter oder wurden ermordet.
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Gedenktag
Israel erinnert an Opfer des Holocaust
Stand: 18.04.2023 15:24 Uhr
Landesweit heulten die Sirenen, viele Autos standen still: Israel hat am Vormittag der Opfer des Holocaust gedacht. In diesem Jahr wird besonders an den jüdischen Aufstand im Warschauer Ghetto vor 80 Jahren erinnert.Israel hat des jüdischen Widerstands und der sechs Millionen ermordeten Juden in der NS-Zeit gedacht. Landesweit heulten am Vormittag zwei Minuten lang die Sirenen. Auf den Straßen blieben die Autos stehen, Passanten verharrten in stillem Gedenken. Der Tag Jom Ha-Schoah wird in Israel seit 1951 begangen.
In diesem Jahr wird besonders an den jüdischen Aufstand gegen die deutschen SS-Truppen im Warschauer Ghetto erinnert, der am 19. April 1943 begann. Der verzweifelte Kampf gegen die zahlenmäßig weit überlegenen Deutschen endete rund vier Wochen später. Nur wenige Warschauer Juden überlebten die Niederschlagung durch die deutschen Truppen.
Israels Staatspräsident ruft zur Einigkeit aufIn Tel Aviv kamen Menschen aus ihren Büros auf die Straße, um still dazustehen. Autofahrer hielten an und standen neben ihren Fahrzeugen. "Man denkt daran, was die Deutschen, die Nazis den Juden angetan haben", sagte ein Passant anschließend. "Auch jetzt gibt es Antisemitismus, es kann wieder geschehen. Deshalb müssen die Menschen in Israel zusammenhalten."Auch Israels Staatspräsident Izchak Herzog rief die Bevölkerung am nationalen Holocaust-Gedenktag zur Einigkeit auf - mit Blick auf die aktuelle Zerrissenheit im Land. In der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem sagte er: "Wir sind ein Volk und werden dies bleiben - verbunden nicht nur durch eine schmerzhafte Geschichte, sondern auch durch eine gemeinsame Zukunft."
147.199 Holocaust-Überlebende in Israel
Am Mittwoch wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der zentralen Gedenkfeier in Warschau eine Rede halten. Die deutschen Nationalsozialisten und ihre Helfer ermordeten laut Schätzungen etwa sechs Millionen Juden.In Israel leben nach offiziellen Angaben noch 147.199 Holocaust-Überlebende. 61 Prozent von ihnen sind Frauen. Etwa 38 Prozent der Überlebenden wurden während des Zweiten Weltkriegs geboren. Gut ein Fünftel sind heute über 90 Jahre alt. Rund 4,5 Prozent der Überlebenden kamen vor der Staatsgründung Israels 1948 ins Land, ein weiteres knappes Drittel unmittelbar danach.
Mit Informationen von Bettina Meier, ARD-Studio Tel Aviv
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Konzentrationslager Sachsenhausen bei Oranienburg 1939 bis 1944: Die Aufzeichnungen des KZ-Häftlings Rudolf Wunderlich
Im März 1939 wurde Rudolf (Rudi) Wunderlich als politischer Häftling in das Konzentrationslager Sachsenhausen bei Oranienburg eingewiesen. Hier blieb er bis zu seiner Flucht im Juni 1944. Er erlebte – zeitweilig als Mitglied eines «Außenkommandos» – den Terror der Bewacher und Mörder in unmittelbarer Nähe. In der nachfolgenden Illegalität, die bis Kriegsende andauerte, verfaßte Rudi Wunderlich seinen faktenreichen, nüchternen Bericht, der nun erstmals gedruckt vorliegt. Er nennt die Namen der Täter und ihre Verbrechen. Um Sachlichkeit bemüht, stellt er in knappen Worten den Lageralltag und seine Schrecknisse dar. Der Historiker und Soziologe Joachim S. Hohmann und der Jurist Günther Wieland erläutern in ihren Beiträgen die Lebensgeschichte Rudi Wunderlichs und beschreiben den historischen Kontext zu seinem Bericht.
Im Land der Täter - Holocaustüberlebende in Nachkriegsdeutschland
Mai 1945 in Deutschland. Die Nazis sind besiegt, die Konzentrationslager befreit. Zehntausende heimatlose Holocaustüberlebende aber verbleiben ausgerechnet im Land der Täter.
Datum 11.04.2023
Die DW erzählt von ihrem schweren Neuanfang und der umkämpften Erinnerung.
Als der Zweite Weltkrieg 1945 vorbei war und der Nationalsozialismus besiegt, konnten Millionen Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter in ihre Heimat zurückkehren. Aber ausgerechnet für rund 50.000 Juden, die aus den Konzentrationslagern befreit wurden, gab es keine Rückkehr. Sie waren während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft aus Osteuropa verschleppt worden. Vor allem die US-Armee richtete für sie sogenannte Displaced Persons Camps ein. Eines der größten Lager entstand in Landsberg am Lech bei München. Bis zu 7.000 Juden lebten hier zwischen 1945 und 1950 in einer "Stadt in der Stadt".
Im Land der Täter - Holocaustüberlebende in Nachkriegsdeutschland
Die DW-Dokumentation "Im Land der Täter - Holocaustüberlebende in Nachkriegsdeutschland" besucht Überlebende des Holocaust, die bei Landsberg befreit wurden und später im DP-Camp und in der Stadt lebten. Sie erzählen über das Schicksal ihrer Familien und den Versuch, wieder ein normales Leben aufzubauen: "Was für uns normal war, war für den Rest der Welt abnormal. Wir waren verstörte Kinder", erzählt Jakob Bresler, 94 Jahre, der elf Konzentrationslager und Ghettos überlebte.
Im Land der Täter - Holocaustüberlebende in Nachkriegsdeutschland
Das Leben im DP-Camp war geprägt von der Erfahrung des Holocaust, der Suche nach überlebenden Familienangehörigen, dem Streben nach Bildung - und dem Wunsch, Deutschland zu verlassen. Nach und nach erfuhr die Welt von dem Schicksal der jüdischen Überlebenden. Die DP-Lager wurden zu einem weltweiten Politikum, erzählt die New Yorker Historikerin Atina Grossmann.
Der Film problematisiert den deutschen Topos von der "Stunde Null", also den radikalen Neubeginn nach dem Krieg, als in Teilen fragwürdige Selbstentschuldung. Am Beispiel der Stadt Landsberg wird etwa gezeigt, wie die dortige Zivilgesellschaft sich in einem Aufmarsch 1951 mit NS-Massenmördern solidarisiert, die in der Stadt inhaftiert waren, statt mit den Opfern der Gewaltherrschaft.
Im Land der Täter - Holocaustüberlebende in Nachkriegsdeutschland
In der NS-Zeit schufen die Nazis in Landsberg einen riesigen KZ-Lagerkomplex mit fast 30.000 meist jüdischen Insassen. Der Film begleitet das Ehepaar Helga und Manfred Deiler, die in Landsberg mit einer Stiftung für Erinnerungsarbeit seit 40 Jahren für eine Gedenkstätte in ihrer Stadt kämpfen.
Sendezeiten:
DW Deutsch
FR 05.05.2023 – 23:00 UTC
SA 06.05.2023 – 13:30 UTC
SA 06.05.2023 – 18:00 UTC
SO 07.05.2023 – 04:00 UTC
SO 07.05.2023 – 10:03 UTC
Neu-Delhi UTC +5,5 | Bangkok UTC +7 | Hongkong UTC +8
DW Deutsch+
FR 05.05.2023 – 23:00 UTC
SA 06.05.2023 – 13:30 UTC
SA 06.05.2023 – 18:00 UTC
SO 07.05.2023 – 04:00 UTC
SO 07.05.2023 – 10:03 UTC
Vancouver UTC -7 | New York UTC -4 | Sao Paulo UTC -3
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Dossier NN: Ich überlebte die Todeszelle und neun Konzentrationslager
Don Bamberg, Kämpfer beim niederländischen Widerstand im Zweiten Weltkrieg, wurde im Jahre 1941 von einem deutschen Militärgericht in Holland wegen Spionage zum Tod verurteilt. Der Hinrichtungsbefehl für das Exekutionskommando blieb jedoch aus. Nach einem 13-monatlichen Aufenthalt in der Todeszelle wurde das Urteil in lebenslänglich umgewandelt.
Holocaust-Überlebender
"Hitlerjunge Salomon": Sally Perel gestorben
dpa 02.02.2023 - 20:43 Uhr
Tel Aviv - Der Holocaust-Überlebende Sally Perel - bekannt als "Hitlerjunge Salomon" - ist tot. Der Israeli starb im Alter von 97 Jahren in seinem Haus in Israel, wie die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem mitteilte.
International bekannt wurde der gebürtige Deutsche durch seine Autobiografie "Ich war Hitlerjunge Salomon". Das Buch war 1990 auch Grundlage für einen mehrfach prämierten Film der Regisseurin Agnieszka Holland.
Perel wurde 1925 in Peine bei Braunschweig geboren. Nach seiner Flucht aus Deutschland und später Polen fiel er 1941 auf dem Gebiet der damaligen Sowjetunion deutschen Truppen in die Hände. Er überlebte den Holocaust, indem er die Identität eines Volksdeutschen annahm. Nach einem Jahr an der Ostfront wurde er auf eine Schule der Hitlerjugend geschickt. Dort fürchtete er bis zum Kriegsende täglich seine Enttarnung.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wanderte Perel ins heutige Israel aus. 1999 erhielt er für seine Bemühungen um die deutsch-israelische Verständigung das Bundesverdienstkreuz. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) kondolierte den Angehörigen mit den Worten: "Wir alle sind ihm unendlich dankbar dafür, dass er von dieser Zeit berichtet, geschrieben und immer wieder den Kontakt zu Kindern und Jugendlichen gesucht hat."
In Israel leben nach jüngsten Zahlen noch 150.600 Zeitzeugen des Holocausts. Mehr als tausend von ihnen sind bereits über 100 Jahre alt.
https://www.stuttgarter-nachrichten.de/
Meine Erlebnisse im Konzentrationslager Mauthausen: Paul Geier - KZ - Häftling Nr. 14985, Karl Breitenfellner - Schutzhäftling Nr. 50801
Das Konzentrationslager Mauthausen war das größte deutsche Konzentrationslager der Nationalsozialisten auf dem Gebiet Österreichs. Vom 8. August 1938 bis zur Befreiung seiner Insassen durch US- Truppen am 5. Mai 1945 kamen im KZ Mauthausen und seinen Nebenlagern über 100.000 Menschen ums Leben. Dies sind die Aufzeichnungen zweier überlebender politischer Häftlinge, wie sie sie bereits 1945, direkt nach ihrer Befreiung, ausführlich notierten. Auch wenn sie selber zu Protokoll gaben, dass es unmöglich sei, das Erlebte in Worte zu fassen, so haben sie mit ihren Aufzeichnungen trotzdem ein unbeschreibliches Zeugnis der Grausamkeit geschaffen, welches tiefe und absolut ungeschönte Einblicke in die Abgründe des unmenschlichen Lebens, Leidens und Sterbens in der Hölle von Mauthausen zulässt.
HOLOCAUST
"Hitlerjunge Salomon" Sally Perel gestorben
Der Holocaust-Überlebende Sally Perel ist tot. Er starb mit 97 Jahren in Israel. Bis ins hohe Alter kämpfte er gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus. Seine wichtigsten Zuhörer waren Kinder und Jugendliche.
Datum 02.02.2023
Wie die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem mitteilte, starb Sally Perel an diesem Donnerstag in Israel, wo er seit 1948 lebte. Nach Angaben des Norddeutschen Rundfunks war seine Familie bei ihm.
Perel kam 1925 in der niedersächsischen Stadt Peine bei Braunschweig als Sohn eines Rabbiners auf die Welt. Bekannt wurde er durch seine Autobiografie "Ich war Hitlerjunge Salomon", die unter dem Titel "Hitlerjunge Salomon" 1991 von Agnieszka Holland verfilmt wurde und zahlreiche Auszeichnungen erhielt. In dem Buch beschreibt Sally (eigentlich Salomon) Perel, wie er die Verfolgung durch die Nationalsozialisten überlebte.
Nazis ausgetrickst
Nach der Flucht seiner Familie vor den Nazis nach Polen entging Perel als 14-Jähriger der Erschießung durch deutsche Truppen nur deshalb, weil er behauptete, ein "Volksdeutscher" zu sein. In der Folge diente er unter dem Namen Josef "Jupp" Perjell einige Zeit als Dolmetscher in der Wehrmacht. Später machte er als Mitglied der Hitlerjugend eine Ausbildung zum Werkzeugmacher in Braunschweig.
Nach einem Jahr an der Ostfront wurde er auf eine Schule der Hitlerjugend geschickt. Dort fürchtete er bis zum Kriegsende täglich seine Enttarnung. Nach dem Zweiten Weltkrieg wanderte Perel ins heutige Israel aus.
40 Jahre bis zur Autobiografie
Perel brauchte 40 Jahre, um das Erlebte zu verarbeiten. Nach einer Herzoperation 1985 entschloss er sich, ein Buch mit seiner Geschichte zu schreiben - in deutscher Sprache. In einem Interview mit dem Magazin "Der Spiegel" sagte Perel 1992, dass er das Gefühl gehabt habe, dass dadurch der (jahrzehntelang verborgene Hitlerjunge) Jupp "aus ihm heraus wollte".
Trotzdem erschien das Buch 1990 zunächst auf Französisch ("Europa, Europa"), ein Jahr später auf Hebräisch und noch ein Jahr später auf Deutsch. Da war es allerdings schon unter dem Titel "Hitlerjunge Salomon" verfilmt worden.
Unermüdlicher Botschafter für Frieden und Völkerverständigung
Immer wieder gab Sally Perel seine Erfahrungen während der NS-Zeit an junge Menschen weiter. 1999 wurde er für seine Bemühungen um die deutsch-israelische Verständigung mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt, 2020 zum Ehrenbürger von Braunschweig ernannt.
Der Ministerpräsident des Bundeslandes Niedersachsens, Stephan Weil, kondolierte den Angehörigen mit den Worten: "Wir alle sind ihm unendlich dankbar dafür, dass er von dieser Zeit berichtet, geschrieben und immer wieder den Kontakt zu Kindern und Jugendlichen gesucht hat."
In Israel leben nach jüngsten Zahlen noch 150.600 Zeitzeugen des Holocausts. Mehr als tausend von ihnen sind bereits über 100 Jahre alt.
mak/AR (KNA, dpa)
https://www.dw.com/de/
Ich war Hitlerjunge Salomon: (erlebt und erfahren)
Dieses Buch, nach dem der vieldiskutierte Film »Hitlerjunge Salomon« entstand, ist die autorisierte Autobiografie des Juden Sally Perel, der hier nach über 40 Jahren des Schweigens das Geheimnis seiner doppelten Identität preisgibt: Er entkam dem Holocaust in der Uniform der Nazis und überlebte als Hitlerjunge Jupp Perjell. Auf eindringliche Weise berichtet Sally Perel von den aberwitzigen Erlebnissen und der inneren Zerrissenheit dieses Doppellebens, das ihn sowohl in die Rolle des Opfers wie in die des Täters zwang. »Das Buch von Sally Perel ist ein Plädoyer für das Recht des Menschen auf Leben – jenseits aller Ideologien und Glaubensformen.«
HOLOCAUST-ÜBERLEBENDER
Er überlebte als "Hitlerjunge Salomon" den Holocaust: Sally Perel ist tot
Er wurde als "Hitlerjunge Salomon" bekannt, nun ist Sally Perel im Alter von 97 Jahren gestorben. Der Jude hatte den Holocaust überlebt, indem er sich als Volksdeutscher ausgab.
Lukas von Hoyer schreibt für die Augsburger Allgemeine.
VONLUKAS VON HOYER
"Hitlerjunge Salomon" ist tot. Der Holocaust-Überlebende Sally Perel ist im Alter von 97 Jahren in seinem Haus in Israel gestorben. Das teilte die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem mit. Der Israeli hatte durch seine Autobiografie "Ich war Hitlerjunge Salomon" internationale Bekanntheit erlangt. Das Buch stellte die Grundlage für den preisgekrönten Film "Hitlerjunge Salomon" (1990) von Regisseurin Agnieszka Holland dar. 1992 wurde der Film mit dem Golden Globe ausgezeichnet.
"Hitlerjunge Salomon" ist tot: Sally Perel wurde in Deutschland geboren
Perel war 1925 in dem kleinen Ort Peine in der Nähe von Braunschweig geboren worden. Im Zuge der NS-Zeit floh er aus Deutschland und kam zunächst in Polen unter. Als er auch dieses Land verlassen hatte, fiel er 1941 auf dem damaligen Territorium der Sowjetunion deutschen Soldaten in die Hände.
Um den Holocaust zu überleben, nahm der Jude die Identität eines Volksdeutschen an. Seine Tarnung hielt und er wurde nach einem Jahr an der Ostfront auf eine Schule der Hitlerjugend geschickt. Bis zum Kriegsende fürchtete er dort täglich seine Enttarnung, zu der es allerdings nicht kam.
Perel ist tot: Er wanderte nach dem Zweiten Weltkrieg nach Israel aus
Der gebürtige Deutsche wanderte nach dem Zweiten Weltkrieg in das heutige Israel aus. Er engagierte sich in der Folge für die deutsch-israelische Verständigung. Für seine Bemühungen erhielt er 1999 das Bundesverdienstkreuz. "Wir alle sind ihm unendlich dankbar dafür, dass er von dieser Zeit berichtet, geschrieben und immer wieder den Kontakt zu Kindern und Jugendlichen gesucht hat", kondolierte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) nun den Angehörigen.
Mit Perel starb einer der bekanntesten Juden, die den Holocaust überlebt haben. In Israel leben derzeit wohl noch etwa 150.600 Zeitzeugen des Holocaust. Mehr als 1000 sind über 100 Jahre alt.
https://www.augsburger-allgemeine.de/
... trotzdem Ja zum Leben sagen: Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager
Mehrere Jahre musste der österreichische Psychologe Viktor E. Frankl in deutschen Konzentrationslagern verbringen. Doch trotz all des Leids, das er dort sah und erlebte, kam er zu dem Schluss, dass es selbst an Orten der größten Unmenschlichkeit möglich ist, einen Sinn im Leben zu sehen. Seine Erinnerungen, die er in diesem Buch festhielt und die über Jahrzehnte Millionen von Menschen bewegten, sollen weder Mitleid erregen noch Anklage erheben. Sie sollen Kraft zum Leben geben.
Holocaust-Überlebende
Friedländer erhält Bundesverdienstkreuz
Stand: 23.01.2023 17:57 Uhr
Friedländer verlor ihre gesamte Familie im Holocaust, sie selbst überlebte das KZ Theresienstadt. Bis heute berichtet sie als Zeitzeugin über die NS-Zeit. Jetzt erhielt sie das Bundesverdienstkreuz erster Klasse.
Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer hat das Bundesverdienstkreuz erster Klasse erhalten. Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey zeichnete die 101-Jährige im Roten Rathaus in Berlin aus.Friedländer war bereits 2011 mit dem Verdienstkreuz am Bande, einer niedrigeren Stufe des Verdienstordens, ausgezeichnet worden. Fünf Jahre später erhielt sie den Verdienstorden des Landes Berlin, 2018 wurde sie zudem Berliner Ehrenbürgerin."Ungeheurer Mut""Wir verneigen uns heute erneut vor der beeindruckenden Lebensleistung und dem ungeheuren Mut unserer Berliner Ehrenbürgerin Margot Friedländer", erklärte Giffey. "In bewundernswerter Weise" gebe sie Zeugnis von ihrem Leben, von der Verfolgung im nationalsozialistischen Berlin, vom Schicksal ihrer Familie und vom Holocaust. Bis in ihr hohes Lebensalter von 101 Jahren setze sie ihre Arbeit fort, die ihr ein tiefes Anliegen sei.Ihre Reden schließt sie häufig mit einem Appell an die Jungen, wachsam zu sein, sich nichts einreden zu lassen und alle anderen Menschen zu akzeptieren.
Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer neben Parlamentspräsidentin Roberta Metsola im EU-Parlament in Brüssel. | INTERVIEW
27.01.2022
Holocaust-Überlebende Margot Friedländer
"Seid ein Mensch!"
Die Holocaust-Überlebende Friedländer spricht über Ihre Lehren aus der Shoah und ihre Botschaft für junge Menschen.
Friedländer wurde 1921 als Margot Bentheim in Berlin-Kreuzberg geboren und wuchs in einer wohlhabenden jüdischen Familie auf. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 bedeutete das Ende einer glücklichen Kindheit.Rückkehr mit 88 Jahren nach BerlinFriedländer verlor ihre gesamte Familie im Holocaust, ihr Vater wurde in Auschwitz ermordet. Sie selbst überlebte das Konzentrationslager Theresienstadt. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging sie in die USA, kehrte 2010 dann aber mit 88 Jahren nach Deutschland zurück. Die Zeitzeugin machte sich den Dialog vor allem mit jungen Menschen zur Lebensaufgabe - unter anderem durch den Besuch in Schulklassen und durch Lesungen.Kai Wegner, Landeschef der CDU Berlin, bezeichnete die Ausgezeichnete als eine "Jahrhundertpersönlichkeit", die uns immer wieder mahne, dass Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie keine Selbstverständlichkeiten seien.
Bei der Verleihung am Montag wurde auch eine Büste Friedländers von der Künstlerin Stephanie von Dallwitz enthüllt. "Mit der Skulptur von Margot Friedländer im Roten Rathaus zeigen wir an prominenter Stelle, dass im Rathaus unserer Stadt auch all die Berliner Jüdinnen und Juden ihren Platz haben, die das menschenverachtende nationalsozialistische Regime vertrieben, deportiert oder ermordet hat", wird Giffey in einer Mitteilung zitiert.Mit Informationen von Sigrid Hoff, rbb
Sigrid Hoff, RBB, 23.1.2023 · 16:50 Uhr
https://www.tagesschau.de/
»Mich hat Auschwitz nie verlassen«: Überlebende des Konzentrationslagers berichten - Ein SPIEGEL-Buch
Am 27. Januar 1945 befreiten sowjetische Soldaten das Konzentrationslager Auschwitz. Mehr als eine Million Menschen waren hier von den Nationalsozialisten ermordet worden; nur wenige Gefangene kamen mit dem Leben davon. Diejenigen, die die Lagerhaft überlebten, konnten oder wollten in den Jahren nach der Befreiung meist nicht über ihre Erlebnisse sprechen. Sie fühlten sich außer Stande, über die Exzesse der Entwürdigung, die sie in Auschwitz erfahren mussten, zu reden, oder sie fanden für ihre Erinnerungen kein Gehör. Weltweit haben SPIEGEL-Redakteure und -Mitarbeiter nun ehemalige Häftlinge des Konzentrationslagers besucht und befragt, Susanne Beyer und Martin Doerry haben diese Berichte in einem Buch zusammengestellt. Die beeindruckenden Schilderungen der letzten überlebenden Zeugen von Auschwitz werden reich bebildert mit Porträts, die die Fotografen Sara Lewkowicz und Dmitrij Leltschuk für dieses Buch anfertigten. Mit Beiträgen von Nicola Abé, Markus Feldenkirchen, Johann Grolle, Julia Amalia Heyer, Wolfgang Höbel, Karoline Kuhla, Christoph Scheuermann und Jurek Skrobala.
„JAHRHUNDERTPERSÖNLICHKEIT“:
Holocaust-Überlebende Margot Friedländer erhält Bundesverdienstkreuz
AKTUALISIERT AM 23.01.2023-16:21
Die heute 101-Jährige hat das KZ Theresienstadt überlebt und kämpft bis heute gegen das Vergessen. Bei der Verleihung wurde auch eine Büste von Margot Friedländer enthüllt.
Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer hat das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse erhalten. Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) zeichnete die 101-Jährige am Montag im Roten Rathaus in Berlin aus.
Die 1921 geborene Friedländer lebte während der NS-Zeit im Untergrund und überlebte das Konzentrationslager Theresienstadt. 1946 emigrierte sie nach New York, 2010 zog sie nach Berlin zurück. Seitdem tritt sie als Zeitzeugin in Schulen auf.
„Wir verneigen uns heute erneut vor der beeindruckenden Lebensleistung und dem ungeheuren Mut unserer Berliner Ehrenbürgerin Margot Friedländer“, sagte Giffey laut Mitteilung vor einigen Tagen über Friedländer. „In bewundernswerter Weise gibt Margot Friedländer Zeugnis von ihrem Leben, von der Verfolgung im nationalsozialistischen Berlin, vom Schicksal ihrer Familie und vom Holocaust.“
„Margot Friedländers authentische und entschlossene Stimme mahnt uns daran, dass es an uns allen liegt, dass es ein für alle Mal beim ,Nie wieder!‘ bleibt“, wird Giffey weiter zitiert. Man müsse Tag für Tag für den Erhalt des Rechtsstaates und eine Gesellschaft, in der Jüdinnen und Juden sicher und frei leben, kämpfen.
Kai Wegner, Landeschef der CDU Berlin, bezeichnete die Ausgezeichnete als eine „Jahrhundertpersönlichkeit“, die uns immer wieder mahne, dass Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie keine Selbstverständlichkeiten seien.
Bei der Verleihung am Montag wurde auch eine Büste Friedländers von der Künstlerin Stephanie von Dallwitz enthüllt. „Mit der Skulptur von Margot Friedländer im Roten Rathaus zeigen wir an prominenter Stelle, dass im Rathaus unserer Stadt auch all die Berliner Jüdinnen und Juden ihren Platz haben, die das menschenverachtende nationalsozialistische Regime vertrieben, deportiert oder ermordet hat“, wird Giffey in der Mitteilung zitiert. Ein Bildnis der Holocaust-Überlebenden hängt bereits in der Ehrenbürger-Galerie im Berliner Abgeordnetenhaus.
Die vielfach geehrte Friedländer war bereits 2011 mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet worden. Die neuerliche Ehrung ist eine sogenannte Höherstufung.
Quelle: dpa/epd
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Wir haben das KZ überlebt - Zeitzeugen berichten: Mit zahlreichen Fotos und ausführlichem Glossar Taschenbuch – 8. März 2021
Wer Überlebende des Holocaust trifft, spürt den Abgrund, der sie von anderen Menschen trennt. Sie waren in Auschwitz, Buchenwald, Dachau. Sie haben unsägliches Leid erfahren. Der Tod war ihr ständiger Begleiter. Mehr als 75 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz gibt es nicht mehr viele Zeitzeugen. Umso wichtiger ist es, ihre Erfahrungen für die Nachwelt zu dokumentieren. Im Gedenken an die Toten, aber auch für den Frieden in der Zukunft. Damit sich die Hölle auf Erden nicht wiederholt. Reiner Engelmann hat Max Mannheimer, Esther Bejarano, Eva Mozes Kor und sieben weitere Zeitzeugen befragt und ihre Erinnerungen für Jugendliche aufgeschrieben. Ein erschütterndes Zeugnis und ergreifendes Mahnmal wider das Vergessen. Und zugleich ein zutiefst bewegendes Plädoyer für das Leben. Mit schwarz-weiß Fotos und ausführlichem Glossar.
HOLOCAUST-ÜBERLEBENDER
„Meine jüngere Schwester war acht Jahre alt, als sie von den Nazis im Wald erschossen wurde“
Veröffentlicht am 27.01.2022 | Lesedauer: 10 Minuten
Von Gunnar Meinhardt
Redakteur
Ben Helfgott
"Die Deutschen heute sind ja nicht für das Unglück von damals verantwortlich", sagt Ben Helfgott
Quelle: picture alliance / empics
Der in Polen geborene Ben Helfgott überlebte drei Konzentrationslager. 2005 war er Mitinitiator des von den Vereinten Nationen eingeführten Holocaust-Gedenktags am 27. Januar. Ein Gespräch über seinen Kampf gegen das Vergessen und sein Verhältnis zu Deutschland.
Er spricht sehr leise. Trotzdem ist Ben Helfgott gut zu verstehen. Der 92-Jährige gibt das Interview aus seinem Londoner Wohnzimmer heraus, per Video. Das ist zum Schutz vor Corona notwendig, wenngleich er es bedauert: Was er als polnischer Jude, der im Sommer 1945 nach England emigrierte, zu erzählen habe, würde seine Gesprächspartner weitaus mehr bewegen, säßen sie ihm von Angesicht zu Angesicht in einem Raum gegenüber. Aber auch ohne diese unmittelbare Nähe wird deutlich, was Helfgott als Überlebender des Holocaust durchgemacht hat. Von der Queen vor vier Jahren zum Ritter geschlagen, wird der spätere Gewichtheber und Olympiasportler nicht müde, als Zeuge über die Verbrechen der Nazidiktatur aufzuklären. Das, sagt er, sei seine Mission, sein Lebenswerk.
WELT: Sie wirken traurig. Gibt es etwas, das Sie bedrückt?
Sir Ben Helfgott: Wissen Sie, grundsätzlich bin ich ein positiv denkender Mensch. Wäre ich das nicht, würde ich bei alldem, was ich an Gräuel, Leid und Bestialität erlebt habe, sicher nicht mehr leben. Aber Ihr Eindruck von mir trifft zu, ich bin ein wenig melancholisch gestimmt, weil wir den 27. Januar, den Holocaust-Gedenktag, in diesem Jahr zum wiederholten Mal nicht so begehen können, wie wir es vorhatten. Covid-19 erlaubt wie im Vorjahr keine öffentliche Gedenkfeier, sondern nur eine, die online gestreamt wird. Wegen meines Alters frage ich mich daher schon etwas wehmütig, wie viele normale Gedenkfeiern ich noch erleben werde...
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IM ALTER VON 100 JAHREN
Holocaust-Überlebende Trude Simonsohn gestorben
Veröffentlicht am 06.01.2022 | Lesedauer: 2 Minuten
Im Oktober 2016 wurde Trude Simonsohn das Ehrenbürgerrecht der Stadt Frankfurt/Main verliehen
Quelle: dpa/Andreas Arnold
Sie überlebte Auschwitz, setzte sich in Deutschland für Versöhnung ein und kämpfte gegen das Vergessen. Nun ist die Frankfurter Ehrenbürgerin Trude Simonsohn im Alter von 100 Jahren gestorben.
Die Holocaust-Überlebende und Ehrenbürgerin der Stadt Frankfurt/Main, Trude Simonsohn, ist am Dienstag im Alter von 100 Jahren gestorben. Das teilte die Stadt Frankfurt mit. Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) würdigte Simonsohn als „bedeutende Hessin“, die „immer einen Platz in unserem Herzen haben“ werde. Sie habe sich um den Wiederaufbau des jüdischen Lebens in Hessen und die Erinnerungskultur verdient gemacht.
Simonsohn war am 21. März 1921 im damaligen Olmütz im heutigen Tschechien geboren worden. Während der NS-Zeit gehörte die Stadt zum von Deutschland annektierten sogenannten Protektorat Böhmen und Mähren. Als Jüdin wurde Simonsohn eine Berufsausbildung verwehrt, ihre Mutter und ihr Vater wurden in Konzentrationslagern ermordet.
Zunächst in Theresienstadt, dann nach Auschwitz deportiert
Simonsohn selbst wurde nach Angaben der Stadt Frankfurt 1942 wegen Hochverrats inhaftiert und kam ins KZ Theresienstadt, bevor sie 1944 nach Auschwitz deportiert wurde. Sie überlebte und wurde im März 1945 in einem Außenlager des KZ Groß-Rosen von sowjetischen Soldaten befreit. Nach dem Krieg ließ sich Simonsohn gemeinsam mit ihrem Mann, den sie in Theresienstadt kennengelernt und der den Holocaust ebenfalls überlebt hatte, zunächst in der Schweiz nieder.
1955 zog das Paar nach Frankfurt am Main, wo sich Simonsohn stark in der jüdischen Gemeinde betätigte. Von 1989 bis 2001 war sie deren Vorsitzende. Seit Mitte der 70er-Jahre berichtete sie auch öffentlich als Zeitzeugin über ihre Erlebnisse, etwa in Schulen.
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ZEITZEUGE
Georg Stefan Troller zum 100. Geburtstag
Er entkam den Nazis, befreite als US-Soldat das KZ-Dachau, stahl Souvenirs aus Adolf Hitlers Wohnung und ging dann nach Paris. Ein Jahrhundertzeuge.
Datum 09.12.2021
Autorin/Autor Heike Mund, Christine Lehnen
ZEITZEUGE
Georg Stefan Troller zum 100. Geburtstag
Er entkam den Nazis, befreite als US-Soldat das KZ-Dachau, stahl Souvenirs aus Adolf Hitlers Wohnung und ging dann nach Paris. Ein Jahrhundertzeuge.
Georg Stefan Troller lächelt im Literaturhaus in Köln
JAHRHUNDERTMENSCH: GEORG STEFAN TROLLER
Buchautor und Fotograf
Bis ins hohe Alter geht Georg Stefan Troller noch auf Lesereise - wenn man ihn einlädt. Hier war er im Februar 2020 im Kölner Literaturhaus. Mit Wiener Humor, großer Weisheit und feiner Selbstironie erzählt er dann aus seinem Leben und von seinem Werk. Kurz vor seinem 100. Geburtstag trat er in Wien auf. Bewundernswert.
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Erstaunlich aufrecht, nur leicht gebeugt, betrat Georg Stefan Troller im letzten Jahr den lang gestreckten Raum im Kölner Literaturhaus. Rosagestreiftes Hemd, farbenfrohes Sakko, die Frisur leicht verwegen. Er war an diesem Februarabend 2020, kurz vor dem Corona-Lockdown, zur Lesung aus seinen Büchern gekommen: Biografisches, Anekdoten aus seiner Zeit in Paris, historische Begebenheiten, die er 1945 als jüdischer Emigrant und US-Soldat im zerstörten Deutschland erlebt hat. Das beschäftigt ihn bis heute.
Mit wachem Blick schaute er sich von dem erhöhten Podest interessiert die Zuhörerschaft an. Typischer Reporterblick: Wen habe ich da vor mir? Dabei hatte er es einem Zufall zu verdanken, dass er Journalist wurde, wie er später am Abend erzählte.
Trollers Kindheit im jüdischen Wien
Geboren wird Georg Stefan Troller am 10. Dezember 1921 in Wien, als Sohn einer Pelzhändler-Familie. Er hat es nicht leicht als jüdischer Junge, er wird auf der Straße gehänselt und von Schulkameraden verspottet. "Mit so was musste man leben. Und unter den Nazis wurde das noch härter", berichtet er.
Österreich Café Sacher in der Nacht.
Das berühmte Wiener Café Sacher bei Nacht: Treffpunkt der Bohème (Foto um 1930)
Bildung ist die Antwort. Sein Vater ringt ihm die Lektüre sämtlicher Klassiker ab. Den Faust-Monolog könne er bis heute auswendig, sagt er. Mit 16 leiht er sich eine alte Schreibmaschine und haut eigene Gedichte und Gedanken in die Tasten: "Georg Stefan Trollers Gesammelte Werke" steht auf dem Deckblatt.
Wenig später beginnt seine Emigranten-Odyssee. 1938 kann er aus dem okkupierten Wien vor den Nazis fliehen: "Nachts mit einem Schmuggler über die Grenze und von da an alles nur noch illegal, ohne Papiere." Tschechoslowakei, Frankreich sind die Stationen. In Marseille kann er sich mit viel Glück ein Visum in die USA besorgen. 1941 kommt Georg Stefan Troller im gelobten Land Amerika an.
Rückkehr nach Europa als US-Soldat
1943 wird er von der US-Army zum Kriegsdienst eingezogen. Beim Vormarsch der alliierten Truppen durch das besetzte Frankreich und Nazi-Deutschland leistet er den Amerikanern mit seinen Deutschkenntnissen wertvolle Dienste. Er kennt die Mentalität der Mitläufer und Nazi-Täter und wird deshalb bei der Vernehmung von deutschen Kriegsgefangenen eingesetzt.
Zweiter Weltkrieg, US-Truppen patrouillieren mit Jeeps durch die Innenstadt von München 1945.
Soldaten der US-Army inspizieren im Mai 1945 die Straßen von München
Als emigriertem Wiener Juden kann ihm keiner was vormachen. "Das Wort Befreiung habe ich nie gehört damals", berichtet Troller in vielen Interviews. "So was wie Freiheit und Demokratie, das war ja überhaupt nicht im Gedankenschatz der Deutschen vorgesehen. Unser Kriegsmaterial haben sie alle bewundert, die Jeeps, die Walkie-Talkies. Kein Wunder, dass ihr den Krieg gewonnen habt, mit dem Material, bekam ich zu hören", erzählt er 2005 in einem TV-Interview mit dem Westdeutschen Rundfunk.
Ende April 1945 rücken die US-amerikanischen Truppen bis München vor. Der Versuch in den kriegszerstörten Städten eine öffentliche Ordnung herzustellen, sei bei den besiegten Deutschen nicht auf Gegenliebe gestoßen, berichtet Troller: "Die standen da herum um die Bretterzäune und Plakatsäulen, wo die ersten Anordnungen der Militärregierung klebten und wussten eigentlich nicht, wie ihnen geschah."
Troller inspizierte Hitlers Wohnung
Bei der Durchsuchung der Privatwohnung von Adolf Hitler und Eva Braun lässt der junge GI kleine "Nazi-Souvenirs" mitgehen. Sein Vater, dem er das in die USA schickt, ist entsetzt.
Am 1. Mai 1945 fährt US-Soldat Troller mit dem Jeep in das von US-Truppen befreite Konzentrationslager Dachau. Er soll dort gefangene SS-Leute verhören. Nur mit dem distanzierten Blick durch die Kamera kann er den grauenhaften Anblick der vielen verhungerten, ermordeten Häftlinge ertragen - eine erschütternde Erfahrung für ihn, die ihn sein Leben lang beschäftigt.
Befreites KZ Dachau (imago stock&people)
1945: US-TRUPPEN ERREICHEN DAS KZ DACHAU
Die Ankunft der US-Armee
Der 29. April 1945 war ein Sonntag. Am frühen Morgen gab Colonel Sparks dem 3. Bataillon seines Infanterie-Regiments den Marschbefehl. Die US-Truppen kamen von Westen, auf dem Vormarsch Richtung München. Genau wussten sie nicht, wo dieses Konzentrationslager lag, das die Nazis schon 1933 eingerichtet hatten. Ohne Vorwarnung trafen die US-Soldaten ein Horrorszenario hinter den Toren an.
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Nach einem kurzen Intermezzo bei Radio München landet Georg Stefan Troller als Reporter bei der "Neuen Zeitung". Aber in München hält ihn nichts, er will zurück nach Wien, seine Heimatstadt. "Ich bin damals alle Straßen abmarschiert, die ich kannte, tagelang, nächtelang, um mein Heimweh zu stillen. Aber schließlich fand ich für mich diesen Satz: Eine Heimat kann man sowenig wiederfinden wie eine Kindheit."
Er geht zurück in die USA, studiert Theaterwissenschaften - und landet dank eines Stipendiums 1950 in Paris. Die Universität Sorbonne, die quicklebendige Stadt an der Seine, der Esprit der französischen Frauen - all das ist eine neue Welt für ihn.
Troller führte legendäre Promi-Interviews
Er entwickelt sich zum Flaneur, zum feinsinnigen Beobachter der Lebenskunst der Franzosen. "Paris hat mir die Augen geöffnet und unendlich viel beigebracht. Es war ein Großstadtleben gegenüber der kleinstädtischen Beschränktheit, die man in Deutschland überall fand", erzählt er in seinen Lebenserinnerungen ("Selbstbeschreibungen", 2009).
Georg Stefan Troller sitzt neben einem anderen Mann auf einem Sofa. Vor ihm liegt ein Mikrophon.
Journalist und Autor Georg Stefan Troller in seinen frühen Pariser Jahren (1961)
In Paris findet Georg Stefan Troller Anfang der 1960er-Jahre auch seine Berufung als Fernseh-Reporter. Für den Westdeutschen Rundfunk in Köln produziert er dort neun Jahre lang als Kulturkorrespondent die Sendung "Pariser Journal", einfühlsame Milieustudien und Menschenporträts, die ein Paris zeigen, was man in Deutschland bis dato nicht kannte.
1971 wirbt ihn das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) ab, eine Weichenstellung für sein Leben. 22 Jahre lang wird er in den 70 Folgen seines legendären Interview-Formats "Personenbeschreibung" Fernsehgeschichte schreiben - stilbildend, frech und mit unkonventionellen Fragen. Stars wie Marlon Brando, Brigitte Bardot, Alain Delon, Woody Allen, Kirk Douglas, Romy Schneider oder Box-Legende Muhammed Ali stehen ihm Rede und Antwort.
Kamera ist eine Art Schutzschild
"Journalist zu sein, war für mich ein Mittel der Selbstheilung und Lebensrettung", erinnert sich Troller. "Meine Seele als jüdischer Emigrant, der dem Holocaust entkommen war und der 19 Angehörige verloren hatte, war verletzt", sagte er in einem Interview mit dem DJV-Journal 2017. "Ich nenne meinen Job heute: Gesundung durch andere." Ein gutes Interview sei für ihn fast wie ein Beichte, fügt er hinzu.
Romy Schneider verschränkt die Arme und schaut in die Kamera.
Auch Schauspielerin Romy Schneider wurde von Troller für das deutsche Fernsehen in Paris interviewt
Fernsehfilme, Dokumentationen, Bücher, Fotobildbände und Essays für Zeitschriften kommen später dazu. Jedes Manuskript tippt Troller auf seiner alten Hermes-Schreibmaschine. "Ich habe keinen Computer und kein Internet", erzählt er lachend während der Lesung in Köln. "Meine Manuskripte faxe oder schicke ich meinem Verleger per Post. Anmerkungen mache ich mit einem vierfarbigen Kugelschreiber."
Seine zahlreichen Fernseh- und Grimme-Preise sowie Ehren-Urkunden hat nach seiner Pensionierung aus Versehen eine Putzfrau im Studio Paris entsorgt. Darüber kann er nur lachen. Sein größter Stolz ist etwas anderes: "Ich habe sozusagen in meinem Alter eine neue Karriere angefangen, nämlich als Fotograf." Die Fotografien aus seiner frühen Pariser Zeit werden mittlerweile in Ausstellungen ("Die Erfindung von Paris") gezeigt und auf Auktionen verkauft.
Eine Frau betrachtet an der Wand aufgehängte Schwarzweiß-Fotografien.
Foto-Ausstellung mit SW-Fotografien von Troller im Literaturmuseum in Marbach (2018)
Zumal sich die Preise immer weiter anhäufen. Im Jahr 2021 erhielt er den Ehrenpreis für das Lebenswerk beim Deutschen Dokumentarfilmpreis, das Bundesverdienstkreuz und die Ehrung durch den Staat Österreich hat er schon lange, eine Oscarnominierung versteht sich da beinahe von selbst. Im September 2021 nimmt der 99-Jährige digital, ganz Pandemie-konform, am Internationalen Literaturfestival Berlin teil, auch in Wien steht er im November wieder auf der Bühne.
"Meine ersten 100 Jahre"
Dreißig Minuten lang erzählt er für das Internationale Literaturfestival Berlin vor der Kamera von seinem Leben und Schreiben. "Man wird fauler", sagt er zwar, schreiben tue er aber immer noch - nur die langen Nächte seien vorbei: "Ich war ein Nachtschreiber, ich habe bis in die Morgenstunden hinein geschrieben, das fand ich romantisch", sagt er mit einem schalkhaften Augenzwinkern. "Das Gegenteil ist jetzt der Fall. Ich bin ein Nachmittagsschreiber geworden".
Premiere | Auslegung der Wirklichkeit | Georg Stefan Troller
Reist noch immer: Bei der Österreich-Premiere des Dokumentarfilms "Auslegung der Wirklichkeit" trat der damals noch 99-jährige Troller am 5. November 2021 in Wien auf.
Kein Wunder, dass Troller selbst das Thema vieler Dokumentationen geworden ist. Im Jahr seines 100. Geburtstag veröffentlichte die österreichische Regisseurin Ruth Rieser einen abendfüllenden Dokumentationsfilm über ihn, der unter dem Titel "Auslegung der Wirklichkeit - Georg Stefan Troller" beim DOK.fest 2021 in München Premiere feierte.
Davon wusste Georg Stefan Troller im Februar 2020 im Literaturhaus Köln, kurz vor dem ersten Corona-Lockdown, noch nichts. Es hätte ihn wohl auch nicht gekümmert - denn am allermeisten freute er sich damals über den Titel seines neuesten Buches: "Liebe, Lust und Abenteuer - 97 Begegnungen meines Lebens", 2019 erschienen. "Das war mein Leben", sagt er mit Nachdruck und Wiener Charme. Und seine Augen blitzten verschmitzt in diesem Moment. Inzwischen hat er schon ein neues Buch vorgelegt: "Meine ersten 100 Jahre" heißt es. An diesem 10. Dezember wird der Weltbürger Georg Stefan Troller 100 Jahre alt. Gratulation!
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»Stimme der Versöhnung«
Der Holocaust-Überlebende Abba Naor erhielt den Verfassungsorden des Bayerischen Landtags
von Helmut Reister
16.12.2021 08:40 Uhr
Im Akademiesaal des Maximilianeums und im Beisein des Direktors der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, Karl Freller, sowie dem Präsidium des Landtags hat Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) in der vergangenen Woche den Holocaust-Überlebenden Abba Naor als Ersten überhaupt mit dem neuen Verfassungsorden des Bayerischen Landtags ausgezeichnet.
Der Orden wird ab jetzt jährlich an Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens verliehen, die »sich in besonderer Weise um die Verwirklichung der Grundsätze der Bayerischen Verfassung verdient gemacht haben«. Der ursprünglich geplante Festakt, bei dem noch weitere Persönlichkeiten geehrt werden sollten, musste wegen der Corona-Pandemie auf unbestimmte Zeit verschoben werden.
SCHÜLERAUSTAUSCH Abba Naor engagiert sich seit 30 Jahren für eine Versöhnungskultur und das Gedenken an den Holocaust, nicht zuletzt seit 2017 als Vizepräsident des Comité International de Dachau und als Mitglied des Stiftungsrats der Stiftung Bayerische Gedenkstätten. Naor, ein gebürtiger Litauer, zählt zudem zu den Initiatoren des Schüleraustauschs zwischen Israel und Deutschland.
Im Alter von 13 Jahren war er zusammen mit seinen Eltern und seinen beiden Brüdern in das Ghetto in Kaunas (Litauen) deportiert worden. Seine Mutter und die Geschwister wurden von den Nazis ermordet. Abba Naor selbst wurde in verschiedene Konzentrationslager deportiert, zuletzt in das Dachauer Außenlager Kaufering, wo er im Frühjahr 1945 auf den Todesmarsch geschickt, aber von der US-Armee befreit wurde.
Landtagspräsidentin Aigner zeigte sich in ihrer Laudatio beeindruckt vom Wirken Naors, der seit drei Jahrzehnten vor allem Jugendlichen vom Grauen berichtet.
Danach traf er seinen Vater wieder, beide emigrierten nach Israel. Abba Naor arbeitete dort für den Geheimdienst. 2014 erschien seine Biografie mit dem Titel Ich sang für die SS. Mein Weg vom Ghetto zum israelischen Geheimdienst. Heute pendelt er zwischen Israel und München.
LAUDATIO Landtagspräsidentin Aigner zeigte sich in ihrer Laudatio beeindruckt vom Wirken Naors, der seit drei Jahrzehnten vor allem Jugendlichen vom Grauen berichtet, das er und seine Familie in der Zeit des Nationalsozialismus erleben mussten. Er habe in den Abgrund der Unmenschlichkeit gesehen, seine Schilderungen seien schmerzhaft, erklärte die Landtagspräsidentin. Dank seiner Empathie dringe er aber in die Herzen und Köpfe seiner vorwiegend jungen Zuhörer vor.
Ilse Aigner nannte Abba Naor eine »Stimme der Versöhnung, Vermittlung und Verständigung« und zugleich eine mahnende Stimme gegen Antisemitismus, Rassismus und Menschenverachtung aller Art. »Diese Auszeichnung«, sagte sie direkt an ihn gewandt, »ist auch eine Verneigung vor Ihrer menschlichen Größe.«
Die Auszeichnung, die Abba Naor erhielt, wurde 1961 vom damaligen Landtagspräsidenten Rudolf Hanauer als Bayerische Verfassungsmedaille gestiftet. Seit 60 Jahren ist sie die öffentliche Anerkennung für Bürger, die sich herausragend für das Gemeinwohl engagieren und damit die Werte der Bayerischen Verfassung mit Leben füllen. In diesem Jahr wurde sie erstmals als Bayerischer Verfassungsorden verliehen.
https://www.juedische-allgemeine.de/
Der Tätowierer von Auschwitz: Die wahre Geschichte des Lale Sokolov | Die erschütternde Biografie eines Holocaust-Überlebenden Broschiert – 1. August 2018
Eine Geschichte von Menschlichkeit, Mut, Liebe und Hoffnung. 1942 wurde Lale Sokolov nach Auschwitz deportiert. Seine Aufgabe war es, Häftlingsnummern auf die Unterarme seiner Mitgefangenen zu tätowieren, jene Nummern, die später zu den eindringlichsten Mahnungen gegen das Vergessen gehören würden. Er nutzte seine besondere Rolle und kämpfte gegen die Unmenschlichkeit des Lagers, vielen rettete er das Leben. Dann, eines Tages, tätowierte er den Arm eines jungen Mädchens – und verliebte sich auf den ersten Blick in Gita. Eine Liebesgeschichte begann, an deren Ende das Unglaubliche wahr werden sollte: Sie überlebten beide. Eindringlich erzählt Heather Morris die bewegende, wahre Geschichte von Lale und Gita, die den Glauben an Mut, Liebe und Menschlichkeit nie verloren. Die wahre Geschichte eines Holocaust-Überlebenden. »Ein Buch, das nicht nur von den Schrecken des Holocaust erzählt, sondern auch von tiefer Liebe.« STERN ONLINE. Für Leser von „Schindlers Liste“ und „Der Junge mit dem gestreiften Pyjama“
Re: Überleben im Holocaust
Geheimen Verstecken auf der Spur
Sendung vom 01/03/2021
Natalia Romik sucht in Polen nach Verstecken – nach jüdischen Verstecken aus der Zeit des Holocaust. Ob in einer 600 Jahre alten Eiche oder in einem Bunker auf dem Friedhof, überall stößt sie auf unglaubliche Geschichten des Überlebenskampfes. Natalia Romik betreibt aktiv Erinnerungskultur.
Die Wissenschaftlerin Natalia Romik sucht in Polen nach Verstecken. Nach jüdischen Verstecken aus der Zeit des Holocaust. Die Zuschauer erleben, wie sie auf einem Friedhof in Warschau den Zugang zu einem Bunker freilegt, in dem bis zu 30 Menschen Zuflucht gefunden haben sollen. In den Karpaten untersucht sie die 650 Jahre alte Eiche „Jósef“, die die Rückseite der 100-Zloty-Note schmückte. Im Hohlraum der Eiche sollen zwei Brüder die schreckliche Zeit des Holocaust überlebt haben. Bei den Recherchen dazu ist sie auf einen anderen Aspekt der Verfolgung gestoßen: Die Verstecke sind quasi unsichtbare Monumente des Traumas, aber auch Zeichen des Überlebenswillens und eines von Not geprägten Einfallsreichtums. Natalia Romik betreibt aktiv Erinnerungskultur.
Land
Deutschland
Jahr
2021
Herkunft
WDR
Aktuelles und Gesellschaft
Reportagen und Recherchen
Dauer
33 Min.
Verfügbar
Vom 27/01/2022 bis 30/08/2024
Genre
Dokus und Reportagen
https://www.arte.tv/de/
Die Nazis kannten meinen Namen: Wie ich als Lagerälteste Auschwitz überlebte Gebundene Ausgabe – 25. November 2022
Von den Nazis zum Dienst verpflichtet - und doch alles tun, um anderen zu helfen 1942 wurde Magda Hellinger ins KZ Auschwitz deportiert; sie gehört zu den wenigen Juden, die es überlebten. Die Nazis setzten sie als Blockälteste und Lagerälteste ein und verpflichteten sie damit, den Alltag im Lager zu organisieren. Diese Positionen verschafften ihr zwar Privilegien, doch nie ließ sich Magda davon korrumpieren. Unerschrocken nutzte sie jede Möglichkeit, um ihren Mitgefangenen zu helfen - obwohl sie unter besonderer Beobachtung stand und damit in ständiger Gefahr schwebte, für jede gute Tat mit dem Leben zu bezahlen. Ihre Geschichte zeugt von außergewöhnlichem Mut und wahrhaftiger Menschlichkeit in unmenschlichen Zeiten.
Zum Glück gab's diese Kuh - Wie Eva Erben den Holocaust überlebte
Eva Erben (89) hat zwei Konzentrationslager, Selektionen von Mengele und durch einen unglaublichen Zufall den Todesmarsch überlebt und sagt, dass sie trotz allem ein glückliches Leben hat.
Als Kind jüdischer Eltern wächst Eva in Prag auf. 1941, da ist sie elf, kommt sie mit den Eltern nach Theresienstadt, 1944 nach Auschwitz. Ihr Vater wird getötet, die Mutter stirbt auf dem Todesmarsch, den Eva nur durch ein Wunder überlebt. Da ist sie 14.
Konzentrationslager Theresienstadt
"37 Grad" reist mit Eva Erben nach Prag, besucht die Orte ihrer Kindheit, begleitet sie bei einem Vortrag in Theresienstadt, ist dabei, wenn sie dahin fährt, wo die Bauern ihr damals das Leben gerettet haben.
Sendezeiten:
DW Deutsch
MI 27.01.2021 – 11:15 UTC
FR 29.01.2021 – 14:30 UTC
FR 29.01.2021 – 20:00 UTC
FR 29.01.2021 – 22:30 UTC
SA 30.01.2021 – 11:30 UTC
MO 01.02.2021 – 07:30 UTC
MO 01.02.2021 – 16:30 UTC
Neu-Delhi UTC +5,5 | Bangkok UTC +7 | Hongkong UTC +8
DW Deutsch+
MI 27.01.2021 – 11:15 UTC
FR 29.01.2021 – 21:30 UTC
SA 30.01.2021 – 02:45 UTC
MO 01.02.2021 – 18:30 UTC
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Über die Ohnmacht der Seele: die Geschichte der Auschwitz-Überlebenden Trude Simonsohn
„Ich hatte Glück, trotz allem“: die Holocaustüberlebende Trude Simonsohn.
Trude Simonsohn hat das Getto Theresienstadt und das Vernichtungslager Auschwitz überlebt. Später engagierte sie sich in der Jüdischen Gemeinde und der Erinnerungsarbeit – und wurde 2016 von der Stadt Frankfurt am Main zur ersten Ehrenbürgerin ernannt. Eine Würdigung zum 100. Geburtstag.
Thorsten Fuchs
25.03.2021, 08:00 Uhr
Frankfurt/Main. Vielleicht kann die Seele ja wirklich in Ohnmacht fallen. Vielleicht ist es eine Art, sich zu schützen, wenn alles ringsum zu schmerzlich und entsetzlich ist: Während der Körper weiter funktioniert, schaltet sie sich einfach ab.
Jedenfalls ist das Trude Simonsohns Erklärung dafür, dass ihre Erinnerung an die Zeit in Auschwitz kurz nach ihrer Ankunft im Vernichtungslager einfach versagt. Josef Mengele, der die Ankommenden mit einer knappen Bewegung seines Daumens in den Tod schickt, die Schornsteine, die Musik, die überall zu hören war, dann der demütigende Moment, als sie nackt und kahlgeschoren durch ein Spalier von SS-Männern laufen muss – das ist schon fast alles, was aus Auschwitz in ihrem Gedächtnis lagert. „Was mit mir dort passiert ist, habe ich mit einer Macht verdrängt, die ich mir selbst nicht zugetraut hätte“, hat Trude Simonsohn in einem Gespräch mit Schülern einmal gesagt. Wenn Vergessen eine Fähigkeit ist, dann kann sie wohl manchmal ein Geschenk sein.
„Ich war einfach nicht mehr da“
Trude Simonsohn, die an diesem Donnerstag 100 Jahre alt wird, ist eine der letzten noch lebenden Auschwitz-Überlebenden in Deutschland. Geboren wurde sie in Olmütz, in der damaligen Tschechoslowakei, wo sie als junge Jüdin in den Dreißigerjahren noch so etwas wie Harmonie zwischen Deutschen und Tschechen, Juden und Katholiken erfährt. Das ändert sich jedoch schlagartig nach dem 15. März 1939, dem Tag des Einmarsches deutscher Truppen in Prag. „Danach kannte mich kein Deutscher mehr auf der Straße“, so hat sie es einmal beschrieben. „Ich war einfach nicht mehr da.“
Ich habe getan, was ich konnte, was ich musste.
Trude Simonsohn
Dennoch – oder gerade deshalb – kämpft sie in der zionistischen Jugend weiter für einen eigenen Judenstaat in Palästina. Und weder lässt sie sich davon abbringen, als ihr Vater am 1. September 1939 verhaftet und nach Buchenwald verschleppt wird, noch als sie selbst vor einer Festnahme gewarnt wird. Wobei es, so klang es bei ihr immer durch, vielleicht eher Naivität als übergroßer Mut war, die sie weitermachen ließ: „Ich will weiß Gott nicht sagen, dass ich eine Heldin war“, hat sie einmal gesagt. „Mir hat nur jede Fantasie gefehlt, was diese Drohung bedeutete.“
Qualvolle Einzelhaft
Genau das aber sollte sie bald darauf erfahren: 1942, nach dem Attentat auf den Holocaustorganisator Reinhard Heydrich in Prag, wird sie wegen Hochverrats und illegaler kommunistischer Arbeit festgenommen – auch wenn sie, wie sie betont, mit dem Kommunismus nichts zu tun hat. Das Standgericht verurteilt sie entgegen allen Befürchtungen zwar nicht zum Tod; doch die Monate, die sie dann in Einzelhaft verbringt, sind für Trude Simonsohn äußerst qualvoll – ohne dass eine schützende Ohnmacht der Seele die Erinnerung daran verhindert hätte. Hier, in der Einzelzelle, erhält sie auch die Nachricht vom Tod ihres Vaters im KZ Dachau. „Ich hatte plötzlich das Gefühl: Ich bin ganz allein auf der Welt“, erinnert sie sich. In der Haft denkt sie auch daran, sich das Leben zu nehmen. „Aber die Messer waren zu stumpf.“
Dass sie nach einigen Monaten ins Getto Theresienstadt verlegt wird, gleicht für sie in dieser Situation fast einem Glücksfall – trotz der Epidemien, des Hungers und der Überfüllung, die sie durchaus wahrnimmt. Aber zumindest ist sie nicht mehr allein, sie lernt sogar ihren Mann kennen, den sie noch in Theresienstadt zumindest rituell heiratet, den deutschen Juden Berthold Simonsohn. Und danach wird schließlich alles noch weit schlimmer.
Im Oktober 1944 werden sie beide nach Auschwitz deportiert, an den höllengleichen Ort, an dem ihre Mutter ermordet wird. Und an dem ihre Seele angesichts des größtmöglichen Grauens bald nach der Ankunft das Erinnern verweigert.
Hilfe für traumatisierte Waisen
Die Befreiung erlebt Trude Simonsohn im Mai 1945 in einem Außenlager des KZs Groß-Rosen im heutigen Polen. Mit ihrem Mann geht sie nach dem Krieg zunächst in die Schweiz und kümmert sich um traumatisierte Waisenkinder. Später ziehen sie nach Frankfurt am Main, jene Stadt, von der Trude Simonsohn später sagt, sie sei die erste, in der sie sich wieder heimisch fühle. In der Jüdischen Gemeinde kümmert sie sich hier um die Sozialarbeit, wird von 1989 bis 2001 sogar Gemeinderatsvorsitzende. Seit dem Tod ihres Mannes, der bereits 1978 starb, erinnert sie zudem als Zeitzeugin in Vorträgen und Diskussionen an die Gräuel des Nationalsozialismus – und wird vor allem auch dafür, nachdem sie schon zahlreiche andere Auszeichnungen erhalten hat, im Jahr 2016 zur ersten Ehrenbürgerin Frankfurts ernannt.
Trude Simonsohns 100. Geburtstag wäre daher in normalen Zeiten Anlass für eine große Feier. Angesichts der Pandemie soll es jedoch bei einer Würdigung im kleinen Kreis bleiben, in dem Altenzentrum der Budge-Stiftung im Frankfurter Stadtteil Seckbach, in dem sie seit einigen Jahren lebt. Vielleicht ist ihr das sogar ganz recht so, große Auftritte sind ihr seit jeher wesensfremd. „Ich habe getan, was ich konnte, was ich musste“, hat sie vor einigen Tagen der Nachrichtenagentur epd gesagt. Und: „Ich hatte Glück, trotz allem.“
https://www.rnd.de/
16 Überlebende – 16 Lebensgeschichten
Über 140.000 Frauen, Jugendliche, Kinder und Männer waren im Frauen-KZ Ravensbrück und im Jugend-KZ Uckermark inhaftiert. Zehntausende haben die Freiheit nicht mehr erlebt. Von 16 Überlebenden finden Sie hier die Biografien, die sehr unterschiedliche Schicksale schildern, die jedoch alle von Rechtlosigkeit und Grausamkeit handeln. Die Frauen kamen aus Deutschland, Österreich, Polen, der Ukraine, Ungarn, der Tschechoslowakei, Bulgarien und Belgien nach Ravensbrück. Sie waren jung, studierten, waren verliebt oder gerade Mutter geworden, als sich ihr Leben so unumkehrbar veränderte. Am helllichten Tag oder auch mitten in der Nacht wurden sie verhaftet, von ihren Familien getrennt und deportiert. Teils haben die Überlebenden ihre Biografien selbst geschrieben, teils sind die Lebensgeschichten aus Interviews hervorgegangen.
https://www.bpb.de/themen/holocaust/ravensbrueck/60629/16-ueberlebende-16-lebensgeschichten/
Frauen-KZ Ravensbrück
"Zusammengepfercht, wie die Heringe in der Büchse."
Ab 1944 beginnt auch in Ungarn die Deportation der jüdischen Bevölkerung. Rosa lebt mit ihrer Familie in Budapest. Am 9. November 1944 wird die 18-Jährige zu Hause abgeholt – sie kommt nach…
Philomena Franz
Frauen-KZ Ravensbrück
"Das Blut stockte. Die Seele war kaputt."
Philomena wächst in einer renommierten Musikerfamilie auf, einer Sinti-Familie. Im März 1943 wird sie von der Gestapo verhaftet. Über Auschwitz kommt sie nach Ravensbrück, wo sie ihre Schwester…
Kató Gyulai
Frauen-KZ Ravensbrück
"Jeder Tag dort war wie die Unendlichkeit."
Kató wird 1919 in Budapest in einer jüdischen Familie geboren. Spätestens mit der deutschen Besetzung Ungarns 1944 ändert sich alles. Kató und ihre Schwester werden deportiert – sie kommen nach…
Ilse Heinrich
Frauen-KZ Ravensbrück
"Das hieß arbeitsscheu."
Ilse wird 1924 bei Wismar geboren. Schon früh muss sie bei der Feldarbeit mithelfen – die Stiefmutter hat nur wenig für Ilse übrig. Ilse reißt immer wieder aus und wird deshalb als…
Lisl Jäger
Frauen-KZ Ravensbrück
"Es gibt zwei Gerüche, die ich nie vergessen werde: Das ist Chlor und wie es riecht, wenn Fleisch brennt."
Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich leisten Lisl und ihre Familie Widerstand gegen den Faschismus. Lisl ist im Kommunistischen Jugendverband aktiv. Am 3. Juli 1941 wird sie von…
Anita Köcke
Frauen-KZ Ravensbrück
"Die machen Dich mürbe. Das ist ja die Strafe, die wollen Dich mürbe machen."
1925 wird Anita als uneheliches Kind geboren – sie wächst bei Pflegeeltern, bei Onkel und Tante auf. Sie versucht auszureißen. Doch Anita kommt ins Mädchenheim, ins Gefängnis und wieder ins…
Irmgard Konrad
Frauen-KZ Ravensbrück
"Ich weiß nicht, wie viel Tausende Frauen wir waren."
Irmgard wächst in Breslau auf. Ihr Vater ist jüdischer Herkunft. Sie ist politisch aktiv und schließt sich dem Sozialistischen Jugendverband an. Ab 1941 muss Irmgard den Judenstern tragen und…
Elisabeth Kunesch
Frauen-KZ Ravensbrück
"Wir waren ja keine Menschen für die SS."
Die Eltern von Elisabeth gehören beide der KPD an, und auch Elisabeth ist politisch aktiv. Bei den Pionieren klebt sie Flugblätter und nimmt an Kundgebungen teil. Sie bringt zwei Kinder zur Welt,…
Gertrud Müller
Frauen-KZ Ravensbrück
"Du bist noch so jung. Du darfst noch nicht sterben."
Gertrud ist schon früh politisch aktiv: 1933 wird die 18-Jährige zum ersten Mal verhaftet. Doch Gertrud und ihr Mann Hans leisten weiterhin Widerstand gegen den Faschismus. Im Juni 1942 werden beide…
Stella Nikiforova
Frauen-KZ Ravensbrück
"Frauen aller Nationalitäten haben mich versteckt."
Stella kommt mit vier Jahren ins KZ Ravensbrück – gemeinsam mit ihrer Mutter. Doch die Mutter wird im Lager ermordet. Die anderen Häftlingsfrauen kümmern sich um Stella, sie geben ihr Essen und…
Genowefa Olejniczak
Frauen-KZ Ravensbrück
"Ich habe Angst vor dem Tod gehabt."
Genowefa wird 1923 in Posen geboren. Mit 12 Jahren schließt sie sich den Pfadfindern an: Sie versorgen Menschen, die bereits von den Faschisten verfolgt werden. Genowefa wird verraten. Es folgen…
Georgia Peet-Taneva
Frauen-KZ Ravensbrück
"Splitternackt und ausgemergelt – zitternd vor Hunger und Angst."
Georgia wird in Südbulgarien geboren. 1929 emigriert sie mit ihrer Mutter nach Warschau. Doch bei einem Bombenangriff 1939 wird die Mutter getötet. Mit 18 Jahren wird Georgia nach München…
Zofia Pocilowska
Frauen-KZ Ravensbrück
"Da ist ein Gang, wo man reinging und nicht rauskam. Wir hörten die Schüsse."
Zofia wird 1920 in Charkow geboren, später geht die Familie nach Warschau. 1939, bei Kriegsausbruch, studiert Zofia Polonistik – sie ist 19 Jahre alt. Zofia geht in den politischen Widerstand. Doch…
Barbara Reimann
Frauen-KZ Ravensbrück
"Die Frauen mussten nackt an dem SS-Mann vorbeigehen."
In Barbaras Familie sind alle politisch aktiv. Im Herbst 1933 wird der Vater verhaftet – drei Tage später ist er tot. Trotzdem engagiert sich auch Barbara. Sie schreibt Anti-Kriegsbriefe an…
Edith Sparmann
Frauen-KZ Ravensbrück
"Dann wurdest du kahl geschoren."
Edith wächst in Liberec auf. Mit 14 Jahren wird sie Mitglied der Kommunistischen Jugend. 1941 schließt Edith ihre Friseurlehre ab, doch noch im selben Jahr werden sie und ihre Mutter von der Gestapo…
Schura Terletska
Frauen-KZ Ravensbrück
"Es gab Berge von Haaren. Man hat uns alle geschoren."
Schura wird 1927 in Odessa geboren. Bei Kriegsbeginn bringen die Eltern Schura und ihren Bruder aufs Land. Doch Schura wird 1942 auf offener Straße verhaftet. Die 15-Jährige wird als…
Zehn Konzentrations- und Vernichtungslager: In den Erinnerungen Überlebender Taschenbuch – 6. Mai 2022
Es handelt sich hierbei um Erinnerungen von 8 Autorinnen und 12 Autoren aus den Jahren 1984 bis 2021 an folgende 10 Konzentrations- bzw. Vernichtungslager: 1) Belżec, 2) Bergen-Belsen, 3) Buchenwald, 4) Dachau, 5) Majdanek, 6) Mauthausen, 7) Plaszów, 8) Ravensbrück, 9) Sachsenhausen und 10) Stutthof teils in längeren oder kürzeren Originaltexten der Autorinnen und Autoren, teils in Vorworten des Herausgebers. Soweit verfügbar, sind auch Inhaltsübersichten eingestellt, um den Kontext der hier abgedruckten Texte deutlich zu machen. Natürlich wäre es sehr schön, wenn diese Einführungen Interesse wecken würden, zu dem einen oder anderen Originalband selbst zu greifen. Die folgenden Auszüge sollen in die vorliegende Sammlung einführen und das Einlesen erleichtern helfen.
Gemeinsam gegen Hass und für eine bessere Welt
Helft mit, am 9. November für Überlebende des Holocaust eine neue Tora-Rolle nach Israel zu bringen! Das gemeinsame Werk ist ein herausragendes Zeichen gegen den Antisemitismus in dieser Zeit und verbindet weltweit Menschen für das Gute.
Mit einer Spende von 5€ pro Buchstaben wirst Du persönlicher Pate eines Teils des hebräischen Textes. Dank deines Beitrags können wir die Tora-Rolle anfertigen lassen – alle 304.805 Lettern werden mit der Hand auf ein koscheres Pergament geschrieben – sowie zwei humanitäre Projekte unterstützen: Die Rettungsmission für ukrainische Flüchtlinge in Europa und Wohnheime für bedürftige Überlebende der Schoa in Israel.
https://tora-rolle.de/
Zwischen Grauen und Rettung: Holocaust-Überlebende im Porträt
Allein wegen ihres jüdischen Glaubens wurden sie von den Nationalsozialisten verfolgt und gequält, in zum Teil mehrere Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert, verloren alles - und haben doch überlebt. Es gibt nur noch wenige Holocaust-Zeitzeugen, die von ihren Erlebnissen berichten können. Die, die es immer noch tun oder bis zu ihrem Tod getan haben, hinterlassen der Nachwelt ihr schweres Erbe, um für die Zukunft zu mahnen.
https://www.ndr.de/geschichte/
Holocaust-Überlebender blickt auf Stutthof-Prozess zurück
Stand: 19.12.2022 06:00 Uhr
Im Alter von drei Jahren wird Josef Salomonovic deportiert, er überlebt acht Konzentrationslager - darunter auch jenes in Stutthof. Fast 80 Jahre später tritt als Zeuge im Prozess gegen die ehemalige Sekretärin des KZ auf - morgen wird das Urteil erwartet. Hier erzählt der heute 84-Jährige seine Geschichte.
von Corinna Below
Am liebsten möchte er alles erzählen. Jedes Detail. Alle Details seien wichtig. Die Deportation von Märisch-Ostrau ins Ghetto Łódź (Litzmannstadt) und von da aus nach Auschwitz und in viele weitere Lager - acht waren es insgesamt. Auf dem Wohnzimmertisch liegen Akten dazu bereit, Fotos und Zeitungsartikel.
Aber erstmal soll es um die Gegenwart gehen. Mit seiner Frau Elisabeth sitzt er am Esstisch ihrer Wohnung im dritten Stock eines großen genossenschaftlichen Mietshauses in Wien, Österreich. Hier leben sie seit 1971. Der Laptop ist aufgeklappt, seine Frau liest ihm vor:
"All the women working at the camp were part of the SS organization ..."
Mit ihr zusammen hält er sich seit mehr als 14 Monaten über den Stutthof-Prozess auf dem Laufenden. Er bekommt regelmäßig Berichte von seinem Anwalt. Sie sind auf Englisch geschrieben, weil andere Mandanten zum Teil kein Deutsch sprechen.
Er weiß, dass die Staatsanwaltschaft zwei Jahre Jugendstrafe auf Bewährung für die 97 Jahre alte Angeklagte fordert. Wie das Landgericht am Ende entscheidet, dazu könne er nicht viel sagen. Dazu fehlten ihm die juristischen Kenntnisse. "Das liegt bei dem Richter. Nicht bei mir. Ich sage nur, es ist 80 Jahre zu spät und jetzt wühlt das in meinem Kopf und in meiner Seele", erklärt er.
Salomonovic wollte nicht als Zeuge auftreten
Josef Salomonovic war der erste Überlebende, der in Itzehoe (Kreis Steinburg) vorm Landgericht als Zeuge ausgesagt hat. Und der einzige, der persönlich im Gericht erschienen ist. Vor ziemlich genau einem Jahr. Es war der siebte Prozesstag im Verfahren gegen die Stenotypistin des Lagerleiters im KZ Stutthof, Irmgard F.
Josef Salomonovic erinnert sich an seinen Widerwillen, nach Itzehoe zu fahren: "Meine Frau wollte das, der Rechtsanwalt wollte das. Ich wollte es nicht. Die F. zu sehen und zwei Stunden zu reden, in einem Saal, persönlich. Das hat wehgetan." Seine Frau erwidert: "Aber du siehst ein, dass es wichtig war." Und er sagt: "Wichtig war's."
Deportation im Kindesalter
Er nimmt einen silbernen Teelöffel aus einer Schachtel. Den hatte er immer bei sich. Damit konnte er wässrige Suppe im KZ essen. Dann nimmt er noch etwas aus der Schachtel: ein kleines Metall-Flugzeug mit Propeller. Das hatte er nach der Befreiung von einem amerikanischen Soldaten geschenkt bekommen - sein erstes Spielzeug nach drei Jahren. Der Löffel und das Flugzeug: seine einzigen Habseligkeiten von damals.
Josef Salomonovic war drei Jahre alt, als er 1941 mit seiner Familie deportiert wurde. Insgesamt acht Lager hat er als Kind überlebt. "Es ist eine schwere Last," sagt er, "natürlich. Aber die muss ich schlucken. Mit der kann man nicht auf der Straße herumgehen und jemandem erzählen." Wenn er spricht, ist zu hören, dass Deutsch nicht seine Muttersprache ist. Als Kind sprach Salomonovic vor allem Tschechisch und Jiddisch.
Mord am Vater in Stutthof
Von seiner Zeit als Gefangener der Nazis erzählt Salomonovic regelmäßig in Schulen. Außerdem hat er vor vier Jahren mit einem österreichischen Dokumentarfilmer einen Film über seine Leidensgeschichte gedreht - für seine Kinder und alle jungen Menschen, die Interesse daran haben. Auch nach Stutthof ist er dafür gefahren. Stutthof hat für ihn eine große Bedeutung, "weil dort wurde mein Vater ermordet."
Er sitzt auf seinem blauen Ledersofa und schaut den Film, der den Titel "Pepek" trägt. Pepek war sein Spitzname, als er klein war. In einer Szene filmt die Kamera, wie er an einem Stacheldrahtzaun entlanggeht und in ein Gebäude hineingeht. Es ist die Krankenbaracke im KZ Stutthof. Dann steht er in dem ehemaligen Behandlungszimmer, darin ein Behandlungstisch, dahinter ein Foto. Darauf sind Spritzen zu sehen und er sagt: "Da hatte sich mein Vater gemeldet, dass er Medizin möchte. Dann hat er sich auf diesen Tisch gelegt. Mit einer Benzol-Spritze ins Herz haben sie ihn umgebracht. Dort sieht man sogar die Trage."
Keine Zweifel an Schuld von Irmgard F.
Er öffnet einen Ordner und zieht ein Dokument aus einer Klarsichthülle. Es ist ein Dokument, das bei der Ankunft von Familie Salomonovic über Josefs Vater Erich angelegt wurde. Mit all seinen Daten. Bei Wohnort steht "Tod", in der oberen Ecke ist ein rotes Kreuz aufgemalt und der Todestag mit einem Stempel vermerkt: 17. September 1944. "Das ist der Stempel von F. gemacht", sagt er. Er meint die Angeklagte Irmgard F. und ergänzt: "Das hat sie gestempelt." Einen Beweis gibt es dafür nicht.
Sechs Jahre alt war Josef Salomonovic, als sein Vater heimtückisch ermordet wurde. Irmgard F. war zu diesem Zeitpunkt nur 13 Jahre älter als er. Aber es lagen Welten zwischen den beiden. Laut Staatsanwaltschaft ist bewiesen, dass sie als Sekretärin eine Schlüsselposition innerhalb des Mordsystems im KZ Stutthof hatte, dass alle Schriftstücke über ihren Schreibtisch gegangen sind.
Das Strafmaß spielt keine Rolle
Josef Salomonovic und seine Frau sind von ihrer Schuld überzeugt. Morgen wird in dem Prozess vor dem Landgericht Itzehoe das Urteil gegen die frühere Sekretärin erwartet. Das Strafmaß ist ihnen aber nicht so wichtig. Wichtig ist ihnen nur, dass sie verurteilt wird. "Das ist eine symbolische Sache", erklärt Josef Salomonovic und seine Stimme bekommt mehr Nachdruck, als er fast ruft: "Es ist eine Frage der Gerechtigkeit. Für den Staat. Für Deutschland. Für das Gewissen." Und auch für die nachfolgenden Generationen, sagt er. Damit sie begreifen, dass auch die Beihilfe an einem Verbrechen wie dem Holocaust zu bestrafen ist.
Dieses Thema im Programm:
Schleswig-Holstein Magazin | 19.12.2022 | 19:30 Uhr
https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/
Wegen Beihilfe zum Mord muss sich eine ehemalige KZ-Sekretärin verantworten. Der Überlebende Josef Salomonovic wurde als Zeuge gehört.
Stutthof-Prozess: KZ-Überlebender berichtet über Deportation und Leid >>>
EHRUNG
Olaf Scholz und Isaac Herzog würdigen Holocaust-Überlebende
Sie seien der lebende Beweis für die »menschliche Fähigkeit, über Tyrannei zu triumphieren«, so Herzog
21.12.2022 09:52 Uhr
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat an die Lebensleistung von Holocaust-Überlebenden erinnert. »Die Kraft, mit der Sie die Erinnerung wachhalten und weitergeben – das bewegt und beeindruckt sehr viele von uns, das gibt uns Zuversicht«, sagte Scholz am Dienstagabend in einer Video-Botschaft in der sechsten Internationalen Nacht der Überlebenden des Holocaust, die von der jüdischen Claims Conference ausgerichtet wurde.
Scholz bezeichnete es als »bestürzend«, dass in der Ukraine Überlebende des Holocaust aktuell von russischen Bomben und Raketen-Terror bedroht seien. »Dass einige von ihnen nun in Deutschland Zuflucht finden, erfüllt uns mit Demut. Wir sind dankbar für alle, die sie unterstützen«, so der SPD-Politiker.
HERZOG Israels Staatspräsident Isaac Herzog sagte in seiner Video-Botschaft: »Die Überlebenden des Holocaust haben die dunkelste Zeit der Menschheit erlebt und miterlebt, ertragen und überwunden.« Sie seien der lebende Beweis für die »menschliche Fähigkeit, über Tyrannei zu triumphieren«.
Am späten Dienstagabend waren Holocaust-Überlebende aus mehr als einem Dutzend Länder geehrt worden. Darunter auch solche, die kürzlich aus der Ukraine evakuiert wurden, wie die Claims Conference erklärte. Die überwiegend virtuelle »International Holocaust Survivors Night« sollte an Chanukka Botschaften der Hoffnung vermitteln. Höhepunkt war dabei das Entzünden des Chanukkaleuchters zu Ehren der Überlebenden an der Westmauer in Jerusalem (Kotel).
Die Zeremonie wurde virtuell von Auftritten und Grußbotschaften aus der ganzen Welt begleitet, unter anderem aus den Vereinigten Staaten, Kanada, Großbritannien, Argentinien, Australien, Belarus und Deutschland. Neben Scholz und Herzog gedachten unter anderen der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und die US-Sängerin und Schauspielerin Barbra Streisand der Holocaust-Überlebenden.
Seit 2017 ehrt die »International Holocaust Survivors Night« Überlebende der Schoah für ihren Beitrag an die Welt. Die Claims Conference (Conference on Jewish Material Claims Against Germany, Konferenz über jüdische materielle Ansprüche gegen Deutschland) hat Büros in New York, Israel und Deutschland.
Die Claims Conference wurde 1951 von Vertretern 23 großer internationaler jüdischer Organisationen gegründet. Sie verteilt jedes Jahr Entschädigungszahlungen aus Deutschland an Zehntausende Holocaust-Überlebende in 80 Ländern und Regionen. epd
https://www.juedische-allgemeine.de/
Holocaustüberlebende: Einsatz gegen das Vergessen
Kultur
Ruth Klüger.
Ruth Klüger (1931-2020)
Erst mit 60 Jahren brach sie das Schweigen und schrieb ihre Erinnerungen auf: "Weiter leben - eine Jugend" (1992). Auch die Gedichte, mit denen Ruth Klüger die Zeit im KZ durchgestanden hat, sind darin gesammelt. Klüger war eine der wenigen Holocaust-Überlebenden, die darüber erzählt hat. Wir stellen Ihnen noch andere Zeitzeugen vor, die, wie sie, die Erinnerung daran wach halten oder hielten.
Holocaustüberlebender Leslie Schwartz.
Leslie Schwartz (1930-2020)
1944. Die Wehrmacht besetzt Ungarn. Leslie Schwartz und seine Familie werden nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Von dort muss er ins Arbeitslager Birkenau und schließlich ins KZ Dachau. In "Durch die Hölle von Auschwitz und Dachau. Ein Junge erkämpft sein Überleben" (2007) erzählt er von den Erlebnissen. Leslie Schwartz hielt viele Lesungen und Vorträge, um die Nachwelt zu informieren.
Esther Bejerano bei einer Lesung.
Esther Bejarano (1924-2021)
"Ich muss in dieses Orchester, sonst bin ich erledigt", sagte sich die damals 19-Jährige. Im Mädchenorchester von Auschwitz spielte sie Akkordeon - obwohl sie das Instrument noch nie in der Hand hatte. Es ist ihre Rettung. Später stand Bejarano auf der Bühne und sang für Toleranz und gegen Rassismus. Und sie besuchte Schulklassen, um von ihrer Vergangenheit zu erzählen.
Holocaustüberlebender Coco Schumann.
Coco Schumann (1924-2018)
Jazz und Swing - das war seine Musik. Doch den Nationalsozialisten galten sie als "undeutsch", außerdem war Schumanns Mutter Jüdin. 1943 wurde Coco Schumann ins Ghetto Theresienstadt deportiert, ein Jahr später nach Auschwitz-Birkenau. Bis ins neue Jahrtausend wollte der Musiker nicht über die Lagerzeit reden. Dann verstand er: "Wer, wenn nicht er, soll den Menschen erzählen, was passiert ist."
Holocaustüberlebende Renate Lasker Harpprecht (l-r) und Anita Lasker Wallfisch
Die Schwestern Renate Lasker-Harpprecht (1924-2021) und Anita Lasker-Wallfisch (*1925)
Ihre Eltern wurden 1942 deportiert und ermordet, die älteste Schwester konnte fliehen, Renate (li) und Anita Lasker landeten erst in Auschwitz, dann in Bergen-Belsen. Doch sie überlebten - nicht zuletzt weil Anita als Cellistin im Mädchenorchester von Auschwitz Privilegien genoss. Der deutschen Öffentlichkeit berichteten sie noch im fortgeschrittenen Alter über den Holocaust. Renate starb 2021.
Yehuda Bacon.
Yehuda Bacon (*1929)
In Theresienstadt begegnete der damals 13-jährige Yehuda Bacon dem Künstler Peter Kien, dem es gelungen war, dort eine Zeichenstube aufzubauen. Es ist der Beginn von Bacons Künstlerkarriere. Nach der Befreiung 1945 malte er zunächst Porträts von Mithäftlingen, später auch Abstraktes. Als Überlebender sehe er sich in der Verantwortung, künftige Generationen durch seine Geschichte zu lehren.
Judith Kerr in Berlin 2007
Judith Kerr (1923-2019)
Die Familie Kerr musste 1933 aus Deutschland fliehen. Zunächst in die Schweiz, nach Frankreich und schließlich nach London. In "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl" (1971) verarbeitete Judith Kerr das Emigrantenschicksal ihrer jüdischen Familie. Zwei weitere Romane folgten. 1974 erhielt Kerr für "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl" den Deutschen Jugendliteraturpreis. Sie starb 2019 in London.
Holocaustüberlebender Saul Friedländer.
Saul Friedländer (*1932)
"Wohin die Erinnerung führt. Mein Leben" stammt vom emeritierten Professors aus Los Angeles und Tel Aviv, Saul Friedländer. Eine Fortsetzung seiner Memoiren, die verdeutlichen: Friedländers Leben bleibt das eines Entwurzelten. Zur jüdischen Geschichte und zur Shoah hat der Historiker zahlreiche einschlägige Werke verfasst, in denen er die Opfer verstärkt in den Mittelpunkt rückt.
Inge Deutschkron.
Inge Deutschkron (1922-2022)
Im Januar 1943 tauchten Inge Deutschkron und ihre Mutter in Berlin ab, verstecken sich bei nichtjüdischen Freunden. Nur so überlebten sie den Holocaust. In ihrer Autobiografie "Ich trug den gelben Stern" (1978) erzählt die deutsch-israelische Autorin von dieser Zeit. Mit ihrer Literatur und mit Schulbesuchen leistete Deutschkron einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Erinnerung an die Nazi-Gräuel.
Philomena Franz.
Philomena Franz (*1922)
Ein Jahr vor Kriegsende deportierte man Philomena Franz nach Auschwitz-Birkenau, von dort weiter ins KZ Ravensbrück - weil sie Sinti ist. Überlebt habe sie, um der Nachwelt von ihren Erlebnissen zu erzählen. Ihre Autobiografie "Zwischen Liebe und Hass" erschien 1985. Außerdem trat sie in Medien und Schulen auf, auch damit die rund 500.000 ermordeten Sinti und Roma nicht in Vergessenheit geraten.
Sie alle haben eines gemeinsam: Als Juden oder Sinti und Roma hat man sie verfolgt und ins Konzentrationslager deportiert. Unsagbares erlebten sie. Ihre Erinnerung geben oder gaben sie an die Nachfolgenden weiter.
Datum 29.10.2016
Autorin/Autor Bettina Baumann
https://www.dw.com/
AUSSTELLUNG IN DER BERLINER SYNAGOGE
Holocaust-Überlebende: Wenn die Ära der Zeitzeugen endet
Holocaust-Überlebende spielen eine wichtige Rolle in der Gesellschaft. Wie kann nach ihrem Tod mit ihrem Vermächtnis verantwortungsvoll umgegangen werden?
Datum 07.07.2022
Autorin/Autor Julia Hitz
Überlebende im Konzentrationslager Auschwitz, kurz nach der Befreiung im Januar 1945
Sie haben unermessliches Leid und Grausamkeit erfahren - und doch überlebt. Als Zeitzeugen und auch als Mahner erfüllen sie in Deutschland seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs eine wichtige Rolle. Nun sterben die letzten Holocaust-Überlebende eines natürlichen Todes und die Verantwortung über ihr Vermächtnis wandert nach und nach in die Hände verschiedener Institutionen. Das ist kein einfacher Prozess: Zeitzeuginnen und Zeitzeugen bieten zwar nur eine von vielen Perspektiven auf die Geschichte an, aber sie können als Korrektiv wirken und als wichtige Mahner - von Mensch zu Mensch.
"Nie wieder!" Dieser Schwur ist in verschiedenen Sprachen in der Gedenkstätte des früheren Konzentrationslagers Dachau in Stein gemeißelt. Es ist die zentrale Leitlinie deutscher Innen- und Außenpolitik: um Antisemitismus entgegenzutreten, das Existenzrecht des Staates Israels zu verteidigen, um zu erinnern an die grausamen Entscheidungen und Taten der Nationalsozialisten, und an die vielen, die sie unterstützten.
Zeitzeuge sein: Nie ohne Kontext
Die Ausstellung "Ende der Zeitzeugenschaft" in der Neuen Synagoge in Berlin widmet sich der Frage, wie Museen, Gedenkstätten und andere Institutionen mit den literarischen Zeugnissen und Videointerviews der Überlebenden verantwortungsvoll umgehen können. Sie ist aus einer Kooperation des Jüdischen Museums Hohenems und der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg in Zusammenarbeit mit der Stiftung Neue Synagoge Berlin entstanden. Die Ausstellung stellt die Zeitzeugen zudem in einen historischen Kontext: In Deutschland kamen die Überlebenden erst in den 1980er Jahren verstärkt zu Wort.
Schriftzug Täter - Opfer - Zeugen hinter einem Glaskasten mit einem so genannten Erinnerungskästchen aus der Gedenkstätte Buchenwald in der Ausstellung Ende der Zeitzeugenschaft? in der Neue Synagoge Berlin - Centrum Judaicum.
Ausstellungsansicht "Ende der Zeitzeugenschaft?" in der Neue Synagoge Berlin
Holocaust-Überlebende im Zeugenstand
Nicht immer waren Zeitzeuginnen und Zeitzeugen so sehr in der Öffentlichkeit präsent wie in den vergangenen Jahren: Die junge Anita Lasker-Wallfisch etwa sprach 1945 in einem Interview mit der BBC als eine von nur wenigen Holocaust-Überlebenden. Sehr wichtige Grundlagenarbeit leistete rund um das Kriegsende die Zentrale Jüdische Kommission, die 1944 in Lodz gegründet wurde: Sie führte zwischen 1944 und 1947 hunderte Interviews mit Überlebenden und erstellte zudem Anleitungen und Fragebögen für den Umgang mit den traumatisierten Gesprächspartnern.
Dokumentiert wurde das Grauen der Konzentrationslager in Osteuropa in erster Linie durch die Rote Armee, die Streitkräfte der Sowjetunion, die unter anderem das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau befreite. Auch einige westliche Fotojournalisten trugen wichtige Bilddokumente bei. Sehr bekannt sind etwa die Fotos nach der Befreiung des KZ Buchenwald, die Eric Schwab und Meyer Levin für die französische Nachrichtenagentur Agence France Presse machten.
Mann in einer Grube mit ausgemergelten Leichen, KZ Bergen-Belsen, im April 1945
Schreckliche Bilder: Der KZ-Arzt Fritz Klein, der an Häftlingen Experimente vornahm, in einer großen Grube mit Leichen im KZ Bergen-Belsen, April 1945
Doch Zeitzeugen und ihre Berichte waren bis weit in die 1960er Jahre hinein vor allem Teil der juristischen Beweisführung: Ob bei den Nürnberger Prozessen von 1945 bis 1949, dem Majdanek-Prozess von 1944 bis 1981, den Prozessen von Jerusalem 1961 oder den Auschwitz-Prozessen in Frankfurt am Main von 1963 bis 1968.
Schautafel mit Lageplan der Konzentrationslager an der Wand des Gerichtssaals im Justizpalast beim Nürnberger Kriegsverbrecherprozess 1945.
Karte mit Lage der Konzentrationslager im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess
Zeitzeugen als moralische Instanzen
Während in den 1970er Jahren ein großer Fokus auf den Tätern lag - etwa auf dem ehemaligen Marineoffizier Karl Dönitz, einer der Angeklagten im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher -, stieß erst die US-amerikanische TV-Serie "Holocaust - Die Geschichte der Familie Weiß" ab 1979 in Deutschland eine breite gesamtgesellschaftliche Debatte über die Opfer an.
Zwei Frauen halten sich in den Armen und gehen gemeinsam einen Bahnsteig entlang.
Filmstill aus der US-amerikanischen Serie "Holocaust", die 1979 im westdeutschen Fernsehen ausgestrahlt wurde
Fortan fanden Zeitzeuginnen und Zeitzeugen mehr Gehör - in der Öffentlichkeit, aber auch in der Geschichtsschreibung. Dabei ging es auch darum, einer falschen Historisierung des Holocausts durch rechte Kreise entgegenzuwirken. Gleichzeitig erhoben Überlebende wie Margot Friedländer,Anita Lasker-Wallfisch oder Esther Bejarano ihre Stimme - und wurden zu moralischen Autoritäten.
Nahaufnahme von Esther Bejerano. (picture-alliance/dpa/J. Büttner)
ZEHN WICHTIGE ZEITZEUGEN DES HOLOCAUST
Esther Bejarano (*1924)
Esther Bejarano hält bis heute die Erinnerung an den Holocaust wach. Sie erzählt ihre Geschichte in Schulklassen, singt für Toleranz und gegen Rassismus. Im Mädchenorchester von Auschwitz spielte sie Akkordeon - obwohl sie das Instrument noch nie in der Hand hatte. Die damals 19-Jährige wusste: "Ich muss in dieses Orchester, sonst bin ich erledigt." Und so rettete ihr die Musik das Leben.
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Neue Verantwortung für Institutionen im Umgang mit Zeitzeugnissen
Historikerinnen und Historiker wissen um die großen Herausforderungen bei der Auswertung von Zeitzeugnissen: Sie bergen wertvolle Informationen, wichtige Einordnungen, aber auch einige Stolperfallen. So stimmt faktisches Wissen mit den Erinnerung der Zeugen manchmal nicht überein.
Blick in den Ausstellungsraum. Es sind Monitore zu sehen.
An diesen Stationen können die neuen Interviews mit Holocaust-Überlebenden gehört werden
Um Missbrauch entgegenzuwirken, ist ein breiteres Wissen vonnöten. Auch deswegen widmet sich die Ausstellung der Frage, welche Rolle den Überlebenden seitens der Öffentlichkeit, der Zuhörenden oder den Institutionen zugeschrieben wurde. Sie blickt auf die Absichten der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen und hinterfragt gleichzeitig die "Gemachtheit" der Interviews, die Rolle der Interviewenden und die gesellschaftliche Erwartungshaltung.
Für die Ausstellung wurden auch neue Interviews mit Holocaust-Überlebenden geführt: Neben ausgewählten Tönen ist es auch möglich, die Interviews ungeschnitten in kompletter Länge und im Originalton zu hören. Auch so versucht die Ausstellung, ein Bewusstsein schaffen, dass Ausschnitte eben nicht für das Ganze stehen können - und stark von der jeweiligen Intention ihres Einsatzes abhängen.
Und was passiert danach?
Diese Antwort kann auch die Ausstellung nicht geben. Sie macht aber deutlich, wie sehr Erinnerung und ihr jeweiliger gesellschaftlicher Kontext zusammenhängen. Das heutige Erinnern an die Schoah wird aus ganz unterschiedlichen Perspektiven gespeist, von denen auch die Ausstellung einige aufzeigt. Unter anderem lässt sie junge Menschen in Interviews zu Wort kommen.
Der 31-jährige aus Tadschikistan stammende Berliner Artur Bakaev kritisiert beispielsweise, dass Juden auch heutzutage noch als Opfer dargestellt würden. Das Erinnern werde instrumentalisiert: "Es soll einen Zweck erfüllen, irgendwie Deutschland zu entlasten oder was auch immer zu machen, und es wird gar nicht richtig hingeguckt oder zugehört, was es eigentlich für Leute sind, um die es geht." Damit weist die Ausstellung auch in eine ungewisse Zukunft: Neue Generationen werden die Stimmen der Verstorbenen zwar hören, aber trotzdem eigene Antworten finden müssen.
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HOLOCAUST-ÜBERLEBENDE
Zeitzeugin Margot Friedländer erhält Ehrendoktorwürde in Berlin
Veröffentlicht am 04.05.2022
Die 100-jährige Friedländer wird vom Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften der Freien Universität Berlin mit einem Ehrendoktor ausgezeichnet
Quelle: Marlene Gawrisch/WELT/MARLENE GAWRISCH
Auszeichnung mit 100 Jahren: Margot Friedländer tritt als Zeitzeugin in Schulen auf und klärt junge Menschen über die Gräueltaten während des Nationalsozialismus auf. Für diese Arbeit wird sie nun von der Freien Universität Berlin mit einem Ehrendoktor ausgezeichnet.
Die 100-jährige Holocaust-Überlebende Margot Friedländer wird am 25. Mai von der Freien Universität Berlin mit der Ehrendoktorwürde des Fachbereichs Geschichts- und Kulturwissenschaften ausgezeichnet. Damit würden ihre überragenden Verdienste als Zeitzeugin der Verfolgung, als engagierte Anwältin öffentlicher Geschichte und als Botschafterin der Erinnerung und der Menschlichkeit gewürdigt, teilte die Hochschule am Mittwoch in Berlin mit.
Geehrt werde Margot Friedländer auch als beispielhafte „Bürgerwissenschaftlerin“, deren Leistungen über die Vermittlung selbst erlebter Geschichte weit hinausgingen. Die Laudatio hält den Angaben zufolge die Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann. Zudem werde der Berliner Historiker Paul Nolte ein Gespräch mit Friedländer und einem Geschichtsstudenten führen.
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Margot Friedländer ist heute 99 Jahre alt. Die Bernsteinkette, die sie trägt, ist eines der wenigen Dinge, die ihr von ihrer Mutter blieben. Fast ihre gesamte Familie wurde in Konzentrationslagern umgebracht
MARGOT FRIEDLÄNDER
„Ihr müsst vorsichtig sein, dass so etwas nicht wieder geschieht“
Die 1921 in Berlin geborene Margot Friedländer lebte während der Nazizeit im Untergrund in Berlin und überlebte das Konzentrationslager Theresienstadt. 1946 emigrierte sie nach New York, 2010 zog sie nach Berlin zurück. Seitdem tritt sie als Zeitzeugin in Schulen auf.
epd/fav
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UKRAINE-KRIEG
KZ-Überlebender bei Bombenangriff in Charkiw getötet
Veröffentlicht am 21.03.2022 | Lesedauer: 3 Minuten
Ein zerstörtes Gebäude in Charkiw. In der Stadt starb ein 96-jähriger Überlebender der nationalsozialistischen Konzentrationslager
Ein zerstörtes Gebäude in Charkiw. In der Stadt starb ein 96-jähriger Überlebender der nationalsozialistischen Konzentrationslager
Quelle: picture alliance / AA
Boris Romantschenko überlebte vier nationalsozialistische Konzentrationslager. Am Montag starb der 96-Jährige in Charkiw durch einen Bombenangriff. Er hatte seine Wohnung seit Monaten nicht verlassen – aus Angst, sich mit Corona zu infizieren.
In Charkiw ist ein Überlebender der nationalsozialistischen Konzentrationslager durch einen Bombenangriff getötet worden. Das meldete die Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora am Montag unter Berufung auf Angehörige des Opfers am Montag.
Boris Romantschenko war nach Angaben der Stiftung Gedenkstätten bereits am Freitag durch einen Angriff auf sein mehrstöckiges Wohnhaus in der ostukrainischen Stadt ums Leben gekommen. Ein Geschoss habe das mehrstöckige Haus getroffen, seine Wohnung sei ausgebrannt.
Der 96-Jährige habe seine Wohnung seit Monaten nicht verlassen – aus Angst, sich mit Corona anzustecken, sagte Stiftungsdirektor Jens-Christian Wagner. Wagner berief sich auf Informationen eines langjährigen Vertrauten der Stiftung in Charkiw.
„Die Nationalsozialisten haben es nicht geschafft, diesen großen Menschen zu brechen, ihn zu töten – sehr wohl aber das System Putin mit seinem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf die Ukraine“, sagte Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) am Montag.
„Wir trauern um einen engen Freund“, hieß es in einer Mitteilung der Gedenkstätte. Romantschenko habe die KZs Buchenwald, Peenemünde, Dora und Bergen-Belsen überlebt. Im Jahr 1942 sei er nach Dortmund verschleppt worden, wo er unter Tage Zwangsarbeit habe leisten müssen. Er habe versucht zu fliehen, sei aber aufgegriffen und im Oktober 1943 ins KZ Buchenwald eingewiesen worden. In Peenemünde habe er später auch an Raketen mitbauen müssen.
Romantschenko habe sich später intensiv für die Erinnerung an die NS-Verbrechen eingesetzt. Er sei Vizepräsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora gewesen. Seit den 1990er Jahren sei er regelmäßig zu Veranstaltungen auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers bei Weimar gekommen, sagte Wagner. Unter anderem hatte er am 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers am 12. April 2015 den Schwur von Buchenwald in russischer Sprache erneuert.
„Der entsetzliche Tod von Boris Romantschenko zeigt, wie bedrohlich der Krieg in der Ukraine auch für die KZ-Überlebenden ist“, hieß es in der Mitteilung weiter. Gemeinsam mit 30 anderen Gedenkstätten habe die Stiftung ein Hilfsnetzwerk für ehemalige NS-Verfolgte in der Ukraine gegründet. Mit Spendengeldern sollen Medikamente und Lebensmittel organisiert werden, außerdem sollen geflüchtete KZ-Überlebende von der ukrainischen Grenze abgeholt werden können.
Gedenkstättenleiter Wagner hatte sich schon zu Beginn des Krieges in der Ukraine besorgt um die dort lebenden KZ-Überlebenden gezeigt. Es sei „besonders tragisch für die ukrainischen KZ-Überlebenden, die mit den russischen Häftlingen in den Lagern gelitten haben, und die nun im Luftschutzkeller sitzen und von russischen Bomben mit dem Leben bedroht werden“, hatte er gesagt.
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Holocaust-Überlebende bangt in Kiew um ihr Leben
Kiewerin hat Auschwitz überlebt – und will nun trotz Krieg in der Ukraine bleiben
Die Kiewerin Anna Strishkowa ist mit dem Mannheimer Fotografen Luigi Toscano befreundet. Sie hat die Experimente von KZ-Arzt Josef Mengele in Auschwitz überlebt. Jetzt will sie auch Putin widerstehen, sagt sie. Die Kiewerin Anna Strishkowa wurde 1945 von der Roten Armee aus dem Konzentrationslager befreit. Jetzt bangt die alte Dame in der ukrainischen Metropole wegen Angriffen russischer Truppen um ihr Leben. Der Mannheimer Fotograf Luigi Toscano möchte seiner Freundin zur Flucht verhelfen – bislang vergeblich.
Thoralf Cleven
08.03.2022, 14:04 Uhr
Berlin. Das Handy vibriert. Eine SMS ist eingetroffen. Anna Strishkowa sitzt am Tisch ihrer Küche und schaut auf das Display. „Good morning dear Annischka, are you and your Daughter ok?“ Sie lächelt.
Seit Tagen jeden Morgen die gleiche Frage ihres Freundes Luigi aus Deutschland. „We will win!“, antwortet sie. Wir werden gewinnen.
Ein Plattenbaublock in Kiew
Anna wohnt in Kiew, in einem Plattenbaublock in der Nähe des Präsidentenpalastes. Ihre Wohnung ist voller Pflanzen, die sie liebevoll pflegt. Annas Tochter Olga lebt jetzt bei ihr. Sie macht sich Sorgen um die Mutter. Sie hören Sirenen, sie hasten immer mal wieder in den Luftschutzkeller. Doch Anna bleibt zuversichtlich.
Die alte Dame hat schon Schlimmeres erlebt und überlebt. Anna Strishkowa gehörte zu den Kindern, an denen der berüchtigte KZ-Arzt Josef Mengele im Vernichtungslager Auschwitz grausame Experimente durchführte.
Etwa eineinhalb Jahre lang, schätzt sie, dauerte die Tortur – bis die Rote Armee 1945 das Lager befreite. Genaueres weiß sie nicht, nicht einmal ihr Alter oder ihren richtigen Namen. Ihre Identität ist die in ihren linken Arm eintätowierte Häftlingsnummer.
Sie muss noch als Kleinkind nach Auschwitz gekommen sein, wahrscheinlich mit einem Transport aus Minsk, ihre Eltern sind vermutlich gleich nach der Ankunft getötet worden. Nach der Befreiung wurde sie von einem ukrainischen Paar adoptiert, ihr Geburtsdatum seitdem: 9. Mai – der Tag der Befreiung.
Täglich chattet der Mannheimer Fotograf Luigi Toscano mit der Holocaust-Überlebenden Anna Strishkowa in Kiew.
© Quelle: Luigi Toscano
Den Mannheimer Fotografen Luigi Toscano lernte Anna Strishkowa vor acht Jahren in Kiew kennen. Er porträtierte damals für sein weltumspannendes, inzwischen mehrfach ausgezeichnetes Projekt „Lest we forget“ (Gegen das Vergessen) Holocaust-Überlebende in der Ukraine. Beide verstanden sich auf Anhieb, erzählt er. „Anna ist so lieb, sie nennt mich Brüderchen, sie ist sehr bescheiden.“
Behutsam erzählte sie ihm ihre Geschichte, sie wollte nicht, dass er so geschockt war. Sie sprach davon, wie viel Angst sie in ihrer Kindheit und Jugend vor Ärzten gehabt hätte. „‚Weißt Du, Luigi, wie ich diese Angst überwunden habe‘, fragte sie mich einmal“, erinnert sich Toscano. „Ich bin Ärztin geworden, sagte sie und strahlte mich an. So eine Frau ist Anna. Stark.“
Seit Beginn des Kriegs der Russen in der Ukraine versucht der 49-Jährige, der vergangenes Jahr von der UN-Kulturorganisation Unesco zum „Artist of Peace“ berufen wurde, Anna Strishkowa zur Flucht zu überreden. „Annischka, komm zu mir nach Deutschland“, hat er sie schon mehrmals angefleht. „Doch sie ist so stur.“
Luigi Toscano fotografiert die Holocaust-Überlebenden
Luigi Toscano für Bildern seiner Ausstellung vor dem UN-Gebäude in New York
16 Bilder
Mit seiner Fotoinstallation „Lest We Forget“ erregt der Mannheimer Fotograf und Filmemacher Luigi Toscano seit Jahren weltweit Aufmerksamkeit. Mehr als eine Million Besucher sahen seine überlebensgroßen Porträts von Holocaust-Überlebenden auf öffentlichen Plätzen in Berlin, New York, Washington, Boston, Kiew oder Wien.
© Quelle: Luigi Toscano
Toscano hat schon alles organisiert, Transport, Wohnung in Mannheim, Sponsoren für ihren Aufenthalt. Anna glaubt jedoch ganz fest an den Sieg der Ukrainer gegen den „Agressor“. Sie sagt ganz bestimmt: „Wenn ich Hitler überlebt habe, warum sollte ich dann nicht auch Putin widerstehen? Ich bleibe.“
Anna Strishkowa hat das KZ Auschwitz überlebt, jetzt will sie auch Putin überleben.
© Quelle: Luigi Toscano
Der Fotograf, den der Krieg gegen seine Freundin und ihre Mitbürger seelisch stark zu schaffen macht, schöpft selbst Kraft aus Annas Widerstandsvermögen. „Sie ist so überzeugt davon, dass sie gewinnen und die Russen Kiew nicht bekommen werden. Warum soll ich dieser Frau nicht glauben?“, fragt Toscano.
So simst er nun weiter jeden Morgen mit Anna und ihrer Tochter Olga. Das Band zwischen Mannheim und Kiew ist stark. „Es ist wichtig, im Kontakt zu bleiben“, sagt Toscano. „Die Ukrainer müssen wissen, dass wir hinter ihnen stehen. Und wenn Anna ein Zeichen gibt, dann hole ich sie da raus.“
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«Nicht ein einziger Nachbar hat den Vorhang aufgezogen, um zu sehen, was passiert» – Griechenlands älteste Auschwitz-Überlebende ist gestorben
2014 brachte die Geschichte der Holocaust-Überlebenden Esthir Cohen auch den damaligen deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck zum Weinen. Die Jüdin aus Ioannina verlor im Vernichtungslager ihre Eltern und Geschwister und kehrte in ein gleichgültiges Umfeld zurück.
Elena Panagiotidis
02.12.2020, 17.32 Uhr
Jüdische Frauen und Kinder im westgriechischen Ioannina am Tag der Razzia vom 25. März 1944 warten auf Lastwagen, die sie zu Bahnhöfen bringen, von wo aus sie letztlich nach Auschwitz deportiert werden. Esthir Cohen war eine der wenigen Überlebenden.
Jüdische Frauen und Kinder im westgriechischen Ioannina am Tag der Razzia vom 25. März 1944 warten auf Lastwagen, die sie zu Bahnhöfen bringen, von wo aus sie letztlich nach Auschwitz deportiert werden. Esthir Cohen war eine der wenigen Überlebenden.
Wenn Esthir Cohen am Donnerstag auf dem jüdischen Friedhof von Ioannina beigesetzt wird, wird niemand aus ihrer Familie dabei sein, auch niemand, mit dem sie ihre Kindheit und Jugend als Mitglied der jüdischen Gemeinde der Stadt im Nordwesten Griechenlands verbracht hätte.
Ihre Eltern sah die 1924 in Ioannina geborene Cohen zuletzt im April 1944 an den Gleisen im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Rund zwei Wochen zuvor, am 25. März, hatten die nationalsozialistischen Besatzer mithilfe griechischer Polizisten fast die gesamte jüdische Gemeinde von Ioannina verhaftet: über 1800 Personen.
Cohen schilderte unter anderem dem griechischen Fernsehsender ERT, wie die Razzia ablief und dass sie ihre Eltern und fünf ihrer sechs Geschwister letztmals an den Gleisen in Auschwitz sah. «Seitdem habe ich niemanden mehr.»
Bis zu ihrem Tod am Dienstag war Cohen die einzige Holocaust-Überlebende, die noch in Ioannina lebte; die Stadt war bis zum Zweiten Weltkrieg das Zentrum der Romanioten gewesen, also der griechischsprachigen Juden, deren Vorfahren schon seit hellenistischer Zeit in Griechenland lebten.
Cohens Geschichte wurde 2014 in Griechenland, aber auch in Deutschland bekannt, als der damalige deutsche Bundespräsident Joachim Gauck das Land bereiste. Gauck wollte ein Zeichen setzen gegen das Vergessen der Greueltaten seiner Landsleute in dem Balkanstaat zwischen 1941 und 1944 und hatte sich das Treffen mit Cohen gewünscht. Am 8. März hielt er eine Rede in der Synagoge von Ioannina und ging danach auf Cohen zu. Als er der damals 90-jährigen Frau die Hand reichte, sagte sie ihm auf Deutsch: «Sieben Siebzig Tausend Hundert Zwei» – die Nummer 77 102 war ihr im Konzentrationslager Auschwitz eintätowiert worden. In einem Interview erzählte Cohen, sie habe sich in jenem Moment zurückversetzt gefühlt nach Auschwitz, als sie während der Appelle ihre Nummer sagen musste. Danach fing sie an zu weinen, und der Bundespräsident umarmte sie, ebenfalls mit Tränen in den Augen.
In Interviews teilte Cohen mit, sie könne verzeihen, auch wenn das Unrecht, das den Juden angetan worden ist, nicht wiedergutzumachen sei. Wichtig sei, dass die Menschen davon erführen; dass es Geld für Bildung gebe und die Kinder lernten, was passiert sei, denn es zeige sich, dass sich die Geschichte wiederhole.
«Faust in die Magengrube» für die griechische Gesellschaft
Cohens Geschichte sei auch für die griechische Gesellschaft wie eine «Faust in die Magengrube», schreibt die griechische Zeitung «Kathimerini» in ihrem Nachruf, und das nicht allein wegen der Hölle, die sie im Vernichtungslager erlebt hatte, sondern auch wegen der Dinge, die ihr nach der Rückkehr in ihre Heimatstadt widerfuhren.
In Griechenland traf Cohen auf eine Gesellschaft, die ihr und ihrem Schicksal ungläubig, gleichgültig oder gar feindselig begegnete. Nach der Ankunft in Ioannina ging sie direkt zu ihrem Elternhaus. Doch dieses hatte sich bereits ein Fremder unter den Nagel gerissen. Als die junge Frau sagte, das sei ihr Haus, schleuderte ihr der Mann entgegen, sie möge zwar den Krematorien der Deutschen entgangen sein, doch er werde sie gleich hier im Ofen des Hauses verbrennen.
Dies ist nur eine Episode, die Cohen im Jahr 2014 der Zeitung «Kathimerini» anlässlich des Gauck-Besuchs schilderte. Auch ihre Versuche, Familieneigentum zurückzuerlangen, scheiterten vielerorts. So erfuhr sie nach dem Krieg, dass zwei Nähmaschinen der Familie nun im Besitz des Bischofs waren. Doch als sie diese zurückverlangte, hiess es, sie seien an griechische Behörden übergeben worden, man brauche erst die Seriennummer der Maschinen, bevor man sie suchen könne. Cohen zeigte die Tätowierung aus Auschwitz an ihrem Arm: «Das ist die einzige Nummer, an die ich mich erinnere.»
Mit ihrem vor drei Jahren verstorbenen Ehemann Samuel, der der Deportation in Ioannina entgangen war und als Partisan in den Bergen die Besatzung überlebte, hatte Cohen eine Tochter. Diese zog allerdings Ende der 1960er Jahre für immer nach Israel. Die Beschimpfung eines Lehrers, der sie als «dreckige Jüdin» bezeichnet hatte, traumatisierte das Mädchen zutiefst.
Vor dem Besuch von Gauck, der sich das Treffen mit der Holocaust-Überlebenden gewünscht hatte, sagte Cohen, sie wolle ihn fragen, woher der Hass komme, Millionen von Menschen lebendig zu verbrennen, nur weil sie einer anderen Religion angehörten. Zeitlebens quälte sie aber auch die fehlende Solidarität ihrer christlichen Nachbarn: «Keinen hat es geschmerzt, keine Träne floss. Als sie uns aus den Häusern zerrten, hat kein Nachbar den Vorhang beiseite gezogen, um zu sehen, was passiert», sagte sie der «Kathimerini». «Wir waren in der Mehrheit arme Leute, wir hatten niemandem etwas getan, Jahrhunderte lebten wir in Ioannina. Niemand mochte uns.»
Heute zählt die jüdische Gemeinde in Ioannina nur noch wenige Dutzend Mitglieder; 2019 wurde der jüdische Kardiologie-Professor Moisis Elisaf zum Bürgermeister gewählt – der erste jüdische Bürgermeister einer griechischen Stadt. Elisaf würdigte im Radio Cohens fortwährenden Kampf gegen das Vergessen.
Mit ihrem Tod verliert das Land einen der letzten jüdischen Zeitzeugen des Holocaust, deren Schicksalen es sich erst vor wenigen Jahren überhaupt geöffnet hat.
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SHOAH
Holocaust-Überlebende: Interaktives Zeitzeugnis von Anita Lasker-Wallfisch
Wie kamen Sie nach Auschwitz? Haben Sie vergeben? In Berlin können Schulklassen jetzt dank modernster Technik Antworten der Shoah-Überlebenden Anita Lasker-Wallfisch auf ihre ganz eigenen Fragen abrufen.
Datum 27.02.2020
Autorin/Autor Andrea Grunau
"Verstehen, was da passiert ist": Die Holocaust-Überlebende Anita Lasker-Wallfisch hat mehr als 1000 Fragen beantwortet
"1933 fing die Nazizeit an, da war ich acht Jahre alt. Da haben die Leute Mut bekommen, einen zu beschimpfen - als Juden. Ich habe am Anfang gar nicht verstanden, dass das etwas Spezielles ist." Anita Lasker-Wallfisch legt den Kopf zur Seite, schaut die Betrachter an. Sie spricht mit fester Stimme: "Wir haben die deutschen Klassiker eingebläut bekommen, Sprachen gelernt, Musik gemacht. Das war der typische jüdische Haushalt von damals." In Breslau wuchs sie auf, "was damals Deutschland war, jetzt Polnisch ist und Wroclaw heißt".
Buchcover Anita Lasker-Wallfisch - Ihr sollt die Wahrheit erben
Auf einem lebensgroßen Video-Bildschirm sitzt sie im Deutschen Technikmuseum Berlin den Besuchern in einem kleinen abgedunkelten Raum gegenüber. Sie blinzelt, dreht den Kopf, wippt mit dem Fuß. Wenn eine Frage ins Mikrofon gesprochen wird, ermitteln Spracherkennungsprogramme und Datenbankabfragen in Echtzeit passende Antwort-Videosequenzen und spielen sie ein. Das wirkt wie ein Dialog.
Erst war die Presse geladen, seit dieser Woche können Schulklassen der Stufen 8 bis 13 im Technikmuseum eigene Fragen an das interaktive Zeitzeugnis der Holocaust-Überlebenden richten. Voraussetzung: Sie kennen das Thema aus dem Unterricht und die Begegnung muss moderiert werden.
Die heute 94-Jährige Anita Lasker-Wallfisch überlebte als Cellistin im Mädchenorchester das Konzentrationslager Auschwitz und wurde 1945 von den Briten im KZ Bergen-Belsen befreit. Nach dem Krieg zog sie nach England, wo sie den Pianisten Peter Wallfisch heiratete und zwei Kinder bekam. Sie spricht seit vielen Jahren über ihre Erfahrungen, oft vor Schulklassen, 2018 vor dem deutschen Bundestag. Jetzt antwortet auch ihr Zeitzeugnis.
Markus Lanz - Anita Lasker-Wallfisch und Enkelsohn Simon Wallfisch
Auch über ihre Enkel - hier Simon Wallfisch - spricht Anita Lasker-Wallfisch im interaktiven Zeitzeugnis
"Wir haben meine Eltern nie wiedergesehen"
Erinnert sie sich an die ersten Deportationen aus Breslau? Kurz ruckelt das Bild, dann antwortet Anita Lasker-Wallfisch mit einem tiefen Seufzer: "Ja." Es ist ganz still im Raum, als sie berichtet, wie ihrer Mutter, der Musikerin, und ihrem Vater, Rechtsanwalt und Notar, im April 1942 gerade 24 Stunden blieben, bevor sie sich zum Abtransport melden mussten.
"Wir wollten zusammenbleiben. Da hat mein Vater die weisen Worte gesagt: 'Bleibt. Ihr seid nicht auf der Liste. Wo wir hingehen, kommt man zeitig genug hin.' Da hat er wirklich recht gehabt. Wir haben meine Eltern nie wiedergesehen." Nach einem misslungenen Fluchtversuch kamen sie und ihre Schwester Renate zunächst ins Gefängnis, 1943 wurde sie nach Auschwitz deportiert.
Interaktives Zeitzeugnis in Berlin | Anita Lasker-Wallfisch
Damit auch spätere Generationen eine Antwort bekommen: Aufwändige Produktion des interaktiven Zeitzeugnisses
Mehr als 1000 deutsche Fragen zu ihrem Leben und ihren Erfahrungen im NS-Terror hat die Cellistin im März 2019 eine Woche lang beantwortet - aufgezeichnet in einem Fernsehstudio ihrer Heimatstadt London. Vier Jahre zuvor hatte sie das schon einmal auf Englisch getan. Im Technikmuseum in Berlin läuft jetzt bis Juni die Testphase für das erste interaktive Zeitzeugnis der USC Shoah Foundation in deutscher Sprache.
Finanziert hat es die Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (EVZ), das Verfahren ist aufwändig. Der Test soll dabei helfen, dass auf immer neu formulierte Fragen jeweils die am besten geeignete Antwort eingespielt wird. Je mehr Fragen gestellt werden, desto besser wird das Programm. Im Technikmuseum mit seinem vielfältigen Publikum will man eine breite Öffentlichkeit erreichen.
Interaktive Zeitzeugnisse, damit junge Menschen eigene Fragen stellen können
Fast 55.000 Video-Interviews mit Überlebenden des Holocaust und anderer Genozide in zahlreichen Ländern und Sprachen hat die von Regisseur Steven Spielberg gegründete Shoah Foundation seit Mitte der 1990er Jahre gesammelt - auch mit Anita Lasker-Walfisch. Das Ziel: Ihre Erfahrungen für spätere Generationen zu bewahren.
Interaktives Zeitzeugnis erstmals in deutscher Sprache, Anita Lasker-Wallfisch
Sanna Stegmaier hat für die USC Shoah Foundation das Interview mit Anita Lasker-Wallfisch in London geführt. Sie begleitet jetzt auch den Test in Berlin
Doch wie können junge Menschen künftig eigene Fragen stellen? 2015 begannen die Aufnahmen für "Dimensions in Testimony": interaktive Zeitzeugnisse, die auf Fragen reagieren.
Hologramme für eine dreidimensionale Begegnung gibt es noch nicht. Es wurde aber schon mit Kameras aus allen Perspektiven gedreht, um für den Fall der Fälle auch eine 3D-Darstellung zu ermöglichen.
Die ersten Aufnahmen erfolgten auf Englisch, Spanisch, Russisch und Hebräisch. Die meisten der bisher 24 Zeitzeugnisse sind in Museen und Gedenkstätten in den USA verankert, zwei in Schweden, das spanische Zeitzeugnis im argentinischen Buenos Aires.
Das Zeugnis einer chinesischen Überlebenden des Nanking-Massakers - auf Mandarin - ist im dortigen Gedächtnisort zu erleben. Drei der Zeitzeugen sind mittlerweile verstorben. Ihnen sei es wichtig gewesen, "dass Schüler auch in der Zukunft noch Fragen stellen können", sagt Karen Jungblut.
Weitere Aufnahmen auf Deutsch und in anderen Sprachen wie Polnisch, Schwedisch oder Italienisch seien dringend erwünscht: "Es ist eine Minute vor 12." Jungblut ist Director of Global Initiatives bei der USC Shoah Foundation, heute ein Institut der University of Southern California.
Deutsches Technikmuseum Berlin interaktives Zeitzeugnis von Holocaust-Überlebenden
"Die Persönlichkeiten der Überlebenden kommen durch", sagt Karen Jungblut von der USC Shoah Foundation
"Ich liege nicht im Massengrab"
Die Fragen für das deutsche Interview mit Anita Lasker-Wallfisch wurden mit Jugendlichen aus Deutschland erarbeitet. In den USA werde oft gefragt: "Haben Sie Hitler getroffen?", sagt Karen Jungblut. Das sei in Deutschland anders. Da frage man eher: "Was denken Sie über Deutschland?" oder "Haben Sie vergeben?"
Auf diese Frage antwortet Anita Lasker-Wallfisch im Berliner Technikmuseum: "Man kann weitergehen, aber vergeben? Wie kann man sowas vergeben?!" Ihre Stimme wird lauter: "Es ist nicht zu vergeben, was da passiert ist. Ich bin nicht der liebe Gott. Ich bin auch nicht vergast worden. Ich liege nicht im Massengrab. Ich habe nicht das Recht zu vergeben."
Auch wenn man genau weiß, dass das Video mit ihr aufgezeichnet wurde: Die Auschwitz-Überlebende ist in diesem Moment ganz präsent in dem kleinen Raum. Offenbar eine typische Erfahrung bei interaktiven Zeitzeugnissen. Viele Schüler, beobachtet Karen Jungblut, sagten nach den Begegnungen: "Ich habe mit einem Zeitzeugen geskypt." Befragungen belegen eine extrem hohe Aufmerksamkeit und emotionale Ansprache.
Berlin | Technikmuseum - Interaktives Zeitzeugnis von Anita Lasker-Wallfisch
Sobald die Überlebende Anita Lasker-Wallfisch von der Video-Leinwand spricht, richtet sich alle Aufmerksamkeit auf sie
Eine ganze Woche lang im Fernsehstudio tief einzutauchen in die Traumata der NS-Verfolgung ist sehr belastend, selbst für Überlebende wie Anita Lasker-Wallfisch, die ihren Lebensabend damit verbringt, im Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus immer wieder von ihren Erfahrungen zu berichten. Wenn man ihr interaktives Zeitzeugnis in Berlin fragt, warum sie immer noch ihre Geschichte erzählt, sagt sie, dass es natürlich anstrengend sei, "aber irgendwie ist es ein Pflichtgefühl".
Sie wisse aus vielen Reaktionen, wieviel wirksamer die Begegnung mit wirklichen Überlebenden sei als Einträge im Geschichtsbuch: "Ja, also Napoleon - und Holocaust - und die nächste Seite". Dann zitiert sie aus einem Schülerbrief: "Ich habe zum ersten Mal verstanden, was da passiert ist. Es war ja nebenan!"
Sie hoffe, sagt die Überlebende auf dem Bildschirm, "dass die Holocaust-Tragödie nicht vollkommen verschwinden wird in 100 oder 200 Jahren. Das war ein Tiefpunkt, den die Menschen erreicht haben, der, glaube ich, einzigartig war."
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HOLOCAUST-GEDENKEN
Holocaust-Zeitzeugin: "Du musst erzählen, was sie mit uns gemacht haben"
Erna de Vries ist eine der letzten Überlebenden der Shoa. Mit 96 Jahren fällt es ihr schwer, selbst zu erzählen. Eine Gruppe von "Zweitzeugen" übernimmt das jetzt für sie. Mit dem Ziel: Das Erinnern darf nie aufhören.
Datum 26.01.2020
Autorin/Autor Marina Strauß
Erna de Vries sitzt gerne unter ihrem Magnolienbaum, genießt die Sonnenstrahlen, die frische Luft. Doch draußen erinnert sie jeden Tag auch irgendetwas an Erlebnisse aus ihrer Vergangenheit. Ein Stück Brot, das auf der Erde liegt zum Beispiel. Dann denkt Erna de Vries an ihren Hunger von damals und findet, es dürfe nicht sein, dass jemand Brot einfach so wegwirft. Oder sie sieht eine Birke und vor ihren Augen erscheint das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau.
Dorthin deportierten die Nationalsozialisten 1943 ihre jüdische Mutter. Erna de Vries selbst wollten die Nazis verschonen, ihr früh verstorbener Vater war evangelisch, sie also im Nazijargon eine "Halbjüdin". Da sie aber nicht alleine zurückbleiben wollte, folgte sie ihrer Mutter in das Vernichtungslager, in dem bis 1945 mehr als eine Million Menschen ermordet werden sollten. Darunter vermutlich auch Erna de Vries' Mutter.
Holocaust-Überlebende (DW/M. strauß)
Erna de Vries in ihrem Haus im Emsland
Wenn de Vries von den Jahren im Lager berichtet, blickt sie nachdenklich, wirkt gleichzeitig aber auch sehr gefasst.
"Du musst kämpfen, du musst überleben und erzählen, was sie mit uns gemacht haben."
Erna de Vries hat ihre Geschichte schon oft erzählt. Unterwegs. Vor Schülern, in ihrer Heimatgemeinde in Norddeutschland, an der Universität in der nahegelegenen Großstadt. Den Antrieb dafür geben ihr immer noch die Worte ihrer Mutter, die sie an sie richtete, als sie sich zum letzten Mal sahen: "Erna du musst kämpfen, du musst überleben und erzählen, was sie mit uns gemacht haben."
"Mich von meiner Mutter zu verabschieden, war in der Lagerzeit das Allerschwerste", sagt Erna de Vries. "Ich wusste ja genau, dass sie aus Auschwitz nicht wieder herauskommt." Mit 96 Jahren fällt es de Vries zunehmend schwer, ihre Geschichte öffentlich zu erzählen. Sie sieht nicht mehr sehr gut, hört nur, wenn man laut und deutlich nahe an ihrem Ohr spricht, für kleine Spaziergänge braucht sie ihre Gehhilfe, die sie den "Rolls-Royce unter den Rollatoren" nennt.
Deshalb ist Erna de Vries froh, dass es jemanden gibt, der ihre Erinnerungen weiterträgt. Jemanden wie Vanessa Eisenhardt.
Holocaust-Überlebende
Die Zeitzeugin Erna de Vries gibt ihre Erinnerungen an die Zweitzeugin Vanessa Eisenhardt weiter
Die 30 Jahre alte Geschichtsdoktorandin nennt sich "Zweitzeugin" und ist Mitglied im Verein "Heimatsucher", der sich mit Überlebenden des Holocaust trifft, ihre Geschichten sammelt und erzählt. Vanessa hat Erna de Vries an diesem sonnigen Frühlingstag einen Stapel Briefe von Schülern mitgebracht. Am Tag zuvor hatte sie in einem Gymnasium in Bayreuth in Süddeutschland de Vries' Geschichte erzählt und die Schüler dann gebeten, ihre Gedanken für de Vries aufzuschreiben.
Erinnern ohne Zeitzeugen
Vanessa Eisenhardt und andere "Zweitzeugen" sind alle paar Wochen in ganz Deutschland unterwegs, um an Schulen über Erna de Vries oder andere Überlebende des Holocaust zu sprechen. Ihr Verein hat die Erinnerungen von rund 35 Zeitzeugen in Israel, Deutschland und anderen europäischen Ländern gesammelt und mit ihnen über die Jahre hinweg ein sehr enges Verhältnis gepflegt. Einige von ihnen leben noch, viele sind inzwischen verstorben.
In Bayreuth erzählt Eisenhardt nicht nur über das, was de Vries während der Nazizeit erlebt hat, sondern auch über das Davor und das Danach: über de Vries' Wunsch Ärztin zu werden, über ihre Arbeit als Krankenschwester, über ihren Mann, den sie nach dem Krieg kennenlernte, ihre drei Kinder, sechs Enkelkinder und über ihren lange gehegten - aber nie in die Tat umgesetzten - Wunsch, nach Israel auszuwandern.
Persönliche Geschichten gehen oft unter zwischen Fakten und Zahlen
Eisenhardt sagt, dass das Persönliche im Geschichtsunterricht oft zu kurz komme. "Große Zahlen, große Bilder, sechs Millionen ermordete Menschen." Das sei manchmal schwer greifbar. Mit Geschichten, wie der von Erna de Vries, will sie Schülern zeigen, wie die Nationalsozialisten in Deutschland ein Leben einschränken, zerstören konnten. Und wie sich die Vergangenheit auf das Heute auswirkt. "Solche Geschichten zeigen, was passiert, wenn man Rassismus und Antisemitismus Raum gibt und das zulässt. Soweit zulässt, dass es dann nicht mehr änderbar ist."
Ambra Rizzo
Die 14-jährige Ambra Rizzo
In Bayreuth beeindruckt die Schüler besonders die Bitte von Erna de Vries' Mutter zu kämpfen und weiterzutragen, was ihr und anderen Juden widerfahren ist. "Ich war ganz kurz davor zu weinen", sagt die 14-jährige Ambra Rizzo. "Ihren Willen zu überleben und die Geschichte zu erzählen fand ich toll."
Es habe sie bewegt, dass die Mutter nicht einfach gesagt habe "Tschüss, ich liebe dich, ich werde dich nie wieder sehen", sondern Erna gebeten habe, zu kämpfen und weiterzumachen, findet Sanya Schuberth, 15. Und sie warnt: "Ich denke, dass man manchen Menschen die Augen öffnen sollte, weil sie der Meinung sind, so etwas kann nie mehr passieren." Sanya, Ambra und die anderen Schüler sollen jetzt die Geschichte von Erna de Vries weitererzählen, als "Zweitzeugen".
"Ich habe so viel Respekt vor dir."
Zurück bei Erna de Vries in ihrem Haus in Norddeutschland, liest Vanessa Eisenhardt aus Sanyas Brief vor:
"Liebe Erna, ich bin sicher, dass du eine ganz tolle und tapfere Frau bist. Ich kann es gar nicht oft genug sagen. Ich habe so viel Respekt vor dir."
Sanya Schuberth
Die 15-jährige Sanya Schuberth
Erna de Vries lächelt und erzählt, dass sie inzwischen eine ganze Kiste mit Briefen von Schülern zu Hause habe. Natürlich freue sie sich darüber, dass sie akzeptierten, dass man ihnen ihre Geschichte erzähle. "Vielfach sind Menschen gar nicht interessiert."
Mit ihrem Rollator bewegt sich Erna de Vries wieder aus dem Wohnzimmer auf die Terrasse unter ihren blühenden Magnolienbaum. Vor zwei Tage seien die Blüten noch schöner gewesen, langsam verwelkten sie. De Vries ist dankbar, dass sie nach dem Krieg ein gutes Leben hatte mit gesunden Kindern und Enkelkindern. Ihrem Mann und ihr habe es immer eine gewisse Genugtuung gegeben, dass die Nazis es nicht geschafft hätten, sie alle umzubringen. Jetzt setzt sie darauf, dass Menschen wie Vanessa Eisenhardt ihre Geschichte immer weiter erzählen, "dass das doch irgendwie in den Köpfen bleibt und nicht ganz vergessen wird."
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Er fotografiert Holocaust-Überlebende: „Weinen Sie oft, Herr Toscano?“
Luigi Toscano für Bildern seiner Ausstellung vor dem UN-Gebäude in New York
Er fotografiert seit mehreren Jahren Holocaust-Überlebende in der ganzen Welt. Luigi Toscanos öffentliche Installationen überlebensgroßer Porträts erregen Aufsehen. Im RND-Interview spricht der Sohn italienischer Gastarbeiter über seine Begegnungen mit den Überlebenden, die Zerstörung von Bildern und seine Tränen am Abend.
Thoralf Cleven
26.01.2020, 07:15 Uhr
Mannheim. Mit seiner Fotoinstallation „Lest We Forget“ erregt der Mannheimer Fotograf und Filmemacher Luigi Toscano (47) seit Jahren weltweit Aufmerksamkeit. Mehr als eine Million Besucher sahen seine überlebensgroßen Porträts von Holocaust-Überlebenden auf öffentlichen Plätzen in Berlin, New York, Washington, Boston, Kiew oder Wien. Zum 75. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz durch die Rote Armee zeigt er seine Fotos bei der Uno in Genf.
Sie haben seit 2014 weltweit mehr als 400 Holocaust-Überlebende porträtiert. Wie hat das angefangen?
Damals stellte ich gerade in meiner Heimatstadt Mannheim an einer zentralen Stelle überlebensgroße Porträts von Asylbewerbern aus, gleichzeitig erlebte Deutschland die Ankunft vieler Flüchtlinge. Ich spürte, wie die positive Stimmung in der Gesellschaft kippte und die Ressentiments wuchsen. Rassismus und Antisemitismus zeigten sich. Dagegen wollte ich etwas tun. Ich fragte mich, was Holocaust-Überlebende dazu sagen würden. Das war die Idee.
Und dann?
Ich habe bei zahlreichen Institutionen angefragt, ob sie mich unterstützen würden. Viele Türen blieben verschlossen. Doch die Mitarbeiter der Gedenkstätte des ehemaligen KZ Sandhofen halfen mir und luden mich zu einem Treffen mit fünf polnischen Holocaust-Überlebenden ein. Ich habe ihnen mein Projekt erklärt, doch sie blieben skeptisch. Sie wollten etwas sehen. Zu der Zeit hingen noch die Porträts der Asylbewerber an der alten Feuerwache in Mannheim. Alle fünf stiegen in ein Taxi und fuhren da hin. Als sie die Bilder gesehen hatten, waren sie sofort einverstanden.
Waren Sie bereits vorher Holocaust-Überlebenden begegnet?
Nein, noch nie. Ich war sehr nervös und dachte nur noch: Luigi, warum hast du die Klappe so weit aufgerissen?
Manche Fotografen erzählen einen Witz, um ihr Gegenüber locker zu machen. Geht das mit Holocaust-Überlebenden?
Keine Bange, das geht auch. Aber in den meisten Fällen kommen wir ganz langsam ins Gespräch, ohne Kamera in Sichtweite. Es geht ums gegenseitige Kennenlernen. Das kann schnell gehen oder Stunden dauern. Am Ende dann frage ich, ob wir das Foto machen wollen.
Luigi Toscano bei den Vorbereitungen des Porträts von Walter Frankenstein.
© Quelle: schulz
Die Foto-Situation ist ja schon sehr speziell und erinnert an die Erstellung von Polizeifotos: Sie fotografieren durch einen Lichtkreis, der das Gesicht des Porträtierten frontal ausleuchtet…
Ja, das ist schon eine kleine Hürde. Stimmt. Einer der fünf Polen sagte, als er diese Aufstellung sah, ziemlich trocken: „Das ist ja hier wie bei der Gestapo.“ Mir stockte der Atem. Dann lachten die Männer. Auch heute komme ich noch in Situationen, wo ich am liebsten verschwinden würde.
Wollen Sie es mir erzählen?
Ralph aus Chicago kommt rein, agil und fröhlich. Er erzählt über Gott und die Welt. Lustig. Dann bewundert er meine Tattoos und sagt: „Ich habe auch eines.“ Er krempelt den Ärmel seines Hemdes hoch und zeigt mir seine Auschwitz-Nummer. Das ist schon heftig, aber das kenne ich inzwischen. Ralph lächelt und erzählt weiter: „Luigi, ich habe das Krematorium in Auschwitz gemauert. Darin wurden die Leichen meiner ermordeten Verwandten verbrannt.“ Das ist dann wie ein Knock-Out.
Können Sie noch weinen?
Ich habe inzwischen gelernt, mich bei der Arbeit vor solchen Knock-Outs zu schützen. Trotzdem: Ich weine oft. Vor allem abends, wenn ich keine Ablenkung habe, denke ich an all das, was mir diese Menschen erzählt haben.
Manche der von Ihnen Porträtierten lächeln in die Kamera, andere schauen ernst oder sogar grimmig. Wie wichtig ist den Holocaust-Überlebenden ihr Gesichtsausdruck auf den Fotos?
Ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Ich beobachte jedoch, dass die Osteuropäer häufiger einen strengen Gesichtsausdruck aufsetzen. Ich interpretiere das als würdevoll. Die Amerikaner hingegen lächeln eher. Das Eigentliche passiert jedoch in den Augen. Sie schauen so direkt und zeigen Dankbarkeit, Würde, Stolz, Willen. Vielleicht zeigen sie: Ich lebe, ich habe überlebt.
Warum zeigen Sie diese schon ihrer Größe wegen überwältigenden Fotos nur auf öffentlichen Plätzen?
Ins Museum würde dafür kaum jemand gehen. Ich möchte die Leute konfrontieren, provozieren und ihnen zeigen, dass diese Menschen noch da sind und uns etwas zu sagen haben. Vielleicht mache ich es dadurch auch einfacher, indem ich ihnen diese Gesichter vor die Füße stelle.
Sie haben in Amerika ausgestellt und in Europa. Reagieren die Menschen unterschiedlich auf die Bilder?
In den USA werden die Fotos emotionaler aufgenommen. In der Ukraine entstehen auch Emotionen, die Fotos werden jedoch ehrfurchtsvoller betrachtet.
In Wien gab es im vergangenen Jahr Zwischenfälle. Was ist passiert?
Es fing mit Schmierereien an, Hakenkreuze und Hetzparolen. Dann wurden Bilder aufgeschnitten, Gesichter zerstört. 16 Porträts wurden verstümmelt. Ich war hinüber, wollte einpacken und nach Hause gehen.
Sie blieben in Wien. Warum?
Mich riefen Überlebende an, die sagten: „Luigi, wir haben durchgehalten. Jetzt musst du es.“ Das war wie ein Befehl. Junge Muslime fingen an, gemeinsam mit Christen die Bilder mit Nadel und Faden zu reparieren. Ein Rabbi brachte ihnen Essen. Wiener Bürger hielten 24-Stunden-Mahnwachen an den Bildern. Es war der Wahnsinn. Ich war überwältigt und, ja, auch völlig überfordert. Das war eine unglaubliche Erfahrung, kraftvoll – und es hat unheimlich Mut gemacht.
Sie sind auch in sozialen Medien unterwegs. Treffen Sie dort auf Hass und Hetze?
Ich bekomme das mit, ja. Meine Hater kann ich jedoch an einer Hand abzählen. Und mit dem Tode bedroht – so wie Politiker – wurde ich auch nicht.
Juden fühlen sich wieder unsicher in Deutschland. Nicht wenige können sich vorstellen, das Land zu verlassen. Was sagen Sie denen?
Dass ich das verstehen kann und sie sich schützen sollen. Jeder von uns wünscht sich doch Sicherheit. Solche Anschläge wie der in Halle tragen dazu bei, Angst zu verbreiten. Ich versuche aber auch zu übermitteln: Glaubt an die Demokratie und daran, dass wir gewinnen werden. Dafür ist es jedoch wichtig, dass wir dem Hass als Mehrheit gegenübertreten. Nicht leise, sondern deutlich vernehmbar.
Der Mannheimer Fotograf und Filmemacher Luigi Toscano (geb. 1972) fotografiert Holocaust-Überlebende
Der Mannheimer Fotograf und Filmemacher Luigi Toscano (geb. 1972) fotografiert Holocaust-Überlebende
© Quelle: Luigi Toscano
Ist es ein Zufall, dass Sie sich als Sohn italienischer Gastarbeiter dafür so engagieren, aus der Geschichte zu lernen?
Ich bin Deutscher – allerdings mit einem zweiten, einem italienischen Pass. Ich spreche deutsch, ich denke deutsch, hier ist meine Heimat. Und für die übernehme ich Verantwortung, als Mensch, als Familienvater und mit klarer Ansage: Was in Deutschland und anderswo in der Nazizeit passiert ist, das darf nie wieder vorkommen.
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Holocaust-Überlebender bekommt mit 98 Jahren sein Abi-Zeugnis
Der 98-jährige Holocaust-Überlebende Leon Schwarzbaum.
Der 98-jährige jüdische Holocaust-Überlebende Leon Schwarzbaum aus Berlin hat doch noch sein Abitur-Zeugnis bekommen - nach 80 Jahren.
16.07.2019, 15:45 Uhr
Berlin. Der jüdische Holocaust-Überlebende und Zeitzeuge Leon Schwarzbaum hat am Dienstag in Berlin ein neu ausgestelltes Abitur-Zeugnis erhalten. Der 98-Jährige habe seine Reifeprüfung vor 80 Jahren am jüdischen “Fürstenbergus Lyzeum” in Bendzin im heutigen Polen abgelegt, teilte die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannover am Dienstag mit. Sein Zeugnis habe er aber im Konzentrationslager Auschwitz abgeben müssen.
Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD), Oberlandeskirchenrätin Kerstin Gäfgen-Track und die Leiterin der Evangelischen IGS Wunstorf, Elke Helma Rothämel, überreichten Leon Schwarzbaum das Dokument in der Niedersächsischen Landesvertretung in Berlin. Erst am 12. Juli war Schwarzbaum von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt worden.
Film thematisierte Schwarzbaums Bemühen, sein Abi-Zeugnis zu bekommen
Auslöser für die Initiative war der Film “Der letzte Jolly Boy”, der Schwarzbaums vergebliches Bemühen zeigt, sein Zeugnis wiederzubekommen. Nachdem die Wunstorfer Schule den Film vorgeführt hatte, initiierte Rothämel die Neuausstellung des Abi-Zeugnisses. In Gesprächen mit Schwarzbaum sei sein Zeugnis rekonstruiert worden, sagte die Schulleiterin: “Er wusste bis auf eine noch alle Zensuren.” Es handele sich nicht um ein Zeugnis ehrenhalber, sondern um eine “Hochschulzulassung mit Gültigkeit”.
Schwarzbaum wurde 1921 in Hamburg geboren und lebt in der Bundeshauptstadt. 1943 wurde seine gesamte Familie im KZ Auschwitz umgebracht. Weitere Stationen seines Leidensweges in der Zeit des Nationalsozialismus waren unter anderem das KZ Buchenwald und ein Todesmarsch, auf dem ihn am 5. Mai 1945 in der Nähe von Schwerin US-amerikanische Soldaten befreiten.
Nach dem Krieg eröffnete Leon Schwarzbaum in Berlin ein Geschäft mit Antiquitäten und Kunstgegenständen. Im hohen Alter begann er, jungen Menschen in Vorträgen an Schulen über die NS-Zeit zu berichten. Im Auschwitz-Prozess gegen den früheren SS-Wachmann Reinhold Hanning sagte er 2016 vor dem Detmolder Landgericht als Nebenkläger aus.
RND/epd
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ROMA DAY - ERINNERUNG AN DEN VÖLKERMORD
Auschwitz-Überlebender Mano Höllenreiner: "Wir waren ja Deutsche!"
Sinti und Roma sind die größte Minderheit Europas. Im Nationalsozialismus wurden Hunderttausende ermordet. Mano Höllenreiner überlebte als Kind. Er warnt vor dem Vergessen. Andrea Grunau hat ihn besucht.
Datum 07.04.2019
Mano Höllenreiner hat einen aufrechten Gang. Der 85-Jährige begrüßt Besucher schon im Vorgarten seines Hauses im bayerischen Mettenheim, knapp 80 Kilometer östlich von München. Im Treppenhaus hängen Fotos, auf denen er den Bundespräsidenten Christian Wulff und Joachim Gauck seine tätowierte Auschwitz-Nummer zeigt: Z 3526. Z steht für "Zigeuner" - unter diesem Begriff wurden die Angehörigen der größten europäischen Minderheit vom nationalsozialistischen Deutschland verfolgt. "Die Nummer wollen alle sehen", sagt er und schiebt gleich den Ärmel hoch. Er hat stark abgenommen, berichtet er, und die Füße zittern. "Das sind die Nerven", habe ihm sein Arzt gesagt, "kein Wunder bei dem, was Sie mitgemacht haben".
In der Nacht vom 2. auf den 3. August 1944 wurde das "Zigeunerlager" in Auschwitz-Birkenau aufgelöst. Männer, Frauen und Kinder wurden in den Gaskammern erstickt, ihre Leichen verbrannt. Historiker aus dem Museum Auschwitz fanden heraus, dass in dieser Nacht wohl mindestens 4000 Menschen starben und nicht 2900, wie lange vermutet. Mano Höllenreiner kam mit seinen Eltern und seiner Schwester Josefine, genannt Lilly, kurz vorher weg - ins Konzentrationslager Ravensbrück. Viele Verwandte verlor er in Auschwitz: Cousinen und ihre Kinder, Tanten und "meine arme Großmutter, die ich so geliebt habe - auch vergast". 36 Tote zählte Familie Höllenreiner durch die nationalsozialistische Verfolgung. Seine Mutter hatte auch jüdische Vorfahren. "Ich bin ein richtiger Mischling", sagt er. Aus der Familie der Mutter starben sogar mehr als hundert Menschen. Nach Auschwitz fährt Mano Höllenreiner mittlerweile nicht mehr, es ist ihm zu belastend.
Tote aufgestapelt - "so hoch wie meine Wohnung"
Wenn die Erinnerungen kommen, hört er wieder die Schreie aus dem Konzentrationslager. Die Toten aus Auschwitz werden für ihn sichtbar - mitten im Wohnzimmer mit den antiken bayerischen Möbeln. "Wenn die Kinder gestorben sind, haben die Mütter geschrien. Dann haben sie sie genommen und einfach auf einen Haufen geworfen", erinnert er sich an das brutale Regime der KZ-Aufseher. Sein Cousin Hugo und er, selbst noch Grundschulkinder, haben Tote weggetragen, darunter ein ganz kleines Kind: "Ich habe den Kopf gesehen", der Schrecken ist ihm noch heute anzusehen: "So ein kleiner Kopf!" Die Leichen wurden aufgestapelt. "Die Toten waren so hoch wie meine Wohnung", sagt er und weist mit gequältem Blick an die Zimmerdecke, als würde er sie dort sehen.
Einerseits würde er gerne alles vergessen, "aber es kommt immer wieder", sagt Höllenreiner. Seine Frau berichtet von Alptraum-Nächten, in denen er fast unmenschliche Schreie ausgestoßen habe. Ihr Mann schaut sie dankbar an: "Sie hat viel mitgemacht mit mir." Mano Höllenreiner setzt sich aktiv gegen das Vergessen ein. Viele Vorträge hat er gehalten, oft vor Schulklassen, damit "die jungen Deutschen wissen, was wir im KZ mitgemacht haben und dass es ein Verbrechersystem war". Manche Schüler hätten geweint, manche geklatscht, ein Mädchen habe ihn schluchzend umarmt. "Es gibt gute Deutsche", hält er fest. Für seine Aufklärungsarbeit erhielt er das Bundesverdienstkreuz.
Sein Lehrer: "Ein richtiger kleiner Nazi"
Aus seiner eigenen Schulklasse in München ist Mano, geboren 1933, oft weggelaufen und hat sich in der Kirche hinter dem Altar versteckt. Der Lehrer habe ihn schikaniert, dabei habe er gar nicht ausgesehen wie ein Sinto, sagt er: "Der war ein richtiger kleiner Nazi." Vater Johann Höllenreiner hatte ein Fuhrunternehmen mit Pferden, ebenso seine Brüder. Sie wurden als "Zigeuner" beschimpft.
Mano Vater Johann Baptist Höllenreiner in Wehrmachtsuniform, 1941
Manos Vater war Soldat, bis er als "Zigeunermischling" entlassen wurde
Der Zweite Weltkrieg begann, der Vater diente in der Wehrmacht, die Familie zog aufs Land. Mano spielte mit Bauernkindern: "Ich wusste gar nicht, dass ich Zigeuner bin", erinnert er sich. Seine Großmutter aber wurde von einem Bauern geschlagen, als sie mit einer Kiepe auf dem Rücken umherzog, um Kurzwaren wie Knöpfe, Garn und Spitzen zu verkaufen. Vater und Onkel wurden aus "rassepolitischen Gründen" als Soldaten entlassen. Ein Gutachten der Rassenhygienischen Forschungsstelle, welche die Minderheit systematisch erfasste, registrierte die Familie Ende 1941 als "Zigeunermischlinge". Zurück in München mussten der Vater und seine Brüder Zwangsarbeit leisten und unter Polizeiaufsicht die Straßen pflastern.
Im März 1943 klopfte die Polizei frühmorgens an die Tür. Die Familie musste sofort los, konnte fast nichts mitnehmen. Manos kleiner Hund blieb zurück. Bei der Polizei eingesperrt trafen sie Verwandte und andere Sinti. "Wir waren ja Deutsche!", Mano Höllenreiner ist heute noch fassungslos über die grundlose Verfolgung: "Mein Groß- und Urgroßvater, die waren alle schon beim Militär. Wir sind deutsche Sinti!" Seit Jahrhunderten hatte Familie Höllenreiner in Bayern gelebt.
Die Mutter rettet Mano
Im nationalsozialistischen Deutschland zählte das nicht. Alle wurden am Münchner Südbahnhof in Viehwaggons gesperrt, ohne Verpflegung, ohne Toilette - ein Alptraum auch für das Schamgefühl der Frauen, erinnert sich Mano Höllenreiner. Von seinem Vater hörte er, man habe ihnen einen Bauernhof in Polen versprochen. Dem Neunjährigen kam die mehrtägige Fahrt endlos vor. Ab und zu wurde der Waggon mit einem Wasserschlauch ausgespritzt. Die ersten Menschen starben.
Bei der Ankunft in Auschwitz-Birkenau war ihm klar, dass der Bauernhof eine Lüge war. Jedem wurde eine Nummer eintätowiert, die Haare geschoren. Die Familien zwängte man im "Zigeunerlager" in Baracken mit Stockbetten, drei Lagen übereinander.
Manos Familie lag ganz oben. Später turnte er dort herum, erzählt er: Er stürzte aufs Gesicht, brach sich die Nase und blieb besinnungslos liegen. Else Höllenreiner ergänzt, was ihre Schwiegermutter berichtet hat: Sie brachte Mano nicht zum Lagerarzt, weil sie Angst hatte, ihn nie wiederzusehen. Tagelang trug sie ihn frühmorgens zum Zählappell und hielt ihn aufrecht fest. So rettete sie ihn. Morgens um vier Uhr war Antreten für alle Häftlinge, im Winter im tiefen Schnee. "Alte Frauen erfroren, fielen um und waren tot", erinnert sich Mano Höllenreiner: "Dass wir noch leben, ist ein Wunder."
"Wir haben gedacht, wir werden vergast"
Manos Mutter warnte ihre Kinder, das Typhus-verseuchte Wasser in Auschwitz zu trinken. Sie hatten Durst, tranken trotzdem. Zu essen gab es ein kleines Stück Brot und verfaulte Steckrüben. Einmal kam Mano nach einem Arbeitseinsatz an einem SS-Haus vorbei, wo ein Hund seinen Napf hatte. Er pirschte sich heran, schlang das Fressen herunter, der Hund knurrte nur. Ein SS-Mann verjagte ihn. Auch dem SS-Arzt Josef Mengele begegnete er. Mano musste Gläser mit Präparaten tragen: Organe von Kindern, die Mengele im "Zigeunerlager" ermordet hatte. Mengeles Grausamkeit war berüchtigt: "Der hat kleine Zwillinge vom dritten Stock springen lassen, dann hat er sie wieder zusammengeflickt." Manos Cousin Hugo und dessen Bruder wurden von Mengele operiert und erlitten schwere Unterleibsverletzungen.
Im "Zigeunerlager" kannten alle die nahen Krematorien, das Feuer aus den Schornsteinen, den Geruch nach verbranntem Fleisch. 1944, als das Lager aufgelöst werden sollte, gehörte Familie Höllenreiner zu denen, die in andere Lager verlegt werden sollten. Als sie im Zug saßen, rollte er rückwärts - Richtung Krematorien. Alle schrien laut. "Wir dachten, wir werden vergast", erklärt Mano Höllenreiner. Dann erst fuhr der Zug in die richtige Richtung. Der Überlebende atmet tief, klingt aufgeregt: "Die Mutter und der Vater, die haben ja alle geschrien. Das darf nimmer kommen, sowas!" Immer wieder unterbricht er sich: "Man kann gar nicht sagen, wie es wirklich war in Auschwitz, im KZ. Es war viel schlimmer, als ich Ihnen das erzähle."
Zwangssterilisierungen, Ratten, Pudding
Im KZ Ravensbrück wurden Männer und Frauen getrennt. Manos Mutter und Schwester Lilly kamen ins Frauenlager. Er fürchtete, dass sie ermordet wurden. Sein Vater, Onkel und Cousins wurden zwangssterilisiert, alle mit einem Messer, sagt er. Er selbst versteckte sich mit einem polnischen Jungen tagelang unter den dreistöckigen Betten. Fette Ratten gab es dort, erinnert er sich: "Ich wäre fast gestorben."
Sein Vater und die anderen waren extrem geschwächt nach dem brutalen Eingriff. Der zehnjährige Mano schlich in die Häftlingsküche. Es gelang ihm, ein großes Gefäß mit Pudding zu stehlen, erzählt er, aber später habe man ihn erwischt. Ein SS-Mann zwang ihn, über eine Holzbank zu springen: "Links, rechts, bis ich nicht mehr konnte". Er stürzte, verletzte sich am Bein, wurde ohnmächtig. Dass die anderen den Pudding schon gegessen hatten, freut ihn heute noch. Von seiner Verletzung sei eine Narbe geblieben, sagt er. Viel später erfuhr er, dass auch seine Mutter in Ravensbrück zwangssterilisiert wurde. Ihrer Schwiegertochter vertraute sie an, dass man ihr Säure in den Unterleib gespritzt hatte. Schmerzen und tiefe Ängste blieben zurück.
Traumatischer Todesmarsch: "Zwei Kugeln sind zu schade"
Mano und sein Vater wurden von Ravensbrück ins KZ Sachsenhausen gebracht, nicht weit von Berlin. Der Krieg rückte näher. Der Vater und andere Ex-Soldaten mussten wieder an die Front. In SS-Uniformen habe man sie gesteckt und den russischen Truppen in die Arme gejagt, empört sich der 85-Jährige. Nur mit Glück seien die Männer mit der Auschwitz-Tätowierung nicht erschossen worden.
Mano wurde aus Sachsenhausen auf den Todesmarsch Richtung Westen getrieben, den nur wenige überlebten. Die entkräfteten Häftlinge mussten kilometerweit laufen. Wer nach Pausen im tiefen Schnee nicht schnell genug aufstand, wurde erschossen. Ein Erlebnis hat sich dem Überlebenden eingebrannt. "Zwei Kugeln sind zu schade", habe ein SS-Mann zu einem jüdischen Vater und seinem Sohn gesagt. Sie mussten sich hintereinander stellen, der Sohn den Mund öffnen, dann schoss der SS-Mann. Mano sah, was die Kugel anrichtete, er stand direkt daneben.
Paris statt München: "Sag nicht, dass du Deutscher bist"
Zusammen mit seinen Cousins und anderen Jungen konnte er fliehen, als die Gefechte näher kamen. Sie beobachteten, wie SS-Männer ihre Uniformen auszogen und gestreifte Häftlingskleidung anlegten, berichtet er. Als Russen und Deutsche aufeinander schossen, standen sie stundenlang in eiskaltem Wasser. Dann liefen sie weg, im Zickzack, um nicht getroffen zu werden.
Mano konnte nicht mehr. Befreite französische Gefangene nahmen ihn auf einem Wagen mit. Sie schärften ihm ein: "Sag nicht, dass du Deutscher bist."
Der Krieg war vorbei, und der elfjährige Mano stand in Paris. Eine Frau aus dem Elsass, die Deutsch sprach, nahm ihn mit nach Hause. Sie wurde für ihn "Tante Fifine", ihr Sohn Paul wie sein Bruder. Weil er schrie und sich extrem verhielt, wurde er mit Elektroschocks behandelt. Doch er erfuhr auch viel Zuneigung und sollte sogar adoptiert werden. Erst im Dezember 1946 kehrte Mano Höllenreiner zu seiner Familie nach München zurück, die nach ihm gesucht hatte.
Buchcover: Mano.: Der Junge der nicht wußte, wo er war (von Anja Tuckermann)
Seine Geschichte erzählte er der Autorin Anja Tuckermann. In ihrem Buch "Mano" hat sie seine Erfahrungen nacherzählt. Dem Überlebenden ist es wichtig, dass Menschen wissen, was im Nationalsozialismus passiert ist. Äußerungen wie die des AfD-Politikers, der vom "Fliegenschiss" in der deutschen Geschichte sprach, entsetzen ihn. Er bedankt sich, als er von meinem Besuch in Auschwitz erfährt.
Anfeindungen und Unterstützung
Rassismus und Feindseligkeit gegen die Minderheit - Antiziganismus - haben Höllenreiners auch lange nach 1945 erlebt. Einer wollte ihren Wohnort "juden-, türken- und zigeunerfrei" machen, berichtet Else Höllenreiner. Als Tochter Carol ein Kindermodengeschäft eröffnete, hieß es, das sei ein Ort, um "Zigeunergeld" zu waschen - vielleicht aus Neid auf den erfolgreichen Antiquitätenhandel der Eltern. Else Höllenreiner stellte die Menschen zur Rede und zeigte sie an. Dass in Mettenheim früher ein KZ war, erfuhren sie erst, als sie dort gebaut hatten.
Doch da ist auch viel Positives. Nachbarsjunge Maxi nahm in der Schule das Buch "Mano" durch, die Lehrer luden den Überlebenden ein. Er ist froh, dass viele Schüler seine Geschichte im Unterricht kennenlernen. Eine Schule aus der Region erstellte einen Dokumentarfilm über ihn. Bei einer Demonstration gegen Rechtsextreme unterstützten ihn viele junge Menschen und der Bürgermeister sagte, er sei jederzeit für ihn da.
Angst und der Wunsch zu beschützen
Durch das Haus der Höllenreiners wuseln die Hunde Cathi und Simmerl. Sie gehören Tochter Carol, die ebenso tierlieb ist wie ihr Vater. Als die Tochter unterwegs ist, wird er nervös.
Carol Höllenreiner mit ihren Hunden
Die Hunde von Tochter Carol Höllenreiner bringen Leben ins Haus
"Ich habe Angst", sagt er zu seiner Frau, "ruf doch mal auf dem Handy an". Seine Eltern konnten ihn kaum schützen, er sorgt sich um seine längst erwachsene Tochter. Sie und seine Frau Else wiederum wollen ihn beschützen. Sie wissen, dass das Reden über die Vergangenheit Erinnerungen wachruft, die eigentlich niemand aushalten kann. Else Höllenreiner greift dann ein, wenn ihr Mann nervös wird. Rotieren beim Erzählen seine Hände, zeigt sie Dokumente und Fotos. Die beiden sind über 60 Jahre verheiratet.
Als Familie Höllenreiner Weißwürste mit Brezeln serviert, betteln die Hunde - der Hausherr füttert. Tiere waren ihm immer ein Trost. Als er in Frankreich nicht wagte zu sagen, wer er wirklich ist, sprach er mit Ameisen und Eichhörnchen, weinte unter dem Blick einer Amsel um seine Familie, berichtet er. Nach all dem, was Mano Höllenreiner durchgemacht hat, könnte er verbittert sein und Menschen misstrauisch meiden. Doch liebenswert und fürsorglich begleitet er seinen Besuch bis an den Gartenzaun: "Sagen Sie Bescheid, wenn Sie zuhause angekommen sind", bittet er.
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Er wurde 106 Jahre alt
Ungarns ältester Holocaust-Überlebender gestorben
Von
dpa
07.03.2019
Gedenken an die getöteten Juden: Elemer Spiegler wurde 106 Jahre alt. (Quelle: Ipon/imago-images-bilder)
Elemer Spiegler war der älteste Holocaust-Überlebende Ungarns – nun ist der 106-Jährige gestorben. Er verlor in Gefangenschaft bereits seine ganze Familie.
Ungarns ältester Holocaust-Überlebender, Elemer Spiegler, ist im Alter von 106 Jahren in seiner westungarischen Heimatstadt Szombathely gestorben. Das berichtete das lokale Nachrichtenportal "nyugat.hu" am Mittwochabend unter Berufung auf Angehörige. Der gelernte Schuster musste im Zweiten Weltkrieg zunächst unter der damaligen ungarischen Führung unter dem Hitler-Verbündeten Miklos Horthy (1868-1957) Zwangsarbeit leisten. 1944 wurde er ins KZ Mauthausen verschleppt, aus dem er im Mai 1945 von Alliierten befreit wurde. Seine gesamte Familie wurde im Holocaust ermordet. 1948 heiratete er Rozalia Weltlinger (1921-1996), der die Flucht aus dem deutschen Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz gelungen war und deren Familie ebenfalls im Holocaust umkam. Das Ehepaar hatte zwei Kinder. Als Holocaust bezeichnet man im deutschen Sprachgebrauch vor allem die systematische Ermordung von etwa sechs Millionen Juden durch die Nationalsozialisten.
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Ehemalige Buchenwald-Häftlinge geben Verantwortung an Jüngere
Während der NS-Zeit sind im Konzentrationslager Buchenwald Zehntausende Menschen zu Tode gekommen. Es gibt immer weniger Zeitzeugen, die über die Gräuel berichten können. Doch die Erinnerung soll wachgehalten werden.
Datum 09.04.2017
Das Leid der in Buchenwald umgekommenen Menschen soll niemals vergessen werden
Während einer Gedenkveranstaltung zur Befreiung des NS-Konzentrationslagers vor 72 Jahren haben Überlebende symbolisch die Verantwortung zur Erinnerung an die Nazi-Vergangenheit an Jüngere übergeben. An der Gedenkveranstaltung, bei der Blumen und Kränze niedergelegt wurden, beteiligten sich etwa 500 Menschen. Darunter waren 25 ehemalige Häftlinge, die das Martyrium des Lageralltags in Buchenwald oder dem KZ Mittelbau-Dora bei Nordhausen überlebt hatten. Viele von ihnen waren bei ihrer Internierung durch die Nationalsozialisten Kinder oder Jugendliche.
Die Zeitzeugen Éva Puzstai aus Ungarn, Gilberto Salmoni aus Italien, Naftali Fürst aus Israel und der Deutsche Günter Pappenheim, die sich im "Internationalen Komitee Buchenwald-Dora und Kommandos" engagierten, verlasen auf dem ehemaligen Appellplatz des Lagers entsprechende Vermächtnisse, damit die Tradition des Gedenkens lebendig bleibt. Mehrere Redner riefen zur Verteidigung demokratischer Werte und der europäischen Einheit auf.
Weimar KZ Buchenwald Turm des Lagertor
Die Uhr am Turm des ehemaligen Lagers zeigt die Stunde der Befreiung am 11. April 1945
Synonym für Nazi-Verbrechen
Das KZ-Buchenwald war am 11. April 1945 von amerikanischen Soldaten befreit worden. In das Lager auf dem Ettersberg bei Weimar hatten die Nazis von 1937 an fast 280.000 Menschen aus mehr als 50 Nationen verschleppt. Am Ende des Zweiten Weltkriegs war es das größte Konzentrationslager auf deutschem Boden. Unter den Häftlingen waren die Schriftsteller Jorge Semprún, Imre Kertész und der Publizist Elie Wiesel.
Etwa 56.000 Menschen wurden in Buchenwald und seinen 139 Außenlagern ermordet oder starben an Hunger, Kälte, medizinischen Experimenten oder den Folgen von Zwangsarbeit in der deutschen Rüstungsindustrie.
uh/hf (dpa)
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Alicia Herz-Sommer wird 110 Jahre alt
Älteste Holocaust-Überlebende ist tot
24.02.2014, 05:20 Uhr
Alicia Herz-Sommer im Jahr 2010.
(Foto: AP)
Sie war die älteste bekannte Person, die den Holocaust überlebt hat: Die Pianistin Alicia Herz-Sommer stirbt im stattlichen Alter von 110 Jahren. Eine Woche, bevor ein ihr gewidmeter Film möglicherweise einen Oscar gewinnt.
Die älteste bekannte Überlebende des Holocausts ist im Alter von 110 Jahren gestorben: Alicia Herz-Sommer sei am Sonntagmorgen in London friedlich eingeschlafen, teilte ihre Familie mit. Die gebürtige Pragerin hatte während des Zweiten Weltkriegs zwei Jahre im Konzentrationslager Theresienstadt auf dem besetzten Gebiet der Tschechoslowakei verbracht und Häftlinge mit ihrer Piano-Musik vom täglichen Grauen um sie herum abgelenkt.
Der Dokumentar-Kurzfilm "The Lady in Number 6" setzte ihr ein Denkmal und hat bei der Oscar-Verleihung am kommenden Sonntag Chancen auf einen Academy Award. In dem 38 Minuten langen Streifen erzählte die mit der Familie des Schriftstellers Franz Kafka befreundete Pianistin aus ihrem Leben, über die Musik und die Kunst, das Lachen auch im Angesicht des Schreckens nicht zu verlernen. "Sie war eine Inspiration, und unsere Welt wird ohne sie bedeutend ärmer sein", erklärte ihr Enkel Ariel Sommer.
Das heute in Tschechien liegende KZ Theresienstadt war ursprünglich als "Altersghetto" für deutsche Juden gegründet worden. 33.000 Juden starben dort, 88.000 wurden weiter in Vernichtungslager deportiert.
Quelle: ntv.de, fma/AFP
https://www.n-tv.de/
2. YouTube-Videos zu Überlebenden der Nazi-Konzentrationslager
2022
04.05.2022 - Im Grauen Zuversicht finden: Wie Eva den Holocaust überlebte I 37 Grad
37 Grad
130.000 Abonnenten
Als Kind jüdischer Eltern wächst Eva in Prag auf. Sie hat eine schöne und behütete Kindheit. Die Deutschen marschieren in Tschechien ein - auch dort werden Juden systematisch ausgelöscht. Auch Evas Familie ist betroffen und wird ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert als Eva elf Jahre alt ist. Dort lernt sie auch Peter, ihren späteren Mann, kennen. Obwohl Eva schon fast alles verloren hat, verschlechtert sich ihre Situation 1944 ein weiteres Mal: Sie kommt mit ihrer Mutter nach Auschwitz, muss dort brutalste Haftbedingungen, Kälte und Hunger aushalten. Als die alliierten Kräfte 1944 Deutschland in den Rückzug zwingen, beginnt die SS die Konzentrationslager aufzulösen - und die Insassen auf die sogenannten Todesmärsche zu schicken - unmenschliche Märsche und Transporte, bei denen etliche Menschen ihr Leben verloren. Auch Evas Mutter stirbt an Erschöpfung - und hinterlässt Eva allein, die weiß: Sie muss einfach weiterziehen, um dem sicheren Tod zu entgehen. Ihre Mutter war es auch, die Eva schon als Kind durch ihre ausschmückenden Erzählungen eine Phantasiewelt eröffnete, in die sich Eva immer wieder zurückzog, um das Erlebte zu verarbeiten. Als sie eines Nachts während des Todesmarsches Unterschlupf in einer Scheune fand, schmiegt sie sich an eine Kuh, um nicht zu erfrieren - und bleibt am nächsten Morgen ungewollt zurück. Doch die Bauernfamilie, die sie daraufhin findet, nimmt sie auf und rettet ihr das Leben. Nach Kriegsende kehrt sie nach Prag zurück. Zufällig trifft sie Peter wieder, die beiden verlieben sich. Peter bringt Eva mit dem Schiff nach Israel, und die beiden beginnen ihr gemeinsames Leben.
16.03.2022 - Interview mit Sara Bialas
Zeugen der Zeitzeugen
Sara Bialas erlebte als Zwölfjährige den Einmarsch der Wehrmacht. Mit dreizehn Jahren wurde sie in ein Arbeitslager deportiert, das später zum KZ Groß-Rosen wurde. Für ihr Engagement als Zeitzeugin erhielt sie das Bundesverdienstkreuz.
https://www.youtube.com/watch?v=xjdMV9yIv6E
27.01.2022 - Holocaust-Überlebender spricht über KZ-Aufenthalt (lange Version)
watson
Ivan Lefkovits ist Holocaust-Überlebender. Im Interview mit watson erklärt er, wieso ihn Vergleiche von Corona-Massnahmen mit dem Holocaust enorm beleidigen. Der heute 85-jährige Ivan Lefkovits hat den Holocaust zusammen mit seiner Mutter überlebt. Bis zum Ende des Krieges musste er im Aufenthaltslager Bergen-Belsen verharren. Sein grosser Bruder und Vater wurden beide ermordet. Der Immunologe lebt heute in Basel und schildert uns zum internationalen Gedenktag an die Opfer des Holocausts seine persönliche Geschichte.
Konzept/Regie: Lea Bloch
Schnitt: Lea Bloch
Kamera: Aya Baalbaki
27.01.2022 - Holocaust-Überlebende im Bundestag: »Mein innigster Wunsch ist die Versöhnung aller Menschen«
DER SPIEGEL
Inge Auerbacher ist vor mehr als 75 Jahren der Judenverfolgung in Nazideutschland entkommen. Zum Gedenken im Bundestag hielt sie eine berührende, beeindruckende Rede – seht sie hier in voller Länge.
26.01.2022 - Interview mit Katharina Hardy, Überlebende der KZs Ravensbrück und Bergen-Belsen
Zeugen der Zeitzeugen
Premiere am 26.01.2022. Wir trauern um Katharina Hardy (Jhg. 1928), die uns als brillante Violinistin, Überlebende und Zeitzeugin der Schoah am 05.08.2022 verlassen hat. Dazu kam die Nachricht, dass auch ihr geliebter Ehemann Ervin Ernoe Hardy (Jhg. 1921) seit dem 29.09.2022 nicht mehr bei uns ist. Wir trauern mit den Familien Hardy und Spiegel. Wir sind sehr dankbar darüber, dass wir Katharina, ihren Mann und ihre Familie in den letzten drei Jahren intensiv begleiten durften. Segen sei ihrem Angedenken! Mit ihren Kindern, Enkeln und Urenkeln geht die Bildungsarbeit weiter, was ein großes Geschenk ist.
26.01.2022 - Eva Umlauf im Zeitzeugeninterview am Holocaustgedenktag 2022
LSALandtaghttps://strato-editor.com/.cm4all/widgetres.php/com.cm4all.wdn.social.Youtube/images/thumbnail.svg
Dr. Eva Umlauf hat als eines der jüngsten Opfer (zwei Jahre) die Deportation und Aufnahme ins Konzentrationslager Auschwitz überlebt. Erst in hohem Alter stellte sie sich ihrer eigenen Geschichte und trug Fakten und Erinnerungen in ihrem Buch „Die Nummer auf deinem Unterarm ist blau wie deine Augen“ zusammen.
Im Rahmen des Holocaustgedenktags im Jahr 2022 erzählte sie dem Landtag von Sachsen-Anhalt in einem Videointerview ihre Geschichte und äußerte sich über die Zukunft der Erinnerungskultur und den Umgang mit Antisemitismus. So schlägt sie eine Brücke von den Erinnerungen aus der Vergangenheit hin zu Perspektiven für Gegenwart und Zukunft.
Auf der Internetseite des Landtags von Sachsen-Anhalt findet man mehr Informationen:
• Holocaustgedenktag: https://bit.ly/3KK2ga3
• Eva Umlauf: https://bit.ly/3fZSJ0E
2021
08.12.2021- Die Holocaust-Überlebende Friedländer zu ihrer Rückkehr nach Deutschland | Markus Lanz
ZDFheute Nachrichten
„Es gibt kein christliches Blut, kein jüdisches Blut, kein muslimisches Blut. Es gibt nur menschliches Blut!“ Diese Weltansicht versucht die mittlerweile 100 Jahre alte Margot Friedländer den Schülerinnen und Schülern in deutschen Schulen zu vermitteln. Sie ist eine der letzten Zeitzeugen des Zweiten Weltkriegs und dem damit tragisch verbundenen Holocaust.
Bei Markus Lanz erzählt sie ihre Erlebnisse der letzten Tage ihrer Gefangenschaft in dem Konzentrationslager Theresienstadt, bevor der Zweite Weltkrieg von den Alliierten Kräften beendet wurde. Erst in den letzten Tagen wurde den dort inhaftierten Juden klar, was in den Vernichtungslagern wie Auschwitz wirklich passiert ist. Bis dato sei das Wissen um die Massenermordung an den Juden ein großes Geheimnis gewesen. Die Nationalsozialisten hatten in den letzten Tagen versucht, ihre Gräueltaten vor den sowjetischen Truppen zu verbergen, indem die in Auschwitz Gefangenen nach Theresienstadt deportiert wurden.
„Niemals kann man vergessen, wie schrecklich diese Leute da ankamen.“ Teils nur in Lumpen kamen die Überlebenden aus Auschwitz an, wo nun auch den Gefangenen in Theresienstadt klar wurde, welches Schicksal sie erwartet hätte. Leid und Trauer seien ein täglicher Begleiter gewesen.
Doch in diesem Leid hatte sie auch ihren Mann kennengelernt, mit dem sie nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in die USA ausgewandert ist. Ein geteiltes Leid ließ die beiden eine Zukunft aufbauen, in der nicht immer Liebe dabei gewesen sei, aber eine tiefe Freundschaft sie für immer verbunden hatte.
Umso mehr verwundert es die jungen Schüler, dass Margot Friedländer mit ihren schlimmen Erzählungen doch den Entschluss gefasst hatte, wieder zurück nach Berlin zu ziehen.
„Ich war zu Hause, als ich nach Berlin gekommen bin“, erklärt sie die Liebe zu ihrer Heimatstadt, die sie so lange Zeit nicht mehr gesehen hatte. Zusammen mit ihrem Umzug kam auch ihr Wunsch den Kindern ihre Geschichten zu erzählen und sie vor den Menschen zu warnen, die ein derartiges Gedankengut wie die Nationalsozialisten vertreten. „Ich will nicht, dass einer von euch so etwas erlebt!“
20.05.2021 - In Memoriam Margot Wicki-Schwarzschild (1931-2020) - Bericht einer Zeitzeugin
BVPfalz
In dem Zeitzeugenbericht aus dem Jahr 2008 berichtet Margot Wicki-Schwarzschild, wie sie als Neunjährige Margot Wicki-Schwarzschild die Verschleppung und Deportation ihrer Familie von Kaiserslautern nach Gurs erlebte. Anlässlich einer Gedenkreise mit Jugendlichen nach Gurs berichtet sie, unter welch dramatischen Umständen ihr das Überleben mit ihrer Mutter Luise und ihrer älteren Schwester Hannelore gelang und wie sie die Deportation ihres Vater Richard vom südfranzösischen Lager Rivesaltes miterleben musste. Während sie mit ihrer Mutter und Schwester 1946 nach Kaiserslautern zurückkehrte, wurde ihr Vater in Auschwitz ermordet.
Detailliert schildert sie Stationen der Leidensgeschichte ihrer Familie und beschreibt die Not, die die Schwarzschilds zusammen mit ihren Schicksalsgenoss*innen durchleben mussten. Sie berichtet aber auch von Menschen, die versuchten, den Notleidenden zu helfen und deren Lage zu lindern. Einem solchen Akt von tatkräftigem Einsatz und Solidarität sollten die drei Schwarzschild-Frauen schließlich ihr Überleben verdanken.
Der Film ist Teil des Video-Projekts „Deportiert und vergessen? Camp de Gurs - eine Spurensuche“. Dies entstand im Jahr 2008 im Rahmen einer Gedenkfahrt des Bezirksverbands Pfalz mit Jugendlichen nach Gurs: Schüler*innen des Kurfürst-Ruprecht-Gymnasiums Neustadt haben auf der Gedenkfahrt Begegnungen mit verschiedenen Zeitzeugen dokumentiert – unter anderem das vorliegende Gespräch mit Margot Wicki-Schwarzschild am 3. Mai 2008 im Rathaus von Oloron-Sainte Marie.
Die Jugendlichen wollten das Schicksal einzelner Deportierter nachvollziehbar machen, und haben aus 15 Stunden Video-Rohmaterial kürzere Zusammenschnitte erstellt.
https://www.youtube.com/watch?v=hPbDg13Q8rQ
Ein Teil dieser Dokumentationen ist auch als DVD inkludiert in unseren Unterrichtsmaterialien „Die Pfalz im Nationalsozialismus“, erhältlich im Shop des Bezirksverbands Pfalz unter:
www.bv-pfalz.de/shop
Dieser Film ist Teil des Begleitprogrammes zur Ausstellung "Gurs 1940. Die Deportation und Ermordung südwestdeutscher Jüdinnen und Juden".
Diese ist 2021 - 2023 an verschiedenen Orten in der Pfalz zu sehen.
Mehr zu Orten und Inhalten der Ausstellung auf:
www.bv-pfalz.de/gedenken-erinnern/80-jahre-gurs/
29.01.2021 - Auschwitz-Überlebende Eva Szepesi über ihre Kindheit in Budapest, die Deportation und ihr Überleben
21.01.2020 - Holocaust-Überlebende erzählt: „Die Nazis kannten keine Gnade"
faz
Malka Zaken war zwölf Jahre alt, als sie nach Auschwitz kam. Drei Jahre blieb sie dort. Wie durch ein Wunder konnte sie dem Tod entkommen. © AFP
2020
22.10.2020 - Eine der letzten Zeitzeugen: KZ-Überlebende Zilli Schmidt erinnert sich
SWR Landesschau Baden-Württemberg
Zilli Schmidt ist 96 Jahre alt und eine der letzten Zeuginnen des Völkermordes an Sinti und Roma. Nun steht sie erstmals in ihrem Leben im Blickpunkt, weil sie ihre Erinnerungen veröffentlicht hat. Die Mannheimerin und Sintezza hat ihre ganze Familie im Dritten Reich verloren. Sie selbst wurde nach Auschwitz deportiert und war am historischen Aufstand am 16. Mai 1944 beteiligt. Es kostet Zilli Schmidt viel Kraft, über ihre Erinnerungen zu reden. Trotzdem ist sie bei der Lesung ihres Buches dabei.
29.01.2020 - Liliana Segre: "Die Erinnerung an Auschwitz ist nie verblasst"
euronews (deutsch)
228.000 Abonnenten
Die Holocaust-Überlebende konnte 45 Jahre lang nicht über ihre Erfahrungen sprechen. …
https://www.youtube.com/watch?v=-WvxoiIOMdM
24.01.2020 - Holocaust-Überlebender erzählt: „Nach Auschwitz kann dich nichts mehr irritieren“
faz
Daniel Hanoch hat als Kind das NS-Vernichtungslager Auschwitz überlebt. Im Nachhinein betrachtet er seine damaligen Erfahrungen als „Schule fürs Leben“. © AFP
Link zum Video: https://www.faz.net/-gum-9vsde
23.01.2020 - Auschwitz-Überlebender: "Ich habe die Mörder besiegt"
faz
In Auschwitz musste Manahem Haberman die Asche seiner Familie wegräumen, dennoch fühlt er sich den Mördern in dem früheren Nazi-Konzentrationslager überlegen. "Ich bin hier und am Leben und sie verrotten unter der Erde", sagt der heute 92-Jährige. © AFP
16.04.2020 - Auschwitz-Überlebende Eva Fahidi über Leiden, Erinnerungen und Hass
Funke News
Eva Fahidi ist das einzige Mitglied ihrer Familie, das den Holocaust überlebt hat. Sechs Wochen war sie im Vernichtungslager eingesperrt. Was sie in dieser Zeit erfahren musste und wie sie heute über die Deutschen denkt, erzählt sie im Interview.
26.01.2020 - Esther Bejarano | Überlebende des Konzentrationslagers Auschwitz | SWR1 Leute
SWR1 Leute
Vor 75 Jahren wurde Auschwitz befreit. Für Esther Bejarano ist das ein besonderer Tag: Sie war 18, als sie nach Auschwitz deportiert wurde und gehört zu den wenigen Überlebenden des Konzentrationslagers. Heute ist sie 95 und kämpft immer noch gegen Rechts.
"Bel Ami", dieser Schlager hat Esther Bejarano das Leben gerettet: Vier Wochen hatte sie in Auschwitz Steine schleppen müssen und spürte, dass der körperliche Zusammenbruch nahe war. Doch dann wurde eine Akkordeonspielerin für das Mädchenorchester von Auschwitz gesucht. Esther Bejarno meldete sich und spielte das Lied auf dem Akkordeon vor. Es war das erste Mal, dass die versierte Klavierspielerin dieses Instrument in der Hand hielt.
Die große Musikalität lag in Ihrer Familie: Ihr Vater war Oberkantor der jüdischen Gemeinde in Saarbrücken, die Familie machte viel Hausmusik. Esther Bejaranos Eltern und ihre Schwester wurden von den Nazis ermordet. Sie selbst wurde später aus Auschwitz ins KZ Ravensbrück verlegt und entkam kurz vor Kriegsende bei einem der berüchtigten "Todesmärsche".
Esther Bejarano wanderte nach dem Krieg nach Israel aus, machte eine Ausbildung als Sopranistin und kehrte mit ihrer Familie 1960 wieder in Ihr Heimatland Deutschland zurück. Ihr langjähriges Schweigen über ihre Erlebnisse in Auschwitz brach sie erst Jahre später, als die NPD einen Werbestand vor ihrer Boutique in Hamburg aufbaute. Seitdem geht sie an Schulen und spricht mit Schülern über das, was in Auschwitz passiert ist und macht seit zehn Jahren mit der Hip-Hop-Band "Microphone Mafia" Musik gegen Rechts.
Moderation: Katja Heijnen
2019
2019 - Einer der letzten Zeitzeugen des Holocaust | Auschwitz-Überlebender Gerhard Maschkowski | SWR1 Leute
SWR1 Leute
Er ist 94 Jahre alt und einer der letzten lebenden Zeitzeugen. Gerhard Maschkowski hat in seiner Jugend die Hölle erlebt. Als Kind jüdischer Eltern kam er 1943 nach Auschwitz und überlebte im Winter 1945 bei Eiseskälte und bewacht von der SS den Todesmarsch Richtung Westen. Zum Schluss wog er noch 35 Kilo.
Gerhard Maschkowski ging nach dem Krieg zusammen mit seiner Frau, die ebenfalls ein Nazi-Konzentrationslager überlebt hatte, in die USA. Dort lebt er noch heute. Alle zwei Jahre kommt er nach Deutschland - zur Kur, und um bei Veranstaltungen und Einladungen darüber zu berichten, was war.
Moderation: Wolfgang Heim
Abonnieren Sie den Kanal SWR1 Leute: https://bit.ly/swr1leute
02.08.2019 - Bericht einer Holocaust-Überlebenden: "Er schlug das Kind, bis es nicht mehr schrie" | DER SPIEGEL
Rahel Mann hat den Holocaust überlebt: Sie wurde als jüdisches Kind von einer Berlinerin vor den Nazis versteckt. Die 82-Jährige erzählt ihre bewegende Geschichte im Video und im aktuellen SPIEGEL GESCHICHTE Magazin.
https://www.youtube.com/watch?v=c5Y1_DFS7l8
30.03.2019 - Christa Rose - Eine KZ Auschwitz Überlebende berichtet
Move4Motion
Christa Rose, eine KZ Auschwitz Überlebende berichtet über ihre Erinnerungen an den KZ Aufenthalt in Auschwitz und ihr Zusammentreffen mit dem berüchtigten KZ Arzt Mengele. Das Gespräch wurde am 13. August 2018 im Rahmen einer vorwissenschaftlichen Arbeit einer Schülerin vom Sacré Coeur Riedenburg Bregenz aufgezeichnet.
2018
31.01.2018 - Anita Lasker-Wallfisch in der Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus im Bundestag
flashbertz
Anita Lasker-Wallfisch, Überlebende des Holocaust, mit einer beeindruckenden Rede zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus am 31. Januar 2018 im Deutschen Bundestag.
Quelle: Deutscher Bundestag
28.01.2018 - Leon Schwarzbaum: "Vergeben können nur die Toten" | DW Deutsch
DW Deutsch
"Vergeben können nur die Toten und die können nicht sprechen", sagt Leon Schwarzbaum im DW- Interview. Er hat das Vernichtungslager Auschwitz überlebt und kämpft heute dafür, dass die Wahrheit nicht vergessen wird.
12.01.2018 - Auschwitz-Überlebende diskutiert mit Sohn eines Nazis | BR24
BR24
275.000 Abonnenten
Auf einer Bühne gemeinsam ein Opfer des Nazi Regimes und ein Sohn eines Täters: Die KZ-Überlebende Anita-Lasker-Wallfisch trifft Niklas Frank, den Sohn eines hochrangigen Nazis. Gestern Abend haben die beiden an einem Gymnasium in Traunstein mit einander diskutiert.Sie haben über ihre Kindheiten gesprochen, die unterschiedlicher nicht sein könnten – und die sie doch ihr ganzes Leben verbinden. Es ist eine wirklich außergewöhnliche Begegnung 73 Jahre nach dem Ende des Dritten Reiches:
https://www.youtube.com/watch?v=tPF2Bgfb0PI&t=6s
Live übertragen am 11.01.2018 - Zeitzeuge im Gespräch: Horst Selbiger
jmberlinTube
Veranstaltung vom 11.1.2018
»Und es wird kommen der Tag ...« – Horst Selbiger im Gespräch mit Léontine Meijer-van Mensch
Mit einer Einführung des Direktors der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas Uwe Neumärker und einem Grußwort der Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Petra Pau.
Horst Selbiger (*1928) stammt aus einer Berliner jüdischen Familie. Er erlebte die nationalsozialistische Ausgrenzung als Schulkind und war Augenzeuge der Ausschreitungen im November 1938. Nach der Schließung der jüdischen Schulen im Sommer 1942 musste er Zwangsarbeit leisten. Im Februar 1943 wurde er während der »Fabrikaktion« für einige Wochen festgenommen. Nach seiner Befreiung 1945 zog Selbiger zunächst in DP-Lager und nach Gründung der DDR 1949 nach Ostberlin. Er arbeitete als Journalist und nutzte eine Dienstreise zum Auschwitz-Prozess in Frankfurt am Main 1964 für seine Flucht in den Westen. Heute lebt er in Berlin.
2017
15.12.2017 - Auschwitz-Überlebende Erna de Vries über die Befreiung (11/11)
noz.de
Erna de Vries hat den Holocaust überlebt. Als Zeitzeugin erzählt die Emsländerin von der Unmenschlichkeit in Auschwitz. Dass sie das Unbegreifliche in Worte fassen kann, verdankt sie dem letzten Wunsch ihrer Mutter. Wir haben Sie im Oktober 2017 in Ihrem Haus in Lathen im Emsland besucht. Für die Kamera hat Sie uns Ihre Geschichte erzählt.
In dieser Folge spricht Sie über die Befreiung.
https://www.youtube.com/watch?v=YoRfXZNliv4
12.12.2017 - Zeitzeuge im Gespräch: Henry Wuga
jmberlinTube
Zeitzeug*innen im Gespräch – Erfahrungen und Schicksale deutscher Jüdinnen*Juden im Nationalsozialismus
Veranstaltung vom 23. Oktober 2017
Henry Wuga wurde 1924 in Nürnberg geboren. Sein Vater stammte aus einer katholischen, seine Mutter aus einer jüdischen Familie. Henry Wuga wurde jüdisch erzogen. Nachdem er in Deutschland mit 14 Jahren die Schule verlassen musste, begann er eine Lehre als Koch im koscheren Hotel »Tannhäuser« in Baden-Baden. Im Mai 1939 konnte er mit einem Kindertransport nach Schottland fliehen, wo er nach Kriegsbeginn als »feindlicher Ausländer« interniert wurde.
Nach zehn Monaten Internierungshaft auf der Isle of Man wurde Henry Wuga im Frühjahr 1941 entlassen. Zurück in Glasgow besuchte er den »Refugee Club«. Dort traf er auf Gleichgesinnte und lernte seine spätere Frau Ingrid Wolff kennen. Henry und Ingrid heirateten im Dezember 1944.
Henry Wugas Vater war 1944 gestorben, seine Mutter war deshalb nicht mehr durch ihren nichtjüdischen Ehemann geschützt. Im Januar 1945 versteckte sie sich im Umland von Nürnberg und erlebte dort das Kriegsende.
21.08.2017 - Wie lebt man, wenn man Auschwitz überlebt hat
ICEJ Deutschland
Shoshanna Kolmer wurde am 16. Dezember 1920 in Mukatschewe in der heutigen Ukraine geboren (damals Tschechien). 1944 wurde die Familie ins Ghetto Mukatschewe gebracht, Shoshanna jedoch konnte entkommen. Sie wurde auf ihrer Flucht nach Ungarn von den Nazis gefangen genommen, und sofort nach Auschwitz deportiert. Dort durchlitt sie eine fürchterliche Zeit. Bis heute leidet sie gesundheitlich an den Folgen der unmenschlichen Behandlungen. Nur eine Schwester und Tante überlebten den Holocaust. 1946 emigrierte sie mit ihrer Schwester ins damalige Palästina, wo sie eine Familie gründete. Shoshanna ist verwitwet, und lebt seit 2013 im Haifa-Heim für Holocaustüberlebende.
2016
17.11.2016 - KZ-Überlebender erzählt von seinem Leid
SWR Landesschau Baden-Württemberg
Israel Arbeiter ist ein polnischer Jude, der in der Nazi-Zeit nach mehreren KZ-Aufenthalten nach Hailfingen bei Rottenburg kam. Dort musste er im Steinbruch schuften. Der heute 91-Jährige erzählt von damals.
13.04.2016 - Interview - Holocaust-Überlebende Liesel Binzer über das Ghetto Theresienstadt
Zeugen der Zeitzeugen
Die in Münster geborene Liesel Binzer berichtet über ihre Kindheit als Jüdin in Nazi-Deutschland, die Deportation in das Ghetto Theresienstadt und die Befreiung.
In unserem Projekt „Zeugen der Zeitzeugen“ interviewen junge ehrenamtliche Menschen die wenigen noch lebenden Holocaustopfer in Deutschland und zeichnen ihre Geschichte auf Video auf. Durch die persönlichen Begegnungen erfahren die Holocaustüberlebenden Anerkennung und Wertschätzung. Die jungen Leute werden zu Zeugen der Zeitzeugen, die als Multiplikatoren das Gedenken an den Holocaust lebendig halten und gegen den Antisemitismus in unserer Gesellschaft ansteuern.
11.11.2016 - Interview - Auschwitz-Überlebender Leon Henry Schwarzbaum (engl. subtitles)
Zeugen der Zeitzeugen
Der Schoah-Überlebende Leon Henry Schwarzbaum spricht über seine Erlebnisse während der Schoah, sein Überleben in Auschwitz, über die Verfolgung der Juden durch die Nationalsozialisten und Antisemitismus. Das Interview führte Sebastian Przyrowski.
In unserem Projekt „Zeugen der Zeitzeugen“ interviewen junge ehrenamtliche Menschen die wenigen noch lebenden Holocaustopfer in Deutschland und zeichnen ihre Geschichte auf Video auf. Durch die persönlichen Begegnungen erfahren die Holocaustüberlebenden Anerkennung und Wertschätzung. Die jungen Leute werden zu Zeugen der Zeitzeugen, die als Multiplikatoren das Gedenken an den Holocaust lebendig halten und gegen den Antisemitismus in unserer Gesellschaft ansteuern.
07.03.2016 - Holocaustüberlebende erinnert sich an die Bestrafungen im KZ Helmbrechts
Holocaustüberlebende Frances Henenberg erinnert sich an die grausamen Bestrafungen die den Gefangenen im Konzentrationslager Helmbrechts in Bayern verhängt wurden.
Am 20. Januar 1945 wurden etwa 1000 weibliche Häftlinge aus dem Lager Schlesiersee (heute Sława) in Oberschlesien im Westen Polens evakuiert, einer Region, die an Deutschland annektiert worden war. Die Frauen wurden auf einen Todesmarsch in Richtung Südwesten gezwungen. Unterwegs kamen die Gefangenen durch andere Lager, wo sich weitere Frauen dem Marsch anschließen mussten.
Am 5. Mai 1945, nachdem eine Entfernung von über 800 Kilometern zurückgelegt worden war, endete der Marsch in der Stadt Wallern (Volary) in der Tschechoslowakei, unweit der Grenze zu Deutschland und Österreich.
106 Tage harten Marschierens durch den Schnee. 106 Tage nagenden Hungers, der Krankheit, der Demütigung und des Mordens.
Von den ungefähr 1300 Frauen, die nach Volary marschierten, überlebten etwa 350 Frauen.
Der Todesmarsch von Wallern (Volary) auf der Webseite von Yad Vashem:
https://http://www.yadvashem.org/yv/de/exhibi...
https://www.youtube.com/watch?v=VPNCueAj-X4
28.01.2016 - Auschwitz-Überlebende Ruth Klüger: "Deutschland hat den Beifall der Welt gewonnen." | BR24
BR24
Die 84-jährige Holocaust-Überlebende Ruth Klüger bezeichnet die deutsche Flüchtlingspolitik heute im Bundestag als Wendepunkt für das weltweite Ansehen Deutschlands.
https://www.youtube.com/watch?v=-dmoszncAjQ
2015
2015 - «Ich wollte leben!» - mit 13 im KZ Auschwitz
NZZ Neue Zürchr Zeitung
Von Schweizer Grenzern abgewiesen wird die Jüdin Liliana Segre 1943 mit ihrem Vater von Mailand nach Auschwitz verschleppt. Sie überlebt.
2013
07.11.2013 - Holocaust-Zeitzeugin Trude Simonsohn berichtet über ihre Deportation
indeonmagazin
4180 Abonnenten
Trude Simonsohn hat das Grauen der NS-Zeit am eigenen Leib erlebt. Die Frankfurterin wurde mit 21 Jahren von den Nazis verhaftet und schließlich nach Theresienstadt deportiert.
https://www.youtube.com/watch?v=4SFojvycM2w
17.09.2013 - WARUM SPRECHE ICH JETZT -- Der Auschwitz Überlebende Stanislaw Hantz erinnert sich
IG Metall WOB
Ein bewegender Dokumentationsfilm über Stanislaw Hantz, einem der letzten Überlebenden des Konzentrationslagers Auschwitz. Hantz verstarb im Juli 2008, doch seine Erinnerungen leben in diesem Film weiter. Es war ihm ein Bedürfnis, seine Geschichte zu erzählen. „Wir müssen das weiter geben, damit nie wieder eine Nazizeit kommt...", sagt Hantz über die Entscheidung sein Leben dokumentieren zu lassen. Er selber wird als 15-jähriger in das Konzentrationslager verschleppt und überlebt wunderbarerweise 5 Jahre in der Gefangenschaft.
Konzeption, Gestaltung und Layout: CMW Media, Boeselagerstraße 17, 38108 Braunschweig
Herausgeber: IG Metall Wolfsburg, Siegfried-Ehlers Str. 2, 38440 Wolfsburg
http://www.igmetall-wob.de/
Das Buch zum Film „Zitronen aus Kanada" ist erhältlich bei der IG Metall Wolfsburg.
24.07.2013 - Anna Mettbach: Vergasungen in Auschwitz
zeitzeugen-portal
Die Sintezza Anna Mettbach wurde 1942 ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Die Vergasungen bekam sie unmittelbar mit. Im Video spricht sie über die ständige Konfrontation mit dem grausamen Tod.
https://www.youtube.com/watch?v=PkP7G_8oCSk
24.07.2013 - Anna Mettbach: Todesmarsch nach Dachau
zeitzeugen-portal
Die Sintezza Anna Mettbach wurde kurz vor Kriegsende von den Nationalsozialisten auf einen Todesmarsch vom KZ Ravensbrück ins KZ Dachau gezwungen. Wenige Tage nach ihrem Eintreffen in Dachau befreiten die US-Amerikaner das Lager.
https://www.youtube.com/watch?v=FuPt6Pkt1SY
2011
15.08.2011 - Lore May: Eindrücke vom Pogrom 1938
Die Schülerin Lore May wächst in einer jüdischen Familie in Frankfurt am Main auf. Voller Schrecken erlebt sie den Pogrom des nationalsozialistischen Regimes am 9. November 1938: die brennenden Synagogen, zerstörte jüdische Geschäfte und die Mißhandlung und Inhaftierung von Menschen jüdischen Glaubens in Konzentrationslagern.
https://www.youtube.com/watch?v=1Oj8WKfUfZw
15.08.2011 - Ceija Stojka: Erinnerung an die Deportation
zeitzeugen-portal
Die Roma Ceija Stojka erinnert sich an den Tag, an dem sie zusammen mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern in ein Sammellager deportiert wurde.
https://www.youtube.com/watch?v=3INo3nxoTdc
1995
1995 - Besuch bei der Auschwitz-Überlebenden Ruth Elias | SPIEGEL TV
DER SPIEGEL
Am 27. Januar 1945 erreichten sowjetische Truppen Auschwitz. Ein Ort, der auf ewig für das stehen wird, wozu Menschen fähig sind. Ruth Elias hat das erlebt. Im Alter von 20 Jahren kam sie - im zweiten Monat schwanger - nach Auschwitz, und inmitten der industriell durchorganisierten Mordmaschinerie hat sie ihr Kind zur Welt gebracht und getötet. Bevor KZ-Arzt Josef Mengele es tun konnte. SPIEGEL TV hat die damals 73-jährige Ruth Elias Anfang 1995 in Israel besucht.
1995 - Nazi-Opfer brechen ihr Schweigen - Jüdische Ghetto-Überlebende und ihre Kinder (Dokumentation)
Überlebende des jüdischen Ghettos Lodz/Litzmannstadt berichten von den Schwierigkeiten, ihren Kindern von den Geschehnissen damals zu erzählen. Drei Familien (aus Israel, Polen und Deutschland) besuchen gemeinsam - zum ersten Mal seit 1945 - wieder das ehemalige Ghetto. Dabei werden die zwei Generationen im Gespräch über das "Damals" und seine Bedeutung für die Gegenwart gezeigt.
Unter anderem mit Jael Jones, die heute Jazz-Sängerin ist und mit Eyal Bleiweiss, der heute Architekt ist.
Ein Film von Naomi Bubis, Sharon Mehler und Theodor Baltz
https://www.youtube.com/watch?v=Dm4rx0dNdeE
26.02.2016 - Vergesst uns nicht, erzählt es weiter - Die letzten Zeugen des Holocaust. Die Doku zur Aufführung
Der Quernheim
© ORF/Burgtheater/Reinhard Maximilian Werner Lupe
Von 3Sat:
"Überleben ist ein Privileg, das verpflichtet." Sechs Zeugen, Überlebende des Holocaust, stehen auf der Bühne des Burgtheaters und im richtigen Leben - ein Blick in die Vergangenheit und ein Versuch, das Heute zu verstehen.
Es ist ein bedrückender und beeindruckender Theaterabend. Am Wiener Burgtheater erzählen und berichten Überlebende des Holocaust ihre ganz persönlichen Geschichten. Sie erzählen von Panik, Verzweiflung, Angst und Gewalt, von Zufall und Glück, von Zivilcourage und Niedertracht, aber auch von einem unbändigen Überlebenswillen.
Überleben, ein Privileg, das verpflichtet!
"Überleben", sagen sie, "ist ein Privileg, das verpflichtet." Es ist ein ganz besonderer Abend, der zum Nachdenken auffordert, ein Abend ohne Sentimentalitäten, ohne Rache und ohne Belehrung und vielleicht gerade deshalb so stark.
Was kann Theater und was kann die Stimme des Einzelnen bewirken, wieso ist man von diesem Theaterabend so ergriffen und was macht den Erfolg aus. All das gilt es zu hinterfragen. Die letzten Zeugen, noch sprechen sie, was aber passiert, wenn es sie nicht mehr gibt.
Die Dokumentation beleuchtet mit unterschiedlichen filmischen Mitteln die Biografie der Betroffenen und erzählt von unvorstellbaren Schicksalen, aber auch von Menschen, deren Lebensaufgabe es ist, dass die Taten der Vergangenheit nie vergessen werden. Es ist ein Blick in die Vergangenheit, aber auch der Versuch das Heute zu verstehen. Eine der Zeugen ist Suzanne-Lucienne Rabinovici, sie beschreibt die Idee des Abends: "Wir fühlen eine Forderung der Umgebrachten: Vergesst uns nicht! Erzählt es weiter!".
Die Bühne als Boden über dem Abgrund
Hinter einer weiß schimmernden Leinwand sitzen die Zeitzeugen. Sie sind zwischen 82 und 101 Jahre alt und konfrontieren das Publikum mit ihrer unmittelbaren Präsenz, während ihre persönlichen Berichte von Angst, Vertreibung und dem Grauen der Konzentrationslager von Ensemble-Mitgliedern vorgetragen werden. Während sich die Jungen ihre Sätze aneignen, sieht man die gefassten Gesichter der Zeitzeugen großflächig auf die weiße Leinwand projiziert. Eine Frau schreibt auf einer großen Papierrolle mit: Alles wird protokolliert, kein Name darf vergessen werden. Gegen Ende des Abends tritt jeder der Zeitzeugen aus der Tiefe der Bühne hervor und ergreift selbst das Wort. Die große Last der Erinnerung an den Nazi-Terror wird schmerzhaft spürbar. "Die Bühne wird der Boden über diesem Abgrund", schreibt Autor Doron Rabinovici. Das Stück bietet keinen Platz zum Fabulieren, die Bühne gehört den Zeugen und ihren Botschaften, die es gilt, über ihren Tod hinaus am Leben zu erhalten.
Die Geschichten:
Lucia Heilmann überlebt die Nazizeit als "U-Boot". Ihr Überleben verdankt sie Reinhold Duschka, der sie all die Jahre unter Lebensgefahr in seinem Atelier versteckte und dem sie ihren Text auch widmet.
Vilma Neuwirth wächst im Kosmos des kleinbürgerlich-proletarischen Milieus im zweiten Wiener Gemeindesbezirk auf und erlebt, wie nachbarschaftliche Solidarität in Hass und still genährten Antisemitismus umschlagen.
Suzanne-Lucienne Rabinovici erzählt, wie ein Vater das eigene Baby erstickt, damit es mit seinen Schreien nicht die SS auf die Menschen in einem Ghetto-Versteck in Wilna aufmerksam macht. Die Mutter des Theaterautors überlebt die Deportation aus dem Wilnaer Ghetto, zwei Konzentrationslager und einen Todesmarsch nach Tauentzin.
Marko Feingold wird 1913 in Neusohl, damals K.& K. Österr.-Ungarische Monarchie, heute Slowakei, geboren, überlebte das Konzentrationslager Auschwitz und steht heute der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg vor.
Rudolf Gelbard erlebt die Befreiung des Konzentrationslagers Theresienstadt, muss aber nach seiner Rückkehr nach Wien erkennen, dass die Ideen des Nationalsozialismus in Österreich nicht über Nacht verschwunden sind.
Fast 14 Jahre in der Wiener Porzellangasse aufgewachsen, emigriert Ari Rath wenige Tage vor den Pogromen 1938 nach Palästina. 1948 kehrt er erstmals in seine Geburtsstadt zurück, mit der er sich nie versöhnt hat: "Ich bin am Westbahnhof ausgestiegen, und es war, als wäre man auf einem Friedhof gelandet. Ganz Europa war ein Friedhof."
Der Stuhl der siebten Zeitzeugin bleibt leer: Ceija Stojka verstarb noch vor der Premiere des Stücks - ihre Geschichte der Roma-Verfolgung im Nationalsozialismus wird trotzdem erzählt. Die Zeitzeugen wenden sich nicht allein gegen Vergangenes, sondern gegen das Fortwirken dessen, was einst nach Auschwitz führte.
https://www.youtube.com/watch?v=Z3x-m9fKqek
3. Stellungnahme der vom Amtsgericht Mosbach beauftragten forensischen Sachverständigen aus Kitzingen zu NS-Verfahren und Prozessen
Das Familiengericht-Amtsgericht Mosbach, Hauptstraße 110, 74281 Mosbach, beauftragt die forensische Sachverständige aus Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21, die Anti-Nazi-Aktivitäten des KVs und Antragstellers in einer ergänzenden Stellungnahme gutachterlich einzuschätzen und zu bewerten. Dazu zählen laut Anweisungen dieser amtsgerichtlichen Verfügungen SOWOHL die seit Sommer 2022 vom Antragsteller beim Amtsgericht Mosbach initiierten NS- und Rechtsextremismus-Verfahren ALS AUCH seine außergerichtlichen und gerichtlichen Aufklärungs- und Aufarbeitungsbemühungen zu Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischen Verbrechen aus dem Zeitraum um 2008, d.h. konkret von 2004 bis 2011, im Rahmen seiner sogenannten "Nazi-Jäger"-Aktivitäten. Siehe dazu auch Kapitel 1 auf dieser Seite.
Während die vom Familiengericht-Amtsgericht Mosbach beauftragte forensische Sachverständige aus Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, zunächst EINERSEITS ein familienpsychologisches Sachverständigengutachten in einem Umfang von über 100 Seiten zum 07.04.2022 unter 6F 202/21 erstellt hat, entschließt sich dieselbe Gutachterin sodann, ANDERERSEITS eine ergänzende Stellungnahme von zwei ganzen DIN A4-Seiten im sachverhaltsbezogenen Kontext zur Problematik des Nationalsozialismus vor und nach 1945 und dessen Aufarbeitung bis heute, insbesondere zum Kontext der historisch nachgewiesenen Beteiligungen an NS-Massenmordverbrechen in Mosbach wie Judenverfolgung und Holocaust, NS-Verfolgung von Sinti und Roma, Nazi-Euthanasie unter 6F 202/21 zum 31.08.2022 an das Amtsgericht Mosbach zu generieren. Die forensische Sachverständige aus Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, ERWÄHNT LEDIGLICH MIT EINEM WORT DEN "NATIONALSOZIALISMUS" auf Seite 2, Absatz 2 und erwähnt lediglich mit einem Satz auf Seite 2, Absatz 2, dass der Antragsteller von NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach sich gegen den Nationalsozialismus wendet. Die forensische Sachverständige aus Kitzingen hat hier die GERICHTLICH BEAUFTRAGTE EINDEUTIGE GELEGENHEIT gehabt, mit einer entsprechend beim Amtsgericht Mosbach beantragten Fristverlängerung auch auf über 100 Seiten bezüglich der Nazi-Konzentrationslager und der KZ-Überlebenden vor einem deutschen Gericht SICH SACHLICH UND FACHLICH EXPLIZIT ZU ÄUSSERN. Diese Gelegenheit für eine sachliche und fachliche gutachterliche Expertise zum Nationalsozialismus und nationalsozialistischen Verbrechen, deren Auswirkungen und Aufarbeitungen nach 1945, u.a. auch in Mosbach, besteht zukünftig weiterhin jederzeit für die forensische Sachverständige aus Kitzingen.
Siehe auch:
EINERSEITS:
Mit den Verfügungen des Familiengerichts-Amtsgericht Mosbach vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 hat die gerichtlich beauftragte forensische Sachverständige aus Kitzingen nicht nur die Möglichkeit, sondern auch die Chance und das gerichtliche explizite Angebot, sich sachlich und fachlich zur NS-Vergangenheitsbewältigung seit 1945 bis heute, auch zur NS-Vergangenheitsbewältigung und Nazi-Kontinuität in Baden-Württemberg, AUSFÜHRLICH EXPLIZIT gutachterlich zu äußern.
ANDERERSEITS:
Die forensische Sachverständige aus Kitzingen ÄUSSERT SICH JEDOCH EXPLIZIT NICHT in ihrer gutachterlichen ergänzenden Stellungnahme vom 31.08.2022 unter 6F 202/21 an das Amtsgericht Mosbach als ein BRD-Gericht im Jahr 2022 zum menschenverachtenden System der Nazi-Konzentrationslager, zu den Nazi-KZs in Baden-Württemberg, und der Aufarbeitung der NS-Konzentrationslager von 1945 bis heute.
ANDERERSEITS:
Die forensische Sachverständige aus Kitzingen ÄUSSERT SICH JEDOCH EXPLIZIT NICHT in ihrer gutachterlichen ergänzenden Stellungnahme vom 31.08.2022 unter 6F 202/21 an das Amtsgericht Mosbach als ein BRD-Gericht im Jahr 2022 zu den in den Medien und in der Öffentlichkeit frei verfügbaren Erfahrungsberichten der Überlebenden der Nazi-Konzentrationslager seit 1945 bis heute. Die forensische Sachverständige aus Kitzingen VERZICHTET DAMIT EXPLIZIT DARAUF, den Nazi-KZ-Überlebenden eine Stimme mit Anerkennung und Respekt für Opfer und Verfolgte des NS-Regimes vor einem deutschen Gericht im Jahr 2022 in ihrer gutachterlichen ergänzenden Stellungnahme vom 31.08.2022 unter 6F 202/21 an das Amtsgericht Mosbach zu geben.
ANDERERSEITS:
Die forensische Sachverständige aus Kitzingen ÄUSSERT SICH JEDOCH EXPLIZIT NICHT in ihrer gutachterlichen ergänzenden Stellungnahme vom 31.08.2022 unter 6F 202/21 an das Amtsgericht Mosbach als ein BRD-Gericht im Jahr 2022 zu den Äußerungen von Holocaust-Überlebenden, die die deutsche Flüchtlingspolitik ab 2015 u.a. im Bundestag als Wendepunkt für das weltweite Ansehen Deutschlands bezeichnen. Die forensische Sachverständige aus Kitzingen gibt damit auch keine diesbezügliche gutachterliche Stellungnahme vor dem Amtsgericht Mosbach ab.
Siehe dazu auch:
- Sachverständige und Gutachter aus Kitzingen im Verhältnis zum Nationalsozialismus >>>>
- NS-Vergangenheitsbewältigung >>>
- NS-Vergangenheitsbewältigung und Nazi-Kontinuität in Baden-Württemberg >>>
- Nazi-Konzentrationslager >>>
- Aufarbeitung der NS-Konzentrationslager von 1945 bis heute >>>
- Überlebende der Nazi-Konzentrationslager >>>
Siehe auch: